Wissenschaftsministerin Stark-Watzinger ist „in der Kritik“ – Wofür eigentlich?
Je länger Israels „Krieg gegen den Terror“ weiter geht und je deutlicher sich der ganze Kriegszweck, die dafür angewandten Methoden und seine außerordentlichen Folgen für 2,3 Millionen Menschen in Gaza abzeichnen, desto verbissener hält die Bundesregierung an ihrer Staatsräson fest. Protest gegen die fortlaufenden Waffenlieferungen aus Deutschland versucht man hierzulande möglichst schon im Keim zu ersticken. Dabei greifen die Verantwortlichen auch zu Mitteln, die sie ansonsten gerne als Kennzeichen „autoritärer“ Staaten geißeln.
Proteste und Camps an deutschen Unis, ganze Kongresse wurden mit Polizeigewalt aufgelöst. Wissenschaftler, Künstler und Intellektuelle aus dem Ausland, die von der deutschen Staatsräson abweichen, wurden ausgeladen, mit Betätigungsverboten belegt und an der Einreise gehindert. Abweichende Stimmen im Innern versucht man mit „Antisemitismusklauseln“ und anderen Mitteln auf Linie zu bringen. Mit Erfolg: Studenten, die an verschiedenen deutschen Unis gegen das brutale Vorgehen der IDF und der deutschen Waffenhilfe protestieren, werden in den Leitmedien und auf dem Campus als „Israel-Hasser“ und „Antisemiten“ diffamiert und von Polizei und Justiz entsprechend heftig verfolgt.
Viele deutsche Wissenschaftler und Hochschulangehörige sahen das kritisch und plädierten eher für Dialog statt für Prügel und Haft gegen kritische Stimmen. Einige von ihnen veröffentlichten dann im Mai einen offenen Brief, in dem sie nicht das Anliegen der Studierenden, gleichwohl aber das Recht auf Protest an ihren Hochschulen verteidigten. 400 zum Teil prominente Wissenschaftler traten als Erstunterzeichner auf, über tausend Weitere unterschrieben nachträglich. Wissenschaftsministerin Stark-Watzinger (FDP) beschuldigte die Unterzeichner, nicht auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen, und setzte sich an die Spitze einer Hetzkampagne der Bild-Zeitung. Dem akademischen Spitzenpersonal unterstellte man nun Verharmlosung und Unterstützung von „Israel-Hass“ und „Antisemitismus“. Zugleich wies sie – das wurde jetzt bekannt – ihr Ministerium an, unliebsamen Wissenschaftlern zu bestrafen und ihnen bereits zuerkannte Forschungsförderung wieder abzuerkennen (siehe auch: Fassungslos verfassungslos).
Damit erntet die liberale Wissenschaftsministerin mehr Gegenwind, als sie erwartet haben dürfte. Rücktrittsforderungen werden von der rechten Opposition ebenso erhoben wie von der liberalen Presse. Warum?
- Die Ministerin tastet die Hochschulfreiheit an. Diese Freiheit garantiert der bürgerliche Rechtsstaat seinen akademischen Lehr- und Forschungsanstalten, damit sie die Entwicklung von Forschung und Lehre gemäß den sachlichen Erfordernissen der Vermehrung und Verbreitung nützlichen Wissens (für Staat und Wirtschaft selbstverständlich) gestalten; und eben deshalb nicht nach sachfremden Kriterien wie Bekenntnis, Haltung oder Regierungsnähe agieren oder von Staat, Kapital oder Kirche instruiert werden. Schließlich kann nur beurteilen, was sachlich richtig und wichtig ist, wer vom Fach ist – also die Wissenschaft und ihre Gremien selbst. Die technologischen Waffen der Konkurrenz auf dem Weltmarkt und wortwörtlich die Waffen in der aktuellen Konkurrenz um die Weltmacht werden nicht geschmiedet durch Bekenntnisse zur Regierungslinie, dem offiziellen Feindbild und Hass auf den selbstredend stets grundlos bösen Feind, sondern durch Naturwirte und Ingenieure, die etwas von ihrem Gegenstand verstehen und die brutale Anwendung ihres Wissens jenen überlassen, die qua Amt oder Finanzmacht dazu autorisiert sind. Auch die V2 flog übrigens nicht mit England-Hass, Antisemitismus oder Hurra-Rufen, sondern schon eher mit neu entwickelten Fähigkeiten im Bereich des Antriebs, der Ballistik und so weiter.
- Die Wissenschaftsfreiheit schließt übrigens nicht aus, sondern vielmehr ein, dass unbequeme Erkenntnisse, Studien, Wissenschaftler unterdrückt werden. Dies betrifft besonders die Sozial- und Geisteswissenschaften. Aber auch Mediziner, Statistiker oder Epidemiologen können heftige Probleme, Prozesse, Entlassungen riskieren, wenn sie zum Beispiel die nationale Seuchenpolitik mit ihren Aussagen und Erkenntnissen durchkreuzen. Allerdings sorgt in der Regel für diese Sorte Zensur die Hochschulselbstverwaltung selbst. Sie garantiert in der Regel Staatstreue, weil die beteiligten Hochschulangehörigen erstens mehr „verantwortungsvolle Staatsbürger“ als unvoreingenommene Aufklärer sind, zweitens, weil Hochschulen und Wissenschaftler um Zulagen, Förderungen und Anreize konkurrieren, die sie drittens durch Nestbeschmutzer ihre Einrichtungen und die finanziellen Zuwendungen der Ministerien nicht gefährdet wissen wollen. (Vgl. die Fälle Kekulé oder Guerot.)
- Mit den Vergabekriterien zur Wissenschaftsförderung und Forschungsfinanzierung verfügen Bund und Länder spiegelbildlich daher schon über „goldene Zügel“ zur Zähmung wilder Wissenschaft.
- Fachfremde Sanktionierung durch die Obrigkeit ist daher in der Regel weder nötig noch nützlich. Letzteres begründet den heftigen Gegenwind gegen Stark-Watzinger samt Rücktrittsforderungen. Der Versuch, ex-post Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und Politikberatern Gelder zu entziehen, die längst ministeriell als nützlich und notwendig beurteilt wurden, stellt die Regierungstreue der Wissenschaft über ihre Staats- und Kapitalnützlichkeit.
Dagegen richtet sich der Protest. Deshalb steht die Ministerin in der Kritik, erheben Politiker und Parteien Rücktrittsforderungen, die ansonsten nichts gegen die Diffamierung und Kriminalisierung von Protest einzuwenden haben. Mit anderen Worten: Die Unterdrückung der Vernunft muss weiter gehen. Aber in geordneten Bahnen und durch Gremien, die dazu befugt sind.
Klarer Fall von Fake-News:
“Die Wissenschaftsfreiheit schließt übrigens nicht aus, sondern vielmehr ein, dass unbequeme Erkenntnisse, Studien, Wissenschaftler unterdrückt werden.”
Dass über Unbequemes nicht gelehrt oder gar geforscht wird, stellt seit Jahren die Drittmittelfinanzierung sicher.
Das ist aber dann keine Wissenschaftsfreiheit mehr, dann muss man von Drittmittelfinanzierung reden. Und so wäre es richtig. Denn, wer zahlt, der bestimmt. Die Erpressung funktioniert wie uns Mr. Biden demonstriert hat.
So pauschal ist die Aussage jedenfalls schwierig.
Für die Unterwerfung der Wissenschaft unter Herrschaftsinteressen dienen externe Mittel wie Drittmittelvergabe, “leistungs”-orientierte Mittelvergabe, Hochschulverträge oder die Berufungspraxis, bei der eigenes kritisches Denken immer wenigereine Rolle spielt.
Für viel gefährlicher halte ich allerdings die wissenschaftsinternen Formierungsmaßnahmen. Externe Herrschaftsanforderungen werden in eine interne Wissenschaftskultur übersetzt. Hierzu gehört die vormoderne, feudale Organisation von Wissenschaft mit iher hierarchischen und prekären Personalstruktur die eine demokratisch organisierte Selbstreflexion über ihre Tätigkeit nicht nur nicht kennt, sondern geradezu ausschließt.
Der extern formulierte Herrschaftsanspruch wird zudem über den Erkenntnisbegriff wissanschaftsimmanent konform übersetzt. Während für Naturwissenschaften eine möglichst exakte Beschreibung ihres Gegenstandes für deren Nutzung Voraussetzung ist, wird dieses in den Geisteswissenschaften für obsolet erklärt. Hinter dieser erkenntnistheoretischen Indifferenz steckt die gewollte Anwendung geisteswissenschaftlicher Ergebnisse zum Zwecke der Herrschaftssicherung. Bewußt delegitimiert wird so eine Wissenschaft, deren Erkenntnisse gesellschaftliche
Zusammenhänge aufdecken kann und im Interesse der Menschen die realen Herrschaftsansprüche benennt und kritisch seziert. Und so die wissenschaftliche Voraussetzungen für deren Überwindung schafft.
Gerade letzteres dürfte der Autor mit seiner, zugegebenermaßen etwas flapsig formulierten, Aussage gemeint haben.
Richtig.
Das ist, wie mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung, eben der Unterschied zwischen Theorie (Freiheit) und Praxis (Einschränkungen). Wobei in diesem Fall auch gern der Begriff der “Meinungsfreiheit” benutzt wird. Das ist aber ein Quadratunisnn, denn Meinungen können gar nicht verboten werden. Jeder Mensch hat eine, egal, was “die da oben” sagen. Also braucht es auch keine Erlaubnis dazu. Nicht mal in der schlimmsten Diktatur der Welt.
Entscheidend ist, ob man diese Meinung auch offen äußern darf, ohne daß man Nachteile dafür erleiden muß. Und da siehts leider trübe aus.
Genau, da könnt ja jeder kommen, das haben wir schon immer so gemacht…🤣
Abgehobener GSP-Schwatz .. gähn ja, liegt alles am Kapitalismus.
Schön vorexerziert von Aquadraht: Man kann auch mit wenigen Worten ganz auf der Höhe der Zeit sein. Ein bisschen Denuzieren, ein bisschen ostentatives Gelangweiltsein, wenn da einer die Rechnungsarten der freiheitlichen Welt benennt. Bei diesem aktuellen argumentativen Standard libertärer Geister ist sogar in Kriegszeiten gut zu regieren!
Wenn man schon seine Erleuchtung hatte, dann braucht es keine weiteren Erkenntnisse, dann hat man seine “Religion” gefunden, egal ob das nun Liberalismus, Libertarismus, Anarchismus, Kommunismus oder sonst ein -ismus ist.
Wozu brauchen wir Wissenschaft eigentlich noch? Ist nicht eigentlich ausgeforscht?
Für Technik gibt es Drittmittel und die andere Schwätzerei bringt uns doch nicht weiter.
“… stellt die Regierungstreue der Wissenschaft über ihre Staats- und Kapitalnützlichkeit.”
Wo ist denn da ein Widerspruch? Im kapitalistischen Staat ist doch auch die Regierung auf Kapitalnützlichkeit eingestellt.
Arien sagt ja, dass die Aufregung nur darüber ist, dass der Dienstweg da nicht eingehalten wird.
Der Dienstweg ist natürlich wichtig, ganz besonders in Deutschland.
– “Wo ist denn da ein Widerspruch? Im kapitalistischen Staat ist doch auch die Regierung auf Kapitalnützlichkeit eingestellt.”
In diesem Fall geht’s ja weniger um brauchbare Forschungsergebnisse, die sich in Gewinnen auszahlen sollen. Der Widerspruch besteht hier zwischen der verlangten “Regierungstreue” und der politischen “Staatsnützlichkeit”, die zwar bei Wissenschaftlern und Lehrenden per (Selbst-)Verpflichtung gegeben ist, aber wenn die demokratischen Geistesarbeiter freiheitliche Rechte gegen die Richtlinienkompetenz der Regierung wenden, dann geht es um einen Rechtsstreit und ihre Dienstherrin steht auf der Matte.
Die Unterzeichner haben sich, wie ihr Aufruf deutlich zeigt, unabhängig vom Inhalt der Israel-Proteste, für die Ausübung demokratischer Rechte der Studierenden im Uni-Bereich eingesetzt und argumentieren mit der “akademischen Freiheit”, die der Staat formell als autonome Selbstverwaltung eingerichtet hat. Aus ihrer Sicht hätten manche Uni-Leitungen besser daran getan, den Besetzern einen “Dialog” und Raum für ihren Protest zu gewähren, anstatt sie in ein polizeiliches Ordnungsproblem zu verwandeln und als störenden “Hausfriedensbruch” wegräumen zu lassen.
Der Widerspruch ist also einer zwischen den rechtsstaatlich gewährten Rechten der Demonstrations- und Meinungsfreiheit und der Regierungslinie, Israel bedingungslos zu unterstützen, und solche von ihr unerwünschten Demonstrationen als “Antisemitismus” zu kriminalisieren und abzustrafen. Stark-Watzinger wollte der Innenministerin wohl in nichts nachstehen und ihren Teil dazu beitragen, von jeglicher Unterstützung der Proteste gegen das Gaza-Schlachtfeld abzuschrecken und einfach mal mit einer Streichung von Uni-Fördergeldern zu winken.
Eigentlich sehr arbeitsteilig gedacht. Frau Faeser drohte den Studierenden schon mit Ex-Matrikulation, Abschiebungen und anderen Strafen; die Bildungsministerin wittert hinter den Unterschriften für eine gewaltfreie, demokratische Regelung eine Solidarisierung der Lehrenden und macht den Unis Druck mit dem Geldhahn. Manche halten das nun für eine Überschreitung ihrer Kompetenzen.
Um was geht es? Da echauffieren sich Professoren, die keinen Mucks taten, als in Aleppo, Raqqa, Mossul und Grosny ähnliche Terrororganisationen ausgerottet wurden. Mit sehr vielen zivilen Opfern auch dort. Das war egal, aber Israel darf das selbstverständlich nicht, was andere dürfen. Antisemitismus? Ach wo. Ist doch lächerlich.
Dann fragt sich noch, ob diese Professoren freiwillig unterschrieben haben. So, wie diese “Demonstranten” die Berliner Uni verlassen haben, steht fest, dass sie kein Problem mit Gewalt haben. Außerdem prangt da das Hamas Dreieck mit dem Namen Judith. Gemeint ist die Rektorin Blumenthal und das Dreieck ist ein eindeutiger Mordaufruf. An Judith, aber die anderen Dozenten auch. Nazis wissen, dass das verstanden wird.
Ich schrieb ja, dass das Mannheimer Attentat Nachfolgeattentate nach sich ziehen werde. Schaut mal in die Nachrichten: zwei Messerangriffe in Frankfurt und heute der in Wolmirstadt. Warum machen die das und warum gerade jetzt? Antwort: weil sie deutsche Professoren hinter sich haben. Seht ihr, was ihr angerichtet habt?
Bis jetzt kann man Einfalt gelten lassen, aber ab jetzt nicht mehr. Diese Professoren müssen ihre Unterschrift zurückziehen, andernfalls ist kein Platz für solche Staatsfeinde im öffentlichen Dienst.
Was denn sonst? Der Spaß ist jetzt vorbei.
“das Dreieck ist ein eindeutiger Mordaufruf”
Und ein Kreis ist eine Steuerhinterziehung.
Ein Viereck ist Banküberfall.
Hast Du den offenen Brief überhaupt gelesen?
Dann ist der Vorwurf “Staatsfeinde” hanebüchener Unsinn.
Und zum Thema Aleppo. Dahaben sich hier alle aufgeregt.
Die MI6-Agenten namens Weißhelme waren täglich in der Tagesschau.
Und die Islamisten waren “Freiheitskämpfer”.
Jetzt darf Israel das was damals angeprangert wurde.
Ein grosses Dankeschön für diesen Artikel. Er macht anschaulich, aus welcher Richtung die Bedrohung von Demokratie und Meinungsfreiheit kommt. Deutschland ist offenbar wieder auf dem Weg zum Preussischen Obrigkeitsstaat. Auch ein Teil der oben stehenden Kommentare gehört in diesen Zusammenhang.
Darf man hier eigentlich den Begriff “Arschloch” auch in nicht anatomischen Zusammenhang verwenden?
Die korrekte Bezeichnung heißt inzwischen wohl Hinterloch.
Wie soll ich es sagen ohne justiziabel zu sein?
Die Ministerin hat augenscheinlich eine eigene Weltsicht, die Gewaltenteilung und Kenntnis der Fördebedingungen nicht so ganz einschließt.
In allem scheint ihr Handeln nicht an Fakten , Verfassung und grundlegenden demokratischen Prinzipien orientiert zu sein.
“In allem scheint ihr Handeln nicht an Fakten , Verfassung und grundlegenden demokratischen Prinzipien orientiert zu sein.”
Das ist der Punkt. Ich hätte nichts dagegen, wenn man sie zurücktreten würde. Freiwillig geht heute ja keiner mehr, wenn er oder sie auch noch so grossen Bockmist gebaut hat..
Ist schon witzig, welches Gesindel sich das deutsche Volk immer wieder freiwillig zu Anführern wählt…
Gut, diesmal ist schon es schon etwas extrem dumm geraten.
Also… ich meine natürlich für uns, die wir das Land aus erfreulich grosser Distanz betrachten dürfen.
Israel und auch die Amerikaner darf man in Deutschland nicht anfassen. Das ist deutsche Seele.
Ist das jetzt ein neuer Beruf “Israel-Hasser”, so wie “Schalke-Hasser” oder nur eine Scherzbezeichnung, weil die Argumente für eine Benennung ausgehen?
Di3 ganzen Diskussionen oder Meinungen zu irgend einem Thema, sind Zeitverschwendungen,da wir über imperiale Systeme fabulieren, ohne die Wahrheit zu kennen!
Dieser endlose Schwatz ist sinnlos, die Menschheit benötigt keine Staaten, Ressourcen oder Verteilung dessen….
Die Menschheit benötigt ein Leben mit gerechten auskommen und das überall auf dieser Erde.
Es gab mal eine Zeit, da waren in der “Freien Demokratischen Partei” auch noch freie Demokraten. Und nicht nur ideologisch vernagelte Haudraufs. Aber ein Großteil von denen hat die Partei nach dem Putsch von Genscher gegen Schmidt verlassen, und der Rest ist verkümmert. Übrig blieben die Staatsfeinde, denen jeder Steuergoschen ein Dorn im Auge ist.
Warum sind es eigentlich so oft Frauen in politisch verantwortlichen Positionen, die derart negativ auffallen?
Immerhin muss die Staatssekretärin Döring schonmal den Hut nehmen.
Bald sollte die Ministerin folgen.