Wieso liefert Deutschland an Polen Patriot-Systeme?

Patriot-System der Bundeswehr während der Übung Trident Juncture 2018 in Norwegen. Bild: DoD

Anlass soll die ukrainische S-300-Rakete sein, die in ein polnisches Dorf einschlug. Eine Frage ist, ob mit den Patriot-Systemen nahe an der Grenze auch Ziele im ukrainischen Luftraum abgeschossen werden sollen, wie in der Ukraine gefordert wird.

 

Deutschland stellt Polen Patriot-Luftabwehrsysteme zur Verfügung. Der Grund ist angeblich der Vorfall vor wenigen Tagen, als eine Rakete in ein polnisches Dorf einschlug und dort zwei Männer getötet hat. Es handelte sich allerdings um keine russische Rakete, wie die ukrainische Regierung erst behauptete und manche Medien und PolitikerInnen wie Strack-Zimmermann nachbeteten – die natürlich für die Verlegung der Patriot-Systeme nach Polen eintritt. Es war eine ukrainische S-300-Flugabwehrrakete, die entweder ihr Ziel verfehlt hatte, wobei der Selbstzerstörungsmechanismus nicht ausgelöst wurde, oder die von ukrainischer Seite absichtlich nach Polen abgefeuert wurde, um die Nato zum Einschreiten zu provozieren.

Zwar hatten das Pentagon, der US-Präsident, die Nato und sogar die polnische Führung schnell betont, es handele sich um keinen russischen Angriff, sie strichen aber auch heraus, es sei ein unabsichtlicher Vorfall gewesen, an dem doch Russland primär die Schuld trage, weil es den Krieg gegen die Ukraine führt.

Warum aber dann, wenn die Rakete von der ukrainischen Luftabwehr kam, zur Sicherung des polnischen Nato-Partners deutsche Patriot-Systeme verlegt werden sollen, erschließt sich nicht wirklich. Verteidigungsministerin Lambrecht sagte: „Zusammen mit meinem polnischen Kollegen Mariusz Blaszczak bin ich übereingekommen, Patriot-Flugabwehrsysteme nach Polen zu schicken und bei der Absicherung des polnischen Luftraums mit Eurofightern zu unterstützen.“ So zitiert die Tagesschau Lambrecht. Blaszczak zeigte sich zufrieden, wenn die Systeme schnell nach Polen kommen, die dort nahe an der Grenze zur Ukraine aufgestellt werden sollen. Es dürfte allerdings einige Zeit dauern, bis sie einsatzbereit sind.

Man könnte vielleicht vermuten, dass das Versagen der polnischen und Nato-Luftabwehr dazu führte, ein zusätzliches Abwehrsystem stationieren zu wollen. Die „Ostflanke“ der Nato war seit Beginn des Kriegs zur Abwehr und Abschreckung möglicher russischer Angriffe weiter hochgerüstet worden, Deutschland hat bereits Patriot-Batterien in die Slowakei verlegt. Warum sollte eine Rakete  aus der Ukraine – erst einmal war von zweien die Rede – nun die Bedrohungslage durch russische Raketen verändern? Sollte man dann die Patriot-Systeme nicht eher bei Kaliningrad aufstellen als an der Grenze zur Ukraine? Besteht eventuell Sorge, dass die Ukraine Polen in den Krieg ziehen könnte (was auch die auffällige Zurückhaltung der polnischen Regierung von Anfang an verständlich machen würde)? Ist es nur Gelegenheit, Deutschland noch mehr zur „Verantwortung“, wie es so schön heißt, heranzuziehen? Oder soll der Vorfall daran erinnert haben, wichtig Luftabwehr für die Nato-Staaten ist?

Nicht zu vergessen dabei wäre, dass nach der einseitigen Aufkündigung des ABM-Vertrags durch Washington die Aufstellung des amerikanischen Raketenabwehrsystems Aegis Ashore  in Rumänien  (und in Polen) entscheidend für den Konflikt mit Russland und das Wettrüsten war. In Polen sollte das System bereits 2018 einsatzfähig sein, was nun 2023 erreicht werden soll, in Rumänien ist es bereits seit 2016 in Betrieb. Vorgegeben wird weiterhin, dass sich die Raketenabwehr gegen iranische Raketen richtet.

Die USA hatten bereits im März zwei Patriot-Batterien aus Deutschland abgezogen und nach Polen verlegt, das sechs weitere kaufen will, was auch wieder zeigt, wer von dem angeblich nicht provozierten Konflikt profitiert. Der stellvertretende Verteidigungsminister Wojciech Skurkiewicz lobte die „Geste“ Deutschlands. Die Bundeswehr hat nur 12 Patriot-Systeme, zwei davon befinden sich bereits in der Slowakei.

Nach Leutnant Michal Marciniak, zuständig für Luftverteidigung im polnischen Verteidigungsministerium, sei Przewodow, wo die ukrainische Luftabwehrrakete einschlug, außer Reichweite für die in Rzeszow stationierten amerikanischen Patriot-Systeme gewesen. Er rechnet damit, dass die deutschen Systeme ab Sommer 2023 teilweise und erst 2024 oder 2025 voll einsatzfähig seien. Polen nehme aber nicht an dem von Deutschland initiierten Projekt eines Aufbaus einer gemeinsamen europäischen Flug- und Raketenabwehr teil, weil das nicht unter dem Nato-Schirm steht. Noch scheint auch nicht klar zu sein, ob die von der Bundeswehr kommenden Patriot-Systeme von einer deutschen oder einer polnischen Besatzung bedient werden. Erst einmal müssen polnische Soldaten ausgebildet werden.

Die ukrainische Führung setzt nun die Hoffnung darauf, dass die künftig in Polen an der Grenze zur Ukraine aufgestellt Patriot-Systeme nicht nur Polen schützen, sondern auch über ukrainischem Territorium russische Raketen oder Flugzeuge abschießen. Mit allen Mitteln wird versucht, die Nato in den Krieg hineinzuziehen. Das ist aus ukrainischer Sicht verständlich, bislang aber will die Nato unter der amerikanischen Führung nur einen Stellvertreterkrieg führen und lediglich Material und Ausbildung beisteuern, was auf Dauer nur dann gut gehen kann, wenn die Ukraine sich militärisch als stärker als Russland erweisen würde.

Yuri Ignat, Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, nahm kein Blatt vor dem Mund und meinte, dass die Ukraine seit Beginn des Kriegs den Schutz des Luftraums gefordert habe. Zumindest  würde man jetzt erwarten, dass „mit diesem Luftabwehrsystem unser Himmel geschützt wird“. Dazu müsse keine Rakete abgefeuert werden, es würden auch schon die Radardaten genügen, um die ukrainische Luftabwehr zu verstärken. Es geht Kiew darum, ein Luftabwehrschild mit der Hilfe der Nato aufzubauen – und damit gleichzeitig die Nato in den Krieg zu ziehen.

Wenn die Patriot-Systeme nahe an der Grenze zur Ukraine aufgestellt werden sollen, dann können und sollen sie wahrscheinlich auch Ziele im ukrainischen Luftraum abwehren. Die Reichweite der Patriot-Raketen beträgt etwa 30 km. Russische Flugzeuge meiden schon länger den Luftraum über der Westukraine und kommen Polen nicht nahe. Da bestünde derzeit keine Gefahr, dass ein russisches Flugzeug abgeschossen werden könnte. Bei Raketen könnte dies aber anders sein. Die Möglichkeit besteht, so sagte Jacek Bartosiak, Chef der polnischen Forschungsgruppe Strategy and Future, der New York Times, dass russische Raketen abgeschossen werden könnte. Das würde seiner Ansicht nach die Nato nicht direkt in den Krieg mit Russland hineinziehen, aber doch in eine Grauzone. Russland könnte dies dennoch zur Eskalation benutzen. Umgekehrt könnten die Patriot-Systeme auch als Drohung und als Beginn eines Nato-Luftabwehrschilds für den ukrainischen Luftraum zu verstehen sein.

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20 Kommentare

  1. Die Stationierung von Patriot in Polen ist ein symbolischer Akt ohne Sinn und Verstand.
    Die neurotischen Arschkriecher der Amis ware n und sind nie Ziel russischer Militär-Agitation gewesen.
    Die Amis haben i.V.m. den Polen unsere Gasleitungen gesprengt. Dafür haben sie was in die Fresse verdient.

  2. Bemerkenswert, was so ein paar Raketen von „Freunden“ doch ausrichten können.
    Hat die Ukraine jetzt nicht ein NATO Land angegriffen? Was würde passieren, wenn Russland aus Versehen Raketen auf NATO Gebiet abfeuern würde?
    Bemerkenswert wie man Russland die Schuld für etwas gibt, wofür Russland gar nichts kann.
    Der Konflikt wäre morgen vorbei, wenn die Unterstützung durch die NATO aufhören würde. Dann wäre das Sterben vorbei und die Ukraine würde es als Staat auch weiterhin geben. Sie wären zwar neutral, aber noch souverän. Was sie jetzt sind, schreibe ich besser nicht, da ich bereits jetzt zu viel geschrieben habe.
    Adieu, Du schöne Meinungsfreiheit.

  3. Man sollte sich über die Fähigkeiten des Patriot-Systems keine Illusionen machen. Das Resultat bisheriger Ernstfall-Einsätze war freundlich ausgedrückt ernüchternd.

    Währenddessen verwandelt sich die Ukraine in eine dunkle, nasskalte Höhle, die für menschliche Besiedlung immer ungeeigneter wird. Aber halt, die dunkle, nasskalte Höhle ist ja im Begriff einen Krieg zu gewinnen…

  4. “ … die von ukrainischer Seite absichtlich abgefeuert wurde, um die Nato zum Eingreifen zu bewegen.“
    Eben weil der Selbstzerstörungsmechanismus nicht ausgelöst (also abgeschaltet) wurde, und weil Selenskyj weiterhin notorisch lügt, ist von dieser These auszugehen. Vielleicht ist die Pis/Piss?-Regierung mit von der Partie, es würde jedenfalls passen.

    Warum die Patriot geliefert werden soll? Nun, der Krieg soll auf jeden Fall verlängert und Russland ruiniert werden. Ist ja die Aussage der BAM, der m.W. niemand widersprochen hat. Diese Regierung sitzt unter dem Damoklesschwert, das sie selber aufgehängt hat. Ob ihr Aktionismus immer in irgendeiner Weise sinnvoll ist, spielt dabei keine Rolle. Vielleicht gelingt es doch noch, den Bündnisfall herbei zu provozieren. Diese Regierung gehört längst vor Gericht gestellt.

    1. Es wird jetzt endlich Zeit, die Ukraine hart zu disziplinieren, zu filetieren, zu fusionieren: Mit Ungarn, Rumänien, Polen – und jedem Anrainerstaat, der sich berechtigt fühlt, Ansprüche zu stellen. Entnazifiziert, könnte Kiew als Stadt-Staat, bestehen bleiben.

      Ich kann es nämlich wirklich nicht mehr sehen, kaum dreht man den Computer auf, sieht man den widerlichen „Heldenpräsidenten“ im verschwitzten T-Shirt. Der eitle zwergenhafte Horror-Clown, weckt in mir nur noch Aggressionen.

      1. „Ich kann es nämlich wirklich nicht mehr sehen,…“
        Bist du schon in Behandlung? Egal zu wem du gehst, in deinem Zustand hilft jeder.
        Gute Besserung.

        1. Und wieder substanzloses Geschwätz und beleidigende Formulierungen.
          Was ist mit dir? Hat die Behandlung schon begonnen? Man erkennt aber nichts davon.

  5. In einem funktionierenden und dem Wohle des Friedens ausgerichtetem Rechtsstaat würde gegen Strack – Zimmermann und weitere Kriegstreiber wg. Falschbehauptungen und Falschbeschuldigung nach § 80a GG ‚Aufstacheln zum Verbrechen der Aggression‘ ermittelt.
    Darauf steht bis zu fünf Jahre Knast.

  6. Gerade im Forum von MoA gelesen:

    „Ich lese unbestätigte Berichte über neun TU-95-Bomber, die von Russland aus gestartet sind, um Angriffe auf die Ukraine durchzuführen.

    Sollte dies zutreffen, würde dies bedeuten, dass Russland nun genug Vertrauen in seine Luftüberlegenheit und in die Schwäche der ukrainischen Luftabwehr hat, um mit dem Einsatz seiner schweren Luftstreitkräfte zu beginnen.“

    Es ist wohl nicht nur die ukrainische Luftabwehr durch die Raketenangriffe in der Ukraine am Boden sondern auch das Stromnetz bricht zusammen. dadurch das die russischen Raketentruppen vor allem die Knotenpunkte des sowjetischen Stromnetzes angreift, mit Transistoren die in dieser Größe vor allem RF herstellt (ein Schelm der böses dabei denkt) und diese zerstört, kann kein Strom durchgeleitet werden und die Kraftwerke müssen abschalten. Ohne Strom kein Wasser, Abwasser, Kommunikation, keine Produktion, keine Heizung, kein ziviles Leben. D.h., dass bald eine weitere Flüchtlingswelle Europa überrollen wird.
    Heute hat die russische Armee erstmalig auch die Gasfelder, -produktion und-infrastruktur angegriffen. Ist Biden nicht in diesen Bereich tätig? Auch das erhöht das Drama und die ukrainischen Winter sind nur wenig milder als die russischen.
    Russland spielt wohl mal wieder ( nach Napoleon und 2.WK) seine natürliche Trumpfkarte „Winter“ aus.

    Damit Deutschland von dieser russischen Trumpfkarte nicht ausgestochen wird, hat unser weiser wirtschaftsminister Habück aus der Umweltschmutzpartei angeordnet, die Klimaerwärmung zu forcieren und Braunkohlekraftwerke reaktiviert.

  7. Eine Rakete eines nicht NATO- Mitgliedes schlägt im Gebiet eines Mitgliedes ein ? Das ist doch der Bündnisfall: NATO gegen Ukraine ! Oder hab ich da was falsch verstanden ? NATO ist halt auch nicht das, was draufsteht, im Grunde macht sie sich lächerlich, aber dafür hat sie zu gefährliches Spielzeug.

    Seit der mh-17 Posse ist bekannt, daß die Ukr ihre BUK Systeme – mangels Geld – nicht vom Hersteller hat updaten lassen, sondern das selbst gemacht hat, nach deutschem Verständnis also mit Waffen ohne Betriebserlaubnis unterwegs ist, jedenfalls mit Waffen, deren Eigenschaften niemand genau kennt.

    Aus Polen ein Ru Flugzeug in der Ukraine abzuschießen, ist keine Idee, das schüfe nämlich einen Präzedenzfall, den zu schaffen Ru seit Jahren vermeidet und das zu einem hohen Preis. Israel bombt Sy routinemäßig aus dem nicht Sy Luftraum mit Spice 250, die bis zu 100 km weit segeln. Aber die wichtigste Aufgabe des Berliner politischen Personals ist aktuell das nicht- Denken.

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