Wie zuverlässig sind unsere Wahlprognosen?

Vorhersage von Wahlen? Walter Mohr über Wahlbörsen
Bild: ulleo/pixabay.com

Vergleich und Bewertung der finalen Prognosen kurz vor der Wahl von Umfragen, Wahlbörsen und Expertenschätzungen – Teil 1

Um klare Aussagen machen zu können, muss unsere Fragestellung zunächst präzisiert werden. Erstens werden nicht nur Umfragen, sondern auch Wahlbörsen und Expertenschätzungen mit ihren finalen Prognosen kurz vor der Wahl betrachtet. Damit sind die Ausflüchte, dass es sich insbesondere bei Umfragen nur um ein kurzfristiges Stimmungsbild handle, nicht haltbar. Zweitens werden für einen ausgewogenen statistischen Vergleich sechs sinnvolle Einzelkriterien zu einem Gesamtranking verdichtet. Und drittens wird die Qualität der Prognoseergebnisse in einem genau festgelegten Bereich und Zeitrahmen analysiert, wobei es um die 16 aktuellen Landtagswahlen in jedem Bundesland geht.

Nunmehr zum 17. Mal (seit 2018) veröffentlichen wir nach jeder neuen Landtagswahl unsere Gesamtrangliste. Darin werden alle Institute, die an mindestens acht der aktuellen sechzehn Landtagswahlen teilgenommen haben, anhand von sechs gleichgewichtigen Kriterien beurteilt. Es sind dieses der mittlere, absolute Fehler (MAF), der mittlere absolute, prozentuale Fehler (MAPF), der mittlere, quadratische Fehler (MQF) und der mittlere Fehler für Intervall-Prognosen (MFIP). Dazu kommen ein Bonus-Malus-Kriterium, das Top- und Flop-Platzierungen registriert (Top/Flop) sowie ein mittlerer, interner Rang (MR) aus den 16 Einzelranglisten eines jeden Bundeslandes. Während die ersten vier Fehlergrößen unabhängig von anderen Instituten gemessen werden, beziehen die letzten beiden die Interdependenzen zwischen den Konkurrenten mit ein. Man vergleiche dazu die ausführlichen Definitionen im Anhang.

Eine solche regelmäßige Qualitätskontrolle ist dringend erforderlich, insbesondere nach dem Methodenstreit über die sog. Repräsentativität von Umfragen. Diese volkstümliche Beschreibung (es gibt keine statistische Definition dafür) besagt, dass die Verteilung wahlrelevanter Merkmale wie Geschlecht, Alter oder Wohnort in der Stichprobe möglichst genau die demoskopisch bekannten Werte aus der Grundgesamtheit aller Wähler widerspiegeln sollte. Diese Repräsentativität ist in den letzten Jahrzehnten zum Goldstandard bei Umfrageinstituten und unhinterfragt bei vielen Medien hochgejubelt worden, wobei unterstellt wird, dass nur mit ihrer Hilfe gute Wahlprognosen möglich sind. Diese Vorgehensweise scheint nicht nur plausibel, sie ist auch eine hervorragende Werbekampagne. Wahlbörsen sind somit für viele Medien nicht einsetzbar, weil sie per se nicht repräsentativ sein können.

In der statistischen Stichprobentheorie, dem Fundament für Umfragen, gibt es den obigen Begriff hingegen nicht. Die zentrale Definition ist vielmehr die Zufallsstichprobe, die bedeutet, dass jeder Wähler eine berechenbare (gleiche) Chance besitzen muss, in die Befragung zu kommen. In diesem Fall lässt sich zumindest bei größeren Stichprobenumfängen approximativ so etwas wie Repräsentativität erreichen.

Die Umfrageinstitute, die mit klassischen Telefonumfragen arbeiten, stehen zurzeit in Deutschland vor der Schwierigkeit, dass die Antwortquote unter 10 Prozent der Angerufenen liegt. Bei den aktuellen Midterms in den USA sank dieser Wert sogar auf ein Prozent. Das bringt nicht nur eine Erhöhung der Kosten, sondern auch eine Verzerrung durch die verbliebene Gruppe der Antwortwilligen. Weil diese auch hinsichtlich der wahlrelevanten Merkmale befragt werden, kann man durch eine geeignete Gewichtung vermeintlich die gewünschte Repräsentativität erreichen. Die so behandelten Messwerte werden von den Instituten als Stimmung bezeichnet. Die genaue Vorgehensweise bleibt geheim.

Ebenso wenig wird der zweite Schritt transparent gemacht, bei dem die Institute ihre Erfahrungen aus früheren Wahlen in die sog. Projektion einbringen. Nur die Forschungsgruppe Wahlen (FGW) und die Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung (GMS) lassen sich bei Bundestagsumfragen teilweise in die Karten sehen. So werden bei FGW regelmäßig für die AfD die Werte um mindestens vier Prozentpunkte erhöht, bei den Grünen meist um vier oder mehr Prozentpunkte verringert. Bei Online-Befragungen, wie sie von Civey in großem Stil auch für andere gesellschaftliche Problemstellungen durchgeführt werden, wählen sich die Teilnehmer selbst aus. Somit kann hier definitionsgemäß keine Zufallsstichprobe vorliegen. Unser viertes Fehlerkriterium MFIP erlaubt hierzu einen interessanten Vergleich.

Mittels der allgemein gültigen Formel bei Vorliegen von Zufallsstichproben vom Umfang 1000 werden 95%ige Prognoseintervalle berechnet, wie es alle Umfrageinstitute im Kleingedruckten bei dem Hinweis zu Prognosefehlern machen. Daher sollten Intervallfehler, d.h. Wahlergebnisse außerhalb davon nur in einer Größenordnung von 5 Prozent oder etwas mehr auftreten. Die empirischen Fehlerquoten sind jedoch wesentlich größer, und zwar gerundet zwischen 0,19 bei FGW und 0,39 bei Civey, wie man aus der Tabelle im Anhang ersieht. Daraus lässt sich folgern, dass man ziemlich weit von dem Ideal einer Zufallsstichprobe (und damit auch von der sog. Repräsentativität) entfernt ist.

Diesen Methodenstreit kann man durch Qualitätsvergleiche, wie hier für die 16 aktuellen Landtagswahlen, auf eine andere Ebene führen, um weitere Techniken in Form von Wahlbörsen und Expertenprognosen einbeziehen zu können.

Seriensieger in den Gesamtranglisten aller aktuellen Landtagswahlen ist in 11 von 17 Fällen FGW (für ZDF). Viermal standen die anonyme Expertenschätzung Prognos und einmal die PESM-Wahlbörse von Prognosys auf dem Siegerplatz. Diese beiden Institutionen sind jetzt nicht mehr aktiv. In der neuesten Tabelle (siehe Anhang) führt erstmalig die Spezialprognose Prognosys-Master-Vote (PMV), die übrigens auch in der Gesamtrangliste der Bundestagswahlen an der Spitze steht. Knapp dahinter (man vergleiche die Rangsumme) folgen FGW und die österreichische Wahlbörse Wahlfieber.

Interessant ist, dass dieses Führungstrio mit drei unterschiedlichen Methoden arbeitet. Auf dem vierten Platz rangiert die PESM-Wahlbörse von Prognosys, die 22 Jahre lang zu den besten Instituten zählte, aber dennoch wenig Akzeptanz bei den Medien fand. Diese vier Anbieter sind ebenfalls in der Gesamtrangliste zu den Bundestagswahlen klar vorn. Dahinter steht mit Birnstingl aus Rom eine Wahlbörsenkennerin, die mit ihren Spezialprognosen gerade bei den letzten Wahlen sehr erfolgreich war.

Zusammen mit den beiden Wahlbörsen sowie dem Prognosys-Master-Vote bildet man eine kleine, sehr erfolgreiche Teilgruppe gegen die mächtige Allianz von Umfrageinstituten und Medien, die den Markt trotz schlechterer Qualität vollständig beherrschen. Dazu wird der vermeintliche Supereffekt der Repräsentativität weiter hochgehalten, auch wenn die Rangliste dieser Legende vehement widerspricht. Im Mittelfeld der Gesamtrangliste steht außerdem die nicht mehr aktive Expertenprognose von Prognos und das neue Umfrageinstitut Wahlkreisprognose, das, wie der Name besagt, bevorzugt Prognosen für die Erststimmen in den Wahlkreisen erstellt. Diese beiden Institute, wie auch Birnstingl aus Rom, fallen durch mutige Individualität auf, abseits vom häufig erkennbaren Herdentrieb.

Es ist bemerkenswert, dass Wahlkreisprognose gleich einen so guten Start hingelegt hat und traditionelle Institute wie infratest, INSA, Civey und Forsa deutlich hinter sich gelassen hat. Das hintere Drittel der Rangliste beginnt mit dawum (Darstellung und Analyse von Wahlumfragen). Dieses Institut macht auf Basis der Voraussagen sämtlicher Umfrageinstitute eine automatisierte Kombinationsprognose, wobei in die Gewichtsberechnung nur die Aktualität der Umfragen eingeht.

Hier sieht man den Unterschied zum Prognosys-Master-Vote sehr deutlich. Diese ebenfalls teilautomatisierte Kombinationsprognose berücksichtigt jedoch sämtliche verfügbaren Voraussagen und mehrere Kriterien. Die dritte Expertenschätzung von Birnstingl aus Rom ist vermutlich eher intuitiver Natur unter Berücksichtigung von Wahlpsychologie. Auf den letzten Rängen sind drei große Umfrageinstitute versammelt, die in der Öffentlichkeit am häufigsten und lautesten auftreten: INSA (Bild), infratest (ARD) und Civey (Spiegel, Focus u.a.). Dabei könnte infratest wesentlich bessere Voraussagen liefern, wenn man nicht als einziges Institut schon 10 Tage vor der Wahl die finale Prognose abgeben würde, aus Rücksicht vor einer Wahlbeeinflussung. Forsa erfüllt mit nur 6 Teilnahmen an den laufenden Landtagswahlen nicht die Aufnahmebedingungen. Die bisher erzielten Werte würden allerdings nur zu einer hinteren Platzierung wie bei Civey reichen. Delikaterweise streiten sich gerade diese beiden ganz am Ende stehenden Institute über das Phantom Repräsentativität am heftigsten.

Der zusätzlich angeführte Vergleich zwischen den drei Methodengruppen könnte nicht eindeutiger ausfallen. Die beiden Wahlbörsen stehen in allen 6 Einzelkriterien und damit auch insgesamt eindeutig auf dem ersten Platz. Die vier Expertenprognosen erreichen überall den zweiten Rang. Weit abgeschlagen kommen die fünf Umfrageinstitute nur auf den dritten Platz.

Schließlich ist noch ein Vergleichstest bezüglich des MAF bei allen 16 Landtagswahlen zwischen den beiden Gruppen der Wahlbörsen und Umfrageinstitute durchgeführt worden. Hier zeigt sich ebenfalls die Dominanz der Wahlbörsen, die in 15 von 16 Bundesländern besser abschneiden. Dieses Testergebnis ist hochsignifikant und damit der maximale Qualitätsnachweis.

Vergleich des mittleren, absoluten Fehlers (in Prozent) bei Wahlbörsen und Umfragen für die aktuellen Landtagswahlen.

Exkurs: Midterms USA 2022

Allgemein ist festzustellen, dass die Prognosen bei diesen Midterms insgesamt wieder nur mäßig ausgefallen sind.

Alle Plattformen und großen Medien haben mit einem Sieg der Republikaner im Abgeordnetenhaus gerechnet, und zwar mit Mehrheiten von 224 bis 244. Wir hatten kurz vor der Wahl unsere Einschätzung fälschlicherweise auf 230 erhöht. Das tatsächliche Ergebnis ist 222:213. Beim Senat sind die Voraussagen schlechter ausgefallen. Einen 51:49 Sieg der Demokraten wurde am Ende von keinem mehr prognostiziert. Eine kleinere Gruppe hatte ein Unentschieden vorausgesagt. Wir hatten, wie eine deutliche Mehrheit der Institute, auf 51:49 für die Republikaner getippt. Weitere Plattformen waren sogar von einem noch höheren Sieg ausgegangen.

Die beste Platzierung erreichte die Plattform Race to WH (Note voll befriedigend). Gleichwertig mit FiveThirtyEight von Nate Silver kam unser Prognosys-Master-Vote auf einen Rang im oberen Mittelfeld, deutlich vor der berühmten Wahlbörse von predictit und Wahlfieber aus Österreich. Am schlechtesten (Note mangelhaft) waren die Prognosen von Fox News.

Als Gründe für die unzureichenden Voraussagen wurde häufig die Qualität der Umfragen genannt. Bei Telefonumfragen betrug die Antwortrate nur noch gut ein Prozent. Dadurch ist man stärker auf die weniger zuverlässigen Internetumfragen oder Hybridverfahren ausgewichen. Noch kritischer war die Überflutung mit teilweise getarnten, parteinahen Umfragen, insbesondere durch die Republikaner.

In den USA ist vieles in diesem Zusammenhang schwieriger als in Deutschland, aber man ist dort offen gegenüber alternativen Methoden.

Anhang

Erläuterungen zum Aufbau der Rangliste

 

MAF: mittlerer, absoluter Fehler

Für jedes Institut werden die absoluten Abweichungen (das heißt ohne Beachtung der Vorzeichen) zwischen Prognose und Wahlergebnis für jede Partei aufaddiert und daraus der Mittelwert berechnet.

Der MAF ist einfach interpretierbar und wird in den Medien am häufigsten verwendet.

MAPF: mittlerer, absoluter, prozentualer Fehler

Die absoluten Abweichungen zwischen Prognose und Wahlergebnis (MAF) werden bei jeder Partei durch die zugehörigen Wahlergebnisse dividiert. Diese Quotienten werden aufaddiert und daraus der Mittelwert berechnet.

Der MAPF ist eine sinnvolle Ergänzung zum MAF, da er den absoluten Fehler in Relation zum Wahlergebnis betrachtet. Es macht einen deutlichen Unterschied, ob man beispielsweise bei einem Wahlergebnis von 5% oder von 20% um absolute 2 Prozentpunkte falsch liegt. Im ersten Falle beträgt der prozentuale, absolute Fehler 40%, im zweiten nur 10%. Das bedeutet jedoch auch, dass der MAPF sehr sensibel auf eine Abweichung bei einer kleineren Partei reagieren kann.

MQF: mittlerer, quadratischer Fehler

Hier werden die einzelnen absoluten Abweichungen zwischen Prognose und Wahlergebnis für jede Partei quadriert. Diese Werte werden aufsummiert und daraus der Mittelwert bestimmt. Bisweilen wird daraus noch die Quadratwurzel gezogen, um den sogenannten root mean square error (RMSE) zu erhalten.

Der MQF bzw. RMSE ist ein natürliches Distanzmaß und liefert die Basis für statistische Tests.

MFIP95: mittlerer Fehler für Intervall-Prognosen

Für jede Partei und die Sonstigen wird auf Basis der jeweiligen Punktprognose mittels der bei Zufallsstichproben üblichen Fehlerformel ein 95%-iges Prognoseintervall berechnet. Ein Fehler liegt vor, wenn dieses Prognoseintervall den tatsächlichen Wert nicht überdeckt. Gibt es z.B. in 7 Fällen 2 Fehler, so beträgt der zugehörige MFIP95 hierfür 2/7=0.286.

Weitere Anmerkungen

Alle vier Fehlerkriterien sind stark positiv korreliert. Bei jedem Fehlerkriterium wird jedem Institut durch Vergleich der Werte mit den anderen Instituten ein entsprechender Rang zugeordnet. Bei Gleichheit von mehreren Instituten in einem Kriterium wird allen der entsprechende mittlere Rang zugewiesen. Alle vier Fehlermaße werden gleich gewichtet. Aus den einzelnen Rängen wird die Rangsumme (RS) gebildet, mit deren Hilfe schließlich die endgültige Rangliste bei Einzelwahlen erstellt wird.

Zu den vier Fehlermaßen werden für die Erstellung einer Gesamtrangliste aus mehreren Einzelranglisten noch zwei zusätzliche Kriterien verwendet, nämlich der Top3/Flop3-Anteil sowie der mittlere Rang für die jeweiligen Institute. Beim ersteren werden Platzierungen unter den ersten drei Rängen aller Teilnehmer positiv und unter den letzten drei Plätzen negativ bewertet. Diese Differenz zwischen der Anzahl der Top3- und der Flop3-Plätze (T3/F3) wird noch durch die Anzahl der Teilnahmen dividiert.

Beim mittleren Rang (MR) werden die Ränge aus den Einzelranglisten gemittelt. Ferner werden nur Institute in die Gesamtrangliste aufgenommen, die an mindestens der Hälfte der Einzelwahlen teilgenommen haben

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17 Kommentare

  1. Das Demokratieförderungsgesetz ermöglicht es demnächst, solchen Bullshit-Artikelschreibern Geld aus dem Nichts zu holen. Wahlversprechen und Wahlvoraussagen werden doch sowieso nicht Eingehalten!

    Die Frage ist : warum wählen immer weniger Wahlberechtigte und das in der gesamten Europäischen Union!?

    1. Antwort :damit Minderheiten Mehrheiten regieren .
      Danach werden subtile Errungenschaften genötigt, andere vom Narrativ zu überzeugen, mit oder ohne ‚Gewalt‘!

  2. Dieser Artikel ist typisch für einen großen Teil der heutigen Wissenschaft. Aufgeblasenes und irreführendes Geschwätz ohne Basis. Das kann ich am Beispiel der ZDF Forschungsgruppe Wahlen belegen. Nehmen wir einfach das letzte ZDF Politbarometer vom 16.12.22. Es wird unterschieden zwischen Stimmungslage, das ist das Umfrageergebnis, und Projektion. Den Ausdruck Prognose vermeidet man, weil am Sonntag ja gar keine Wahlen sind. Keine Ahnung, was Projektion sein soll. Ist aber egal. Da am Sonntag keine Wahlen stattfinden, können Prognose hin, Projektion her, diese nicht bestätigt und nicht widerlegt werden, sind also einfach metaphysisch. Jetzt gebe ich mal die Werte an, damit man das Ganze besser durchschauen kann. Der erste Wert ist Umfrageergebnis, der zweite Pro…?. SPD 22/20, Union 29/28, Grüne 24/20, FDP6/6, AfD 10/15, Linke 6/5. Die Grünen liegen in der Umfrage bei 24%, das Orakel prognostiziert 20%. Die AfD liegt in der Umfrage bei 10%, das Orakel prognostiziert 15%. Man sieht, die Umfragedaten geben für die Prognosen überhaupt nichts her. Die einseitige Hetze des ZDF beeinflusst nämlich die Antworten. Egal, die Frage ist doch, wie kommt die FGW überhaupt zu Vorwahlprognosen. Ich glaube, sie nehmen einfach den Durchschnittswert der Ergebnisse der anderen Institute. Das ist tatsächlich ein gutes Verfahren. Ob es so ist oder irgendwie anders, will ich jetzt nicht nachprüfen. Ist mir zu mühsam und lohnt sich nicht.

    1. Warum sollten Prognosen herrschaftsdienlicher „Wissenschaft“ von Soziologen besser sein als die von Virologen? Erkenntnistheoretische und methodische Grundfragen werden im gegenwärtigen Wissenschaftsbtrieb nicht mehr diskutiert.

  3. BS ist, was statistikfremde und ggf wissenschaftsfeindliche Leute bzw hiesige Kommentatoren meinen, de die Intention des Artikels nicht begriffen haben. Egal wie die einzelnen Prognosen zustande kamen, hier wird untersucht, wie genau sie waren. Und da ist schon interessant, wer am ehesten richtig liegen könnte und woran das wohl läge. Die diesbezgl Unterstellungen träfen dann allein die Methoden und die sie primär verwendenden Institute, denn allein dort könnte eine evtl irreführende Absicht verortet werden, nicht aber bei einem Artikel, der geeignet ist, so etwas ggf aufzudecken. Mehr kann hier auch nicht Aufgabe sein, schon gar nicht Wahlbeeinflussung durch Versprechen, die dann von den Gewählten unter mehr oder weniger fadenscheinigen Vorwänden nicht eingehalten werden.
    Interessant ist auch, dass man mit solchen Methoden auch Fremdbeeinflussung ifeststellen könnte, wenn sie denn einen nennenswerten Umfang erreicht hätte, was aber bspw bei der Trump-Wahl zu offensichtlich nicht der Fall war. Und genauso dürfte es auch bei Wahlen in Dtschld aussehen!
    Wen so etwas nicht interessiert, der muss den Artikel ja auch nicht lesen geschweige denn kommentieren.

    1. @ Lucqx
      „BS ist, was statistikfremde und ggf wissenschaftsfeindliche Leute bzw hiesige Kommentatoren meinen, de die Intention des Artikels nicht begriffen haben.“
      Es ist einfach immer gut zu wissen, warum andere etwas nicht begriffen haben. Das ist auf overton nicht anders als auf fb. „Wissen“ ist kein Bestand, sondern ein Prozess. Begreifen manche einfach nicht.
      Um „Gegenstände“ zu verwissenschaftlichen, die nicht messbar sind, weil ihnen nichts konkret Materielles zugrunde liegt, wird zur Wahrscheinlichkeitsrechnung gegriffen. Kann man machen. Man muss es aber nicht. Man muss den damit verbundenen Aufwand an menschlichem Arbeitsvermögen auch nicht für zweckdienlich halten. Man kann, darf, muss alles als unwissenschaftlich bezeichnen, was unbegrenzte Erkenntnisfähigkeit aller Menschen voraussetzt. Sind alle Menschen unbegrenzt erkenntnisfähig?
      Nach meiner Beobachtung resultiert Wissen aus Praxis. Dass Leute mit stochastischen Kenntnissen alles berechnen könnten – auch dann, wenn ihnen dazu jegliche Praxis im beobachteten menschlichen Tätigkeitsfeld fehlt – halte ich für ein Gerücht. Wahlanalysen z. B. bedürften einer Ergänzung durch qualitative Verfahren, die Äußerungen von Wählern und Nichtwählern zu Wahlen und Demokratie zur Grundlage haben und sich nicht auf die Wahrscheinlichkeiten der Entscheidungen zwischen AFDCSUSPDFDPKPDGRAUEBIBELTREUEUNDBASIS – reduzieren lassen.
      Wer DCS nicht wählen kann würde vielleicht ELTREU wählen. Weil DCS und ELTREU nicht im Angebot sind, bleibt sie zuhause. Manche wählen nicht, weil es regnet oder der einzige Tisch in der Wohnung nicht groß genug ist, für das Auslegen und Studieren des Zweitstimmenbogens. Wieviele wider besseres Wissen wählen, weil sie sich als Demokraten dazu verpflichtet fühlen, wissen wir auch nicht. Ich kenne einige, die das tun, und dann mit geschlossenen Augen das Schreibwerkzeug kreisen lassen oder von 21 bis 30 zählen, dabei die Zeilen oder Spalten mit dem Finger entlangfahren und bei „30!“ ein Kreuz machen. Muss man einfach alles rationalisieren können. Dann wird´s Wissenschaft.
      Ich persönlich assoziiere mit dem Begriff „Boerse“ die Begriffe „Spekulation“, „Hütchenspieler“, „Glücksritter“. Die Welt ist voll von Menschen, die meinen sie könnten mit Wahrscheinlichkeitsrechnung gegen Hütchenspieler gewinnen. Für alle, die nicht wissen, wann sie damit aufhören müssen, kann das saublöd ausgehen. Das gilt z. B. auch für Elon Musk.

    2. Genau Wissenschaftsfeindliche Leute, Klimaleugnung und Beratungsresistenz!

      Nach den in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz festgelegten Wahlrechtsgrundsätzen ist die Wahl allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim.
      https://de.m.wikipedia.org/wiki/Freie_Wahl

      Die richtige Frage ist warum wählen immer weniger Wahlberechtigte überhaupt noch. Und nicht was der Einzelne genau mit der Stimmabgabe erreichen will oder fühlt.

      Es gibt aber immer mehr Mitmenschen die nach Strich und Faden verarscht werden und daß auch noch verteidigen müssen!

      1. @ Jock the Prepper
        Daran unmittelbar anschließend die Frage: Warum entscheidet die Relation zwischen den abgegebenen, gültigen Stimmen oberhalb eines Mindestanteils?
        Wer sich ansieht wie hoch die Anteile der „Gewinner“ bezogen auf die erwachsene und nicht entmündigte Gesamtbevölkerung sind, erkennt sofort die Fadenscheinigkeit der Wahlrechts-Konstruktionen in Bezug auf umfassende Repräsentation.
        Man kann Demokratie, d.h. die Selbstregierung des Volkes durch das Volk, durch die verschiedensten Konzepte vortäuschen. So lange das Volk sie akzeptiert, sind sie wahr/richtig/gültig ….

    3. Rituelle Wahlprognosen suggerieren demokratische Partizipation, die faktisch nicht gegeben ist.

      „Keine Waffen in Kriegsgebiete“
      Interessant wäre mal ein prozentualer Abgleich des Einhaltens von Wahlversprechen der Parteien.
      Aber lt. Müntefering ist es ja ungerecht, Parteien an ihren Wahlversprechen zu messen.

      In diesem Kontext sind Wahlprognosen letztlich völlig wert- und belanglos.

      1. @chefkoch01
        Dem ersten Satz kann ich zustimmen. Die Argumentation mit den Wahlversprechen ist mir zu moralinbelastet. Das Halten von Versprechen ist bei allen Zweibeinern eher moralischer Anspruch als übliche Praxis. Vieles wird versprochen, weil der Versprechende gerne ein besserer Mensch wäre. Man braucht immer eine eigene, interne Kontrollinstanz um die Gültigkeit von Versprechen ermessen zu können. Erwartungen, die den Lauf der Zeit in der Einschätzung von Versprechen ausblenden sind naiv.

        1. @Christa
          „Vieles wird versprochen, weil der Versprechende gerne ein besserer Mensch wäre.“

          Bei privaten Einzelpersonen mag das zutreffen; bei pol. Parteien dient vorsätzlicher und berechnender (Wahl)Betrug einzig dem Machtgewinn bzw. Machterhalt.

          1. Es ist naiv Wahlprogramme als Versprechen anzusehen. Sie sind Propaganda. Sie werden unter der Fragestellung „Womit können wir punkten?“ diskutiert und verabschiedet. Ein Versprechen setzt eine verantwortliche, handelnde Person oder im rechtlichen Sinn verantwortliche Institution voraus, der gegenüber der sich als übervorteilt Empfindende einen Rechtsanspruch durchsetzen kann. Parteien sind das nicht. So weit ich es beurteilen kann, auch noch nie gewesen. Nicht einmal „revolutionäre Parteien“, seien es Jakobiner gewesen oder Bolschewiki.
            Das moralisierende Gewäsch in mittlerweile fast ALLEN Medien geht mir auf den Keks. Es ist genau dieser Punkt, der die Unterscheidung nach Interessen, verschwinden lässt. Wer Menschen verspricht, es werde ihnen ohne eigenen Aufwand gut gehen, macht keinen gesellschaftlich wirkungsmächtigen Vorschlag , sondern sülzt herum und hofft auf Wohltätigkeit der Mächtigen. Die Beweihräucherung von Sahra Wagenknecht kann die Arbeit der Beschlagnahme des öffentlichen Raums nicht ersetzen. Ob man die Leithammel („Hannemann, geh du voran! Du hast die größten Stiefel an, dass dich das Tier nicht beißen kann.“) dann als große Führer oder Landesmutti oder -papa bezeichnet ist so ziemlich egal. Es geht nicht darum, bessere Führer zu finden, sondern das Volk, die Bevölkerung, die Menge der Menschen muss selbst die Führung übernehmen und sich das dazu notwendige Wissen aneignen. Straßen und Behörden, Amtsgebäude zu besetzen ist dafür eigentlich immer ein guter Anfang. „Lernen in der Praxis“ ist ein völlig anderes Konzept als z. B. das Bemühen sozial denkender Mitmenschen durch Bildung andere zu besserem Demokratiespiel zu befähigen.
            „Scheue dich nicht, zu fragen, Genosse!
            Laß dir nichts einreden,
            Sieh selber nach!
            Was du nicht selber weißt,
            Weißt du nicht.
            Prüfe die Rechnung,
            Du mußt sie bezahlen.
            Lege den Finger auf jeden Posten,
            Frage: wie kommt er hierher?
            Du mußt die Führung übernehmen. “ [aus Bert Brecht, Lob des Lernens]
            Als vertrauenswürdig eingeschätzte Mitmenschen können diese eigene Anstrengung nicht ersetzen. Wer die Macht anderer brechen will, muss sich die eigene erarbeiten und nicht Klagelieder anstimmen. Wer soll das leisten, wenn nicht diejenigen, die das Arbeiten gewöhnt sind? Die privilegierten Faulenzer für mich?
            Klagelieder sind die Spezialität auf Gott oder Götter hoffender Menschen.

          2. @ chefkoch01
            Es ist naiv Wahlprogramme als Versprechen anzusehen. Sie sind Propaganda. Sie werden unter der Fragestellung „Womit können wir punkten?“ diskutiert und verabschiedet. Ein Versprechen setzt eine verantwortliche, handelnde Person oder im rechtlichen Sinn verantwortliche Institution voraus, der gegenüber der sich als übervorteilt Empfindende einen Rechtsanspruch durchsetzen kann. Parteien sind das nicht. So weit ich es beurteilen kann, auch noch nie gewesen. Nicht einmal „revolutionäre Parteien“, seien es Jakobiner gewesen oder Bolschewiki.
            Das moralisierende Gewäsch in mittlerweile fast ALLEN Medien geht mir auf den Keks. Es ist genau dieser Punkt, der die Unterscheidung nach Interessen, verschwinden lässt. Wer Menschen verspricht, es werde ihnen ohne eigenen Aufwand gut gehen, macht keinen gesellschaftlich wirkungsmächtigen Vorschlag , sondern sülzt herum und hofft auf Wohltätigkeit der Mächtigen. Die Beweihräucherung von Sahra Wagenknecht kann die Arbeit der Beschlagnahme des öffentlichen Raums nicht ersetzen. Ob man die Leithammel („Hannemann, geh du voran! Du hast die größten Stiefel an, dass dich das Tier nicht beißen kann.“) dann als große Führer oder Landesmutti oder -papa bezeichnet ist so ziemlich egal. Es geht nicht darum, bessere Führer zu finden, sondern das Volk, die Bevölkerung, die Menge der Menschen muss selbst die Führung übernehmen und sich das dazu notwendige Wissen aneignen. Straßen und Behörden, Amtsgebäude zu besetzen ist dafür eigentlich immer ein guter Anfang. „Lernen in der Praxis“ ist ein völlig anderes Konzept als z. B. das Bemühen sozial denkender Mitmenschen durch Bildung andere zu besserem Demokratiespiel zu befähigen.
            „Scheue dich nicht, zu fragen, Genosse!
            Laß dir nichts einreden,
            Sieh selber nach!
            Was du nicht selber weißt,
            Weißt du nicht.
            Prüfe die Rechnung,
            Du mußt sie bezahlen.
            Lege den Finger auf jeden Posten,
            Frage: wie kommt er hierher?
            Du mußt die Führung übernehmen. “ [aus Bert Brecht, Lob des Lernens]
            Als vertrauenswürdig eingeschätzte Mitmenschen können diese eigene Anstrengung nicht ersetzen. Wer die Macht anderer brechen will, muss sich die eigene erarbeiten und nicht Klagelieder anstimmen. Wer soll die leisten, wenn nicht diejenigen, die das Arbeiten gewöhnt sind? Die privilegierten Faulenzer für mich?
            Klagelieder sind die Spezialität auf Gott oder Götter hoffender Menschen.

  4. Im westlichen Wahlsystem stimmt das Wahlergebnis schon lange nicht mehr. Da ein weiterführender Kommentar Staatszersetzung wäre und ich keinen Besuch von der ausführenden Gewalt haben möchte, werde ich einen weiteren Kommentar im besten Deutschland das es jemals gab unterlassen. Nur noch so viel, wenn das Wahlergebnis nicht stimmt, dann stimmen die Prognosen auch nicht.

    1. @ 2×2=5
      Kann einem doch egal sein, was das wäre, oder? Jegliches Handeln, auch sprachliches kann auf Widerspruch stoßen. Na und? „Man darf nichts mehr sagen“ ist nicht vollständig. Dieser Satz blendet bei manchen (nicht bei allen!) das Recht des anderen zum Widerspruch aus. Es hat dieser Tage ein bisschen gedauert, bis mein Gegenüber gemerkt hat, dass eine möglichst vollständige und gültige Aussage mehr umfasst als eine einzige Perspektive. Es reicht doch wenn einer seine Wahrheit verkündet. Sie wird dadurch nicht wahrer, dass sie ein anderer bestätigt, der sie nicht teilt.

  5. Relevanter als die „Korrektheit“ der Prognosen scheint mir die Wechselwirkung zwischen medial aufgeblasenen Prognosen und den Wählern an sich. Denn diese sogenannten „Politbarometer“ scheinen für mich eher ein Propagandainstrument, denn ein Instrument, um ein Stimmungsbild der Bevölkerung zu bekommen. Ich kann mich noch an viele Diskussionen in früherer Zeit erinnern, in der die Wahlprognose durchaus im letzten Moment das Wahlverhalten geändert hat.

    Abgesehen davon, dass die Parteien, Farben und Namen auswechselbar sind, ohne das sich irgendetwas zum Besseren wendet.

    Für eine demokratische Legitimation sollte der Anteil der Nichtwähler miteinbezogen werden. Wenn nur 60% wählen gehen und von denen dann 20-30% (relativ zu 60%) die „Regierung“ bestimmen, dann kann schwerlich von einer demokratischen Legitimation gesprochen werden. Abgesehen von den ganzen Ungereimtheiten bei Wahlen, Zufall wahrscheinlich, was da in Berlin und anderen Orten so ans Tageslicht gekommen ist.

    Liebe Grüsse
    das kleine Dummerchen

  6. Komisch, ich hatte Overton für eine Plattform gehalten, wo wissenschaftlich fundierte Beiträge erscheinen und sachlich diskutiert werden. Der Beitrag ist das Gegenteil von ‚aufgeblasenem und irreführendem Geschwätz‘, sondern eine nüchterne Analyse. Zugegeben, eines Spezialproblems. Aber wen das nicht interessiert oder wer sich auf die Methode nicht einlassen mag, die/der kann doch einfach weiterblättern. Ich, durchaus nicht fachfremd, habe jedenfalls viel gelernt und danke dafür den Autoren!

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