Weiter so nach den Haftbefehlen des Generalbundesanwalts für die mutmaßlichen Nord-Stream-Saboteure?

Das waren noch Zeiten. Am 8. November 2011 beim Start von Nord Stream 1. Neben Angela Merkel und dem damaligen russischen Präsidneten Dmitry Medvedev der französische Premier François Fillon und der heutige Nato-Generalsekretär und damalige niederländische Regierungschef Mark Rutte. Bild: Kreml

Die Generalbundesanwaltschaft, die nicht unabhängig von der Bundesregierung arbeitet, sondern der Dienstaufsicht des Bundesministeriums der Justiz untersteht, hat seit langem den Anschlag auf die Nord Stream-Pipelines auf eine Gruppe von Ukrainern zurückgeführt, die dies mit einer Segelyacht ausgeführt haben sollen. Ob dies mit der Segelyacht Andromeda überhaupt möglich ist, sind sich Experten uneinig. Manche behaupten auch, dass die Andromeda-Story nur eine Geschichte ist, um die wirklichen Täter zu verdecken, beispielsweise die US-Regierung, wie etwa Seymour Hersh sagt (Nord Stream-Anschläge: Was wusste der Bundeskanzler oder die Bundesregierung?).

Die Auftraggeber sind unbekannt oder werden von der Generalbundesanwaltschaft nicht benannt. Nun wurde nach einem ausgestellten Europäischen Haftbefehl  Serhii K. in Italien festgenommen, der als „einer der Koordinatoren“ dargestellt wird. Er soll früher dem ukrainischen Inlandsgeheimdienst SBU angehört haben. Gegen weitere 5 Beteiligte wurden nach Medienberichten ebenfalls Haftbefehle ausgestellt, das siebte Mitglied der Zelle, das nach Beginn des Kriegs in Deutschland eine militärische Ausbildung erhielt, soll inzwischen an der Front gestorben sein. Alle Verdächtigen hängen mit staatlichen Strukturen zusammen und führten neben gefälschten Ausweisen auch amtlich ausgestellte ukrainische Ausweise mit falschem Namen bei sich.

Es wurde in vielen Medien festgestellt, dass aus der letzten, aber auch aus der jetzigen Bundesregierung kaum etwas zu den Ermittlungsergebnissen der Generalbundesanwaltschaft mit ihrer Spur in die Ukraine und über die Konsequenzen für die Ukraine zu hören war, obgleich es sich um eine „verfassungsfeindliche Sabotage“ handelte, um einen Anschlag oder einen hybriden Angriff auf eine wichtige Energie-Infrastruktur.  Wenn der Anschlag der Andromeda-Gruppe, sollte sie tatsächlich der Täter sein, mit der ukrainischen Regierung, den Geheimdiensten oder dem Militär verbunden sein sollte, könnte dies die Bundesregierung kaum beiseiteschieben. Ob es An- und Nachfragen bei der ukrainischen Regierung gegeben hat, ist nicht bekannt. Auch nicht, ob Druck ausgeübt wird, die Verdächtigen festzunehmen.

Der ukrainische Präsident hatte immer gesagt, die Regierung habe damit nichts zu tun, auch Militärgeheimdienstchef Budanow wies alles von sich. Aber selbst wenn man dem Glauben schenken will, gibt es noch den Inlandsgeheimdienst SBU und das Militär. Nach einem Bericht des Wall Street Journal im August 2024 habe eine Gruppe von Offizieren und Geschäftsleuten den Plan ausgeheckt. Selenskij habe den Anschlag zunächst gebilligt, als die CIA davon erfahren habe, soll er die Zustimmung zurückgezogen haben. Der damalige Oberkommandierende Saluschnyi habe dennoch die Planung fortgesetzt. Der sagt, er wisse nichts davon. Die Story machte den Eindruck, dass Selenskij entlastet werden sollte, um den von ihm geschassten Saluschnyi zu belasten (Nord Stream-Anschlagspläne: „Beflügelt von Alkohol und patriotischem Eifer“?).

Welche Rolle spielt Polen?

Dabei könnte nicht nur die Ukraine mit dem Anschlag verbunden sein, sondern auch Polen, das ganz egoistische Gründe gehabt haben könnte, Nord Stream zu zerstören, um die strategische Bedeutung der Baltic Pipeline zu erhöhen (Die Baltic Pipeline wurde einen Tag nach den Anschlägen auf Nord Stream eröffnet). Schon die Ermittlungen zur Crew der Andromeda wurden von Polen behindert. Und letztes Jahr ließ die polnische Regierung einen Europäischen Haftbefehl ins Leere laufen und ermöglichte die Flucht des verdächtigen Tauchers Wolodymyr Z., der sich bei Warschau angesiedelt hatte, in die Ukraine, der zudem in einem Auto eines ukrainischen Diplomaten über die Grenze gebracht wurde (Nord Stream-Anschläge: Will die Bundesregierung aufklären oder vernebeln?). Der polnische Regierungschef Tusk forderte die Bundesregierung ziemlich unverschämt auf, die Ermittlungen einzustellen. Deutschland soll sich heraushalten, schweigen und sich für die Pipeline entschuldigen (Nord Stream-Anschlag: Polnischer Regierungschef Tusk brüskiert Bundesregierung). Das könnte vermuten lassen, dass auch Polen seine Finger im Spiel hatte.

Der Bundesregierung scheut vermutlich zurück, Näheres zu erfahren, oder will das gar nicht, um Komplikationen zu vermeiden, die Einheit der EU gegen Russland und für Unterstützung der Ukraine zu erhalten und die geplante teure Aufrüstung mit dem Abbau von Sozialleistungen zu sichern. Andererseits ermittelt die Generalbundesanwaltschaft weiter. Sie kann die Ermittlungen auch kaum einstellen, das wäre zu offensichtlich für eine Vernebelungsstrategie. Die Frage wird sein, ob tatsächlich Anklage erhoben und ein Prozess stattfinden wird, sollte der Festgenommene von Italien nach Deutschland ausgeliefert werden, und natürlich, was er aussagen wird bzw. was an die Öffentlichkeit kommt. Gut vorstellbar wäre, dass er zum Kronzeugen gemacht wird, allerdings um die Auftraggeber im Dunkeln zu lassen und eine gute Geschichte zu erzählen.

Weiter so durch Arbeitsteilung

Die Devise der aktuellen Regierung scheint wie die der vorhergehenden zu sein, dass die Bundesregierung den Bundesgeneralstaatsanwalt weiter die Andromeda-Ermittlungen an der Kandare führen lässt, aber weiterhin erklärt, dass die Ergebnisse unabhängig von der weiteren Unterstützung der Ukraine wären. Das würde auch heißen, Selenskij oder wen auch immer vor Strafverfolgung zu schützen. Könnte man einem Land, dessen amtierender Präsident Selenskij ist oder dessen Militär und Geheimdienst mit Milliarden unterstützt wird, weiter helfen, wenn sie in die Anschlagspläne maßgeblich verwickelt waren? Aber da doppelte Moral überall betrieben wird, lässt sich das auch hier machen, wenn es den Interessen der Regierung dient.

Interessant ist, wie Mainstreammedien die Bundesregierung dabei unterstützen. Reinar Veser von Faz hält den Anschlag zwar für eine politische Dummheit und eine schwere Straftat, aber macht nichts, die Ukraine muss unterstützt werden: „Vor allem aber ist ein Sprengstoffanschlag außerhalb eines Kriegsgebiets eine schwere Straftat. Die Justiz muss sie ohne politische Rücksichtnahme aufklären und ahnden. Daher ist die Festnahme eines der mutmaßlichen Organisatoren in Italien zu begrüßen. Aufgabe der deutschen Politik bleibt es unabhängig von diesem Verfahren, die angegriffene Ukraine zu unterstützen.“

Noch stärker als Helfer der Regierung gibt sich Ralf Wiegand in der Süddeutschen Zeitung. Das verwundert nicht wirklich, immerhin hat sich der bisherige Ressortleiter Politik Stefan Kornelius als Regierungssprecher hochgearbeitet. Wiegand räumt in seinem Kommentar ein, es sei ein „Sabotageakt größeren Stils“ gewesen, deswegen sollte der Generalbundesanwalt auch ermitteln. Es hätten – nach der öffentlichen Drohung Bidens im Beisein des schweigenden Scholz – die Ukrainer, die Amerikaner, beide zusammen oder Russland sein können, räumt er ein. Auf Polen will er sich erst gar nicht einlassen.

Alle Varianten wären politisch nicht gut, deswegen wäre es nicht verwunderlich gewesen, wenn die Ermittlungen eingestellt worden wären. Dass dies nicht geschehen sei, sei eine „gute Nachricht für den Rechtsstaat“. Noch aber gebe es nur den Verdacht. Es müsse weiter geklärt werden, was der Regierung dabei hilft, einfach so weitermachen zu sollen wie bisher, ohne auf die Ermittlungen Rücksicht zu nehmen, wie der Kommentator staatstragend erklärt: „Und während die Justiz das tut, kann die Politik die Ukraine trotzdem weiter unterstützen mit Waffen und Geld. Nord Stream liefert in dieser Hinsicht sehr gutes Anschauungsmaterial auf für einen anderen Pfeiler der Demokratie: Gewaltenteilung.“ Die ist nun gerade beim Generalbundesanwalt nicht wirklich gegeben, soll aber hier einen Freibrief für die Regierung ausstellen, weiter mit Scheuklappen eventuell für eine Regierung oder ein Militär zu zahlen, die für den Anschlag verantwortlich sein könnten, jedenfalls aber sich nicht willig zeigen, die Ermittlungen zu unterstützen.

Nach der Bundesregierung (Stand Juni 2025), habe man „bilaterale zivile Unterstützung für die Ukraine in Höhe von rd. 34 Mrd. EUR geleistet und militärische Unterstützung in Höhe von rd. 38 Mrd. EUR geleistet bzw. für die kommenden Jahre bereitgestellt“. Am 15. August berichtete das Außenministerium: „Damit die Ukraine sich und unseren Frieden in Europa schützen kann, hat die Bundesregierung bislang bilaterale zivile Unterstützung in Höhe von rd. 34 Mrd. EUR geleistet und militärische Unterstützung in Höhe von rd. 40 Mrd. EUR geleistet bzw. für die kommenden Jahre bereitgestellt.“ Man müsste nun auch einmal fragen, was hat der vermutlich aus der Ukraine erfolgte Anschlag auf Nord Stream Deutschland gekostet.

 

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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13 Kommentare

      1. Frettchen und andere Marderartige haben auch entfernt ähnliche Gesichtszüge und das sind ganz normale Tiere, die nichts für ihre Gesichtszüge können. Selbst meine Gesichtszüge erinnern mich immer an die einer Wanderratte aber Wanderratten sind auch brave Tiere, die sich gegen solche Vergleiche verwahren würden, wenn sie könnten.

  1. Alle Anstrengungen zur Vertuschung sind weitere Geldverbrennungsmaschinen, die dem hehren Ziel dienen, nur noch amerikanische oder umweltvernichtende, teure Energie bereitzustellen. Schließlich haben wir noch Gold im Keller. Davon können wir locker weitere nutzlose Militärgüter bezahlen, die, außer Menschen zu töten, nichts bewirken, Russland bleibt.
    Es geht nur noch darum, den Verlauf der neuen Mauer zwischen Nato und BRICS zu beeinflussen, und auch da scheint Russland im Vorteil zu sein. Mal sehen, wenn Trump dann mal registriert, dass er nicht nur kein Geld mehr für die Ukraine übrig hat, sondern auch kein Geld mehr für die anderen osteuropäischen Russenhasser. Das Massacker von Wolyn, durchgeführt von den Vorgängern der Mistgabelträger in der Ukraine, hat schon zum Umdenken in Polen geführt. Wenn der Ami nicht mehr sponsert, Deutschland selbst in Richtung Pleite marschiert und nichts mehr übrig hat, könnte es durchaus passieren, dass neben Ungarn und der Slowakei auch andere sich wieder nach Russengas sehnen. Bis dahin gilt für mich, keinen Cent freiwillig für die Bandera- und Zion-Faschisten und -mörder. Amerika wird sich demnächst selbst im Weg stehen, die Zukunft findet in Asien statt.

    1. Praktisch betrachtet musst du aber erst mal raus aus aus Deutschland und irgendwo in Asien Fuß fassen. Mein persönlicher Favorit sind da die Andamanen. Die Einwohner sind relativ leichtgläubig und nehmen auch gerne mitgebrachte Geschenke von kapitalistischen Missionaren an, die sie am Strand mit Pfeil und Bogen erlegt haben.

      Wir haben uns die Asiaten zum Feind gemacht. Warum sollten sie uns daher nicht ebenfalls als ihre Feinde betrachten?

    1. So sind sie eben, unsere Regierungschefs – nicht eben der letzte Schrei auf dem Gebiet der KI-gesteuerten Gentechnologie. Zum Glück wird bald die die Donald-KI die Weltherrschaft übernehmen und herkömmliche Regierungen ersetzen. Nichts ist so leicht durch KI zu ersetzen wie eine Regierung und schlimmer kann dadurch auch kaum mehr etwas werden.

  2. Danke, verehrter Meister.

    Wenn ich mir ansehe, was die aktuelle Politik veranstaltet, sehe ich auch nur noch dunkelbraun aber der Mensch braucht auch Ablenkung.

    Als ich jedenfalls das Titelbild sah, wusste ich sofort: Da war noch was und zwar mit Bildhauerei und Betonguss, das wahrscheinlich mit enormem materiellen Aufwand verbunden war, der nur durch Superreiche mit leichtem Hang zur Selbstironie erbracht wurde, welche seinerzeit noch vorzukommen schien. So etwas sollte man bundesweit installieren statt Überwachungskameras. Folgenden Link habe ich dazu geklaut:

    https://www.passengeronearth.com/peter-lenk-skulpturen-provokante-kunst-nackte-wahrheiten-bodensee/

  3. Das ist doch nur noch erbärmlich.
    Die westeuropäischen kriegsgeilen Gruselkabinette voller Jammergestalten lassen die Bevölkerungen durch Zwangsmedien täglich aufs Neue verhöhnen. Während sie alle von produktiv Tätigen geschaffenen Werte abgreifen und Wirtschaft, Kultur und Gemeinschaft zerstören.
    „Wertewesten“? Pfui Teufel!

    PS: Es fehlt noch: „3 Chinesen mit dem Kontrabass ruderten zu den Pipelines und erzählten sich was“.

  4. Ein wesentliches Merkmal der psychologischen Kriegsführung, die wir gerade in der Corona-Zeit erleben durften, ist das eiserne Festhalten an bestimmten Narrativen, so absurd sie auch sein mögen, sowie das selektive Ausblenden von unpassenden Realitäten. Daraus ergibt sich zwangsläufig auch ein „Weiter-So“ auf verschiedenen Ebenen. Offensichtlich hat das so gut funktioniert, dass man diese Strategie auf politischer und medialer Ebene gleich beibehält. Der bratwurstessede Gentechnik-Proband hinterfragt ohnehin kaum etwas. Die Sache mit den Botanikern und ihrem Pflanzen-Sprengstoff auf einem Segelboot ist ungefähr so plausibel wie „die Impfung schützt sie und andere“.

  5. Zu dem was in Gaza passiert:
    Heute wurden über fünfzig Menschen getötet.
    Neun Menschen sind in den letzten vierundzwanzig Stunden verhungert. Darunter drei Kinder.
    Unter den Getöteten sind eine Schwangere und ihr Sohn.
    Im Al-Bureij Flüchtlingslager wurden die zweijährige Yumna und ihre Eltern getötet.
    Man muss davon ausgehen dass auch morgen die Juden den Palästinensern ihre Menschenrechte nicht geben werden.
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  6. Eine Bande rückgratloser Feiglinge stellt die „Regierung.“ Keinen Deut besser als die Vorgänger „Regierung.“
    Regierungsmitglieder eines souveränen Staates würden sofort sämtliche Mittel für das Milliardengrab Ukraine streichen obwohl ich glaube dass das mit diesem gemietete Segelyacht Kram nur eine Finte ist. Es können nicht irgendwelche Fuzzis 80m tief tauchen und mal eben eine Pipeline sprengen ohne Dekompressionskammer. Trotzdem, gute Gelegenheit aus dem Ukraine Abenteuer auszusteigen. Und ein souveräner Bundeskanzler hätte im Februar 22 diesem Joseph Biden entgegengeschleudert dass ihn unsere Energieversorgung nichts angeht.

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