Warum hat der armenische Präsident Paschinjan Bergkarabach fallen lassen?

Mit starkem Polizeiaufgebot wird in Jerewan das Regierungsgebäude vor den Menschen gesichert, die gegen die armenische Regierung wegen der deren Untätigkeit protestieren. Screenshot von YouTube-Video

Bergkarabach musste vor der Übermacht kapitulieren, es kommt zu heftigen Protesten gegen die armenische Regierung in Jerewan, dem Präsidenten wird Verrat vorgeworfen.

Wie sich vorhersehen ließ, haben die Behörden der nicht völkerrechtlich anerkannten, mehrheitlich von Armeniern bewohnten Republik Bergkarabach (Arzach) kapituliert, nachdem am Dienstag aserbeidschanische Truppen mit einem Angriff begonnen hatten und zuvor von der armenischen Führung klargestellt wurde, dass Armenien der Republik mit einer Bevölkerung von etwa 150.000 Menschen nicht militärisch zu Hilfe kommen wird. Auch die internationale Gemeinschaft nicht genügend getan habe, den Krieg zu beenden. Aserbeidschan hat seine „Antiterrormaßnahmen“ eingestellt, da die bewaffneten armenischen Verbände ihre Waffen niederlegten und ihre Positionen verließen. Hunderte Menschen wurden getötet, viele verletzt. Russland erklärt, man werde sich in den Konflikt nicht militärisch einmischen: „De jure finden die Feindseligkeiten in dem Gebiet statt, das Armenien als Teil Aserbaidschans anerkannt hat“, sagte der Sprecher des Föderationsrats Konstantin Kosachev.

Arzach hatte sich bereits 1988 als unabhängig erklärt, 1991 kam es zum ersten Krieg zwischen Armenien und Aserbeidschan. Zwar waren 2020 nach dem letzten Krieg und der Niederlage Armeniens aufgrund einer Friedensvereinbarung russische Friedentruppen in der Region stationiert worden und hatte Aserbeidschan einige Gebiete zurückerhalten. Russland und die EU vermittelten weiter Friedensgespräche, aber es kam zu keiner Einigung.

Armenien löste sich weiter von Russland ab und stimmte zusammen mit Aserbeidschan im Oktober 2022 unter der Vermittlung des französischen Präsidenten Macron und des EU-Präsidenten Michel der Prager Erklärung zu, wechselseitig die territoriale Integrität und Souveränität anzuerkennen, womit Armenien Bergkarabach fallenließ und auch keine Vorsorge für den Schutz der armenischen Bevölkerung in der Provinz traf. Auch jetzt zeigt sich Russland darüber verärgert. Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, sagte: „Das war Eriwans endgültige Lösung für die Bergkarabach-Frage. Warum Nikol Paschinjan und die armenischen Behörden das getan haben, warum Paris und Brüssel dies angestiftet haben, diese Fragen sollten an sie gerichtet werden.“

Russland, konzentriert auf den Krieg in der Ukraine und verärgert über Armenien, dessen Präsident Nikol Paschinjan sich dem Westen zugewandt hat und Truppenübungen mit der US-Armee begann, griff als einstige Schutzmacht Armeniens jetzt ebenfalls nicht militärisch zugunsten von Bergkarabach ein. Nicht zuletzt um nicht allen Einfluss in der Region zu verlieren.

Aserbeidschan wird nicht nur von der Türkei, sondern auch von Israel militärisch unterstützt, während der Iran gute Beziehungen zu Armenien pflegte. In letzter Zeit wurde Aserbeidschan wegen der großen Gasressourcen für die EU interessant, gleichzeitig wurde Armenien von den USA, der Nato und der EU umworben, um den russischen Einflussbereich weiter zurückzudrängen. Der Atlantic Coucil rät dazu, dass die USA die Beziehung mit Aserbeidschan verstärkt, um Russland und Iran zu schwächen. Insbesondere wird auf den Mittleren Korridor hingewiesen, ein Transportweg, der China über Zentralasien und den Südkaukasus mit Europa unter Umgehung von Russland verbindet. Dazu kommt: „Ein unter westlicher Vermittlung unterzeichneter Friedensvertrag, der auf der Anerkennung Karabachs als Teil Aserbaidschans beruht, würde dem russischen Einfluss in der Region einen schweren Schlag versetzen. Ein solcher Vertrag würde die Voraussetzungen für den Abzug der russischen Friedensmission aus der Region Karabach schaffen, wo sie nach dem Krieg von 2020 stationiert wurde, und Moskau generell eines Einflusshebels gegenüber Baku berauben.“

Erfolgreich war Russland aber zumindest damit, in dem geopolitisch brisanten Konflikt immerhin eine erste diplomatische Lösung durchgesetzt zu haben. Gleichwohl sind einige Soldaten der russischen Friedenstruppe bei einem Überfall getötet worden.

Heute wurde unter der Vermittlung Russlands ein Waffenstillstand vereinbart zwischen Bergkarabach und Aserbeidschan vereinbart. Armenien war daran demonstrativ nicht beteiligt. Morgen soll es zwischen Vertretern von Bergkarabach und Aserbeidschan in Yevlakh, Aserbeidschan, erste Gespräche über die Wiedereingliederung der Republik in den Staat Aserbeidschan geben. Die bewaffneten Einheiten des zu Aserbeidschan gehörenden Gebiets legen die Waffen nieder. Nach der Waffenstillstandsvereinbarung sollen sich auch die armenischen Truppen zurückziehen, Pschinjan erklärt, es gebe dort keine Truppen, das zu erwähnen sei ein Versuch, Armenien in den militärischen Konflikt hineinzuziehen. Er will die Russen dafür verantwortlich machen, dass die Armenier in Bergkarabach geschützt werden.

Armenier, die aus Bergkarabach fliehen wollen. Bild: Telegram

Zuvor hatte Aserbeidschan monatelang den Latschin-Korridor, die einzige Verbindung zwischen Bergkarabach und Armenien vollständig, auch für humanitäre Güter und Lebensmittel, gesperrt, um die Bevölkerung auszuhungern. Im EU-Parlament wurden Forderungen laut, Sanktionen gegen Aserbeidschan zu verhängen, das beschuldigt wird, eine ethnische Säuberung vorzuhaben und die Armenien aus Bergkarabach zu vertreiben. In Armenien kommt es seit Tagen zu Protesten vor dem Regierungssitz, weil Paschinjan sich dem Druck von Aserbeidschan gebeugt hat. Es werden Rufe nach Amtsenthebung laut, er gilt als Verräter, weil er einen Völkermord zulasse. Gerade die Unterstützung Aserbeidschans durch die Türkei lässt Erinnerung an den Völkermord an den Armeniern 1915/1916 aufkommen, der sich auch auf dem Hintergrund des Konflikts zwischen Russland und der Türkei abspielte. Deutschland unterstützte die Deportation und Ausrottung der Armenier etwa mit der Baghdad-Bahn.

Den Untergang von Bergkarabach hat Paschinjan aktiv betrieben, indem er die Republik als Teil von Aserbeidschan anerkannt und dies unterstrich, in dem er den dort lebenden Armeniern nicht zur Hilfe kam. Mit der Orientierung an USA und EU und der Ablösung von Russland dürfte das die Folge einer Strategie sein, den Konflikt endgültig zu lösen, um Armenien aus der Bindung an Russland und dem Sicherheitsbündnis CSTO zu lösen, um das Land wie Georgien, Moldawien und Ukraine in die Nato aufzunehmen. Dem stand bislang der Konflikt mit Aserbeidschan entgegen.

Noch freilich ist offen, ob es zu einer friedlichen Lösung des Konflikt kommen kann. Das wird wesentlich davon abhängen, ob die Armenier in Bergkarabach bleiben können und ihre Rechte bei der Integration geachtet werden. Wie weit die Armenier Vertrauen in Baku haben und nicht in Massen fliehen werden, wird man bald sehen. Aserbeidschan könnte sie auch dazu drängen. Würden die Flüchtlinge nach Armenien kommen, würden sie dort wohl die Opposition gegen die Regierung stärken.

Protest gegen den westlich orientierten Präsidenten, dem Verrat vorgeworfen wird. Screenshot von YouTube-Video

Viele Menschen in Armenien sehen, das zeigen die Proteste, die Aufgabe von Bergkarabach als Verrat. Dazu kommt, dass dies durch militärische Macht erzwungen wurde. Es könnte also durchaus in Armenien zu einem Umsturz kommen, nachdem Paschinjan ja selbst 2018 durch einen Sturz der Regierung an die Macht kam. Die Polizei geht mittlerweile hart gegen die Protestierenden vor, was die Wut verstärken könnte.

Und es gibt noch einen weiteren ungelösten territorialen Konflikt. Aserbeidschan hat keine direkte Landverbindung zu seiner Enklave, der Autonomen Republik Nachitschewan, in der vorwiegend schiitische Aserbeidschaner leben. Sie kann nur über den sogenannten Sangesur-Korridor auf dem Territorium Armeniens erreicht werden und grenzt an den Iran und die Türkei. Zwar ist die Grenze zur Türkei nur einige Kilometer lang, aber wirtschaftlich ist Nachitschewan vor allem mit der Türkei verbunden. Aserbeidschan fordert die Einrichtung der Verkehrsverbindung über den Sangesur-Korridor, Armenien lehnt dies bislang ab, weil es seine territoriale Souveränität beeinträchtige, schlägt aber eine andere Route vor, die Aserbeidschan wiederum nicht akzeptiert. Auch hier gab es zu Sowjetzeiten eine Eisenbahnverbindung Zəngilan—Meghri—Nakhchivan.  Für Aserbeidschan ist der Sangesur-Korridor von „strategischer“ Bedeutung.

Daher kann es hier, nachdem sich Aserbeidschan so leicht bei Bargkarabach durchsetzen konnte, erneut zu einem militärischen Konflikt kommen. Armenien wirft zudem Aserbeidschan vor, armenische Stellungen auf armenischem Territorium angegriffen zu haben.

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43 Kommentare

  1. An und für sich ist es ja nur vernünftig, dass eine armenische Regierung sich den Realitäten gestellt, und Berg Karabach fallengelassen hat. Wenn man militärisch nicht mithalten kann und sogar das Völkerrecht gegen sich hat, ist alles andere selbstmörderisch. Allerdings gilt diese positive Einschätzung nur, wenn nicht wirklich, wie Rötzer meint, der Versuch gemacht werden wird, Armenien in die nato zu integrieren. Darauf würde Russland gleich reagieren wie in Georgien und in der Ukraine. Das kann für keine russische Regierung je in Frage kommen.

    Ausserdem kommt die armenische Einsicht reichlich spät. Vor zehn, fünfzehn Jahren hätte man weit bessere Bedingungen aushandeln können. Jetzt ist nur zu hoffen, dass Aliev der nun leichte Sieg nicht zu Kopf steigt und er den Bogen nicht überspannt. Jeder Versuch, weitere territoriale Änderungen durchzusetzen riskiert den Ausbruch eines regionalen Krieges mit dann ungewissem Ausgang.

    1. Die Politik in Jerewan wird auch von den einflussreichen armenischen Gemeinschaften in Frankreich und den USA bestimmt.Diese Diaspora ist extrem armenisch- nationalistisch und nimmt wenig Rücksicht auf die reale Situation des Staates Armenien und seine geopolitische Lage.Nikol Pashinjan ist ja 2018 auch mit Hilfe dieser Kreise durch eine „bunte Revolution“ an die Macht gekommen.Seine Aufgebe war es,den Einfluss Russlands im Südkaukasus zu zerstören.Dazu hat er den von Russland vermittelten Verhandlungsprozess,der durchaus erfolgreich war,zerschlagen.Dieser Lösungsvorschlag sah ja u.a.eine Rückgabe der nicht zu Karabach gehörenden Teile an Baku,eine selbstverwaltete Autonomie für Karabach einschl.des Lachinn-Korridors sowie eine Volksabstimmung nach fünf Jahren über den endgültigen Status des Gebietes vor.Das Ende 2020 von Russland vermittelte Friedensabkommen zwischen Armenien und Aserbeidshan bezog sich ja zu erheblichen Teilen auf diese Verhandlungen.
      Leider hat Pashinjan dieses Abkommen nicht umgesetzt.Vermutlich wegen des starken Drucks der französischen Diaspora…Nach dem Februar 2022 aktivierten die Strategen in Brüssel die alten Pläne,einen antirussischen Block im Südkaukasus zu formen und auch den Zugang Russlands zum Handelspartner Iran,Indien…den sogenannten Nord-Süd_Korridor,zu blockieren .
      Im Herbst 2022 wurde Pashinjan auf einer Konferenz in Prag die beschleunigte Mitgliedschaft in der EU und der NATO angeboten.Wahrscheinlich waren die Versprechungen so lukrativ,das er dafür Karabach und seine Bevölkerung opferte.
      Einiges zur Brüsseler Politik findet man hier: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9349

    2. „und sogar das Völkerrecht gegen sich hat“

      Man sollte zuerst mal fragen, wieso das Völkerrecht heißt, wenn das Volk eben gerade kein Recht hat.

      Ich denke, es heißt Völkerrecht, weil es eigentlich gut und richtig wäre, wenn das Volk gefragt würde, aber das wollen die Staaten eben keinesfalls haben, darum setzten sie ihre Staatsinteressen blutig durch und kostümieren ihr schändliches Handeln dann, indem sie es Völkerrecht nennen.

      1. Du solltest mMn statt „die Staaten“ eher „die Herrschenden“ schreiben, oder etwas von ähnlichem Gehalt. Es wird an kaum einer anderen Stelle so deutlich, was hier das Problem ist: Armenien zB soll eine parlamentarische Republik sein, wie kann es denn da sein daß „der Staat“ wider sein Volk handelt?

    3. Also mein Verständnis mit Jerewan hält sich in Grenzen. Ich finde das unglaublich dumm seine Leute einfach fallen zu lassen. Das werden Armenier Paschinjan nie verzeihen und das wird das Land jetzt erheblich destabilisieren.

  2. Russland, konzentriert auf den Krieg in der Ukraine und verärgert über Armenien

    Wie unter dem Artikel von gestern Mittag kommentiert ist es vornehmlich letzteres. Weder sind russische Truppen aus Bergkarabach abgezogen oder minimiert worden, noch Russland „abgelenkt“. Das dortige Außenministerium und andere Stabsstellen haben noch andere Direktionen außer dem mit der Aufschrift „Ukraine“. Die USA sind ja auch nicht durch den Irak „abgelenkt“ gewesen, wie immer weißgemacht werden soll. Die haben noch den halben Globus in der Zeit bespielt und bespielen auch heute verschiedene Konflikträume parallel (Ukraine, Taiwan, Sahel…).

    Der Atlantic Coucil rät dazu, dass die USA die Beziehung mit Aserbeidschan verstärkt, um Russland und Iran zu schwächen.

    Ja, das hat die RAND Corporation in diesem Papier von 2019 auch. Das Problem daran ist bloß, wie die Verfasser selbst erkannten, dass Baku sehr gute Beziehungen zu Moskau unterhält. Demgemäß hat Aserbaidschan letztes Jahr ein umfangreiches Kooperationsabkommen mit Russland abgeschlossen, ferner einen Gasdeal und wird Teil der neuen Bahntrasse des Nord-Süd-Korridors in Richtung Iran / Pakistan / Indien. Wie viel sich davon materialisiert, wird sich zeigen, aber Baku balanciert seit Jahrzehnten mit allen Mächten in der Region und hat kein Interesse zum bloßen Pudel einer Seite zu werden. Es handelt mit allen, es bezieht von allen Waffen, es hat seine eigenen Interessen, aber in die NATO oder OVKS gehen? Ne, danke. Für den Westen ist es ein zu unsicherer Kantonist, deswegen hat sich sein Fokus ja auch verstärkt auf Armenien gerichtet, das man aus seiner alten Allianz mit Russland zu brechen versucht.

    „Ein solcher Vertrag würde die Voraussetzungen für den Abzug der russischen Friedensmission aus der Region Karabach schaffen, wo sie nach dem Krieg von 2020 stationiert wurde, und Moskau generell eines Einflusshebels gegenüber Baku berauben.“

    Die russischen Friedenstruppen in Bergkarabach sind übrigens nur zeitlich befristet dorthin entsandt worden. Dementsprechend sind sie bestenfalls als temporärer „Einflusshebel“ zu bewerten. Wenn man sie überhaupt als solchen lesen will. Tun vielleicht US-Amerikaner, aber die sind ohnehin verwundert, wie Russland bloß dreißig Jahre lang ganz ohne Truppen „Einfluss“ in Aserbaidschan ausüben konnte. Ach, Moskau und Baku haben traditionell gute Beziehungen? Die brauchen keine solchen Hebel beziehungsweise Knüppel? Psst, verraten Sie’s bloß nicht Uncle Sam…

    Den Untergang von Bergkarabach hat Paschinjan aktiv betrieben

    Und da frisst der Hase den Pfeffer. Paschinjan ist wie @ Besdomny unter dem anderen Artikel schrieb zum einen nicht Teil des „Karabach-Clans“ von Staatschefs und Notabeln, die selbst aus der Region Bergkarabach stammen und dementsprechend eng mit ihr verbunden sind. Und zudem wie @ Florian Rötzer hier zurecht nochmals betonte sehr West-affin. Im Grunde versucht seine Fraktion der armenischen Eliten das Kapitel Bergkarabach seit Jahren abzuschließen. Dazu gehörte auch das gezielte provozieren einer aserbaidschanischen Reaktion. Was man lange Jahre nicht hatte war ein Sündenbock, auf den man bequem die eigene Verantwortung für den Untergang der Republik Bergkarabach abladen konnte. Den hat man jetzt in Gestalt der bösen Russen, die nicht helfen wollten oder nicht so wie Paschinjan es gerne hätte, endlich erschaffen. In den Jahrzehnten zuvor haben die Russen ja immer den Mediator gespielt, also musste man Russland oft genug vor’s Knie treten, damit es damit aufhört.

    Auch hier gab es zu Sowjetzeiten eine Eisenbahnverbindung Zəngilan—Meghri—Nakhchivan.

    Genau. Und die Strecke ist nicht nur vital für Aserbaidschan, sondern auch für Russland als einer der Wege in den Iran. Dementsprechend wird es für Moskau darauf ankommen den Sangesur-Korridor zu sichern. Im Waffenstillstandsabkommen vom 10.11.2020 findet sich unter Ziffer 9 folgender Passus:

    The Republic of Armenia guarantees the safety of transport links between the western regions of the Republic of Azerbaijan and the Nakhichevan Autonomous Republic in order to organize the unimpeded movement of citizens, vehicles and goods in both directions. Control over transport communication is carried out by the bodies of the Border Guard Service of the FSB of Russia.

    Wie Herr Rötzer darlegte, wird dieser Punkt unterschiedlich interpretiert. Aserbaidschan will den Sangesur-Korridor, zumal die historische Zugehörigkeit Sangesurs zu Armenien von vielen Aseris ohnehin bestritten wird. In den 1920er war er der Armenischen SSR zugeordnet worden. Armenien lehnt den Korridor mit Verweis auf die im Artikel erwähnte Souveränitätsbeschneidung ab. Interessant wäre nun, dass die Russen aus dem Text ableiten könnten diesen Korridor schützen zu dürfen. Wenn nun Armenien vollends ins westliche Lager marschierte, was nach der Aufgabe Bergkarabachs und dem Anwachsen der anti-russischen Kampagne nicht ausgeschlossen ist, könnte Moskau Baku das Plazet geben diesen Korridor zu besetzen. Absichern würde ihn dann Moskau. Damit hätte Armenien einen neuen Territorialkonflikt am Hals – was die NATO-Mitgliedschaft erschwert – Aserbaidschan seinen heißgeliebten Korridor und Russland die gesicherte Verbindung in den Iran. Wie wahrscheinlich diese Überlegungen sind, steht dann wieder auf (oder in) einem anderen Papier.

    1. „Deutschland unterstützte die Deportation und Ausrottung der Armenier etwa mit der Baghdad-Bahn.“
      Das ist doch mal eine hübsche Verharmlosung der deutschen Rolle. Soweit ich mich erinnern kann, ergab die Auswertung von Archiven im AA vor einiger Zeit, dass der Völkermord ohne deutsche Logistik und militärische Planung und Führung gar nicht hätte stattfinden können.

      1. @ Oberst Meyer
        Die Rolle der damals berühmt/berüchtigten deutschen Helfershelfer wurde in der bisherigen deutschen Geschichtsschreibung verdächtig vorsichtig umschrieben. Könnten Sie Quellen/Links benennen? Herzlichen Dank!

        1. Wenn Sie „Helfershelfer“ schreiben, ist das eine krasse Untertreibung. Deutschland stellte die Militärstruktur an zentralen Stellen der heutigen Türkei. Massaker und Aufknüpfen an Masten gab es an Tausenden von Stellen im ganzen Land.

          Quelle (zum Beispiel, ich bin kein Experte):
          Der Völkermord an den Armeniern. Ein Menschheitsverbrechen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Quellen der Abteilung Militärarchiv des Bundesarchivs.
          https://www.bundesarchiv.de/DE/Content/Virtuelle-Ausstellungen/Der-Volkermord-An-Den-Armeniern/der-volkermord-an-den-armeniern.html
          Die Hintergrundinformationen auf dieser Site nennen am Schluss weitere einschlägige Literatur.

  3. Weil Armenien außerstande ist Aserbaidschan militärisch die Stirn zu bieten.
    Das war mal anders. Aserbaidschan hat allerdings qualitativ und quantitativ massiv aufgerüstet.
    Armenien konnte da nicht mithalten. Zu arm. Zu isoliert. Zusätzlich haben die jetzt noch die Russen massiv verärgert.
    Generell muss man sagen, das beide Seiten sich gegenseitig Schlimmstes angetan haben.
    Der Verbleib vieler Zivilisten beider Seiten ist ungeklärt. Auch die Umstände der Tötungen sind teilweise grauenhaft. Es gibt nicht wenige Filmaufnahmen davon.
    Sollte Russland es schaffen, Vergeltung von Seiten der derzeit siegreichen Aserbaidschaner zu verhindern, wäre es gut, das die Sache jetzt ein Ende findet.

  4. Auch dieser Konflikt beweist: Wo immer die USA/EU/NATO die FInger im Spiel haben, kommt es früher oder später zu humanitären Katastrophen. Großmächte haben immer den Anspruch auf Einflusssphären. Die Frage ist, zu welchem Zweck. Wenn der Zweck einzig darin besteht, Konflikte zu provozieren, um Rivalen zu schwächen, ist das niederträchtig. Wenn der Zweck darin besteht, Konflikte einzudämmen, kann man das durchaus als ehrenwert bezeichnen.
    Ich würde mal folgende These formulieren:
    Putins Machtverständnis zielt auf Eindämmung von Konflikten ab, notfalls mit autoritären Mitteln. Das Machtverständnis seiner Widersacher zielt auf das Schüren von Konflikten ab. Putin will Stabilität, Biden & Friends wollen Chaos.
    Russland steht zu seiner autoritären Rolle als Großmacht. Seine Widersacher schwafeln nur von Menschenrechten und Demokratie, meinen aber nichts anderes als Diktatur made in USA.
    Das ist der entscheidende Unterschied im geopolitischen Verhaltensmuster der Großmächte. Die USA sind außenpolitisch die schlimmste und unmenschlichste Diktatur der Welt, weil sie ganze Regionen gezielt destabilisieren und ins Chaos stürzen.

    1. @ Guido Biland
      Das derzeitige politische russische Regime um Herrn Putin sehe ich als Pragmatiker. Der Ukraine-Massenmord wird von russischer Seite meines Erachtens nach als destruktiv und lästig empfunden der die eigentliche zu verrichtende konstruktive Arbeit in Russland behindert und stört. Hier stoßen zwei gesellschaftliche Glaubensrichtungen aufeinander wie sie sich auch in vielen Betrieben findet. Womit man sich eine elementare Frage stellen könnte: Was ist Wertschöpfung und wie wird diese definiert?

      1. Da möchte ich dahingehend antworten, daß die regional Wahlen in Russland ausgesprochen für die Partei von Herr Putin ausgefallen ist. Daraus schließe ich, das Russland eine Einheit bildet und die Politik im Geopolitischen Aspekt, eine satte Mehrheit hinter sich formiert.
        Diese regional Wahlen gelten in Russland wie im Westen als ein massgebender Indikator für die Präsidentschaftswahlen.
        Die russische Politik wurde mit der SMO sogar vermehrt zu einer Einheit generiert.
        Erstaunlich für mich ist, das die Medien, NGO und sonstige Ableger nur minimalen Zuspruch erhielten.
        Auch die anderen Parteien konnten sich nicht gravierend von Putin’s Linie hervorbringen, welch eine Situation.

  5. Großmächte haben immer den Anspruch auf Einflusssphären

    Putins Machtverständnis zielt auf Eindämmung von Konflikten ab

    Guido, denk‘ an deine Medikation. Und lass die Finger von der Russo-Propaganda.

    phz (2000)

    1. Wer deine toxisch-russophoben Sprechblasen ohne Arznei übersteht, ist resilient und kerngesund. Antworte lieber sachlich und lass deine Finger von der NATO-Propaganda.

    2. Hier mische ich mich ausnahmsweise ein.

      Die beiden Zitate bilden / verraten keine Widersprüchlichkeit, sondern bilden auf ideologisch / moralistischer Ebene ab, wer in einem „Konflikt“ oder Krieg die Initiative hat, und wer nicht.

      Guidos Fehler besteht in der psychologischen Naturalisierung dieses Umstandes.

  6. Armenien ist (genau wie die sogenannte „Ukraine“) integraler Bestandteil des historischen Rußland. Wenn die Mehrheit der dortigen Bevölkerung anderer Meinung ist, kriegen sie zurecht auf sie Schnauze.

    1. Ähem nein. Armenier sehen sich primär als Armenier mit ganz klar eigener Sprache, Kultur, Religion, Geschichte.

      Bei der Bevölkerung der Ukraine ist das etwa hälftig ob die Leute sich als Ukrainer oder Russen empfinden. Die derzeitige Regierung in Kiew indoktriniert aber fleißig die Bevölkerung sich als Ukrainer zu sehen und verbietet alles nicht ukrainische um das zu ihren Gunsten zu verschieben.

      Außerdem waren sowohl Armenien als auch die Ukraine lange Zeit ihrer Geschichte außerhalb Russlands. Daß Kiew die eigentliche Keimzelle Russlands sei, hat man sich dort ausgedacht um sich besser zu stellen gegenüber Moskau als man von dort angfing die Ukraine zu beherrachen. Kiew jatte zum Beiapiel eine lange Universitätstradition und war auch Sitz des orthodoxen Patriarchates. Alles das hatte das damals eigentlich eher im Vergleich zu Kiew Provinznest Moskau nicht.

  7. Zum zentralen Kriegsbelang des sog. „Sangesur-Korridors“ ein Artikel aus dem privaten (! solche Quellen werden immer wichtiger) Portal „Silk Road Briefing“ vom Juli ’22:
    https://www.silkroadbriefing.com/news/2022/07/18/azerbaijan-talks-up-zangazur-corridor-amongst-armenian-concerns-as-transit-trade-grows/
    Den zentralen Teil zitiere ich:

    In December 2021, in Brussels, during a press conference with NATO Secretary General Jens Stoltenberg, Valiyev expressed a view that the “Zangazur corridor” should function as the Lachin corridor. During this, he said that the opening of the Zangazur corridor “is provisioned in the 10 November 2020 ceasefire agreement”, adding that just as Azerbaijan assures security and entry to Lachin corridor, Armenia should provide the same unhampered entrance to the Zangazur corridor, without customs enforcement, and threatening that “if Armenia insists on customs points to control the movement of goods and people over the Zangazur Corridor, then Azerbaijan will insist on the same conditions in the Lachin corridor”. In response to this, Armenia’s Prime Minister Pashinyan said that “Azerbaijan is trying to take the process of unblocking the regional connections to a deadlock” and that “the parallels made to the Lachin corridor do not have even the slightest connection to discussions and announcements signed to this date, and are unacceptable to Armenia.” …
    During 2021 trilateral peace talks held between Armenia, Azerbaijan and Russia, Armenia expressed willingness to participate in rebuilding the Soviet-era railway links historically connecting Azerbaijan and Nakhichevan, which Azerbaijan interpreted as Armenian consent to the Zangazur corridor.
    According to Russia, the third party, what is being discussed is unblocking regional communications, and not creating a “corridor” – a term unacceptable to Armenia as it implies part or all of Armenia’s Syunik Province are part of Azerbaijan. Diplomatic word-play will be needed on all sides to reach a compromise.
    The Zangazur Corridor would serve as a regional hub in uniting the North-South, East-West, South-West transport corridors, and the Trans-Caspian International Transport Routes, all of which feed through Baku from either Armenia, Turkyie, Iran and Russia through to the INSTC, and either to India and South Asia via Iran’s Chabahar port, or the Middle Corridor route east to China via Kazakhstan.

    Was daraus zu lernen ist:
    1) Der politökonomisch und militärisch seit 2020 fortbestehende „Konflikt“ (korrekt wäre von Krieg zu reden), der in das jüngste Massaker in Bergkarabach mündete, hatte rein gar nichts (mehr) mit irgendwelcher Historie und / oder ethnischen Konflikten, und auch nicht mit dem Territorium „Bergkarabach“ zu tun. „Bergkarabach“ war das Vehikel, mit dem Aliev Aserbaidschan in das Weltkriegsprogramm der NATO plus seine türkische Abteilung eingebracht hat. Denn:
    2) (Dazu müßte man historisch etwas weiter zurück gehen) Den Sangesur – Korridor zu deblockieren ist ein türkisches Anliegen seit Jahrzehnten, es spielte schon beim türkischen Anteil im ersten Karabachkrieg 92-94 seine Rolle, weshalb die Türkei seit 1993, dem Jahr des Abbruchs der diplomatischen Beziehungen, in einem „kalten“ Krieg mit Armenien steht.
    Nebenher: Die Deblockierung des Korridors spielte auch für 9/11 eine Rolle und war ein wirksames Zusatzmotiv im Beschluss für den Afghanistankrieg. Das kann man bei Sibel Edmonds, der vergessenen CIA-Whistleblowerin nachlesen.
    3) Der Karabach-Krieg 2020 und das jüngste Massaker sind eine NATO-Unternehmung „ohne Wenn und Aber“ gewesen.

    Ich schreibe das nicht zuletzt der eigentümlichen Rolle von @Altlandrebell halber, der sich alle Mühe gab und gibt, die Rolle der Türkei auszublenden und jetzt dazu übergeht, russische Kalküle und Intrigen zur Wurzel einer erwartbaren Fortsetzung des Krieges zu stilisieren, zitiere:

    Interessant wäre nun, dass die Russen aus dem Text ableiten könnten diesen Korridor schützen zu dürfen. Wenn nun Armenien vollends ins westliche Lager marschierte … könnte Moskau Baku das Plazet geben diesen Korridor zu besetzen. Absichern würde ihn dann Moskau. Damit hätte Armenien einen neuen Territorialkonflikt am Hals – was die NATO-Mitgliedschaft erschwert – Aserbaidschan seinen heißgeliebten Korridor und Russland die gesicherte Verbindung in den Iran.

    Solche Spekulationen beruhen angesichts der Faktenkenntnis ihres Autoren und vor dem Hintergrund der Mitteilungen im „Silk Road Briefing“ schwerlich auf Irrtümern und „Fehleinschätzungen“. Selbst wenn, ist es auch wurscht.

    1. Kleine historische Illustration:
      Die armenische Unterschrift unter die Kapitulationsurkunde 2020, als „Waffenstillstandsvereinbarung“ verhandelt, ist 72 Std nach dem Abschuss eines russischen Hubschraubers erfolgt, der einen routinemäßigen Patrouillenflug entlang der armenisch – türkischen Grenze absolvierte, wie das schon dutzende Male zuvor geschehen war. Das geschah, wenn ich mich recht erinnere, nahe der Stadt Vardanashen.
      Von türkischer Seite wurde der Abschuss zunächst geleugnet, dann zum „bedauerlichen Irrtum und individuellem Fehlverhalten“ erklärt.

      Diese Illustration nehmt gefälligst nicht zum Anlass, mir Parteinahme für den armenischen Nationalismus zu unterstellen. Eine Kapitulation bleibt eine Kapitulation, egal, ob einer die aufgegebenen Ansprüche gelten lassen mag, oder nicht.

  8. Der Autonomiestatus für Bergkarabach wurde 1923 durch die Sowjetunion eingerichtet. Genauer gesagt wurde die Autonome Oblast Bergkarabach innerhalb der Aserbaidschanischen SSR geschaffen. Dies geschah im Kontext der sowjetischen Nationalitätenpolitik, die versuchte, ethnische und regionale Spannungen durch die Gewährung begrenzter Autonomie zu mildern. Die Entscheidung wurde von den sowjetischen Behörden getroffen, die damals die Kontrolle über die Region hatten. Die Schaffung dieser autonomen Region hat jedoch nicht alle ethnischen und politischen Spannungen gelöst, und die Region bleibt ein Brennpunkt für Konflikte zwischen Armenien und Aserbaidschan.

    Vor der sowjetischen Periode war die Region Bergkarabach historisch gesehen ein Bestandteil verschiedener Reiche und Staaten. Sie war Teil des armenischen Königreichs, des Perserreichs und des Osmanischen Reichs zu verschiedenen Zeiten. Im 19. Jahrhundert kam die Region unter russische Kontrolle, als das Russische Reich Gebiete vom Perserreich und dem Osmanischen Reich eroberte. Nach dem Zusammenbruch des Russischen Reichs und während der kurzen Unabhängigkeitsperioden Armeniens und Aserbaidschans nach dem Ersten Weltkrieg beanspruchten beide Länder die Region für sich. Mit der Etablierung der sowjetischen Kontrolle wurde Bergkarabach 1923 zur autonomen Oblast innerhalb der Aserbaidschanischen SSR.

    Der moderne Staat Aserbaidschan hat seine Wurzeln in verschiedenen historischen Entwicklungen. Die Demokratische Republik Aserbaidschan wurde am 28. Mai 1918 gegründet und war die erste demokratische und säkulare Republik im islamischen Orient. Sie bestand jedoch nur bis zum 28. April 1920, als sie von der Roten Armee der Sowjetunion besetzt wurde.

    Nach der Besetzung wurde Aserbaidschan Teil der Sowjetunion und bildete ab 1922 die Aserbaidschanische Sozialistische Sowjetrepublik. Nach dem Zerfall der Sowjetunion erklärte Aserbaidschan am 30. August 1991 seine Unabhängigkeit, die am 26. Dezember desselben Jahres vollzogen wurde, als die Sowjetunion offiziell aufgelöst wurde.

    Das Gebiet, das heute Aserbaidschan ist, war jedoch lange vor diesen Entwicklungen Teil verschiedener Reiche und Zivilisationen.

    1. „Der moderne Staat Aserbaidschan hat seine Wurzeln in verschiedenen historischen Entwicklungen. Die Demokratische Republik Aserbaidschan wurde am 28. Mai 1918 gegründet und war die erste demokratische und säkulare Republik im islamischen Orient. Sie bestand jedoch nur bis zum 28. April 1920, als sie von der Roten Armee der Sowjetunion besetzt wurde.“

      Liest sich gut, dieser – mit Verlaub – Pressetext. Man stutzt natürlich, wenn man erfährt, dass die „Demokratische Republik Aserbaidschan“ am 28. Mai 1918 nicht etwa in Baku, sondern in Tiflis, der Hauptstadt Georgiens ausgerufen wurde.
      Warum denn das? U.a. deshalb, weil zu dem Zeitpunkt den bevölkerungsreichsten, einzig industrialisierten Teil (Ölförderung) Aserbaidschans um die Hauptstadt Baku aserbaidschanische und armenische Bolschewiken kontrollierten (die „Bakuer Kommune“), die ja angeblich erst zwei Jahre später in Aserbaidschan auftauchen sollten. 😉

      Und wer hat die „Demokratische Republik Aserbaidschan“ ausgerufen? Ein paar dutzend muslimische Abgeordnete aus dem Südkaukasus, die im November 1917 eigentlich zu einem anderen Zweck, nämlich zur Teilnahme an der russischen Konstitutionellen Versammlung in Petrograd gewählt worden waren. Sie gründeten gemeinsam mit georgischen und armenischen Abgeordneten zur Konstitutionellen Versammlung zunächst am 22. April 1918 in Tiflis die „Transkaukasische Demokratisch-Föderative Republik“, die einen Monat (28. Mai 1918) später schon wieder zerfiel, weil sie dem Ansturm der türkischen Truppen nicht standhalten konnte. Die „Demokratische Republik Aserbaidschan“ war das Fortsetzungsprojekt.

      Die türkischen Truppen sorgen Monate später auch dafür, dass die „Bakuer Kommune“ zerschlagen wurde und die demokratischen aserbaidschanischen Abgeordneten endlich in Baku einziehen konnten.

  9. Hat Paschinjan Bergkarabach fallen lassen? Nun, er musste wohl. Die Russen haben einen Waffenstillstand erreicht, der immerhin gehalten hat und für Armenien vorteilhafter war, als der Ausgang jetzt. Aber was tat Paschinjan? Er legte dem Westen den roten Teppich aus, in der Hoffnung, von dort Hilfe zu erhalten. Unter diesen Umständen natürlich militärische Hilfe. Was die NATO dann wohl versprochen hat, aber erst dann gemerkt hat, dass sie keine Artilleriemunition mehr hat. Alles in der Ukraine. Wie auch die hier wohl gebrauchten Himars.

    Durchaus eine Lektion seitens Russlands. Man kann nicht auf dessen Hilfe zählen, wenn man der Westpropaganda auf den Leim geht. Wobei noch andere Motivlagen eine Rolle spielen. Erdogan zählt Aserbeidschan zu seinem osmanischen Reich und das ist jetzt größer geworden. Und wie immer, Belt and Road.

    Total vergessen scheint inzwischen die Aserbeidschan-Affäre der Unionsparteien. In die die in auffallender Weise Personen verwickelt waren, die auch in der Maskenaffäre eine Rolle spielten. Und die zum Verhinderungsnetzwerk der CDU gehörten, das in den Gremien jede Maßnahme zur Energiewende erfolgreich blockierte. Pfeiffer und Bareiß waren die schlimmsten und diese findet man auch hier:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Aserbaidschan-Aff%C3%A4re

    Angeklagt wurde Karin Strenz, die aber unter sehr merkwürdigen Umständen auf einem Rückflug von Kuba verstarb. Sie wurde in Irland obduziert und von da kam ein halbes Jahr keine Nachricht, worauf dann die Akte geschlossen wurde. Dass nichts Verdächtiges gefunden wurde, haben die Iren definitiv nicht gesagt.

    Mit diesem Stand der Dinge sind nun alle zufrieden. Ich eigentlich nicht.

  10. Oh, weh. Karma is a bitch:

    One of those killed as a result of the shelling of the peacekeepers’ car in Karabakh was the Deputy Commander of the RMK in Nagorno-Karabakh, Ivan Kovgan , who was also the deputy commander of the submarine forces of the Northern Fleet of the Russian Federation.

    phz

    1. Als Ergänzung ein paar Gesprächsmittschnitte, die mir soeben zugespielt worden sind:

      Unbekannte Frau: Wie geht es ihrem Mann in der Arktis, Frau Kovgana? Ist dort bestimmt jetzt schon so kalt wie in Sibirien im Winter?
      Frau Kovgana: Mein Mann ist auf Friedensmission in Нагорный Карабах. Sie wissen doch, wir bauen ein Haus in der Türkei, weil wir sobald nicht mehr zu uns nach Saint-Tropez können.

      İlham Əliyev: Präsident Recep, wir haben da so einen Russen, der bei unseren Leuten und den Ungläubigen Schutzgeld erpresst.
      Recep Tayyip Erdoğan: Wenn einer Schutzgeld bei Euch erpresst, bin ich es. Mach‘ ihn weg, den Iblis!
      İlham Əliyev: Inşallah, hat das denn keine Konsequenzen?
      Recep Tayyip Erdoğan: Inşallah, nein. Die Ukrainer bombardieren jeden Tag die Flotte des schwarzen Meeres, ich hole seine Flugzeuge vom Himmel, weil es mir so gefällt.

      Wladimir Wladimirowitsch Putin so „War was?“

      phz

      1. Die Neutralen haben jetzt 10 Stridsvagn 122 zum demilitarisieren in die Ukraine gebracht. Mit den 31 M1A1 Abrams wird daß ja nächstes Jahr eine größere Panzerschlacht geben, die DU-Munition ist nur bis 2000m als Wuchtgeschoss einsetzbar.
        Und „Wladimir Wladimirowitsch Putin“ so
        War da was?

  11. Das was in dem Artikel steht kann man jetzt alles glauben – oder auch nicht.

    Ich weiß über die Situation und den Konflikt dort immer noch genau: NICHTS.

    Und jeder, der ehrlich ist stellt fest, dass es ihm genauso geht.

    Also was soll das? Ich kann an der Situation dort nichts ändern – und kann auch nichts darüber wissen, was überhaupt zu ändern wäre, wieso und wie. Wer dort im Recht ist, und wer nicht? Was weiß ich?

    Wir werden mit „Information“ zugemüllt, damit wir unsere eigene Situation nicht sehen und nicht erkennen können. Aufmerksamkeitsfehlsteuerung ist das Wort der Zeit, der Auftrag, Sinn und Zweck der fremdbestimmten Medien.

  12. „Das Volk“ zum Opfer fremder, finsterer, böser, satanischer, „jüdischer“, und, vor allem anderen, „klassenkämpferischer“ Umtriebe zu stilisieren, wie es @Albrecht Storz letztens mehrfach wiederholter Klage zugrunde (!) liegt*, ist natürlich schafsköpfig dämlich, bevor es irgendwas anderes ist.

    *“Aufmerksamkeitsfehlsteuerung ist das Wort der Zeit, der Auftrag, Sinn und Zweck der fremdbestimmten Medien.“

    Aber die Klage hat umgekehrt die Wahrheit, daß das Publikum sich der Nach-Richten, die Storz nicht haben will, mehrheitlich bedient, ein Weltbild und eine es umgreifende Weltanschauung zu bebildern und zu befestigen, von der die Storz’sche nur eine unter einem Dutzend ist, die seine berechnende Unterwerfung unter die gesellschaftlichen Kräfte, die seine Lebensinteressen permanent schädigen und beschneiden, mit individueller und kollektiver Ohnmacht rechtfertigen, und von diesem Standpunkt aus gerne militant gegen alle Kritiker werden, die etwas anderes treiben, als Verdammung der „falschen Führer“ und „falscher Fuffziger“ aller Währungen.

    Was Recht ist, soll Recht bleiben, *lach*.

  13. Schön, dass wieder mal ein Beitrag von mir im Ork verschwand. Die Ahnung hatte ich schon, als (wiederholt) der Text zwar angenommen wurde, aber nicht eingestellt.
    Wer wacht denn da über die Keuschheit der Seite, in wessen Auftrag zu welchem Zweck? Bestimmte Diskutanten eventuell zu eliminieren, wenn sie dem Autor nicht gefallen? Gibt es dazu entsprechende Liste? Kann man die einsehen?

    1. Ich hoffe, Du hast ihn archiviert. Meine Erfahrung ist, dass es mitunter technische Probleme gibt. Da hilft meist reposten. Und ok, Beiträge mit Angriffen auf andere Kommentatoren werden mitunter nicht veröffentlicht oder verschwinden. Ist mir ein paarmal passiert, wenn ich mich von den üblichen Forumterroristen habe trollen lassen, mein Fehler.

  14. Herr Rötzer fragt:Warum?
    Vielleicht hatte die USA ‚ihren Mann‘ auf diese Art versucht herauszunehmen. Das würde automatisch auch als Schwächung anderer Teilnehmer bedeuten.

  15. Heute ist Nationalfeiertag in Armenien.Pashinjan hat in seiner Rede die Armenier in Karabach mit keiner Silbe erwähnt.Für ihn und seine Freunde sind diese Menschen nicht mehr existent…
    Im heutigen Telefongespräch Alijews mit Putin hat letzterer explizit auf die Einhaltung der Rechte und der Sicherheit der Karabacharmenier gedrungen.Auch ging es um die Hinrichtung der russischen Friedenssoldaten durch Angehörige einer aserbeidshanischen Geheimdiensteinheit. Alijew war mächtig sauer auf Teile seines Geheimdienstes.Wahrscheinlich hat da jemand zu eng mit dem Herrn Moore vom MI6 gekuschelt.Da in diesem Teil der Welt die persönliche Ehre einen hohen Stellenwert hat,wird Alijew wohl seine beschmutzte Ehre mit Blut der Geheimdienstintriganten abwaschen…da dürften einige Köpfe rollen bzw.einige Herrschaften für Jahrzehnte im Bergwerk verschwinden….

    1. Es geht um Geld und Macht.Geld,um mehr Macht zu kaufen…Macht um noch mehr Geld zu scheffeln…um mehr Macht zu kaufen…eine kranke ,narzisstische Welt…

  16. @ „und sogar das Völkerrecht gegen sich hat“ (Zack15)

    Das ist FALSCH!
    Die Armenier in Berg-Karabach hatten immer das Völkerrecht für sich. Der Konflikt ist schon älter.
    Erst die „regelbasierte Außenpolitik“ macht es möglich, solche Urteile zu fällen, ohne das Selbstbestimmungsrecht der Völker auch nur zu erwähnen, den Rechtsstatus in der Sowjetunion zu prüfen oder in irgendeiner Weise zu argumentieren.

    Zum Beispiel die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ in Deutschland, die pro-russischer Sympathien völlig unverdächtig ist, setzt sich für die Armenier in Berg-Karabach ein.

    EU und OSZE halten sich heute völlig heraus (als brave, dumme Vasallen mittlerweile), das war nicht immer so:
    https://www.gfbv.de/de/news/konflikt-berg-karabach-7963/

    „Zwischen 1992 und 1994 starben 38.000 Menschen durch den Krieg um die Enklave, mehr als 1,1 Millionen wurden vertrieben. Trotz der Bemühungen der Minsk-Gruppe konnte kein nachhaltiger Frieden vermittelt werden.“
    –> Alles völkerrechtlich nicht relevant? In der „wertebasierten“ Außenpolitik des neudeutschen Vasallenlands…

  17. Vielleicht sollte man aus aktuellem Anlass an einen seinerzeit in Armenien Aufsehen erregenden offenen Brief aus dem Jahre 2013 erinnern. Zori Balajan, ein bekannter armenischer Schriftsteller, Mediziner, „Weltenbummler“ UND eine Art ideeller Anführer der ursprünglichen Karabachschen Sezessionsbewegung, forderte in diesem Brief Wladimir Putin auf, Bergkarabach gewissermaßen zu annektieren und in die Russische Föderation aufzunehmen.

    Der Brief stieß in Armenien und Bergkarabach auf Unverständnis und wenig Gegenliebe. Kaum jemand schien damals das von Balajan artikulierte Gefühl der „strategischen Ausweglosigkeit“ nachempfinden zu können.
    Und Balajan gestand natürlich das völlige Gescheitertsein, ja geradezu die Sinnlosigkeit des Kampfes um die Karabachsche und evtl. sogar armenische Eigenständigkeit ein, den er mit losgetreten hatte.
    Heute kann man wohl besser verstehen, was er meinte. Die Grenzen sind wieder auf dem Stand von 1988, ohne dass sich etwas zum Besseren verändert hätte. (Gut, vielleicht hat in Stepanakert mittlerweile einen MacDonalds eröffnet.)

    Und auf der anderen Seite gibt’s sehr einen bekannten armenischen Videoblogger (Roman Bagdasajan) der seit Jahren bekannt dafür ist, den „Karabach-Clan“ (dem wie gesagt Balajan angehört) zu kritisieren und der vor einem Monat öffentlich äußerte, dass die Armenier Bergkarabachs zum Zeitpunkt der Sezession im Jahre 1988 in ihrem autonomen Gebiet innerhalb der azerbaidschanischen SSR ein gutes Leben führten.

    Ein paar Fotos aus der nämlichen Zeit in Stepanakert, für historisch Interessierte:
    http://armenianhouse.org/krivopuskov/karabakh/photo-160-161.html

    Die ersten beiden Aufnahmen zeigen Balajan. Auf dem sechsten Foto sieht man die späteren armenischen Präsidenten Kotscharjan und Sarkisjan (beide blicken in die Kamera), die zu diesem Zeitpunkt gemeinsam die Komsomol-Organisation von Stepanakert leiten und gleichzeitig die Sezessionsbewegung aufbauen.

  18. Wer sich für Hintergründe interessiert –

    Der Konflikt um Berg-Karabach ist bereits älter als die Sowjetunion. Aserisches oder türkisches Gebiet war es nie.

    Als Deutschland noch kein Vasallenstaat war und es in Leitmedien noch unabhängige Journalisten wie Karl Grobe, dem leitenden außenpolitischen Redakteur der einst hochwertigen ‚Frankfurter Rundschau‘ gab, standen valide Einschätzungen in der Tagespresse.
    Als Rentner schrieb Karl Grobe nochmals eine solche Einschätzung zu Berg-Karabach (2019):
    https://www.fr.de/meinung/kaukasisches-kalkuel-11605753.html

    Da im heutigen Vasallenstaat niemand mehr solche kundigen Einschätzungen schreibt, sind wir auf Anatol Lieven angewiesen (2023):
    https://responsiblestatecraft.org/2023/02/02/there-are-no-good-alternatives-to-russian-influence-in-the-caucasus/

    1. „Der Konflikt um Berg-Karabach ist bereits älter als die Sowjetunion. Aserisches oder türkisches Gebiet war es nie.“

      Als die Armeen des Zarenreichs im Russisch-Persischen Krieg 1826-28 das Gebiet des heutigen Armenien und Berg-Karabachs eroberten, übrigens unterstützt von armenischen Freiwilligeneinheiten, da herrschte in der Region Berg-Karabach das Khanat von Schuscha. Ein Khan ist ein muslimischer Herrscher.

      Von Azeris oder Aserbaidschanern sprach bis zur russ. Revolution übrigens niemand. Alle Sprecher von Turksprachen (zumindest im europäischen Teil des Reichs) nannte man Tataren (so steht’s auch in den Protokollen der ersten russ. Volkszählung von 1897). Und von den „Tataren“, also Sprechern von Turksprachen, gab’s in der südkaukasischen Region eine Ganze Menge.
      Sowohl die Gebiete der heutigen (Ost-)Türkei als auch die angrenzenden Gebiete des Südkaukasus waren damals von einer „Mischbevölkerung“ besiedelt, in denen in einer Ecke die eine Bevölkerungsgruppe stärker dominierte und in der nächsten eine andere Gruppe. Aber weil es sich bis Ende des 19. Jh. um Feudalstaaten (anstatt um Nationalstaaten) handelte, spielte die ethnische Zugehörigkeit eine vergleichsweise geringere Rolle (geringer jedenfalls, als die der Religion). Es waren ja ohnehin alles Untertanen des Feudalherren.
      Das auf den ersten Blick Paradoxe besteht darin, dass die sich verbreitende Aufklärung, Säkularisierung und Entfeudalisierung auch den Nationalismus nach sich zog.

      Auf dem Territorium Armeniens leben heute 98% Armenier (in Berg-Karabach wird die Zahl vermutlich noch übertroffen). Für Aserbaidschan gilt dasselbe.

      Im Gouvernement Jelisawetpol, das den Westteil des heutigen Azerbaidschan umfasste und Berg-Karabach enthielt, wurden 1897 gezählt:
      878.415 Einwohner, davon 534.086 „Tataren“ bzw. Azeris, 292.188 Armenier, 21.5031, Lesginen, 7.875 Russen und Ukrainer, 3.194 Deutsche, 3.042 Kurden, 1.239 Georgier.

      1. „Das auf den ersten Blick Paradoxe besteht darin, dass die sich verbreitende Aufklärung, Säkularisierung und Entfeudalisierung auch den Nationalismus nach sich zog.“

        Der zweite Blick könnte etwas erklären, historiographische Erbsenzählerei tut das nicht. Schon erst recht deshalb nicht, weil sie verrätselt, warum und wie Konfessionen eine wachsende Rolle im Geschehen einnehmen.

        (PS.: Womit ich nicht unterstellt haben will, ich könnte diese Rolle erklären. Das kann ich gewiss nicht.)

        1. PPS.: Obwohl … auf einer hochabstrakten Ebene, die für die in Rede stehenden Schauplätze wenig erklärt …

          Monotheismus ist abstrakt dasselbe, wie Nationalismus.
          Es ist ein Ding (thing), das no thing repräsentiert, bestehend aus einem hierarchisch organisierten Aggregat von Artefakten.

          Dieses No Thing ist externalisierte gesellschaftliche „Natur“ von Individuen. Warum und wie, kann man in erster Instanz hinreichend bei Feuerbach nachlesen.

          Solche Externalisierung ist natürlich dazu da, in der metaphysisch aggregierten Gestalt (vgl. engl. bzw. linguistisch, zeichen- und kunsttheoretisch „gestalt“!) herrschaftlich wieder internalisiert zu werden, und hier liegt die größte praktische Differenz des Nationalismus zum Monotheismus.
          Denn der Monotheismus ist eine „Kritik“ vorgängiger polytheistischer Kulte, die noch organisch in tribaler Mythologie wurzeln. Solche „Kritik“ geht mit militärischer Unterwerfung einher – zumindest sekundär – deshalb scheiterte der Monotheismus „von oben“ (der Aton-Kult) in der ägyptischen Sklavenhalterkultur und das klerikale Christentum in einem intakten römischen Imperium. Die Internalisierung des Monotheismus geht daher zwanghaft mit der erdenklich viehischsten Brutalität einher, denn schlicht mit dienstbarer Ergebenheit gegen die neuen menschlichen Herren gibt sich die monotheistische Unterwerfung nicht zufrieden. Die viehische Fleischfolter muß her, um die Prügelfolter gegen den Nachwuchs der Unterworfenen zu etablieren und darauf die mentale Folter der Frömmigkeit zu gründen (Frömmigkeit ist die historische Vorform der Moral).
          Der Nationalismus baut bereits auf Frömmigkeit und zumeist auf der Prügelfolter, aber letztere kann unter günstigen historischen Bedingungen auch entfallen. Im fortgeschrittenen Stadium wird sie ersetzt durch „weiße“, mentale bzw. moralische Folter.

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