Verklärung der angeblich kriegswilligen Ukrainer im Westen

Drohnenkrieg
Im Drohnenkrieg jagen wie hier bei Kostjantyniwka Drohnenpiloten als die neuen Scharfschützen einzelne Gegner. Screenshot: @sudoplatov_official

Die Ukraine wird von vielen im Westen verklärt. Die Bevölkerung würde todesmutig oder kriegstüchtig gegen die Russen kämpfen, um die Souveränität der Ukraine, deren territoriale Integrität oder gar die Freiheit, auch die Europas, zu verteidigen. So wird hierzulande die Notwendigkeit der Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen Russland begründet. Weil das auf die Dauer nicht mehr einleuchtend war, ging man dazu über, Russland zu unterstellen, auch die Nato angreifen zu wollen, wenn die Ukraine nicht die russischen Truppen bindet. Die Ukraine wäre dann genau der aufgerüstete Nato-Vorposten, den Russlands Regierung fürchtete.

Jetzt wissen wir im Westen nicht mehr, ob wir Kiew als eine Art Söldnerstaat unterstützen sollen, um uns zu retten, bis wir aufgerüstet haben, oder weil wir das Völkerrecht verteidigen, auch wenn wir bei Israel im Gazastreifen oder bei den USA gegen Venezuela oder Kolumbien die Augen lieber verschließen sollen. Angeblich werden Deutschland, die EU und die Nato, aber eben auch die Freiheit, das Völkerrecht oder … in der Ukraine verteidigt, wie das zuvor auch am Hindukusch der Fall gewesen ist.

Aber es ist ja keineswegs so, dass alle Ukrainer ihr Land unbedingt verteidigen wollen. Millionen sind geflohen, auch wehrpflichtige Männer, denen die Ausreise verboten wurde, weil man in Kiew schon wusste, dass es bald zum Zwang kommen würde, wenn das Potenzial der freiwilligen Kämpfer erschöpft ist. Mindestens seit einem Jahr werden die kriegsunwilligen Männer auf den Straßen von Fangkommandos gejagt und mit Gewalt verschleppt, wie das auch gerade die schwer bewaffneten, neuerdings auch mit Gesichtserkennung auf ihren Smartphones ausgestatteten ICE-Agenten in den amerikanischen Städten machen.

Die Unterstützer der Ukrainer schauen darüber in der Regel hinweg, der herumgereichte Präsident Selenskij verliert kein Wort darüber, da es kaum zu begründen ist, wenn die angebliche Freiheit von Menschen verteidigt wird, die das nur unter Zwang im Rahmen einer Repressionsmaschine machen. Es werden auch schon zur Täuschung Krankenwagen eingesetzt. Der Widerstand gegen die Militärkommissare als Häscher breitet sich aus. Eingefangene werden von Passanten befreit, manche gehen auch mit Waffen gegen die Militärkommissare vor.

Stanislaw Bunjatow (Osmán), Bataillonskommandant der rechten Freiwilligeneinheit „Aidar“, plädiert für die Wehrpflicht: „Fast niemand meldet sich mehr freiwillig zum Militär – nicht einmal für Positionen als „Administratoren“ in Einheiten mit den höchsten Dienstgraden, weil die Menschen den gewohnten Komfort des zivilen Lebens nicht aufgeben wollen. Wären die Brigaden nur lückenhaft und die Kommandeure schlecht, wären die 12. Asow-Brigade und die 3. OShBr bis zum Rand gefüllt – aber das ist nicht der Fall.“

Natürlich wird in der Ukraine von den weiterhin Kriegswilligen gefordert, dass man doch endlich auch die Frauen zum Kriegsdienst einziehen soll und dass die Entscheidung, den 18-22-jährigen Männern, die in Deutschland für den Kriegsdienst ausersehen sind, die Grenzen zu öffnen, falsch gewesen sei. Vermutlich hat das Selenskij mit Blick auf das Kriegsende durchgesetzt, damit zum Wiederaufbau auch noch ein paar junge Menschen in der vergreisenden Ukraine da sind, in der die Männer im wehrfähigen Alter dezimiert werden. Deswegen wurde das Rekrutierungsalter auch nur von 26 auf 25 Jahre gesenkt, was im Westen für Irritationen gesorgt hat. Wahrscheinlich sollten damit Eltern bestärkt werden, ihre Kinder nicht schon vor 18 Jahren ins Ausland in Sicherheit zu bringen, was auch massenhaft geschehen war. Gemunkelt wird schon, da der Rückreisewille der geflohenen Ukrainer nicht sonderlich groß ist, dass zum Schrecken der Bandera-Nationalisten möglicherweise Millionen Ausländer ins Land geholt werden müssten, um die Wirtschaft aufzubauen. Das verdankt sich auch der gesunkenen Geburtenrate: „In der Ukraine wurden im ersten Halbjahr 2025 86.795 Babys geboren, während 249.002 Menschen starben“, so der Opendatabot.

Tatsächlich soll es bereits zu einem Exodus der jungen Männer gekommen sein, um sicherzustellen, dass sie dem Kriegsdienst für das Vaterland zu entkommen. Nach dem Telegraph haben in den ersten zwei Monaten nach der Öffnung der Grenze für die jungen Männer bereits an die 100.000 das Land Richtung Polen verlassen, die zum Teil weiter nach Deutschland reisten. Auf dem Arbeitsmarkt soll es deswegen schon zu Engpässen kommen.

Gleichzeitig findet ein Massenexodus aus den Streitkräften statt. Wer von den mit Zwang oder Gewalt Eingezogenen an die Front kommt, versucht, so schnell wie möglich zu desertieren, bevor er verwundet oder getötet wird. Es laufen hunderttausende von Strafverfahren gegen Deserteure. Oft melden die Kommandeure die Deserteure nicht, möglicherweise auch, um den Sold wie bei den Gefallenen weiter zu kassieren. Die „Neuen“ werden als Kanonen- oder besser: Drohnenfutter nach vorne an der Front geschickt. Es scheinen viele Einheiten kaum mehr Soldaten und nur noch Offiziere zu haben: „Einige Bataillone der ukrainischen Armee haben fast keine Soldaten: Von 120 Soldaten sind nur sieben Infanteristen, der Rest sind Kommandeure oder Signalmänner“, sagte sogar Ruslan Gorbenko, Abgeordneter von der Selenskij-Partei „Diener des Volkes“. Gelegentlich würden auf einen Soldaten 13 Offiziere kommen.

Und dann gibt es noch einen seltsamen Trend in der Ukraine, wo die Behörden versuchen, die russische Sprache mit der russischen Kultur auszulöschen.  Die Rade hatte gerade den Gesetzentwurf zurückgezogen, nach dem die russische Sprache nicht mehr nach der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen geschützt werden sollte. Der Gesetzentwurf 14120 musste erneut auf Druck der EU zurückgezogen werden, was etwa den Rada-Abgeordneten Nikita Poturajew, Vorsitzender des Ausschusses für humanitäre und Informationspolitik, verärgert: „Wenn man uns darauf hinweist, dass wir wegen der EU-Mitgliedschaft alles so lassen müssen, wie es ist – also tatsächlich der Sprache der kriminellen „russischen Maßnahme“ Sonderschutz zu bieten -, dann stellt sich die Frage: Brauchen wir so ein Europa, und brauchen Sie uns?“

Die stellvertretende Bildungsministerin Anastasia Konovalova musste am Tag der ukrainischen Literatur und Sprache einräumen, dass nach einer Umfrage zunehmend weniger junge Ukrainer Ukrainisch sprechen. Mittlerweile sind es mit 49% weniger als Hälfte. 2022 waren es 46 % und 2023 55 %. Sie hob aber hervor, dass die Kinder zunehmend besser die ukrainische Sprache beherrschen, sie aber weniger benutzen. „Ein Drittel der Befragten begründete dies mit Gewohnheit, 20 % damit, dass zu Hause Russisch gesprochen wird, 13 % gaben an, dass sie außerhalb der Schule kein Umfeld für die Kommunikation auf Ukrainisch haben, und 12 % verwenden die Sprache nicht aufgrund unzureichender Kenntnisse“, berichtet Strana über die Umfrage. 9 % der Kinder sagen überdies, dass die Menschen in ihrem Umfeld Vorurteile gegenüber der ukrainischen Sprache hegen. Da scheint sich gegen die vorherrschende Nationalisierung und Ukrainisierung eine Oppositin auszubilden. Dagegen versuchen Abgeordnete mit einem Gesetzentwurf Lehrer, Schüler und Eltern zu verpflichten, dass in der Schule und auch während der Pausen sowie in KIndergärten nur Ukrainisch gesprochen wird. Englisch, andere EU-Sprachen und Sprachen von Minderheiten würden davon ausgenommen sein.

 

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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14 Kommentare

  1. So weit so gut, oder eher, so schlecht. Aber ich bin mal dem Opendatabot-Link nachgegangen und gelesen, was die da von sich geben. Und das ist eher peinlich. Sie sind dort nicht fähig, zwischen einer Rate und einer Gesamtzahl zu unterscheiden, sie sind hochgradig redundant, nehmen auf geradezu religiöse Weise jede aus Kiew gelieferte Zahl für bare Münze. Man kann ja davon ausgehen, dass erstens die Gebärfreudigkeit im Lauf des Krieges abgenommen hat und zweitens sehr viele Frauen im gebärfahigen Alter geflüchtet sind. Das wird von den offiziellen Zahlen aber nicht reflektiert. Auch die Zahlen zu den einzelnen Oblasten sind fragwürdig. In Donezk z. B., kommen da auf der ukrainisch regierten Seite überhaupt noch Geburten vor? Ein Grossteil der Bevölkerung ist längst evakuiert. Kurz, die offiziellen Zahlen dürften deutlich geschönt sein. Besonders unglaubwürdig sind die Sterbezahlen. Bekanntlich ist die Anzahl der Verluste Staatsgeheimnis. Wie also kann man, wie Opendatabot es tut, eine Angabe zur Bevölkerungsentwicklung machen, wenn die Kriegstoten ganz offensichtlich ausgespart sind? Mehr als grobe Tendenzen sollte man aus dem gelieferten statistischen Material nicht herauslesen.

  2. Lange wird es wohl nicht mehr dauern bis die Front auf weiter Strecke zusammenbricht. Ein Krieg ist verloren, sobald die Verluste nicht mehr ersetzt werden können. Man sollte damit aufhören bevor auch noch der letzte Ukrainer ins Gras beißen muss.

  3. Was sich der Westen mit der Ukraine geleistet hat, vom Mißbrauch um Russland zu destabilisieren über die unglaubliche Zahl der Lügen, die das Desasterprojekt notwendig gemacht hat, bis zu den phantastischen Summen, herausgepreßt aus unseren Volkswirtschaften und verschwunden auf Nimmerwiedersehen, wird, wenn das ganze irgendwann offenliegt, extreme Auswirkungen haben.
    Vor allem auf die Bürger der Ukraine. Sie werden uns hassen. Darauf spekuliert Putin nicht umsonst.
    Die westlichen Machthaber wissen, geht dieser Krieg verloren, sind es auch sie.
    Das ist ihnen jeden Bürger der Ukraine wert.
    Ein unglaublich widerliches Hazardspiel mit Menschenleben, geboren aus Gier und Dummheit.
    Erschreckend zu erkennen, wo man sich befindet.

    1. Ja, so ist es. Und deshalb sind die Globalisten und ihre Statthalter im „demokratischen“, „freien“ „Werte-Westen“ auch fest entschlossen, nach den ukrainischen Zwangsrekrutierten auch noch ihre eigenen Untertanen zu verheizen und krepieren zu lassen. Paßt ja auch hervorragend zu ihren Depopulationsbemühungen (siehe u. a. Deagle-Liste).
      – Man kann nur immer wieder dazu aufrufen, daß jeder seine individuellen Möglichkeiten anwendet, Sand in deren Kriegstreiber-Maschinerie zu streuen.

  4. Ja, es geht bergab. Militärisch und menschlich. Wirtschaftlich sowieso. Wenn man nicht Rheinmetall oder so heißt. Oder Politiker ist.

    Aber hey. das ist doch kein Grund, nicht so weiter zu machen.

  5. Ich frage mich, was geschieht wenn wir den Krieg verlieren? Gehen wir dann einfach zur Tagesordnung über? Ich glaube nicht das wir das können. Ich hoffe das die Verantwortlichen sich ihrer Verantwortung stellen. Das wird die Länder der EU erschüttern, da werden viele Fragen gestellt werden müssen.

  6. Wer möchte schon gerne sein Leben für so ein korruptes, mörderisches Regime opfern? Dem Land ist es egal wer sich da gerade für seinen Besitzer hält.
    Sollen doch die Lobbyhuren (Mandatsträger) und ihre Besitzer die Oligarchen selbst eine Knarre in die Hand nehmen um „ihren“ Besitz zu verteidigen/erobern oder was auch immer.
    Jedem der nicht durch die herrschende Despotie begünstigt ist, sollte es dementsprechend vollkommen egal sein ob der Führer Merz oder Abdullah heißt, der unbedingt Krieg spielen will weil er den Hals nicht voll genug bekommen kann. Soll doch der Führer Merz 11 seiner 12 Millionen an die Bunte Wehr spenden und alle seine Kriegsgeilen Genossen auch, nach besser, er spendet alles und geht an die Ostfront zum sterben.

  7. „Aber wenn wir abtreten, dann soll der Erdkreis erzittern!“

    Wenn Ihr diesen euren – finalen – Krieg verlieren werdet – und das werdet Ihr wohl – wird es Euch alle treffen. „Die Verantwortlichen“ seid Ihr alle.
    Fragen wird es da keine mehr geben.
    Die Frage ist nicht ob, und nicht wie. Die Frage ist wann und wie lange sich das ziehen wird.

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