USA: “Geheimer Krieg“ des Pentagon außerhalb der demokratischen Kontrolle

Länder, in denen das Pentagon ab 1990 Train-and Equip-Programme nach § 333 betrieben hat, ab 2018 erweitert auf Truppen, die „irreguläre Kriegsoperationen“ gegen „böse Staaten“ ausführen. Es könnten aber mehr Länder sein.

 

Russland ist  – im übrigen ebenso wie China – militärisch in der Welt gegenüber den USA bislang relativ schwach aufgestellt und abgesehen vom Ukraine-Krieg  nur an wenigen kriegerischen Auseinandersetzungen wie in Syrien, Libyen, Mali oder der Zentralafrikanischen Republik beteiligt. Das sieht im Fall von den USA anders aus, wie ein Bericht des Brennan Center for Justice an der New York University School of Law von Katherine Yon Ebright deutlich macht. Allein in den letzten 20 Jahren intervenierten die USA nicht nur in Afghanistan, im Irak, in Libyen oder Syrien militärisch, sondern in mindestens 17 Ländern waren sie an bewaffneten Konflikten mit Bodentruppen, Stellvertretertruppen oder Luftschlägen beteiligt.

Oft wissen die Kongressabgeordneten nichts davon, dass amerikanische Truppen im Ausland intervenieren. Der militärisch-industrielle Komplex führt ein Eigenleben. Zwar informiert das Pentagon, wenn dies angeordnet wurde, einige wenige Abgeordnete, manchmal aber auch gar nicht, so dass die Abgeordneten nicht wissen, wann, wo und gegen wen das US-Militär Gewalt anwendet und damit die von der Verfassung ihnen auferlegte Kontrolle nicht ausüben können. Ebright weist darauf hin, dass 2017 erst bekannt wurde, nachdem US-Soldaten in Niger getötet wurden, dass es dort einen Stützpunkt gibt.

Ebright spricht von einem “geheimen Krieg“, der seit einiger Zeit außerhalb der demokratischen Kontrolle stattfindet. Mitunter scheuen die Abgeordneten aber auch, die Kontrolle über das Pentagon bzw. den Präsidenten als obersten Kriegsherrn wieder zu übernehmen. So wurde eine Woche nach 9/11 überstürzt das Kriegsbewilligungsgesetz 2001 Authorization for Use of Military Force (AUMF) eingeführt, um in das Taliban-Afghanistan einzumarschieren. Der Präsident wird befugt, alle Mittel einzusetzen, um diejenigen Staaten, Organisationen und Personen zu verfolgen und zu bekämpfen, die an den Terroranschlägen beteiligt waren oder die Organisationen und Personen Schutz gewährt haben. Eigentlich ist die Kriegsbewilligung damit sehr eingeschränkt, allerdings wurde dem Präsidenten freie Hand gewährt, Verantwortliche zu benennen. Als Zweck wurde genannt, die für die Anschläge verantwortlichen Staaten, Organisationen und Personen abzuhalten, weitere Terroranschläge gegen die USA zu begehen. Die AUMF ist noch immer in Kraft und legitimierte viele militärische Interventionen in mindestens 22 Ländern wie Pakistan, Jemen, Somalia, Kamerun, Tschad oder Niger.

Neben der AUMF gibt es das covert action statute (CAS) nach Title 50, U.S. Code, eine Genehmigung für geheime, verdeckte und vorrangig CIA-geführte Operationen, um politische, wirtschaftliche und militärische Bedingungen zu beeinflussen. Darüber muss den Geheimdienstausschüssen berichtet werden. Zwar wurden amerikanischen Behörden und Geheimdiensten noch im Kalten Krieg seit 1976 mit Präsidentenerlassen Mordanschläge verboten, aber CAS wurde herbeigezogen, um Drohnenangriffe außerhalb von Kriegsgebieten zu legitimieren.

Und dann sind da noch nach 9/11 die „security cooperation authorities“, nach denen das Pentagon Truppen im Ausland ausbilden und ausrüsten (10 U.S.C. § 333) oder Truppen, Milizen und Individuen unterstützen kann, die wiederum Antiterroroperationen unterstützen (10 U.S.C. § 127e). Im Pentagon-Haushaltsgesetz 2018 wurde in Section 1202 die Unterstützung nach 127e noch auf ausländische Truppen erweitert, die „irreguläre Kriegsoperationen“ gegen „böse Staaten“ (rogue states) wie Iran oder Nordkorea oder Konkurrenten wie Russland und China ausüben. Als irregulär zählen Einsätze bis kurz vor einem traditionellen bewaffneten Konflikt. Damit könnten kleine Auseinandersetzungen schnell zu Kriegen ausarten. Jährlich dürfen für die Unterstützung 15 Millionen US-Dollar ausgegeben werden.

Länder, in denen Milizen nach &127e organisiert, ausgebildet, bezahlt und ausgerüstet wurden.

Da die Kriegsermächtigung von 2001 nicht auf Russland, China oder Iran angewendet werden kann, greift man zur Legitimierung von Einsätzen, wozu auch „Informationsoperationen“ gehören, auf Selbstverteidigung der eigenen Truppen, von ausländischen Kräfte oder das „nationale Interesse“ zurück. Ebright sieht gerade bei Sc. 1202 ein gefährliches Dunkelfeld: „Sec. 1202 birgt das gleiche Potenzial wie § 127e für Feindseligkeiten, die der Kongress nicht genehmigt hat, aber mit weitaus schwerwiegenderen Konsequenzen, da der Feind eine mächtige Nation sein könnte. Der Kongress kann nicht zulassen, dass § 1202 als De-facto-Ermächtigung zur Anwendung militärischer Gewalt gegen China, Russland, Iran, Nordkorea oder deren Stellvertreter fungiert. Aber nach dem Gesetz in seiner jetzigen Form ist der Kongress kaum in der Lage, diese Art von Missbrauch zu verhindern oder zu erkennen.“

Das ist die „internationale regelbasierte Ordnung“, die die USA eben nicht nur politisch, sondern auch mit Kriegen und zahllosen Interventionen durchsetzen will.

Ähnliche Beiträge:

6 Kommentare

  1. Nicht ‚durchsetzen will‘, sondern, zumindest bisher, weitgehend durchsetzt.

    Man kann es als Ordnung bezeichnen und es gibt auch Regeln. Zu diesen Regeln gehört z. B., dass u.s.-amerikanische Militär- oder Geheimdienstangehörige Untouchables sind, was etwa Fatou Bensouda gelegentlich in Erinnerung gerufen wurde. Nicht die Existenz von Regeln ist relevant, sondern die Form ihrer Legitimation, denn auch von der Mafia kann man sagen, sie vertrete eine regelbasierte Ordnung.

  2. Apropos geheimer Krieg:
    In einzelnen polnischen Alternativmedien wird darüber spekuliert, welche Verluste die polnischen Truppen, getarnt als „internationale Kriegsfreiwillige“, während des Ukrainekriegs bereits erlitten haben.

    Im „Dziennik polityczny“ vom 23.11. war dazu folgendes zu lesen (Google-übersetzt ins Englische):

    In early November, regional media reported plans to create burials in Olsztyn similar to American war cemeteries. The reports caused a wave of indignation, both among the inhabitants of the city and Poles throughout the country. “This is a necropolis for Poles? We are from a different culture,” this is how social media users reacted with indignation to the strange ideas of the municipal government.

    If these measures are not so popular among Poles, why did the authorities make such a decision? We will try to tell you about it in sufficient detail.

    The municipal cemetery in Dywity is the main necropolis in Olsztyn, it has over 35 hectares. Today, it is loud about it all over Poland, because soon it will look like a war cemetery in the USA. It’s supposed to be like an American movie. A large lawn with identical tombstones on it. Without trees, benches, angels leaning over the dead. The tombstones will be the same, they will differ only in color. Their manufacturers envisaged only three: black, gray and red-brown.

    The main reason for the establishment of the American cemetery in Olsztyn was the drastically increased number of burials in the region, mainly soldiers‘ graves.

    This situation has become a real problem for the local government of Olsztyn, where the 16th Pomeranian Mechanized Division is stationed. Almost daily military funerals combined with salutes of honor began to irritate the residents and provoked numerous questions to the city administration and the command of the 16th Division. To avoid additional publicity for the issue, the authorities decided to create a separate „American“ cemetery.

    What caused the death of Polish soldiers?

    After the outbreak of war in Ukraine in February this year, President Andrzej Duda and Minister of National Defense Mariusz Błaszczak officially called on Poles to join the ranks of mercenaries and fight on the side of the Kiev regime. Among the fighters who went to war, there were professional soldiers of the 16th Mechanized Diversion and veterans of the unit living in the region.

    During 10 months of bloody fighting, according to information from publicly available sources, over 1.2 thousand Polish citizens died in Ukraine, including soldiers and veterans of the 16th PDZ. The number of injured and maimed is also several thousand people.

    The authorities prepared „special honors“ for them. Unified quarters are being created in Olsztyn: There are to be two sizes of slabs. The larger ones (meter by meter) are graves for officers, the smaller ones (60 cm by 60 cm) are quarters for soldiers. It will not be possible to cover the tombstone with cubes, or to cover it with pebbles and plant flowers. Only turf is to extend around the graves. Such a disgraceful end awaits the mercenaries who died in Ukraine.

    There will be 1,700 such burial places in Olsztyn alone. Therefore, many more Poles who believed in the false promises of government propaganda will fall victim to the provocative international policy of the PiS regime.

    Quelle:
    > https://web.archive.org/web/20221123143434/https://dziennik-polityczny.com/2022/11/23/niechlubny-koniec-najemnicy-ktorzy-zgineli-na-ukrainie-zostana-pochowani-w-amerykanskich-grobach/

  3. Das KSK ist auch ohne Zustimmng des Parlamentets im Ausland unterwegs, die französische Fremdenlegion sowieso. Die Engländer ballern verdeckt im Commonwealth herum.
    Private Söldnertruppen bewachen Schiffe und erschießen Piraten wie selbstverständlich.
    Was oben noch fehlt, sind die Drohneneinsätze der Amerikaner in Nordafrika und sonst wo. Die sollen teils auch bewaffnet sein mit Drohnenflugplätzen auf den Seychellen und im Niger/Nigeria…

    Das gilt heute alles als normal….Der große Bruder machts vor..

    Da kann irgendjemand das Buch zur Aufdeckung Nummer 6789 für dieses Jahr drüber schreiben. Der Politik geht das alles knapp am Arsch vorbei..

  4. Damit erübrigt sich die von naseweisen Zeitgenossen häufig gestellte Frage, ob es denn den Militärisch-industriellen Komplex als Staat im Staate überhaupt gebe, und was das sei. Natürlich gibt es den.
    Abby Martin hat darüber seinerzeit (bevor ihr die Mittel abgedreht wurden) interessante Dokumentationen gemacht, die zeigten, wie Ex-Militärs und Geheimdienstler nach ihrer Pensionierung praktisch an alle Schaltstellen in Medien usw. untergebracht wurden, damit alles „seinen geregelten Gang läuft“ –
    und keine Gelegenheit zum Krieg übersehen wird.

  5. „Demokratische Kontrolle“ finden auch die Ukronazis lächerlich. Demokratie, Völkerrecht und Rechtsstaatlichkeit sind sowieso nur wichtig in der Tagesschau. Real werden Regierungen bedroht und herumkommandiert. Das machen die alten, weißen MännerInnen aus USA und Europa, wann, wo und wie es ihnen gerade passt.

    Falls mal jemand wissen will, wo das Imperium seine Militärbasen hat:

    https://worldbeyondwar.org/de/no-bases/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert