US-Kongress verabschiedet mit großer Mehrheit Resolution gegen den Sozialismus

Bild: Joekilil/CC BY-SA-4.0

US-Kriegsminister Pete Hegseth markiert gerne den starken Mann und hat auch keinerlei Bedenken, Menschen auf Verdacht ermorden zu lassen. Gerade steht er unter Verdacht, am 2. September den Befehl gegeben zu haben, Überlebende bei der Bombardierung eines angeblichen Schmugglerbootes zu töten. Er war es nicht, sagt er auf dem Reagan National Defense Forum, würde aber den Befehl auch gegeben haben, sowieso würden „Gegenangriffe und erneute Angriffe von Kämpfern auf dem Schlachtfeld häufig vorkommen“.

Hegseth hielt auf dem Forum auch eine Rede, in der er versprach, das „mächtigste amerikanische Militär, das die Welt jemals gesehen hat“, aufzubauen. Das werde auch das tödlichste mit amerikanischen Waffen sein, was er als „Arsenal der Freiheit“ bezeichnete. Man will also wieder Weltpolizist spielen, dabei aber die Losung America first beachten und vermeiden, „in scheinbar endlose ausländische Verstrickungen“ zu geraten. Man mache all das, so ungewohnte Worte, dass es nicht nur Amerika, sondern der Welt besser geht, um zu erklären: „Weg mit dem utopischen Idealismus und her mit dem knallharten Realismus!“

Mit dem utopischen Idealismus dürfte er Europa und die Linke meinen, mit dem Realismus Trump und den Kapitalismus. Hegseth erläuterte die eingeschlagene Bulldozer- oder Scheuklappen-Politik. Die USA sollen sich nicht mehr „durch Demokratieförderung, Interventionismus, undefinierte Kriege, Regimewechsel, Klimawandel, moralische Woke-Bewegung und erfolglosen Nationenaufbau ablenken lassen. Stattdessen werden wir die praktischen, konkreten Interessen unserer Nation in den Vordergrund stellen.“ Das entbehrt nicht der Ironie, wenn man die amerikanische Armada vor Venezuela denkt.

Hintergrund dürfte aber eher sein, dass in der amerikanischen Bevölkerung im Gegensatz zur europäischen die Wertschätzung des Kapitalismus sinkt. Nach einer Gallup-Umfrage vom September sehen ihn nur noch 54 Prozent positiv, 39 Prozent negativ. Selbst bei den Republikanern ist die Wertschätzung gesunken, aber mit 74 Prozent noch immer sehr hoch. Dagegen steigt die positive Einschätzung des Sozialismus und liegt bei 66 Prozent. Das Ansehen von Big Business ist bei den Amerikanern von 58 Prozent im Jahr 2012 auf jetzt 37 Prozent gesunken.

Vor allem bei jungen Menschen wird das propagierte Aus für den utopischen Sozialismus nicht gut ankommen. Nach einer Axios-Umfrage vom November haben 67 Prozent der Studenten eine positive oder neutrale Einstellung mit dem Wort Sozialismus, aber nur 40 Prozent mit dem Wort Kapitalismus. Kapitalismus wird deutlich mehr als negativ betrachtet als Sozialismus. Für Trump und die Seinen ist Sozialismus, noch schlimmer Kommunismus des Teufels. Jemanden als Sozialisten zu bezeichnen, reicht in ihren Augen, um ihn abzuqualifizieren. Könnte gut sein, dass die Dämonisierung das Gegenteil bewirkt, was offenbar auch der Fall mit dem Wahlsieg des jungen muslimischen und linken Zohran Mamdani in New York war, der sich als demokratischen Sozialisten bezeichnet. Trump sah sich offenbar genötigt, sich mit dem zuvor Verteufelten (“100% Communist lunatic“) zu verbrüdern.

Es gibt auch andere Umfrageergebnisse. So hatte die Umfrage von YouGov und The Economist im November das Ergebnis, dass 46 Prozent den Kapitalismus und nur 18 Prozent den Sozialismus besser fanden. Die Weißen votierten am stärksten für den Kapitalismus, auch mit wachsenden Alter steigt die Liebe zum Kapitalismus.

Selbst Rasmussen Reports kam in einer Novemberumfrage zum Schluss, dass eine Mehrheit der Wähler unter 40 Jahren von 51 Prozent wünschen, dass ein demokratischer Sozialist bei den nächsten Präsidentschaftswahlen gewinnt. 36 Prozent wollen das nicht.

Der Trend beunruhigt nicht nur Trump und die Republikaner, sondern auch das Establishment der Demokratischen Partei, das seit langem versucht, die Linken in der Partei wie Bernie Sanders oder AOC an den Rand zu drängen. Die Angst scheint groß zu sein. Am 21. November stimmte mit 86 Abgeordneten fast die Hälfte der Demokraten im Repräsentantenhaus für eine seltsame Resolution nach der Wahl von Mamdani, die den Sozialismus verurteilt. 98 stimmten dagegen, 199 republikanische Abgeordnete waren dafür, Gegenstimme gab es hier keine.

Die Resolution lautet: „Der Kongress verurteilt den Sozialismus in all seinen Formen und lehnt die Umsetzung sozialistischer Politik in den Vereinigten Staaten ab.“ Aufgelistet werden die Gräuel der angeblich sozialistischen Regime: Hungersnöte, Massenmorde, Tötung von 100 Millionen Menschen. Die Bösen sind: Wladimir Lenin, Joseph Stalin, Mao Zedong, Fidel Castro, Pol Pot, Kim Jong Il, Kim Jong Un, Daniel Ortega, Hugo Chavez und Nicolás Maduro. Die Gräuel und die vielen Toten des kapitalistisch getriebenen Kolonialismus werden ausgeblendet. Angst scheint man vor allem vom Verlust des Eigentums zu haben. Zitiert wird Präsident James Madison, der „Vater der Verfassung“, der schrieb, dass „es keine gerechte Regierung ist und Eigentum unter ihr nicht sicher ist, wenn das Eigentum, das ein Mensch zu seiner persönlichen Sicherheit und persönlichen Freiheit hat, durch willkürliche Beschlagnahmungen einer Klasse von Bürgern zum Wohle der übrigen beeinträchtigt wird“.

Das Eigentum am Vermögen und an den Produktionsmitteln ist das Heiligtum des Kapitalismus. Es geht um die bedingungslose Wahrung der Ausbeutung und des akkumulierten Reichtums, auch das der Milliardäre.  Und um die Abwehr von sozialstaatlichen Programmen, die eine gewisse Umverteilung des Vermögens der Reichen beinhalten. Dass es je anders werden könnte, soll mit der Abschaffung der Utopie schon als Idee oder Wunsch beseitigt werden. In der schönen neuen Welt des amerikanischen Goldenen Zeitalters von Trump gilt rücksichtloser Egoismus auf individueller und nationaler Ebene. Das atmet den kolonialistischen Geist des Wilden Westens mit dem Gewehr als letztem Argument.

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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12 Kommentare

  1. Meinetwegen können die da auch Resolutionen gegen rote Äpfel erlassen, das interessiert mich alles einen Sch…, aber eine Frage habe ich dann doch:

    Verstehen US-Amerikaner unter Sozialismus dasselbe wie wir Deutschen? Oder geht es da eher um sozialpolitische Positionen?
    Wurden die US-Amerikaner tatsächlich nach Sozialismus befragt oder, wie es in der Gallupumfrage steht, nach einem demokratischen Sozialismus eines Bernie Sanders?

  2. „Stattdessen werden wir die praktischen, konkreten Interessen unserer Nation in den Vordergrund stellen.“ Das entbehrt nicht der Ironie, wenn man die amerikanische Armada vor Venezuela denkt.“

    ja, man verteidigt nicht nur die Reste des einstigen Hinterhofes, sondern auch die Illusion der Überlegenheit des eigenen Systemes, Kuba ist immernoch auf der selben Speisekarte. Bleibt nur die Frage, welchen Sozialismus meinen die Herren und Damenschaften ? (also den von Soros und co. könnt ihr gerne verbieten)

    https://duckduckgo.com/?q=2d+political+compass&t=bravened&ia=images&iax=images&iai=https%3A%2F%2Fpreview.redd.it%2Fh3g6op0wjx151.jpg%3Fauto%3Dwebp%26s%3D20ef9fa6057013519fb6aa10d77fe518c5bffbe2

    eine Begriffsklärung täte mehr als Not, ich habe die Schnauze voll von NennLinken in den Dreck gezogen zu werden.

  3. Der ganze Laden wird demnächst sowieso einmal durchgerührt werden. Was schon länger als Spekulation herumgeisterte hat sich die letzten Wochen erhärtet: Trump ist in ein frühes Stadium von Frontallappendemenz eingetreten und bekommt das neue Medikament Lecanemab als regelmäßige Infusion, das die Progression der Krankheit ein wenig hemmt, aber regelmäßige MRT Untersuchungen erfordert, die das Weiße Haus versucht geheim zu halten. Es sei daran erinnert, dass Vater Fred, Cousin John Walter und Schwester Maryanne alle an Demenz litten bzw mit ihr starben. Die Krankheit ist stark in der Familie Trump.
    Jüngste Äußerungen der Nichte („zeigt dieselben Symptome wie Fred Trump“), das irrlichternde Herumirren beim Staatsempfang in Japan (schlimmer als Biden) und diverse Äußerungen von fachlich versierten Beobachtern lassen nur diese Diagnose zu. Von dem regelmäßigem Wortsalat bei seinen öffentlichen Auftritten ganz zu schweigen.
    Er wird also diese Amtszeit nicht überstehen (ich werde dafür in UK sogar eine Wette platzieren) und wie die Diadochenkämpfe ausgehen werden (MAGA vs Amerika First vs andere Nazis) mag niemand vorauszusagen.

    Ich habe aus Spaß noch einen kleinen Artikel zu einer besonderen Art der Frontallappendemenz aus dem Klinischen Atlas der Nervenkrankheiten herauskopiert, auf den ich aus Zufall gestoßen bin:
    Dementia horribilis (lat., „Schreckensdemenz“; auch: Morbus Varga), seltene, rapide progrediente neurodegenerative Erkrankung des Frontallappens, gekennzeichnet durch spezifische Proteinablagerungen. Erst 1962 durch H. Varga nosologisch von der Pick-Krankheit abgegrenzt. Klinik: Beginnend mit totaler, pharmakoresistenter Agrypnie (Schlaflosigkeit), gefolgt von Enthemmung und Aggression. Im Terminalstadium Status ululans (permanentes, reflexartiges Schreien). Historie: Im 19. Jh. klinisch meist als progressive Paralyse (Syphilis) fehldiagnostiziert. Mittelalterliche Quellen deuten das Krankheitsbild als „Vorhölle auf Erden“; Betroffene galten als lebende Tote (vgl. Fragment Lament of the Sleepless Soul: „…and the dead will walk the earth“).“

    Viel Spaß, Donald. Wie rachsüchtig das Karma ist, hat uns schon Boxer Muhammad Ali eindringlich demonstriert, der ebenso wie Donald seine Gegner zu verspotteten pflegte (“George Foreman is nothing but a big mummy. I’ve officially named him, ‚The Mummy. ‚ ” – während er seine Bewegungen nachäffte). Im Übrigen hat Donnie sich selbst über seinen alzheimerkranken Vater lustig gemacht. Ich nenne sein zukünftiges Schicksal jedenfalls „Bidens Rache“

    1. Wie wären es mit Tarotkarten oder Bleigießen? Deine Ferndiagnosen in Ehren, demnach müsste Putin die Radieschen schon lange von unten betrachten. Aber deine alternative Realität ist auch nur magisches Denken.

      🤡 🤡 🤡

  4. „Verstehen US-Amerikaner unter Sozialismus dasselbe wie wir Deutschen? “

    Ich wette, Sie meinen mit „wir Deutschen“ gar nicht die Deutschen, sondern sich selbst.

    1. Dank des ‚realen Sozialismus‘ der Ostblockländer haben die Deutschen eine Vorstellung von Sozialismus. Genau deswegen erlaubte ich mir, das wir nicht in Stricheln (‚wir‘) zu setzen.

      Man kann allerdings auch prinzipiell böswillig auf meine Fragen reagieren.
      Kann man machen, ja.

  5. Ja, ist falsch, aber was bitte haben die „Demokraten“ in den USA und Europa praktiziert? Waren die Nuland-Milliarden, die am Ende Europa zugrunde richten, sozialistisch? Ist die Staatsräson in irgend einer Weise sozislistisch? Ist ein Rentenniveau, was das niedrigste in den anerkannten Industrieländern ist und noch weiter abgesenkt werden soll, sozialistisch? Ist eine 2-Klassen-Medizin sozialistisch? Ist ein 2-Klassen-Rentensystem sozialistisch? Ist es sozialistisch, Kindern und Familien Geld weg zu nehmen und dieses in sinnlose Rüstung zu stecken?
    Man kann sich gerne über Trump und Konsorten beschweren, aber man sollte beachten, dass die Konkurrenz keinen Deut besser war oder ist, in Teilbereichen wie der Kriegsführung sogar noch radikaler.

  6. Oh, das freut mich aber, dass der Kapitalismus vollkommen berechtigterweise solche Zustimmung erfährt! Wer hätte keinen Jubel übrig dafür, sich zwecks Profit, den sich Dritte einstecken, so richtig schön von allen Seiten rannehmen und vernutzen zu lassen? Wer brächte sein Leben nicht gerne in ewigem Geldzwang zu? Wer würde da nicht Heil singend seine Zeit, seine Gesundheit und seine Kinder opfern? Wer wäre nicht von Grund auf begeistert angesichts des Spektakels, die ganze Welt mit allem darin zur Hure gemacht zu sehen, solange sich ne Mark damit machen lässt?
    (Einzelne mag es geben, aber das sind ja vollkommen kranke Leute! Weggesperrt gehören die, mindestens!)

  7. Solange amerikanische Langzeitarbeitslose sich selbst als verhinderte Millionäre mit momentaner Pechsträhne sehen, wird sich in dem Land nichts ändern. Die haben alle nur Angst, daß es ihnen im Sozialismus ja noch viel schlechter gehen könnte (so ganz ohne Milliardäre, Koks, Meth und Fentanyl ist ja so ein Leben auch kaum zu ertragen). Erfolgreich hirnamputiert.

    Wenn die Jungen erst dahintersteigen (und sie sind dabei, das zu tun, in großer Zahl), was Sozialismus wirklich bedeuten kann, wird nur noch eine Militärdiktatur sie vor dem Sozialismus bewahren können. Das ist es eigentlich, was Hegseth implizit der Bevölkerung androht.

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