Ukraine: Hat Selenskij den Oberkommandierenden Saluschnyi entlassen?

Von der Abgeordneten Mariana Bezhula veröffentlichtes Bild des Oberkommandierenden Saluschnyi, auf dem sie Spuren des Alkoholkonsums sieht.

Die nationale Einheit in der Ukraine zerbricht. Es könnte nur ein Gerücht sein, das aber in allen Medien verbreitet wird. Das Präsidialamt beteuert, Saluschnyi wurde nicht entlassen.

 

Die nationale Einheit, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine herrschte, bröckelt angesichts der ungewissen Zukunft und wachsenden Misstrauen in die Siegesparolen der Regierung. Der Krieg hatte Präsident Selenskij, dessen Popularität stark eingebrochen war, eine uneingeschränkte Unterstützung gebracht, verstärkt durch seine allgegenwärtigen Auftritte in den Medien und im Ausland und seine Anerkennung durch andere Regierungschefs. Auch seine politischen Gegner wie Poroschenko oder Klitschko reihten sich ein.

Schon länger gibt es einen Dissens zwischen Selenskij und dem Oberbefehlshaber Saluschnyi. Selenskij wurde auch einmal deutlich und verbat sich politische Äußerungen des ebenfalls sehr populären Militärs (der sich als Bandera-Anhänger geoutet hat und den einstigen Rechte-Sektor-Chef Jarosch, der jetzt Kommandeur der  Ukrainischen Freiwilligenarmee ist als Berater einstellte, was er gleich wieder sicherheitshalber unter die Decke steckte, indem er offenbar nach Kritik aus dem Militär Beraterstellen abschaffte). Selenskij soll Saluschnyi fürchten, wenn dieser sich als Präsidentschaftskandidat aufstellen lassen würde. Aber es gibt auch Konflikte wegen der Kriegsführung und der Beurteilung der Situation – Saluschny hatte gesagt, dass keine Offensiven mehr zu erwarten seien und man sich auf einen Stellungskrieg einrichten müsste, was der Sieges- und Fortschrittspropaganda Selenskijs in die Parade fuhr.

Jetzt gehen gerade wieder Gerüchte um, der Präsident habe Saluschnyi entlassen. Das mag strategische Kommunikation von russischen Geheimdiensten sein, die Unruhe in der Ukraine säen wollen. Wenn die politische und die militärische Führung auseinanderdriften, das hat man in Russland beim Putschversuch von Wagner-Chef Prigoschin gesehen, kann es schnell riskant für die militärische Situation werden. Aber es berichten praktisch alle ukrainischen Medien darüber, woraus man schließen kann, dass man in der Ukraine dies durchaus für möglich hält und dass die nationale Einheit am Zerbrechen ist.

Von Saluschnyi ist nichts zu hören, auch Präsident Selenskij sagte nichts zu den Gerüchten. Das Verteidigungsministerium schrieb auf Telegram nur vage: „Liebe Journalisten, wir antworten allen sofort:  Nein, das ist nicht wahr.“ Was nicht wahr ist, blieb aber im Dunkeln. Das hat die Gerüchteküche nur weiter angefacht.

Sein Pressesprecher Serhii Nykyforov wies gestern Abend die Behauptung zurück, der Oberbefehlshaber sei nicht entlassen worden. Zuvor hatte ein Informant aus dem Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der „Ukrainischen Wahrheit“ gesagt, Saluschnyi sei vorgeladen und ein anderer Posten angeboten worden. Als Botschafter vielleicht. Es gebe aber kein Dekret des Präsidenten.

Andere Medien berichteten mit Verweis auf Quellen, Selenskij habe bereits ein Dekret unterschrieben. Es sei aber nicht veröffentlicht worden, es würden Gespräche mit den ausländischen Unterstützern stattfinden. Militärgeheimdienstchef Budanow sei Hauptkandidat als Nachfolger.

Ex-Präsident Poroschenko, politischer Hauptkonkurrent von Selenskij, schaltete sich schnell ein und verurteilte das Vorgehen, wenn es denn stattgefunden habe: „Wenn es wahr ist, ist der Rücktritt von Saluschnyi ein Schlag ins Genick für die nationale Einheit, deren Notwendigkeit wir und unsere Partner verstehen.“ Saluschnyi verkörpere die Einheit der Streitkräfte. Selenskij solle das Dekret zerreißen, dessen Folgen sehr negativ seien.

Zuvor hatte Oleksiy Goncharenko, Abgeordneter von Poroschenkos Partei Eurosolidarität, das Gerücht verbreitet, dass zwei Informanten ihm gesagt hätten, Saluschnyi sei entlassen worden: „Aber ich habe meine Zweifel.“ Auch der frühere Abgeordnete des Rechten Sektors, Borislav Bereza, hatte mit Berufung auf Quellen berichtet, Saluschnyi sei entlassen worden: „Ich hoffe nicht, dass sich diese Information bestätigt.“ Vor kurzem meinte er, dass es wohl wahr, aber die verbreitete Information, Saluschnyi habe seine Entlassung beantragt, falsch sei. Saluschnyi habe seiner Umgebung gesagt, er sei entlassen worden.

Möglicherweise stehen hinter dem Gerücht, sofern es nicht doch zutrifft, Versuche, die Position des Präsidenten zugunsten des Militärs zu untergraben und das Militär, vor allem die rechtsnationalistischen, mit Bandera verbundenen Freiwilligenverbände gegen die Regierung aufzubringen. Selenskij sperrt sich, Frauen zu rekrutieren, zweifelt an, ob wirklich Hunderttausende zur Front eingezogen werden müssen, kritisiert die Rekrutierungsstellen, die auf offener Straße Männer im wehrfähigen Alter mit Gewalt ins Militär holen. Vielleicht wird auch gefürchtet, Selenskij könne doch Verhandlungen mit Russland über ein Ende des Kriegs beginnen.

Mariana Bezuhla, Abgeordnete der Selenskij-Partei „Diener des Volkes“, die wegen ihrer Kritik an Saluschnyi als stellvertretende Vorsitzende aus dem Ausschuss für Geheimdienste und Verteidigung rausgeschmissen wurde, veröffentlichte ein Foto des Oberkommandierenden mit dem Kommentar, dass das Aussehen des Gesichts nicht der „harten Sonne in den Schützengräben“ zu verdanken sei, sondern dem Alkohol. Und sie schreibt: „Ohne die Gerüchte zu kommentieren, werde ich sagen, je schneller dies passiert, desto besser die Chance, aus der oberflächlichen Hölle der Zerstörung von Menschen nicht nur durch Russen, sondern durch die berüchtigte postsowjetische Armee auszubrechen. Das ist eine Chance für Veränderung. Eine Chance, für 2024 zu planen.“

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14 Kommentare

    1. Nein, ist es nicht. Aus dem einfachen Grund, weil diese Fragen keine Auswirkung auf die politische Situation und den weiteren Kriegsverlauf haben. Eine Saluschnyientlassung dem Vernehmen nach hingegen schon.

  1. Ein Artikel über ein Gerücht und die Spekulationen, die auf Grundlage des Gerüchts angestellt werden.
    Wozu muss ich das wissen? Sollte man so einen Artikel nicht erst schreiben wenn man die Frage beantworten kann, ob “Selenskij den Oberkommandierenden Saluschnyi entlassen” hat.

    1. Es gäbe ja noch die Möglichkeit darüber nachzudenken, welcher Geheimdienste/Militärs hinter welcher Gruppe steht?
      Selenski deckt wer?
      Saluschni deckt wer?
      Danach sind weiterhin Spekulationen möglich, aber außerhalb der Ukraine.
      Z.B. gab es schon mehrere Meldungen, das die USA mehr Truppen nach GB entsenden möchte.

  2. Wenn nun die Gerüchteküche so hochkocht, müsste man zu ihrer Widerlegung dann doch mehr als dieses eine Sätzchen von sich geben. Dazu reichte es aber nicht. Der Eindruck, der entsteht, ist der, dass es doch stimmt. Richtigerweise wird angenommen, dass im Fall der Entmachtung Salushnijs dann Budanow der starke Mann sein wird. Ziemlich genau das, was Ludendorff im WK I war: Chef einer Militärdiktatur mit der Absicht, einen totalen Krieg zu führen.
    Zur Person Budanow:
    https://overton-magazin.de/top-story/budanov-will-russische-kriegsverbrecher-auf-der-ganzen-welt-eliminieren/

    Da wird im Titelbild gefragt, was es mit diesem Frosch auf sich habe. Schon da ist zu sehen, dass das Tier in keiner Weise artgerecht gehalten wird. Budanow ist ein Tierquäler und seine Besucher sollen das sehen. So tickt der Nazi. Das Selenskijbild will sagen, dass diesem dasselbe droht. All das hält die Süddeutsche nicht davon ab, Lobeshymnen anzustimmen.

    Budanow steht für Totalen Krieg, Rekrutierung auch der letzten Reserven. Wenn nun Salushnij abserviert wurde, dann heißt das wohl, dass er diese Rolle anstrebt. Aber glaubt er wirklich, damit Erfolg zu haben? Ist der Westen noch bereit, so etwas zu unterstützen? Große Fragezeichen. Wenn er Unterstützung bekommt, dann in Form der Achse Merz-Budanow.

    Am Kanzler Merz wird ja derzeit schon fleißig gearbeitet. Ich wollte davor warnen, was dabei herauskommt.

    1. Nicht, dass ich einen Kanzler Merz begrüßen würde. Aber sehr viel schlimmer als der aktuelle Kanzler könnte der es auch nicht mehr treiben. Der rühmt sich nämlich gerade, dass seine Regierung nach der US-amerikanischen die zweitgrößte Unterstützerregierung der Ukronazis ist und dass die Anstrengungen nun noch mal verdoppelt werden sollen.

      Die anderen europäischen Regierungen fordert der dazu auf, es den deutschen Machthabern gleichzutun.

  3. Schrödingers Saluschny. Das jüngste Gerücht ist: Ze wollte, aber eine US-Delegation flog ein, und er durfte nicht. Dem eierschnorrenden Dorftrottel fällt nix mehr ein.

  4. Die Ukrainer sollten uns allen einen Gefallen tun und Selenskyj vor ein Kriegsgericht stellen und anschließend aus dem Land jagen dann wäre endlich Ruhe und unsere Regierung könnte sich wirklich wichtigen Dingen im eigenem Land zuwenden.

    1. @Zorro
      dass endlich Ruhe ist? Nach “Käse kommt nichts besseres”.
      Die ganze Clique muss weg. Allerdings kommen diese Leute dann wahrscheinlich alle zu uns, das wird dann lustig. 🙂

      sarkastischer Vorschlag
      In dem wir das bisherige Bürgergeld direkt nach Kiew überweisen (angebliche Forderung von Selenskyj ) würde die Ukraine eine größere Unterstützung erhalten. Auch gäbe es einige “Heimkehrer”. Es hat sich in der ukrainischen Restwirtschaft wahrscheinlich herumgesprochen, dass doch noch einige Arbeitskräfte gebraucht werden. Das Militär hätte dann eventuell auch noch neue Schlachtopfer. Die ukrainischen Bürgergeldempfänger bräuchten keine doppelte Haushaltsführung und die, lt. Spiegel, anstrengenden “heroischen” Reisen vielen auch weg.
      Der Vorteil für die BRD liegt auf der Hand:
      Entspannung auf dem Wohnungsmarkt. Entlastung der Kitas, frei werdende Lehrkräfte, die Verschuldung der Kommunen nähme nicht weiter zu und noch vieles mehr.

  5. Ach all die Namen die zur Diskussion stehen, sind doch albern.
    Die USA zahlt nix mehr und angeblich würde das Militär dadurch nicht mehr richtig ‘zuschlagen’ können.
    Demnach sucht man nach einem verantwortlichen, aber man sucht den in der Ukraine und nicht bei denen die diesen Krieg vom Zaun brachen.
    Dieses Foto mit dem Alkoholeinfluss könnte zusätzlich durch andere Drogen ergänzt werden?
    Wenn alle so Siegessicher waren um den Friedensnobelpreisträger, warum sind die alle unterm Rausch?

  6. SCNR:

    🇷🇺🇺🇦 The German self-propelled gun PzH 2000, which was in service with the Ukrainian Armed Forces, was on its way to a position when it was spotted by Russian drone pilots.
    We didn’t have to wait long for the Lancet.

    Eine weniger.

    Nur zur Klarstellung: Das ist eine Reaktion auf den primitiven Eierschnorrer und seinen provokativen Nick. Die diese Waffensysteme liefern, verurteilen auch deren Bediener zum Tod.

  7. Die schwierige und nicht zu beneidende Wahl der Ukraine ist: Putsch und Friedensverhandlungen oder komplettes Verheizen der gesunden Bevölkerung.

  8. Die Spekulationen um Machtkämpfe oder gar einen Putsch in Kiev reissen mich nicht vom Hocker: Solange es keinen Aufstand des Schlachtviehs gibt, streiten sich nur die Banderisten untereinander um die Geschmacksrichtung – Nazi mit Zitrone oder Vanille? Ist aber alles braune Soße.

    1. Genau darum geht es. Ich halte es für so auch nicht für wirklich bedeutsam. Irgendeiner wird sich in den internen Machtkämpfen durchsetzen. Keine Ahnung, wer das sein wird. Welche Bedeutung das für den Fortgang oder das Ende dieses Scheißkrieges haben wird, sehen wir dann. Schätze, dass der Ausgang der Wahlen in den USA mehr Auswirkung haben Könnte, als die Frage welcher Nazi die Ukraine führt.

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