Über die Hälfte der Deutschen würde ihr Land auch bei einem Angriff nicht verteidigen

Bild: Ryan Nash Photography/Shutterstock.com

Das geplante Gesetz zum Wehrdienst ist an den unterschiedlichen Positionen von CDU/CSU und SPD geplatzt. Die Konservativen zweifeln wahrscheinlich zu Recht, dass trotz der laufenden Panikkampagne sich genug junge Menschen freiwillig zum Kriegsdienst melden werden und fordern eine Zwangsrekrutierung von jungen Männern durch ein Losverfahren, wenn gesetzte Schwellen nicht überschritten werden. Die SPD lehnt das Losverfahren ebenso zu Recht ab, weil es völlig willkürlich manche mit Wehrdienst bestraft und andere davon befreit.

Schon vor der Beendigung der Wehrpflicht wuchs der Unmut, weil immer weniger in die Bundeswehr eingezogen wurden, die sich dann ungerecht behandelt sahen, auch weil die Nicht-Eingezogenen keinen Zivildienst leisten mussten. Ein Losverfahren, das nur einige zwangsverpflichtet, andere von jedem „Dienst am Vaterland“ freistellt, dürfte auch rechtlich keine Chance haben. Es sei denn, es wird grundsätzlich und nur unter schwerwiegenden Ausnahmen eine zivile oder militärische Dienstzeit für Männer und Frauen eingeführt. Das würde Krankenhäusern, Pflegeheimen, Kindergärten etc. und damit die sozialen Sicherheitssysteme erheblich entlasten, wäre aber ebenso wenig schnell umzusetzen wie eine allgemeine Wehrpflicht für Männer.

Insa hat für Bild eine Umfrage durchgeführt, die zu zeigen scheint, wenn sie tatsächlich repräsentativ ist, dass eine Mehrheit von 56 Prozent auch dann nicht „zur Waffe greifen“ würde, wenn Deutschland tatsächlich angegriffen würde. 14 Prozent sagen, sie seien unentschlossen. Bei den Frauen würden 20 Prozent zur Bundeswehr gehen, bei den Männern 40 Prozent.

Interessant ist, dass bei den vor allem betroffenen 18- bis 29-Jährigen bei einem Angriff 34 Prozent zur Bundeswehr gehen würden, bei den 30- bis 39-Jährigen wären es sogar 40 Prozent, aber die rechnen wohl insgeheim damit, dass es sie wohl sowieso nicht erwischt. Zwischen 50 und 59 Jahren sagen das noch  26 Prozent. Es geht aber wohlgemerkt dabei nicht, ob sich die Befragten zur Bundeswehr melden würden, wenn noch kein Krieg ausgebrochen ist, auch wenn Bundeskanzler Merz und andere versichern, dass wir nicht mehr im Frieden leben, sondern in einem hybriden Krieg, also einer Vorstufe zum Krieg.

Die Wähler der Union sind mit 42% am kriegs- oder verteidigungswilligsten. Die Grünen, man mag gar nicht glauben, dass das mal eine Friedenspartei war, drängeln sich mit 39% kurz dahinter, gefolgt von den SPD-Anhängern mit 35%. Verwunderlich, dass die AfD-Wähler, die doch eigentlich nationalistisch eingestellt und sowieso für die Wehrpflicht sein sollten, nur mit 29% gewillt wären, bei einem Angriff zur Bundeswehr zu gehen. Es erstaunt auch, dass mit 23% mehr BSW-Wähler in den Krieg ziehen würden als Wähler der Linken mit 17%.

Und was ist Ihre Meinung?

Sind Sie für eine Wehrpflicht durch Losverfahren?
Würden Sie zur Bundeswehr gehen und kämpfen, wenn Deutschland angegriffen würde
Sind Sie für einen verpflichtenden Sozialdienst für Männer und Frauen, die nicht zur Bundeswehr wollen?
Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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17 Kommentare

    1. Ich würde mich absolut nicht freuen, wenn Putin morgen am Rhein stünde aber falls doch, würde er wenigstens aktuell nicht vorrücken. Am Rhein zu ’stehen‘ beschreibt erst mal nur den statischen Zustand einer militärischen Erektion und keinen Blitzkrieg.

      Andererseists ist in den Niederlanden und Flandern ist das Gelände jedoch oft von geringer Tragfähigkeit und kann für motorisierte Verbände schnell zur Todesfalle werden. Mein Plan sieht daher so aus, dass ich mich auf einer Luftmatratze kostensparend über Maas und Rhein an die Küste treiben lasse, um mich dort mit falschen Papieren als Obermaat oder Schiffsarzt auf einem Bananendampfer Richtung Südamerika abzusetzen. Das wäre wenigstens so was wie ein Plan.

      1. Südamerika, wo dort alles am kriseln ist und die Amis überall die Finger drin haben…echt jetzt?
        Nein, Putin ist nett, hab ihn studiert, intelligent, geduldig und großzügig, mit dem typischen Sinn für Dramen und Tragikomik was die Russen so ausmacht. Ihr habt keine Ahnung von den Russen.

      2. @Grubenhund

        Wenn du solch einen Mumpitz bei der Bestellung deiner falschen Papiere absonderst, kommst du nichtmal dazu, deine Bestellung abzuschliessen.

        Als Schiffsarzt brauchst eine dementsprechende Qualifikation. Wie es um diese bestellt ist, darüber wird kaum jemand nachdenken, nachdem er deine infantilen Ergüsse gesichtet hat.

        Für den unwahrscheinlichen Fall, das du mit viel Glück in Südamerika ankommst: In welcher Stadt gedenkst du dort auf welche Art & Weise zu überleben?

        Mit viel Glück binden sie dich dort nur in 10 Metern Höhe an einen Baum…

        Sieht „dein Plan“ auch Spanisch- oder Portugiesisch-Kenntnisse vor? Oder hast du vor, auf deutsch oder englisch durch deine neue Heimat zu poltern?

    2. Sehe ich genauso. Eher würde ich morgen russisch lernen als ein System zu verteidigen, welches auf Lug und Betrug basiert und Gewalt (Stichwort Genozid von Gaza etc) und Hass als sein ideologisches Fundament ansieht, ein System, welches so bösartig ist, dass es Jugendlichen (!!) einreden will, dass sie für sie töten und sterben solen, damit Unternehmen wie Rheinmetall reich werden.

      Hier hängt soviel schief, dass man das gar nicht alles aufzählen kann.

      ZB ist den demokratiefeindlichem Eliten wichtiger der Nato all unser Geld in den Rachen zu werfen als dass wir bezahlbate Energie, bezahlbare Mieten, anständige Löhne, eine stabile Wirtschaft haben. Sie stellen die Gewinne einer sehr sehr kleinen Minderheit über das Wohl der Menschen, der Menschheit auf Kosten dieser.

      Sie versuchen nicht den Wohlstand zu mehren, sondern ihn samt Menschenleben zu stehlen. Das ist – mit einer zunehmenden Kontrolle und totaler Überwachung – die totale Sklaverei. Und dann glauben sie die Menschen noch für dumm verkaufen, sie hinters Licht führen zu können mit geschürtem Hass auf Russland etc

  1. Ein Losverfahren muss zu einer jährlichen Rotation der Bundestagsmitglieder, jeden Tag 1-2, eingesetzt werden.

    Die Parteien dürfen gerne die „politische Willensbildung“ weiterbetreiben, aber als MdB ausgelost werden muss jeder können.

  2. Warum sollte man ein verbrecherisches Regime, welches den Genozid (an Gaza und der ukrainischen Bevölkerung, euphemistisch als „Verteidigung“ bezeichnet) zum Staatsziel (Staatsräson) erklärt hat, verteidigen wollen? Warum sollte man ein fremdgesteuertes und null demokratisches Regime, welches sich in den Denst des Mörderbündnisses Nato stellt, nicht der Wähler, verteidigen wollen?

    Warum sollte man ein System verteidigen wollen, welches Rassismus und Hass vorbetet, welches das eigene Volk aus all seinen Poren* so sehr hasst, dass es dieses ausraubt (5% vom BIP für eine verbrecherische Kriegsindustrie) und in den Tod schicken sowie zu Mördern machen will?

    Die Politik schert sich nicht um das Volk. Sie benutzt es um Profite einer kriminellen Peergroup, einer ganz kleinen Minderheit zu generieren und würde es dafür auch ohne mit der Wimper zu zucken in den Tod schicken.

    Nebenbei: kann mir mal jemand erklären, wie antidemokratisch dieser move ist?

    Das 5%-Ziel der Nato.

    Erstens ist schon die sog. „parlamentarische Demokratie“ reiner Betrug (Monarchie auf Zeit). Zweitens standen nicht einmal NATO oder Trump, von denen diese Forderung kommt, zur Wahl. Drittens hat sich die Politik den Interessen des eigenen Volkes (der Wähler) zu widmen und es nicht für kriminelle Geschäfte zu manipulieren.

    * in den USA hat eine Uni vor einiger Zeit eine Studie veröffentlicht, welche besagt, dass ich mein 97 (oder 95) % aller politischen Entscheidungen unserer sog. „Demokratien“ nicht im Sinne des Wählerwillens entschieden wurden. Also haben sie wissenschaftlich belegt, dass es sich um keine Demokratie handelt und dass die Politik die Wähler hasst. Warum sollte man für so ein System den Kopf hinhalten?

  3. „Die SPD lehnt das Losverfahren ebenso zu Recht ab…“ Ähm…, sagen wir mal, ein Teil der SPD lehnt es ab.

    Die Diskussion ist ohnehin substanzlos, weil niemand Deutschland angreifen wird, wie es auch im 20. Jahrhundert nicht vorgekommen ist. Wie schon damals sieht die Sache natürlich anders aus, wenn die Feindseligkeiten von Deutschland selbst ausgehen…

  4. Vor Corona, vor fast 50% des Bundeshaushalts an Rüstungskonzerneigentümer, vor Aushöhlung von Gewaltenteilung und Sozialstaat hätte man vielleicht noch kurz nachgedacht.

    Aber momentan könnten viele es so sehen: Blackrock-Merz greift die deutsche Bevölkerung an mit Entrechtungen und Angriffen auf die Existenz durch Verarmung.

    Ich kann verstehen (auch wenn ich es anders sehe), weshalb viele, inbesondere Ärmere, Putin eher als Befreier sehen würden, sogar wenn es dann vermutlich noch weniger Demokratie gäbe.

    Die Blackrock-Merz Regierung sollte sich genau überlegen, welche Sauereien sie noch gegen die Interessen der deutschen Bevölkerung durchzieht.

    Eine gesteigerte Quantität an Waffen nutzt wenig, wenn man es sich mit der Bevölkerung verscherzt.

  5. Ich möchte nicht mit demjenigen tauschen, der mich als Erster zum Krieg zwingen will. Für denjenigen wäre der Krieg vorbei, bevor er angefangen hat.

  6. Kann mir doch egal sein, von wem mir die Steuern abgepresst werden.
    Soll der Putler mir ein Angebot machen und die Vertreter der „Unseredemokratie“ auch, dann sehen wir weiter.

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