Trumps Aktenfreigabe über CIA-Beteiligung an den Kennedy-Morden

 

Bild: CIA

Über 60 Jahre wurden die Akten der CIA vor der Öffentlichkeit versteckt, wegen der „Nationalen Sicherheit“, so das Totschlagargument. Jetzt gab sie Donald Trump frei. Ergeben sich daraus neue Erkenntnisse? Die Meinungen gehen auseinander. Sicher ist, dass die US-Regierung immer noch CIA-Akten aus dem Jahr 1960 zurückhält. Die Autorin Gaby Weber will daran etwas ändern und hat einen neuen Antrag gestellt, am 21. Januar, einen Tag nach der Amtseinführung. Ihr Vorteil: im Gegensatz zu den Kennedy-Dokumenten kann sie benennen, welche konkreten Dokumente sie einsehen will, meist mit Registriernummer. Es kann also spannend werden.

 

Der Weg zur Wahrheit ist lang und mühselig, denn das größte Problem bei der Deklassifizierung ist meist, dass den Forschern der Zugang zu den Findmitteln verwehrt wird, das heißt: zu den Registern, die Auskunft geben, an welchem Ort, zu welchem Thema, welches konkrete Dokument aufbewahrt wird. Ich klage seit vielen Jahren gegen Kanzleramt, BND & Co. auf Zugang zu diesen Findmitteln. Bisher ohne Erfolg, da die Gerichte dem Argument der Aktenverstecker folgen, wonach diese Register nicht dem Informationsfreiheitsgesetz oder dem Bundesarchivgesetz unterliegen.

So war es auch bei den JFK-Records. Dass der angebliche Einzeltäter Lee Harvey Oswald den US-Präsidenten nicht mit einer einzigen Kugel erschoss – daran zweifeln nicht nur ein paar Verschwörungstheoretiker, sondern die Mehrheit der US-Bürger. Zwar hatte die Warren-Kommission (1964) in ihrem Abschlussbericht geschrieben, dass Oswald allein gehandelt habe. Der spätere Sonderausschuss des Repräsentantenhauses für Attentate sprach jedoch 1979 von einer weiteren unbekannten Person, die auf Kennedy geschossen habe, von einer Verschwörung also. Der Film von Oliver Stone aus dem Jahr 1992 belegt diese These und meint, dass immer noch 5 Millionen Seiten CIA-Akten über das Attentat in Dulles geheim seien. Der Kongress verabschiedete daraufhin den President John F. Kennedy Assassination Records Collection Act von 1992 (JFK Act), der die Freigabe aller Dokumente über den Tod des Präsidenten vorschrieb. Einiges wurde seitdem veröffentlicht, doch erst Trump entschied, alles zu diesem Thema ungeschwärzt offenzulegen. Das ist im März geschehen, über 77.000 Blatt aus dem Archiv der CIA.

Handfestes zu den Kennedy-Morden?

Bringen die neuen Unterlagen Beweise über die CIA-Beteiligung an den Ereignissen im November 1963 in Dulles? Die Meinungen dazu gehen auseinander.

Donald Trump „glaubt nicht, dass es etwas Weltbewegendes gibt, aber das müssen Sie selbst entscheiden“, erklärte er den Journalisten und fügte hinzu, dass weitere Dokumente veröffentlicht würden. „Alles ist da draußen, völlig offen.“

Die Historiker sind sich in zwei Punkten einig: erstens loben sie die Freigabe als einen demokratischen Akt und meinen, dass – zweitens – die konkrete Analyse dieser 77.000 Blatt abgewartet werden müsse. Diese sei in ein paar Tagen nicht zu bewältigen. Im Übrigen ist die Annahme völlig naiv, auf eine Dienstanweisung zu stoßen mit einer expliziten Handlungsanweisung à la „Bringt den Kennedy um!“ So etwas wird nicht schriftlich festgehalten, weder damals noch später; die Aufarbeitung dieser jetzt deklassifizierten Papiere ist ein Puzzle-Spiel, nur wer die gesamten Umstände und Akten kennt, findet vielleicht eine „smoking gun“, einen handfesten oder zumindest naheliegenden Verdacht.

Die freigegebenen Dokumente geben Auskunft über den staatlichen Terrorismus, versuchte und realisierte Staatsstreiche, Mordversuche an unbequemen Politiker wie den kubanischen Staatschef Fidel Castro – alles Themen, von denen man irgendwie bereits wusste und die nun belegt werden können.

Für den Autor eines 2013 erschienenen Buchs über den JFK-Mord, Philip Shenon, enthält der Berg der neuen Regierungsakten nichts Neues, was von Oswald als Einzeltäter ablenkt. Der Experte Jefferson Morley hingegen glaubt, dass die Dokumente beweisen, dass die CIA von den Vorbereitungen des Attentats zumindest wusste und es billigend in Kauf genommen habe, „zumindest durch haarsträubende Inkompetenz“ – so der Autor dreier einschlägiger Bücher gegenüber USA TODAY.

Kennedy wollte die CIA „in tausend Stücke“ zerschlagen

Warum tat er es nicht, fragt Peter Kornbluh, leitender Analyst des National Security Archive, einer an die Universität angebundenen NGO, die sich für Transparenz einsetzt. „Jetzt wissen wir wenigstens, was in unserem Namen, aber ohne unser Wissen getan wurde“ – so Kornblum in einem Interview mit Democracy Now. Auf der NSA-Homepage (nicht zu verwechseln mit den staatlichen Lauschern von der NSA, der National Security Agency) finden sich mehrere Artikel aus seiner Feder über die jüngste Freigabe.

Nach der gescheiterten Invasion in der kubanischen Schweinebucht im April 1961, machte der US-Präsident den CIA-Direktor Allen Dulles persönlich dafür verantwortlich, ihn über die Erfolgsaussichten des schlecht geplanten paramilitärischen Angriffs getäuscht zu haben. Er wollte den Geheimdienst „in tausend Stücke zerschlagen und in alle Winde zerstreuen“. Aus der „Zerschlagung“ wurde nur eine Neuorganisation. Die an den US-Botschaften tätigen CIA-Agenten – immerhin 47 Prozent des gesamten diplomatischen Personals, sollten auf andere Ministerien verteilt werden, vor allem an das State Department. Doch mehr als ein Herumbasteln kam nicht dabei heraus. Zwar wurde Dulles in den Ruhestand geschickt, aber den Vorschlag, seinen Bruder, Justizminister Robert Kennedy, zum neuen CIA-Chef zu ernennen, nahm er nicht auf, sondern setzte stattdessen John McCone auf den Chefposten, der dies bis 1965 blieb. Ein großer Fehler JFK´s.

Die Verbindung des JFK-Mordes zu den Ereignissen vom Mai 1960

McCone war also zum Zeitpunkt des Attentats in Dulles Chef der CIA. Zuvor hatte er die AEC geleitet, die American Energy Commission, die später im DoE, dem Department of Energy, aufgegangen ist. Es war McCones Herzensangelegenheit, der Welt und den US-Wählern zu beweisen, dass die Abrüstungsbemühungen Ende der 50er Jahre, die auf sowjetische Initiative im Mai 1960 in Paris gipfeln sollten, ein Teufelswerk waren, das die technologische Überlegenheit seines Militärisch-Industriellen Komplexes bedrohte. Atombomben, so argumentierte er, seien ein Segen und beim Bau von Kanälen und Hafenanlagen einzusetzen. Dies ließ er im Mai 1960 auf argentinischem Territorium testen, da dies aufgrund eines Moratoriums mit der Sowjetunion in den USA verboten gewesen wäre. Das Ganze endete in einem Desaster, Näheres dazu hier.

Kennedy wollte die Rüstungskontrolle und verstand sich in diesem Punkt mit Nikita Chruschtschow – zum großen Unwillen McCones. Und Kennedy war gegen die israelische Atombombe und den Nuklearkomplex in der Negev-Wüste; er forderte wiederholt internationale Inspektionen von Dimona. Das israelische Atomprogramm, inklusive seiner militärischen Anwendung, wurde von Bundeskanzler Konrad Adenauer mit 630 Millionen DM finanziert.

Mir liegt ein Dokument des Auswärtigen Amtes vom 25. September 1963 vor, in der es um diese Finanzierung ging: „Präsident Kennedy (wurde) auf einem absolut zuverlässigen Wege von den von uns getroffenen Maßnahmen unterrichtet. Carstens“. Diese Operation lief unter dem Decknamen „Geschäftsfreund“, das AA hat die Akte dazu freigegeben.

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Ich habe, wie man das als Journalistin eben tut, auch bei der CIA diverse Anträge auf Aktenfreigabe gestellt. Das war vor ca. 15 Jahren. In einigen Fällen schickte mir die Agency Belangloses und verwies mich an das Bundesarchiv NARA und die Presidential Libraries. Dort fand ich Interessantes, nämlich Hinweise auf immer noch geheimgehaltene Dokumente, wohlgemerkt: aus dem Jahr 1960. Mit NARAs Hilfe unternahm ich mehrere Anläufe, an diese Dokumente zu gelangen, ohne Erfolg. Das war, wie gesagt, vor etwa 15 Jahren.

Nun hatte Donald Trump im Wahlkampf angekündigt, die Kennedy-Papers freizugeben, und ich sah eine Chance. Am 21. Januar, einen Tag nach seinem zweiten Amtsantritt, versuchte ich, über die Homepage der CIA einen erneuten Antrag nach dem Freedom of Information Act zu stellen, listete die konkreten Dokumente auf und fügte den bisherigen Schriftverkehr bei. Am 21. Januar klappte das nicht, das System sei „in Wartung“, so die Fehlermeldung. Es funktionierte aber am folgenden Tag, und ich bekam – bisher unüblich für Langley – umgehend eine unterschriebene Empfangsbestätigung per Email.

Kurz darauf wurde bekannt, dass Trump die USAID auflösen wollte, die vor allem in Lateinamerika ein verlängerter Arm des Geheimdienstes war. Den Mitarbeitern der CIA teilte seine Administration mit, dass sie doch bitte in den Vorruhestand gehen sollten. Ich dachte, es könne nichts schaden, dem designierten und dann vom Senat bestätigten neuen CIA-Chef John Ratcliffe einen Brief zu schreiben, ihm meinen neuen FOIA-Antrag zu schicken und ihn mit freundlichen Worten aufzufordern, die Entscheidung darüber nicht seiner Bürokratie zu überlassen, sondern das zu tun, was sein oberster Dienstherr im Weißen Haus verkündet hatte: die Deklassifizierung der geheimen Unterlagen.

Ich schickte den Brief per Kurier nach Washington, und ich muss zugeben, die DHL gab sich wirklich größte Mühe. Sie schickte mir zehn Emails, dass sie versuche, das Schreiben zuzustellen, aber es wolle niemand annehmen. Am Ende bekam ich die Post zurück. Nun hoffe ich, dass die CIA regelmäßig Overton liest, und wiederhole an dieser Stelle meine Bitte an Ratcliffe: please, let the sunshine in and open the records! Die von mir beantragten Dokumente beziehen sich auf das Jahr 1960! Wie hatte es Trump ausgedrückt: „Alles ist da draußen, völlig offen.“

Gaby Weber: Drei Kreise des Abgrunds. Wie der Bonner Staat kriegstüchtig wurde – Adolf Eichmann und der Zionismus – Die Machtergreifung des Militärisch-Industriellen Komplexes. Erschienen Oktober 2024. Verlag Die Buchmacherei, 16 Euro. ISBN 978-3-9826199-3-4

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12 Kommentare

  1. Russland hat zu ihrer SMO spezielle Ziele ernannt…
    Die USA und ihre Knechte oder auch umgekehrt, haben die Ziele erkannt und verfolgen diese auch.
    Das ist das Paradox der heutigen Zeit.
    Russland führt die Welt in eine neue Zeit und der Westen sitzt still, wie ein braver Hund und gehorcht…, und führt ihre Politik entsprechend fort…
    Die westliche Politik benötigt einen Feind, um ihre eigenen Lügen zu verdecken. Das am Ende stehende Amerika, ist jetzt am Zuge,ihren eigenen „Bullshit“ zu berichtigen, damit diese am Ende gehört werden…
    Geniesst diese Simulation unter deutscher Kontrolle…

  2. Liebe Gaby Weber,
    wie ist die Situation mit ihrem Konto, dass anscheinend gekündigt wurde. Wie kann man ihre Anliegen weiter unterstützen?

    Danke für die Beharrlichkeit.

  3. Gaby Weber ist klasse. Sie bleibt dran und ist immer konkret und das ist gut so.
    Was mir bei dem Bemühen, den Mord an JFK aufzuklären immer frage ist, dass es doch gar nicht nötig ist, die smoking gun zu finden oder den Tathergang als solchen genau zu rekonstruieren bzw. die genaue Befehlskette zu kennen um eindeutige Beweise in der Hand zu haben.

    Es gibt nicht nur ein vor dem Mord und dem Staatsstreich selbst es gibt auch ein danach. Und bei diesem Danach sind die Verschwörer klar zu identifizieren bei ihren Vertuschungsaktionen, bei der Spurenverwischung, beim Mord an Zeugen, beim Verfolgen der Kritiker und beim Fälschen von Berichten.
    Ohnehin wird es nicht mehr gelingen die Täter von damals zur Rechenschaft zu ziehen. Aber die vorhandenen Beweise dürften allemal dazu ausreichend sein um hier von Tatsachen zu sprechen und die beeidigten Institutionen klar zu benennen, zur Rechenschaft zu ziehen und die Lückenlose Aufklärung zu fordern. Die Gesellschaft hat ein Recht dazu.
    .

    1. Und genau da ist der Irrtum:
      Viele – um nichts zu sagen fast alle – beschränken sich darauf, Verdächtige und Motive als „Beweis“ für eine Verschwörung aufzuführen. Diese Art der Argumentation KANN schon daher nicht funktionieren, weil eben von unterschiedlicher Seite her auch sehr viele verschiedene Verdächtige inkl. ihrer Motive benannt werden (aktuell rund 200 Einzelpersonen und über 40 Institutionen). Dabei wird sich in den Argumentationen naturgemäß gegenseitig widersprochen.
      Keiner von uns war dabei. Und daher kann der Weg zur Erkenntnis nur über die Dealey Plaza führen. Will heißen: im ersten Schritte muss ich mal eine realistische und zumindest als „plausibel“ zu bezeichnende Alternative zur Einzeltätertheorie aufzeigen. Das wäre dann eine gute Diskussionsgrundlage, auf deren Basis man Argumente austauschen kann. Alles andere wäre das „Pferd von hinten aufzuziehen“, was nicht nur unseriös ist, sondern auch niemals zu einem brauchbaren Ergebnis führen kann.

  4. Trump hat ja schon alle in seiner ersten Amtszeit Akten rausgeben.. Ausser 2-3.
    Seltsam das jetzt 60000 Akten rauskamen. Sind die Neu?

    1. „Neu“ ist hier gar nichts.
      Zur Info:
      Die ursprüngliche Aktensperre (75 Jahre, also bis 2039) war keine Entscheidung einer Institution oder gar Einzelperson. Vielmehr handelte es sich um eine auch in anderen Fällen und bis heute gültige Standard-Vorgehensweise des Nationalarchivs. Durch Anstoßen des JFK-Gesetzes von 1992 durch die Clinton-Administration wurde eine Veröffentlichung „bis spätestens“ 1992 angestrebt. Aber auch dies stets unter der Prämisse einer letzten Entscheidung durch den jeweils amtierenden Präsidenten. Im Laufe der 90er Jahre wurden rund 97% dieser Akten freigegeben. Nochmal rund 2% unter den Regierungen Trump und Biden. Doch auch aktuell sind nicht alle Unterlagen des letzten 1% einzusehen (unter Verschluss oder geschwärzt). Dies aus verschiedenen Gründen (und eben nicht nur aus Gründen der „Nationalen Sicherheit“). Und wie auch schon im Artikel ganz richtig erwähnt, kann wohl kaum erwartet werden, dass diese 99% alle auf Oswald hinweisen, und das letzte 1% die Geschichte dann drehen soll.

  5. Zugegeben, nur aus grafischem Interesse:

    Vor längerer Zeit hatte ich eine Doku über JFK/Dallas gesehen. Nebenbei wurde erwähnt, dass (zum damaligen Zeitpunkt) aus dem Video, welches die Cabrio-Todesfahrt zeigt, ein Einzelbild klassifiziert wurde; das, welchen den Geschoßeinschlag zeigt, also so Splatter Zeug.

    Nun interessiert mich äußerst:
    Ist dieses Stand/Einzelbild jetzt auch freigegeben?
    Und wenn ja, bitte ein paar versteckte Hinweise auf den Sichtungsort, gerne auch privat. Das wäre nett!

    1. Dabei handelt es sich ganz einfach um den sogenannten Zapruder-Film, der Ende der 60er Jahre das erste Mal im Rahmen einer Gerichtsverhandlung gezeigt wurde. Dabei handelte es sich noch um eine unbearbeitete und relativ schlechte Kopie des Originals. Heutige Versionen sind da wesentlich besser und können auf allen gängigen Plattformen eingesehen werden.
      (auch auf dem Kennedy-Infoportal unter John-F-Kennedy.info)

  6. Der Film von Oliver Stone aus dem Jahr 1992 belegt diese These und meint, dass immer noch 5 Millionen Seiten CIA-Akten über das Attentat *** in Dulles *** geheim seien.
    ich glaube eher, in DALLAS begannen u.a. von John Forster and Allen DULLES …
    ***
    Zum angeblichen Kennedy Zitat “splinter the C.I.A. in a thousand pieces and scatter it to the winds”, cf.
    https://gizmodo.com/the-story-behind-that-jfk-quote-about-destroying-the-ci-1793151211

    1. Der von Ihnen erwähnte Film ist ein Hollywood-Film und „belegt“ rein gar nichts. Im Gegenteil: Stone versuchte in diesem Streifen durch das Vermischen von Originalaufnahmen und in s/w nachgedrehten Szenen den Zuschauer seine persönliche Version der Geschichte vorzugaukeln. Die Intention dahinter war aber niemals „Aufklärung durch Fakten“, sondern immer nur „Umsatz durch Effekte“.
      Ein in Spannung und Machart durchaus interessanter Film – aber eben am Ende nur Hollywood-Fiction. Das sollte einem einfach klar sein.

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