Trump und die Aushebelung des Rechtsstaats

 

US-Präsident Trump mit einem offensichtlich manipulierten Foto, das zeigen soll, dass der unrechtmäßig ins berüchtigte CECOT-Gefängnis abgeschobene Kilmer Armado Abrego-Garcia doch ein Mitglied von MS-13 ist.

Das Oberste Gericht hat am Samstag mehrheitlich, wenn auch nicht einstimmig überraschend angeordnet, dass die Trump-Regierung vor einer weiteren Entscheidung keine Migranten mehr nach dem Alien Enemies Act abschieben darf. ACLU-Anwälte einer Gruppe von Venezolanern in Texas hatten am Freitag in einem Eilantrag erklärt, dass diese schnell abgeschoben werden könnten, aber sie nicht ausreichend Zeit hatten, juristisch dagegen vorzugehen.

Pressesprecherin Karoline Leavitt veröffentlichte ein Statement, das zeigt, dass man die Möglichkeit haben will, willkürlich Migranten in Gefängnisse im Ausland abzuschieben – und vielleicht auch amerikanische Staatsbürger, was schon mal angedeutet wurde. „Präsident Trump versprach dem amerikanischen Volk“, so die Erklärung, „alle legalen Maßnahmen zu nutzen, um die Bedrohung durch terroristische illegale Ausländer wie Mitglieder der venezolanischen Bande Tren de Aragua aus den USA zu schaffen.“

Den  Konflikt weiter polemisch zuspitzend schrieb sie: „Wir sind zuversichtlich, dass die Maßnahmen der Regierung rechtmäßig sind und dass wir uns letztlich gegen eine Flut von unbegründeten Klagen radikaler Aktivisten durchsetzen werden, denen die Rechte terroristischer Ausländer wichtiger sind als die des amerikanischen Volkes.“

Angehängt ist ein Tweet eines FoxNews-Reporters, der Fotos der Venezolaner veröffentlichte, die er von einem Trump-Regierungsvertreter erhalten habe, der auch gesagt habe, dass für alle „signifikante“ Verurteilungen oder Anklagen vorliegen. In dubio pro reo gilt für die Trump-Regierung nicht, ein Verdacht genügt. Tätowierungen sollen zudem als Beweise der Bandenmitgliedschaft dienen.

Man wird sich daran erinnern, dass die USA nach 9/11 unter Rechtsverdrehung den Status eines „feindlichen Kämpfers“ geschaffen haben, der willkürlich, zeitlich unbefristet und ohne Prozess inhaftiert und gefoltert, d.h. „verschärften Verhörmethoden unterzogen werden kann. Damals wurden zahlreiche Menschen, die nichts mit Terrorismus zu tun hatten, als die angeblich „Schlimmsten der Schlimmen“ gewaltsam verschleppt und nach Guantanamo gebracht. Diese Praxis willkürlicher Festnahmen außerhalb des Gesetzes führt Trump bei den Abschiebungen weiter. Dazu wurden die Gangs MS-13 und  Tren de Aragua im Januar durch ein Dekret zu ausländischen Terrororganisationen erklärt.

Im März waren zum Auftakt über 200 Migranten, angeblich alle kriminell und Bandenmitglieder – wieder einmal die „Schlimmsten der Schlimmen“ – , in drei Flugzeugen nach El Salvador abgeschoben und dort unter demütigenden Exerzitien der Unterwerfung in das berüchtigte Megagefängnis Centro de Confinamiento del Terrorismo (CECOT) womöglich lebenslang und ohne Anklage gegen Bezahlung aus Washington eingesperrt worden. Wie CBS herausfand, waren unter den Abgeschobenen 179 oder dreiviertel nicht kriminell, 22 Prozent waren meist wegen kleinerer Straftaten verurteilt, nur ein Dutzend sei wegen Mord, Vergewaltigung oder Entführung verurteilt gewesen.

Mit abgeschoben wurde im März auch der 29jährige Salvadorianer Kilmer Armado Abrego-Garcia, Vater von drei Kindern, seine Ehefrau ist Amerikanerin. Er war 2011 illegal in die USA gekommen, und geriet 2019 vor allem wegen seiner Kleidung (eine Chicago Bulls-Mütze und ein Kapuzenpulli mit Geldrollen, die die Augen, Ohren und den Mund der Präsidenten auf den einzelnen Scheinen bedecken, in den Verdacht, Mitglied der Gang MS-13 zu sein. Das wurde von Richtern bestätigt, in der Haft stellte er einen Asylantrag, daraufhin erhielt er zwar kein Asyl, aber den Status, nicht abgeschoben werden zu dürfen. Er wurde aus dem Gefängnis mit der Auflage entlassen, sich jährlich einmal bei der Einwanderungsbehörde zu melden. Es gab keine Beanstandungen, Garcia wurde auch wegen keiner Straftat, auch nicht wegen einer Gang-Mitgliedschaft, verurteilt.  Garcia arbeitet auf dem Bau.

Die Trump-Regierung beschuldigte ihn weiterhin der Mitgliedschaft in MS-13, gestand aber am 1. April ein, dass seine Deportation ein „Fehler“ gewesen sei: „Abrego Garcia, ein gebürtiger El Salvadorianer, befand sich auf dem dritten Flug und wurde deshalb nach El Salvador abgeschoben“, sagte Robert L. Cerna, stellvertretender Leiter der ICE-Außenstelle, in einer eidesstattlichen Erklärung. „Diese Abschiebung war ein Fehler.“ Er hätte Beweise vorlegen können, dass er nicht bei MS-13 ist, das habe er aber versäumt.

Doch anstatt ihn zurückzuholen, verbarrikadierte man sich in der Behauptung, dass dies nicht möglich sei, weil man der Regierung in El Salvador keine Anordnung geben könne. Der Präsident von El Salvador Bukele spielt mit und sagte beim Treffen mit Trump, er werde doch „keinen Terroristen in die USA schmuggeln“. Trump ist daran gelegen, den Fehler zu übertünchen und hart zu bleiben. Natürlich hätte er Bukele darum bitten können, ihn freizulassen, zumal es um ein Geschäft geht: Aufnahme von Abgeschobenen gegen Geld. Auch die Anordnung des Supreme Court, die Rückführung zu erleichtern, weil die Deportation unrechtmäßig war, schlug die Trump-Regierung in den Wind.

Den Zynismus der Trump-Regierung, der Rechtsstaatlichkeit egal ist, gipfelte in der Versicherung von Yaakov M. Roth aus dem US-Justizministerium, dass es keine Zeichen dafür gebe, dass Abrego Gracia im CECOT „gefoltert oder getötet“ wird. Damit räumte er ein, dass die Trump-Regierung Menschen, die nur einer Straftat verdächtigt werden, in ein Gefängnis schickt, in dem zumindest das Risiko besteht, dass Gefangene gefoltert und getötet werden.

Das Heimatschutzministerium begann am 18. April, Abrego Garcia als Menschenschmuggler zu beschuldigen, weil er in einem Fahrzeug festgehalten wurde, in dem er 8 Männer ohne Ausweise gefahren hatte. Vermutlich hatte er für die Baufirma Arbeiter transportiert, aber die Regierung konstruiert im Verein mit Medien wie FoxNews nun Verdachtsberichterstattung, um den eigentlich schon eingeräumten Fehler zu annullieren. Und das Weiße Haus kommentierte einen Bericht der New York Times über das von Bukele arrangierte Treffen des demokratischen Senators Chris van Hollen mit dem Gefangenen auf der Terrasse eines Luxushotels. Im Titel „Senator Meets With Wrongly Deported Maryland Man in El Salvador“ wurde “wrongly” durchgestrichen, “Maryland Man” ersetzt durch  „MS-13 Illegal Alien“ und darunter wurde hinzugefügt: „Who’s Never Coming Back.” Der Tweet richtet sich an die NYT und den Senator: „Fixed it for you, @NYTimes. Oh, and by the way, @ChrisVanHollen  — he’s NOT coming back.”

Also müssen jetzt nachträglich Beweise gefunden oder vielmehr konstruiert werden, die belegen sollen, dass der Mann zurecht ins Gefängnis abgeschoben wurde. Trump selbst ist sich nicht zu schade, einen ganz offensichtlich gefälschten Beweis zu präsentieren. Auf Truth Social und auf der offiziellen Webseite des Weißen Hauses veröffentlichte Trump ein Foto von sich, auf dem er ein weiteres Foto in den Händen hält, das Tätowierungen auf einer Hand zeigt, die die von  Garcia sein soll. Er schreibt: „Dies ist die Hand des Mannes, der nach Ansicht der Demokraten in die Vereinigten Staaten zurückgebracht werden sollte, weil er ein so ‚feiner und unschuldiger Mensch‘ ist. Sie sagten, er sei kein Mitglied der MS-13, obwohl er ein MS-13-Tattoo auf den Knöcheln hat und zwei hoch angesehene Gerichte festgestellt haben, dass er ein Mitglied der MS-13 ist, seine Frau verprügelt hat usw. Ich wurde gewählt, um unter anderem schlechte Menschen aus den Vereinigten Staaten zu vertreiben. Man muss mir erlauben, meine Arbeit zu tun. MAKE AMERICA GREAT AGAIN!“

Auf den Fingern ist zu sehen: ein Marihuana-Blatt, ein Smiley, ein Kreuz und ein Schädel. Die Tätowierungen scheinen zu stimmen, aber nicht das, was darüber steht, nämlich MS-13. Ganz offensichtlich handelt es sich um einen Fake, um zu beweisen, dass Abrego Garcia doch MS-13-Mitglied sei. Trump und seine Regierung agieren zunehmend jenseits des Gesetzes und dieses missachtend, das ist der Weg in eine Diktatur, die eine Demokratie simuliert.

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20 Kommentare

    1. Es ist schon eigenartig wie vorhersehbar die Konsequenzen dieser woken Ideologie ist… Und hier bekommt man erzählt, dass nach Wahlbetrug, Russia Gate und Biden jr’s laptop, dass es Trump ist der den Rechtsstaat aushebelt.
      Als wenn es solche Unterschiede bei den US Parteien gäbe… welch ein Witz mal wieder.

  1. Nur weil ein Land Gerichte hat, ist es noch lange kein Rechtsstaat.
    Ein Rechtsstaat wäre ein Land, in dem der ärmste Bürger einen Prozess gegen Elon Musk gewinnen würde, wenn er im Recht wäre.
    Und das ohne dabei auf staatliche oder private finanzielle Unterstützung angewiesen zu sein. Ein Land, in dem sich jeder Bürger einen Prozess leisten kann.
    Alle Staaten, in denen das nicht möglich ist, sind keine Rechtsstaaten, sondern irgendeine Form von Diktatur. Egal, ob da Demokratie, Sozialismus oder sonst was draufsteht.

    1. In Deutschland hast Du gute Chancen, einen Prozess zu gewinnen, wenn (weil) Du Prozeßkostenhilfe beziehst, auch wenn Du im Unrecht bist.

      1. Prozeßkostenhilfe wird Dir nur gewährt, wenn Du irgendeinen Gerichtsangestellten überzeugen kannst, daß Du Aussicht auf Erfolg hast.
        Mach das mal.

    1. Yepp!

      *kicher*

      (Bei uns ist eine Partei der aufstrebende Stern am Politikhimmel, deren Chefin eben jene US-Nachwuchsfaschisten anhimmelt. In einer anderen, schon sehr lange etablierten Partei ist man stolz darauf, schon immer allerbesten Beziehungen zur Trump-Partei unterhalten zu haben.
      Einen Trump-ähnlichen Umgang mit Einwanderern wünschen sich diese beiden Parteien auch für Deutschland. Bei anderen Parteien hierzulande ist das noch nicht ganz klar. Zu Fragen des Rechtsstaats in diesem unserem Lande geben unter anderem Autoren wie Thomas Moser oder Markus Kompa gerne nähere Auskünfte.)

      1. Aussagen zum Rechtsstaat kann ich derzeit nicht machen da mein, von Long Covid verschmutzter Bademantel gerade in der Waschmaschine ist….

  2. Wat fürn Rechtsstaat? Sicher, das sind Sauereien, aber waren Covid, Russiagate, Lawfare der „Liberalen“ keine? Oder unsere lupenreine Demokratie? Bonnie hat sehr zu Recht auf die fehlende Gleichheit vor dem Gesetz hingewiesen. Dazu auch https://www.nachdenkseiten.de/?p=42869

    Das entschuldigt das Trumpregime nicht, aber immerhin hat der konservativ dominierte supreme court dazwischen gegrätscht, was von unserem von Parteisoldaten besetzten Verfassungsgericht nicht zu erwarten ist.

    Daher; Berechtigte Kritik ja (danke für die Infos), Schnappatmung nein, USA as usual.

    1. @aquadraht
      „Wat fürn Rechtsstaat?“

      Kennen Sie Blumento Pferde?

      Jetzt kommen wir zum Rechtsstaat
      RECHTS – STAAT das sagt doch bereits alles

      Warum regen wir uns eigentlich über Trump auf? Haben wir nicht genug eigenen Dreck vor der Haustür??? Aber ne, da wollen wir ja nicht ran um es zu ändern.

      „No I can’t love this country anymore
      Too many of us were beaten by the law
      And I don’t want to die in another German war
      No I can’t love this country anymore“
      https://www.youtube.com/watch?v=xN9ZZvaQHR4

  3. Aus meiner Sicht wurde hier wie in den USA das Recht viel zu oft durch windige NGO-Anwälte ausgeheblt, mit dem Resultat, dass Kriminelle zu Opfern und Opfer, wenn nicht zu Tätern, dann einfach im Vergessen versenkt wurden.
    Von daher unterstütze ich JEGLICHE Art von Ausschaffung von Leuten, welche sich in irgend einer Art kriminell verhalten haben.
    KRIMINELLES VERHALTEN IST KEIN MENSCHENRECHT – schon gar nicht in einem Staat, in welchem man nur Gast ist.

    1. Tja… bis zum letzten Satz war alles ja recht schön, aber dann…. es ist ein grundsätzliches Menschenrecht alles zu tun was man will, solange man sich nicht erwischen lässt!

      Kennen sie denn irgendein Menschenrecht, das sie im Falle eines Falles einklagen könnten?

    1. Wie immer… wenn man nur genau genug hinschaut.

      Warum sollte ein Staat nicht das Recht dazu haben JEDEN der illegal im Land lebt abzuschieben? Lassen sie sich doch mal irgendwo ohne gültiges Visa erwischen?
      Glauben sie mir., wenn ihnen das in Indien oder Uganda passiert würden sie alles hergeben nur um abgeschoben zu werden, anstatt in deren Knast rumzusitzen…

  4. Wahrheitsministerium…
    ist das nicht eine Aushebelung des Rechtstaates?
    wird seit Corona praktiziert sogar mit dem § Majestätsbeleidigung… Politadel stellt sich über das Volk
    Lumpenpazifist

    1. Wenn sie es nicht könnten würden sie es nicht.
      Da sie es können, wären sie dumm, wenn sie es nicht täten.

      Was genau überfordert sie denn daran dies zu verstehen ?

  5. Nochmal für alle.
    Es hat nie einen Rechtsstaat gegeben.
    Einfach, weil der Kapitalismus sein Versprechen niemals einlösen kann, nirgendwo auf der Welt.

  6. Wie wäre es mit einem Vorschlag?

    „Wer deutsche Boxer, die Intellektuellen und die Wissenschaft überlebt, sollte Kanzler werden.“

    Anstatt das mit dem „Zum wohle des deutschen Volkes“

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