Telepolis und das verlorene Archiv

Es nannte sich „Qualitätsoffensive“, daraus wurde jedoch das große Löschen – das Löschen eines gesamten Magazin-Archivs. Zum Opfer fielen dem Artikel bis 2021.

Telepolis war das erste Online-Magazin und jahrelang ein Leuchtturm in Sachen Vielfalt der Sichtweisen und Haltungen, auch solcher, die nicht opportun oder woke, manchmal sogar ein wenig verstörend waren.

Ich war zwar keine Telepolis-Stammleserin, sondern bis 2020 lediglich Leserin der Artikel von Birgit Gärtner, ab 2020 aber schaute ich häufiger bei Telepolis vorbei. Ich wusste, wenn ich kritische Artikel zu den Corona-Maßnahmen lesen wollte, würde ich sie hier finden.

Und so war es dann auch, bis in den folgenden Monaten und mit zunehmender Drangsalierung der Bevölkerung ohne medizinische Notwendigkeit, wie spätestens nach Veröffentlichung der RKI-Protokolle jeder wissen kann, im Internet ein Garten sogenannter Alternativmedien erblühte.

Doch nicht wenige dieser Alternativmedien sind das, was deren Autorinnen und Autoren der sogenannten Mainstreampresse vorwerfen: Ideologie-Schleudern.

Darauf können wir uns im vorliegenden Gespräch einigen.

In diesem spreche ich mit Birgit Gärtner, Peter Nowak und Florian Rötzer über die Geschichte von Telepolis, mögliche Gründe für das Löschen des Archivs, darüber, wie es in anderen Medien um den freien Journalismus bestellt ist, nämlich um die Möglichkeit, ideologiefrei zu schreiben und ein Magazin mit Themen, beleuchtet aus den verschiedensten Blickwinkeln, hervorzubringen, darüber was KI für den Journalismus bedeutet und über die Frage, warum in den Corona-Jahren die Presse von rechts bis links mehr oder weniger gleichzog.

Eine wirklich positive Aussicht wollte zum Schluss keiner meiner Gäste formulieren, was jedoch nicht heißt, dass sie und ich aufgehört haben, an guten Journalismus zu glauben.

Guter Journalismus ist für mich kein Haltungsjournalismus wie aktuell oft üblich. Guter Journalismus ist die Veröffentlichung bestmöglicher Recherche, auch wenn das, was da zutage tritt, aktuellem Zeitgeist und allgemeinem Konsens entgegensteht.

Anmerkung zum Video: Aufgrund einer technischen Panne sind meine Fragen verschriftlicht.

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36 Kommentare

  1. „Guter Journalismus ist für mich kein Haltungsjournalismus wie aktuell oft üblich. Guter Journalismus ist die Veröffentlichung bestmöglicher Recherche,“
    Man beachte die fein Ironie, so eine Aussage der Overton-Welt unterzuschieben.

    1. Also mir reicht schon eine gute Bandbreite an Informationen. Da muss nicht alles bis zum Letzten recherchiert sein. Mich befriedigt schon sehr, wenn eine Information gegeben wird, die anderswo fehlt, weil sie offensichtlich nicht in Narrativ passt.

      @Artikel
      Nachdem ich ein, zwei Mails mit Herrn Neuber gewechselt habe, denke ich, er hat durch das Einnorden des bis dahin besonderen Forums und das Angleichen und Verharmlosen der Artikel vor, sich für die Mainstream-Medien-Redaktionen zu empfehlen.
      Der starke Mann, der Telepolis niederrang.

      Kaputtmachen ist eben immer wesentlich leichter.

  2. Nach sehr vielen Kommentaren hier wie drüben, komme ich heute zu dem Entschluss, daß alles einen Sinn ergeben muss, der Sinn kann m.M.n. nur dazu dienen, das die Bevölkerung etwas erkennen muss.
    Das deutsche Lügensubjekt wird ausgetauscht auf einer originellen Art, durch das nächste.
    Das Bücher verbrennen ist hoffentlich noch einigen in Erinnerung und hatte damals wie heute einen Grund, etwas zu verändern.
    Jede Veränderung in D, hatte einen teuren sehr teuren Preis und schaffte es leider nicht, die Bevölkerung auf einen gesunden weg zu bringen…

    1. sehe ich auch so.
      die themen waren ok, die artikel meißt unterirdisch, die kommentare oft(10 – 20%) erhellend. die kommentare sind der eigentliche verlust.

  3. Natürlich muss das alles gelöscht werden, das Weltbild der KI könnte ansonsten ins Wanken geraten.

    Auch die Leserkommentare waren oft sehr interessant und machte den Inhalt mehrdimensional.

    1. „Wo das Wollen mehr gelten sollte, als das Können, wurde die Beherrschung der Sache nebensächlich. Die Stunde der Dilettanten hatte geschlagen.“

  4. Die Zensur begann bei den Kommentaren, das war schon vor über 5 Jahren. Ich hab mich schon damals gleich abgemeldet und tp als zuverlässige Quelle abgeschrieben, außerdem von meiner Leseliste gestrichen.

    1. Mit den Wechsel zu Neuber auf dem Chefsessel mutierte Telepolis schnell zu einem Medium der Verkündigung der einzig gültigen Wahrheit und eine Diskussion oder Widerworte wurden nicht mehr geduldet.
      Ich wurde damals immer wieder von der Moderation gesperrt und irgend wann dann endgültig rausgeschmissen.

      Es ging damals um meine konträre Meinung zu den m-RNA Spritzen.
      Immer wenn ich Autoren widersprach und daran erinnerte, dass die Impfung bei Kindern wohl gänzlich nutzlos sei und eine Herzmuskelentzündung keine Bagatelle ist, wurde ich prompt gesperrt.

  5. Die Angst vor Menschen, die wirklich nachdenken und Fragen stellen könnten, scheint riesengroß zu sein. Es ist eine Schande, so mit dem eigenen Archiv umzugehen.

  6. Im Zuge einer „qualitätsoffensive“ die Kolumnen des polnische Science-Fiction-Autors und Technikphilosophen Stanisław Lem zu löschen …

  7. Zunächst einmal: Ich finde den Begriff „verloren“ bei diesem Thema genauso unpassend wie die Bezeichnung „gelöscht“.

    „Verloren“ insinuiert etwas à la „Hupsi, jetzt haben wir die Tasche mit den Archiv-CDs im Schnellzug nach Paddington vergessen“. Oder als sei das Archiv sonst wie „verschüttgegangen“. Hätte „plötzlich“ einen Wasserschaden abgekriegt. Nur: Das hier war zwar eine Katastrophe, aber beileibe keine zufällige oder gar natürliche. Das wurde gemacht.

    „Löschen“ trifft es für mich aber auch nicht, denn die Dateien sind ja immer noch (irgendwo) da draußen. Sie sind deswegen nicht unwiderbringlich verloren. Man hat sie nicht allesamt mit dem Tintenkiller ausradiert und nun was unabänderlich drübergeklebt.

    Nein es geht um Sperrung zum Zwecke der (Selbst)zensur und in Absicht sich dem herrschenden Zeitgeist anzupassen. Um sich als so „seriöses“ wie „objektives“ halbtags-halbkritisches Nachrichten-Startup zu präsentieren und die (vermeintlichen) Fesseln der Vergangenheit abzustreifen. Ballast abzuwerfen. Zu zeigen, dass man „gereift“ ist, sich „selbst reflektiert“, „kritisch an sich arbeitet“, auch mit Eigenem mal „hart ins Gericht geht“, bereit ist „neue Wege zu beschreiten“ und sonstiges neoliberales Neusprech-Blabla.

    Eingedenk dessen sollte man im Grunde ein Projekt starten, basierend auf Schwarmintelligenz, um so viel klassische TPArtikel wie möglich aus den Tiefen des Internets auf einer Seite („Unfree Telepolis“ oder wie auch immer – muss ja was Denglisches sein heutzutage) zusammenzutragen und an die Oberfläche zurückzubringen. Gibt ja schon Plattformen wie archiv.vn – da könnte man dann vielleicht eine eigene Schatzkiste anlegen (so noch nicht irgendwo bereits geschehen, kp). Vielleicht könnte man auch die ehemaligen Autoren anschreiben – ein riesen Verteiler – und fragen, wer auf alten Festplatten noch die Urartikel hat. Telepolis hat die ja nicht selbst kreiert, da standen Menschen dahinter, die die erhielten, ggf. gegenlasen und reinhoben etc.

    Nun jedoch zu dem hier:

    nämlich um die Möglichkeit, ideologiefrei zu schreiben

    Warum? Was ist überhaupt „Ideologie“ – hat hier jeder dieselbe Definition und dasselbe Verständnis davon? Und wie soll dieses „ideologiefrei schreiben“ bitteschön vonstattengehen? Jeder hier bringt ja seine eigenen Sichtweisen mit – oder ist hier jemand „neutral“ unterwegs und wenn ja wie äußert sich das in einem Meinungsforum? Gibt man die Ideologie und Prägungen an der Garderobe ab wie einen Mantel oder gibt es neben Faktenfummlern demnächst noch Ideologiekundschafter, die prüfen, ob man auch wirklich ideologiefrei (mit)schreibt?

    Selbst wenn man sich von allem entkernte und um die sogenannte „Objektivität“ bemühte, wird am Ende irgendwer ankommen und sagen: „Das ist aber aus der und der Perspektive gefärbt!“ Und sei es aus einer ideologiekritischen. Ein Friedrich Engels war weitaus wissenschaftlicher und weitaus mehr um Objektivität bemüht als heutige „Wissenschaftler“, die unter Zeit-, Geld-, Anpassungs- und sonstigen Drucken das „erforschen“, was (er)forscht werden soll und deren „Objektivität“ darin besteht bloß nicht zu sehr aus den gesetzten Kanälen auszubrechen. Da wird viel von „Out of the box-Thinking“ in feinstem Denglisch geschwärmt, nur heißt es für jeden, der sich aus Box wagt, sogleich „Knüppel aus dem Sack!“. Und einen gedeckten Tisch sieht er ganz sicher nicht. Wenn es das falsche Sujet ist, Ihre Forschungen keiner finanzieren will, deine Rübe nicht passt, das Fach nicht marktrelevant ist oder sonst wie nicht im Trend liegt, der Kollegin nicht passt, dass du nicht mit ihr ausgingst und sie dich dann wegen „sexueller Belästigung“ oder deiner „üblen Arbeitsmethoden“ anschmiert, der Prof schlicht keine Nebenbuhler oder Aufsteiger duldet, weil er der Gröliaz (Größter Lehrstuhlinhaber aller Zeiten) ist – oder oder oder – dann war’s das. Dann kannste vielleicht im stillen Kämmerlein Wissen schaffen und mitunter bei Overton oder sonstigen Spartenplattformen publizieren. Dann biste Verschwörungserzähler oder bekommst ein sonstiges Etikett umgehängt – Engels wertet man ja bis heute schlicht als „Marxisten“, obwohl selbst ein Streeck (der Soziologe, nicht der Virologe) inzwischen erkannt hat, dass Engels mehr war als bloß der Sidekick Marxens und im Grunde eine eigene soziologische (Denk)Schule schuf. Und ich weiß wovon ich rede; meine Gutachter rieten mir damals nachdrücklich meine Masterarbeit (u.a. über Engels) zu veröffentlichen, es fand sich bloß kein Verlag, der es tun wollte, da ich darin gefährliche „pro-russische Narrative“ verbreitete wie beispielsweise den Hinweis, dass es auf dem Maidan Nazis gab. Das lässt sich zwar wissenschaftlich belegen und diese Belege wurden von mir auch zitiert – leider sind es wohl die falschen Belege und die falschen Wissenschaftler gewesen obgleich sie alle mehr oder weniger bürgerliche Westler sind (Richard Sakwa, Ivan Katchanovski, Mearsheimer, Anna Matwejewa, Wolodymyr Ischtschenko…).

    Ansonsten verstehe ich nicht, warum man sich bei manchen Themen überhaupt so verzweifelt um „Neutralität“, „Objektivität“ und „Distanz“ bemüht. Ist das ein Wert / Gebot / Sinn in, an und für sich? Meistens ist das doch bloß Neusprech kombiniert mit Schere im Kopf und schlicht vorauseilender Kotau vor den H/herrschenden „Narrativen“ und hat gerade mit „Neutralität“ so viel am Hut wie die Schweiz. Nämlich herzhaft wenig.

    Klar, kann ich hingehen und einen Sabbel schreiben wie „In der Ukraine ist Krieg und beide Seiten haben einen Anteil“. Nur wohin bringt mich das? Na, zu solch „neutralen“ Thesen aus Herrn Rötzers vorletztem Ukraine-Artikel wie zum Beispiel:

    Die Ukraine befindet sich im dritten Kriegsjahr.

    Nein, tut sie nicht (siehe unten).

    Wie immer man die Vorgeschichte sehen will, die russischen Streitkräfte griffen im Februar 2022 die Ukraine an und marschierten im Osten und Süden ein.

    Wie immer man die Vorgeschichte sehen will, die Post-Maidan-Regierung griff im April 2014 den in mehr oder weniger offener Irredenta befindlichen Donbass an und marschierte mit Panzern, Kampffliegern und schwerer Artillerie in die Oblaste von Donezk und Lugansk ein. Mit freundlicher Unterstützung von „uns“. (Stichworte: „ATO“, Bundeswehr-Offiziere als „OSZE-Leute“, CIA-Besuch in Kiew…)

    Seit 2014 gab es Kämpfe zwischen der Ukraine und den Volksrepubliken im Donbass, seitdem bereitete sich das Land mit der Hilfe des Westens auf einen Krieg vor.

    Diese „Kämpfe“ forderten laut deutschen Sicherheitskreisen hier (Achtung: Link geht zur FAZ!) allein bis Februar 2015 bis zu 50 000 Tote. „Wir“ folgen aber aus „wissenschaftlichen Gründen“ lieber den „neutralen“ und „objektiven“ Berichten der zuständigen VN-Zweigstellen, die im selben Zeitraum bloß ein Zehntel an Opfern konstatierten. Und auf was basierten deren „neutrale“, „ideologiefreie“ und „objektive“ Erhebungen und Todeszahlungen nochmals? *blätter, blätter, gruscht, gruscht* Ach ja, hier: lokalen Stellen, Inaugenscheinnahme und Ansprechpartnern vor Ort. Kurz: Die beste Objektivität, die man für Geld kaufen kann.

    Aus der Konfliktforschung kennt man dagegen jede Menge Schwellenwerte für Kriege: 1000 Tote in einem Kalenderjahr, Einsatz schwerer Waffen, weitläufige Zerstörungen, hohe Vertriebenenzahlen. Manche wählen nur einen (die 1000-Tote-Schwelle ist so beliebt wie umstritten), andere ein ganzes Set. Im Donbass hatten wir 2014 alle vier hier genannten (und noch viel mehr – ladet euch Konfliktforschungsartikel runter, oder schaut nach Geschichten wie Correlates of War, PRIO, HIIK und wie diese bürgerlichen Hausmeier alle heißen und knöpft euch deren Methodik vor, wenn ihr mehr wollt): zehntausende Tote, MRLS und Einsatz sonstiger schwerer Waffen, entsprechende Schäden (guckt euch Fotos aus Donezk an – z.B. den Flughafen), hunderttausende Binnenvertriebene wie Flüchtlinge in die RF. Und was heißt das nun? Na das: Dass man mit einem Wort wie „Kämpfe“ einen seit elf Jahren laufenden, heißen Krieg zu einer irgendwie niedrigschwelligeren Angelegenheit verbrämte. (Ähnlich wie der übliche leidmediale Sprech von den „pro-russischen Separatisten“ verkennt, um was es vielen bei der Donbasser Irredenta ging.)

    Nein – in der Ukraine herrscht seit 2014 Krieg und 2022 ist – nach einer abermaligen und bis heute weiter laufenden Intervention der russländischen Föderation – dieser lediglich quantitativ wie qualitativ erweitert worden. Aber nix neu macht der Mai, der Krieg begann nicht am Donnerstag, den 24. Februar. Das soll vielmehr im Westen so gedacht werden, damit man auch die Zeitenwende im Hirn verankern kann. Doch rund um Ilowaisk, Debalzewe und Co. hatte es zuvor bereits russische Interventionen gegeben und schon damals war vom „Krieg gegen die Ukraine“ geschwätzt worden, was heute irgendwie „vergessen“ wird („Stoppt Putin jetzt!“ – SPON, 2014). Oder sollten „wir“ das nachträglich umbenennen in „Kämpfe gegen die Ukraine“?

    Apropos: die „Hilfe des Westens“ begann auch vor 2014. Sie wurde damals bloß räumlich und in anderen Dimensionen erweitert, weil man nun die richtige Regierung am Ruder hatte.

    Dann btt:

    Guter Journalismus ist die Veröffentlichung bestmöglicher Recherche, auch wenn das, was da zutage tritt, aktuellem Zeitgeist und allgemeinem Konsens entgegensteht.

    Und das ist jetzt keine Haltung oder wat? Keine (ethische) Ideologie? Keine Moral? Da kommen doch sofort zwölf Poststrukturalisten angerannt, die Ihnen aufzeigen, dass jeder Journalismus von „menschlichen Entscheidungen, Empfindungen, Normen und Kontexten“ geprägt ist. Was jetzt auch nicht ganz ab vom Weg ist. Zäumen wir das Pferd mal von der Richtung auf (Sie können den Sattel ja wieder runterreißen, wenn er Ihnen nicht passt) und fragen:

    Ist es keine Haltung, keine Moral, keine Ethik, wenn man sich gegen den Zeitgeist stellt und ander(e)s recherchiert, den fehlenden Teil beisteuert, hinter die offiziös verkündeten und „wissenschaftlich“ von „Experten“ erforschten beziehungsweise von „mutigen Journalisten“ in mühevoller „Recherche“ zusammengetragenen „Tatsachen“ und „Fakten“ blickt? Spiegelt das nicht eine Norm, einen Wert wider, nämlich Wahrheitssuche über Bequemlichkeit beziehungsweise das Bemühen um Objektivität vor Lebensqualität und Pöstchen zu stellen? Das ist doch eine bewusst gewählte Position (die übrigens Mut, Wissen und Überzeugung erfordert und alles andere als feige ist) – oder nicht? Handelt ein Journalist, der querdenkt, der Unbequemes und schmutzige Wäsche zu Tage fördert nicht aus einer bestimmten ethischen Überzeugung? Nämlich der, die viel zitierte „Transparenz“ und „Wahrheitssuche“ mal mit Leben zu füllen? Folgt der nicht einer idealistischen „Ideologie“? Und ist die nicht alles andere als „universell“, sondern vielmehr eine „subjektiv“ gewählte Geschicht, wenn man die ganzen Arschgeigen, Wasserträger, Tagebuchfinder, Fakten-Correctoren und Relotiusse sieht, die aus Gefallsucht, Gier oder schlicht von ganz anderen Ethiken und Ideologien beseelt, zu Werke gehen?

    Ist nicht jeder journalistische Beitrag zwangsläufig „ideologisch“, da von bestimmten Entscheidungen geprägt? Selbst die „bestmögliche Recherche“ voller „Objektivität“, „Neutralität“, „Fakten“ und „bestem Wissen und Gewissen“ ermittelten „unabhängigen“ Zeugen / Experten / Sprechpuppen / Thinktankschlampen? Wird da nicht geschaut und entschieden – was lasse ich weg, wen rufe ich, wem halte die Kamera unter den Rüssel, was betone ich, was ist für mich relevant, was will der Chef, was interessiert die Leser? Stecken nicht in jedem Text „Narrative“, trieft nicht aus jeder Zeile „Weltanschauung“, kann man nicht am Autorenprofil und Werdegang die „kulturelle Prägung“ erkennen und an kleinen unscheinbaren Schräubchen wie dem Veröffentlichungsstempel oder den „redaktionellen Hinweisen“ die „redaktionelle Linie“?

    Wäre es nicht vielleicht besser von diesem ganzen bürgerlichen „Neutralität-Objektivität-Fakten-Wissenschaft-Transparenz-Sabbel“ mal wegzukommen? Weil der von hinten bis vorne so vergiftet wie verlogen ist? Und stattdessen einfach die Methoden, Auswahlen, Arbeitsschritte, Interviewpartner, Quellen, Gelder, Förderer, Ideen – das ganze was hinter einem Artikel steckt – zu nennen, damit der Leser sich ein eigenes Bild machen kann? Genauso wie man diese „Meinung-Bericht-Scheidung“ in die Tonne kloppen könnte – welcher SPON-, ZON-, tagesklau-, Tichy’s-Eintopf-Bericht ist denn bitte ohne „Meinung“? Schön, im Kommentar springt sie dir knallig entgegen, bei den „Berichten“ und „Reportagen“ muss man sie theoretisch zwischen den Zeilen suchen (zumindest musste man es früher – heute wie gesagt nicht, da sie genauso knallig schimmert).

    In dieser Gesellschaft sind doch „Wissenschaft“, „Objektivität“ und der ganze sonstige Schmonz eine reine Illusion. Just an Illusion (Imagination, 1982)! Und solange die normopathischen, etatistischen, imperialen… und sonstigen Zwänge des Systems fortbestehen, wird sich daran auch nichts ändern. Und das beginnt sehr wohl bereits bei der Sprache, dafür muss man weder Germanist noch Diskursanalytiker für sein. Das wusste schon Peter Handke, als er schrieb: Das erste was im Krieg stirbt… ist die Sprache (Ob es aus „Unter Tränen fragend“ oder seinen anderen damaligen Beiträgen stammt, fällt mir gerade nicht ein, sucht’s selbst). Da werden unsere Traditionalisten und Orthodoxen aufheulen, doch ist es einfach so, dass Worte und Formulierungen ihre „Konnotationen“ tragen und die „Wahrnehmung“ des Lesers lenken. Womit wir wieder bei den „Kämpfen im Donbass“ wären. Denn ob man ein Ereignis nun als „Krieg“, „Kämpfe“, „Krise“, „Konflikt“ oder weiß der Geier was bezeichnet, verändert nun mal die Lesart. Genauso wie die Wahl des Startdatums eines „Kriegs“ oder „Konflikts“ dies tut. Merke: Selbst die Auswahl solch vermeintlich „neutraler“ Zahlen und Begriffe ist nichts als eine Entscheidung, die subjektive Bewertungen widerspiegelt. (Und sei es eine unbewusst getroffene, dann muss Freud übernehmen.)

    Journalismus und Wissenschaft finden unter den gesetzten Verhältnissen statt – das muss man sich immer vor Augen führen. Den systemischen Zwängen und Machtstrukturen, ökonomischen Prämissen („Neoliberalyse“), sozio-kulturellen Prägungen („Habitus“) und mitunter so etwas wie Lesererwartungen bzw. Mäzenatentum („Wes Brot ich fress, des Lied ich sing“). Wobei die systemische Karte – da Leben in einem kapitalistisch-imperialistischen System und somit das Aufwachsen und Teilnehmen an einer so normopathischen wie bellizistischen wie schlichtweg lebensverneinenden Gesellschaft – für mich Trumpf und Hauptentscheider ist. „Absolute Objektivität“, „Wahrheit“, „Ideologiefreiheit“ und Co. KG würden voraussetzen, dass man außerhalb dieses Kontextes agiert, agieren kann, was mir (fast) unmöglich erscheint. Einem Marx war es vielleicht möglich, weil er einen Engels hatte. Aber wie oft kommt so was vor? Bei vielen anderen Kritischen erinnert das Wissen schaffen und Artikel schreiben doch eher an Aufzeichnungen aus dem Kellerloch (Dostojewski, 1864). Aufzeichnungen, die keinen interessieren und die von der Mehrheitsgesellschaft als Spinnereien abgetan werden.

    Für mich ist’s so: Euer „guter Journalismus“ ist unter diesen Bedingungen ein Journalismus, der sich wirklich bewusst nicht anpasst, mitzensiert und die Sprechblasen der Mächtigen nachkaut wie es die Leidmedien den lieben langen Tag tun beziehungsweise wie es Neuberpolis nacheifert. „Guter Journalismus“ ist die Entscheidung, nachzuhaken, sich nicht vereinnahmen und / oder abspe(i)sen zu lassen, selbst zu recherchieren, kritisch zu bleiben gegenüber dem Kanzelsprech und regierungsamtlichen Verlautbarungen, hinter die Masken und Fassaden zu schauen und in den Sumpf und die Kloake hinabzusteigen, um die Leichen, die man aus den Kellern dorthin geschafft hat, wieder auf die Rostra zu schleppen, damit sie jeder sieht und riecht. „Guter Journalismus“ ist somit (auch) ein Akt des Widerstands gegen die Verhältnisse – und natürlich „subjektiv“ und „ideologisch“ geprägt. (Da man die Ideologie der Herrschenden ablehnt und ihr Tun hinterfragt.) „Guter Journalismus“ kann im Angesicht der Verhältnisse auch gar nicht „neutral“ und „objektiv“ bleiben – denn wie will man denn Barbareien wie die NATO-Kriege, Verarmung, Pandemieregime oder Massenüberwachung „neutral“ begleiten? Ist alles schlimm, aber im Dreißigjährigen Krieg war’s auch übel oder wat? Oder: Die Armut wächst, aber die in Kalkutta haben ja auch nicht so viel? Wer da „neutral“ wird, der schneidet weg, der setzt sofort die Selbstzensur wieder an, um „ausgewogen“ zu berichten. Nur wie kann man im Angesicht der absoluten Lebensverneinung und Barbarei „ausgewogen“ berichten? Das bedeutete ja beide Seiten auf die gleiche Ebene zu setzen! Und da hätte man dann seine „false balance“, die man immer zitiert, wenn ein Abweichler es wagt, den Mund zu einem Thema aufzureißen!

    „Guter Journalismus“ definiert sich für mich deswegen nicht über Zeug wie vorgebliche „Objektivität“ – sondern über Ehrlichkeit und Nachprüfbarkeit. Man bekennt sich ehrlich zu seiner Haltung und sagt wie, was und warum man schreibt. Und man gibt Quellen an, damit die Leser sich ihr eigenes Bild(nis) machen können. Mehr ist in diesem System nicht drin und auch das wird wohl bald weggenommen. Aber mit Ehrlichkeit und Nachprüfbarkeit wäre man schon mal Lichtjahre weiter als die Leidmedien und angeschlossenen Rundfunkhäuser der herrschenden Kaste und ihrer „Regierenden“.

    1. Schöner Rant, gut gebrüllt 🦁
      Die Quintessenz für mich ist doch: Demokratie ist out, es lebe die Macht der Machthaber (bei uns sind es noch zivile Marionetten, in den USA sind es die Oligarchen ganz unverhohlen selbst, die die Hebel bedienen – wohl von der eigenen Göttlichkeit überzeugt, wie bei Fundamentalisten üblich – könnte das uns auch blühen?)
      Deine Master -Arbeit würde ich gern mal lesen, da nicht veröffentlicht, ist da wohl kaum ranzukommen?

      Frohe Ostern auch Dir und der Fangemeinde!

    2. @ Noname, Heinz und Panicman

      Zum Stichwort:

      Deine Master -Arbeit würde ich gern mal lesen, da nicht veröffentlicht, ist da wohl kaum ranzukommen?

      Ja, da kommt sich nur schwer ran.

      Ich habe sie natürlich auf meiner Festplatte, doch ansonsten gammelt sie wohl bloß in irgendeinem Uni-Archiv herum. Wobei die Aufbewahrungsfrist nur zwei oder drei Jahre war und ich nach meinen Erfahrungen mit den Verlagen keinen Bock hatte, die auf Dauer zu stellen. Für was, wenn’s eh keiner druckt bzw. kaum einen juckt? Ich war ja schon froh, dass meine Gutachter das Ding halbwegs gelesen zu haben scheinen (bei Abschlussarbeiten nicht immer Usus). Wahrscheinlich werden die papiernen Originale also demnächst geschreddert…

      Ich habe mir aber schon länger vorgenommen, das Werk (oder Auszüge davon) mal in Artikel zu packen. Doch 120 Seiten Text + 30 Seiten Quellen sind ein bisschen aufwendig. Der durchschnittliche Overton-Artikel ist drei bis vier DIN-A4-Seiten lang…

      Hier habe ich letztes Jahr gleichwohl mal eine kleine Liste von einem Teil der (bürgerlichen) Literatur, die ich verwendet habe, zusammengetragen. Vielleicht ist für den ein oder anderen von Ihnen ein Osterei dabei… 😉

  8. Größere Runde ist ein ausgezeichnetes Format womit sich OT auch absetzen könnte von anderen.
    Gerne öfter.

    p.s. Verschritflichung wäre gut. Vielleicht taugen die automatischen Programm mittlerweile.

  9. Coronaursprung:

    Sorry, aber bewiesen ist hier noch nichts.
    Es wird ein Geheimdienstbericht zitiert, der Vermutungen anstellt.
    Das ist wissenschaftlich doch kein Beweis.
    Ich verstehe nicht, warum neuerdings die Geheimdienste als Quell der Wahrheit betrachtet werden.
    Das waren sie nie. Im Gegenteil, ihr Job ist es, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen.
    Und anzunehmen, dass interne Berichte die 100%ige Wahrheit verkörpern ist einfach Unsinn.

    Sehr oft – siehe Ukraine z.B. – haben diese Dienste keinen blassen Schimmer.
    Darauf hat übrigens auch schon Julian Assange bei CableGate hingewiesen.
    Und allg. gilt, Dienste agieren intern immer auch als Stabilisatoren und Bestätigungsräume.
    Das ist das völlige Gegenteil von naturwissenschaftlichen Methoden.
    Also so lange hier nicht „Patient Zero“ identifiziert wurde ist dies eine Hypothese. Punktum.

    p.s. „Russiagate“ ist ein anderes Bsp. Große Teile der CIA und des FBI haben einem russ. Phantom nachgejagt, weil sie auf ein kompliziertes Betrugsmanöver hereingefallen sind ( – halb sanken, halb wurden sie gezogen -) das neben Clinton/Obama von den Chefs CIA/Brennan, FBI/Comey heimlich mitinszeniert wurde. Das war also etwas das sogar in ihren eigenen „Häusern“ abgezogen wurde. Und trotzdem sind sie dem auf den Leim gegangen.

    1. Der molekularbiologische Aufbau der Plasmid-DNA, von der die mRNA abgelesen wird ist eindeutig. Die Furinspaltstelle und die Positionen von Schnittstellen für Restriktionsendaonukleasen können in der Natur mit einer Warscheinlichkeit von 0% entstanden sein.
      Den Geheimdienst braucht niemand!

      1. Der künstliche Ursprung ist am Ende des Tages unwichtig, wenn die Taeter nicht eindeutig identifiziert werden.
        Umgekehrt kann mit dem Drohbegriff “ Biowaffe“ jede noch so kriminelle “ Massnahme“ bis hin zu Todesspritzen gerechtfertigt werden

  10. Die Zensur bei TP kommt von der Grünen.

    Bin ja da auch nach mehreren Sperrungen rausgeflogen…

    Die Zensur bei Telepolis heißt „Content-Management“, wird ausgeführt von INTERRED – und steht ganz unten auf den Web-Seiten.

    Und wenn man mal bei Interred die Biografien durchblättert – kommen die meisten von der olivGrünen Heinrich Böll-Stiftung…

    Einmal wurde ich gesperrt, weil ich einen Link auf die EU-Kommission gepostet hatte, wo erwähnt wurde, daß dem ÖL für Europa ein Drittel von Putins schwarzem Gold beigemischt werden darf.

    Das war zu Zeiten, als Alena B. im Krieg mit Putin – und russisches Öl für vdL ein No-go war….

    Die Begründung der Grünen Interred-Zensoren:

    ich hätte mit dem „externen“ Link gegen Urheberrecht verstoßen…

    Liebe Telepolis-Zensoren:
    EIN GESETZ IST ERST NACH SEINER VERÖFFENTLICHUNG GÜLTIG!

    Das ist keine Zensur – das ist schon kriminell…

    Ist ja keine Meinung, sondern nachprüfbarer Fakt – also Grüne Geschichtsfälschung….

    Habe daraufhin mein Heise-Abo nach 20 Jahren gekündigt – und Wagenknecht gewählt.

    Wegen dieser Gleichschaltung habe ich heute was gegen ZEN-Faschisten…

  11. Niedriger hängen.
    Die Artikel sollen nach der Überarbeitung ja wieder erscheinen.
    https://www.telepolis.de/features/Telepolis-Chef-Neuber-Zwischen-allen-Stuehlen-und-das-ist-gut-so-10287840.html
    Und wenn ein Peter Nowak ernsthaft als Kronzeuge gegen Harald Neuber gehandelt wird, ist das schon amüsant:
    Der Typ (Schreiber u.a. für Jungle World) lobt in seinen Ergüssen immer wieder den antideutschen – im Kern jedoch rechtsradikalen – Wolfgang Pohrt, der im Golfkrieg 1991 schon mal Atombomben auf Bagdad abwerfen wollte und der Friedensbewegung Antisemitismus unterstellte.

  12. Die Eitelkeiten des Herrn Neuber sind bemerkenswert. Nachdem die junge Welt kritisch über die „Depublikation“ bei Telepolis berichtet hat, ließ es sich der ex-JW-Autor Neuber nicht nehmen, kürzlich mit einem Bericht über die Entlassung des Ex-JW Chefredakteurs Huth im letzten Jahr zurückzutreten.
    Gemäß der neuen journalistischen „Qualitäts-„Standards bei Telepolis hat den Artikel der befangene Neuber natürlich höchstpersönlich geschrieben. „Qualitätsjournalismus“ as its best!

  13. Da meines Wissens weder Telepolis noch Overton in den Berichten des Bundesamtes für Verfassungsschutz erwähnt werden, sind sie eigentlich nur leicht unterschiedliche Suppen aus der gleichen Gulaschkanone.

    1. Gut geschrieben und wer es noch nicht vergessen hat, die fragwürdigen Lösch- und Sperraktionen gegen Forenschreiber, gingen schon unter der Regie von Herrn Rötzer los. Ich hatte mich für die Foren 2012 registriert und meine erste Beitragslöschung erfolgte mitte 2019. Dann ging es relativ schnell und 2022 war ich komplett gesperrt.
      Letztlich war es ab 2019 egal wo und was ich da schrieb, es wurde alles sperr und löschwürdig ausgelegt.
      Letztlich ist Overton nur alter Wein in neuen Schläuchen….

  14. Liebe Autoren, was ist das für eine fragwürdige Anforderung, die Verantwortung für die Archivierung von Manuskripten und Artikeln in die Hand der Verlage zu geben?! Man benötigt kein digitales Dokumenten-Management System, um durchaus jahrealte Dokumente sicher zu verwahren, es reicht das gute alte Papier – dann muß man, wie im konkreten Fall tp, auch keine Artikel zurück fordern. Jeder Fotograf, jeder Komponist etc. weiß das aus eigener Erfahrung.

  15. Es geht Telepolis nicht um die Artikel.
    Das Forum war der eigentliche Ort der Diskussion. Waehrend Corona wurde es wie in autoritären Systemen subversiv und konservativ genutzt, um sich neben der brutalen staatlichen Mediengleichschaltung noch zu informieren.
    Die admin Zensur war oft überlastet und nicht schnell genug. Deshalb wurde Spaetestens mit der Militaeraktion ab Feb 22 im Dauerfeuer gelöscht und unzählige Militaristische Nazitrolle zur endgültigen Zerstörung des Diskussionsforums eingestellt.
    Das waere unter Roetzer Vielleicht öffentlich geworden und deshalb musste er als unsicherer Kandidat weg

  16. Aha, laut Aussage vom Herr Rötzer hat nach den Anschlägen von 9.11 also nicht nur im Forum ein Bruch zwischen den Verschwörungs Theoretikern und den Regierungsgläubigen sondern auch im Heise Verlag stattgefunden. Und auch die ARD zu kritisieren war im Heise Verlag intern wohl nicht so gern gesehen so wie es das Rötzer Lager immer mal wieder (zurecht!) getan hat.

    Diese Spaltung hat Telepolis letztendlich das Genick gebrochen.
    Hmm, sollte man vielleicht draus lernen.

    1. Keine Ahnung ob er hier die Wahrheit sagt, es klingt aber plausibel. Und in dem Video sieht er nach meiner „sorgfältigen“ Küchenpsychologischen Begutachtung so aus als würde er zumindest nicht lügen. Ob er einen Teil der Wahrheit zurückhält will ich jetzt nicht spekulieren.

      Aber ich bin schon mal heilfroh das ich mir wenigstens eine kleine Erklärung für die Scheiße die auf Telepolis im Forum gelaufen ist zusammenbasteln kann. Ich meine wie lange warten wir jetzt auf irgendeine Aussage? 20 Jahre? Spät aber zu guter Letzt wenigstens einen Anhaltspunkt. Darauf kann man doch aufbauen?

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