Spannungsfeld Arktis: Grönland und Faröer Inseln haben strategische Bedeutung 

Eisberg in der Nähe der Thule Air Base. Bild: Jeremy Harbeck/CC BY-2.0/Nasa

Auch die Arktis könnte sich zum Schauplatz einer Konfrontation zwischen Russland, China und westlichen Staaten entwickeln 

 

Grönland und die Färöer Inseln, beides halbautonome Länder unter der Krone Dänemarks, sind von strategischer Wichtigkeit. Seit Jahren versuchen die USA, China und Russland hier Einfluss zu nehmen. Durch diese Aufmerksamkeit aufgewertet, wachsen die Ambitionen der Regierungen in Nuuk und Thorshavn, mit den Großmächten selbst und ohne den Einfluss der Regierung in Kopenhagen zu verhandeln.

Formal bestimmt die dänische Regierung weiterhin die Außenpolitik und die Verteidigung Grönlands, für die Schafsinseln werden diese Bereiche konsultiert.  Die „Rigsfællesskab“ (Reichsgemeinschaft) scheint aber jetzt auseinanderzubrechen. Bislang stellt sich die Regierung in Dänemark nicht quer.

So wird Grönland auch in der NATO Mitsprache erhalten. Mit Lida Skifte Lennert soll erstmals eine grönländische Diplomatin nach Brüssel entsandt werden. Dies geschah mittels einer Vereinbarung zwischen beiden Regierungen.  Lennert, eine Juristin mit Auslandserfahrung, „wird der Nato mit ihrem Expertenwissen über die Bedingungen in der Arktis helfen“, so eine Pressemitteilung aus Grönland. Somit geht es auch um geostrategische Hilfe für die NATO, welche sich mit militärischen Einsätzen bislang nicht in der Arktis zeigt – worauf der Kreml wert legt. Russland ist mit atomgetriebenen Eisbrechern, Kriegsschiffen und U-Booten  in der Region stark präsent (Die auftauende Arktis wird zur neuen geopolitischen Konfliktzone).

Seit dem Ukrainekrieg tagt der Arktische Rat nicht mehr, bei dem ein Austausch auch über Grönland zwischen Russland, den USA, Kanada und den skandinavischen Staaten möglich wäre.

Dänemark hat bereits 2021 beschlossen, 1,5 Milliarden Kronen (rund 200 Millionen Euro) in die militärische Überwachung zu investieren.

„Dänemark hat im Gegensatz zu den USA, Russland, China und auch Großbritannien kein strategisches Interesse in der Arktis“, meint dennoch Karsten Hönge, Mitglied im Grönland-Ausschuss des dänischen Parlaments auf Anfrage.

Der Politiker der oppositionellen „Sozialistischen Volkspartei“ sieht ein Abnehmen des Einflusses Dänemarks und ein Zunehmen des amerikanischen Wirkens auf Grönland.  „Nichts über uns ohne uns“, so der Leitspruch der grönländischen Politiker derzeit.

Die fünf bis zehn Personen in Grönland, welche sich beruflich mit der Außenpolitik befassen, sollten sich jedoch nicht den Illusionen hingeben, ihre Interessen gegenüber den Profis in den USA durchsetzen zu können, so Hönge.

Grönland im Visier der USA

Den Anspruch der USA auf mehr Einfluss in der Region machte 2019 der damalige US-Präsident Donald Trump geltend, indem er Grönland kaufen wollte.

Konkret nehmen militärische Manöver zu. Ende Januar übten die der USA und Kanada im Norden Grönlands, Kanadas und Alaska erstmals mit den neuen F-35 Kampfjets die Abwehr einer Invasion bei arktischen Bedingungen. Dies geschah im Rahmen von NORAD, einem Verteidigungsbündnis der Luftstreitkräfte der USA und Kanada.

Von Bedeutung ist für die USA die US-Basis „Thule“, errichtet in Zeiten des Kalten Kriegs und die einzige Basis der USA mit einem Tiefseehafen.  Um die Basis im Nordwesten Grönlands  trotz des Klimawandels funktionsfähig zu halten, wollen die USA umgerechnet 3,6 Milliarden Euro investieren, da der Grund mittlerweile gelegentlich auftaut und so Risse in den Gebäuden sowie auf den Start- und Landebahnen entstehen. Zudem sollen letztere erweitert werden, damit die USA mit Langstreckenbombern operieren kann.

Den Mammutauftrag streicht das grönländische Unternehmen „Inuksuk“ ein, was den Einfluss der USA verstärkt, die seit 2021 mit einem Konsulat in der Hauptstadt Nuuk vertreten sind. Dabei geht es den Amerikanern auch um die Sicherung von Bodenschätzen, die durch die wärmeren Winter leichter abzubauen sind.

Washington hätte zudem die Mittel, die umgerechnet  500 Millionen Euro zu kompensieren, die Nuuk jährlich aus Kopenhagen erhält, sollte sich Grönland endgültig von Dänemark lösen, mit dem Mutterland werden auch unangenehme Erinnerungen aus der Kolonialzeit verbunden.

Der sozialdemokratische Premierministers Mute Bourup Egede in Nuuk hat, wie Vertreter anderer Parteien auch, die Unabhängigkeit seines Landes zum Ziel erklärt.   Dabei scheinen viele Grönländer zu glauben, auch mit China Deals abschließen zu können, selbst mit Russland, wenn der Ukraine-Krieg zu Ende ist.

Tórshavn, Hauptstadt der Faröer Inseln. Bild: Erik Christensen/CC  BY-SA-3.0

Faröer-Inseln im Konflikt mit Google

Auch die weiter südlich gelegenen Färöer Inseln erscheinen den USA von strategischer Bedeutung, um den Nordatlantik gegen das Herannahen von russischen U-Booten zu schützen, die sogenannte „GUIK“-Lücke, die sich zwischen Schottland und Grönland auftut und im Kalten Krieg von Bedeutung war.

Die US-Marine steuerte darum die Häfen des Insel-Landes im vergangenen Jahr mehrfach an. Anfang Februar hat die Regierung Torshavn im Nordatlantik angekündigt, im Jahr 2024 eine diplomatische Vertretung in den USA zu eröffnen.

Das gestiegene Selbstbewusstsein der Skandinavier zeigt sich auch in der Auseinandersetzung mit dem Technologie-Giganten Google, der es erneut abgelehnt hat, Internetanzeigen in färöischer Sprache zu akzeptieren. Zudem will der Konzern die seltene skandinavische Sprache, die vor allem von den 55.000 Insulanern gesprochen wird, nicht in das Übersetzungsprogramm Google Translate aufnehmen.

„Wir werden nicht aufgeben“, so Wirtschafts- und Außenminister Högni Hoydal, der ankündigte, die Bemühungen verdoppeln zu wollen, um Google zum Einlenken zu bringen.

Im Regierungssitz in Torshavn ist man seit Jahren um diese Anerkennung bemüht, nach Angaben des Ministers würden letztens täglich Gespräche mit „relevanten Partnern“ geführt. Eine färöische Delegation hatte bei einer Reise nach Washington Anstrengungen unternommen, um dort die Behörden zu bitten, Einfluss bei Google zu nehmen.

Der Konkurrent Microsoft hat bereits im Juni für seine Suchmaschine „Bing“ das Färöische eingebaut.  Die 200.000 Wörter dieser Sprache wurden im Vorfeld von Übersetzern in mehrere Sprachen übertragen – ursprünglich für „Google Translate“. „Bing“ besitzt jedoch nur zehn Prozent Marktanteil bei Suchmaschinen, „Google“ jedoch achtzig Prozent.   Diese mangelnde Anerkennung des Marktführers würde das Wettbewerbsverhältnis verzerren, moniert Niels Uni Dam, zuständig für das Insel-Marketing im öffentlich-rechtlichen Sender „KVF“.

Zwar macht der Fischfang noch über 90 Prozent des Exports aus des Landes aus, jedoch will die Regierung in Torshavn die Abhängigkeit von diesem Wirtschaftszweig lösen und auf mehr Diversifikation setzen und unterstützt darum Branchen wie Biotechnologie, IT und Telekommunikation.

Wie bedeutend die Region ist, zeigte auch vor drei Jahren der diplomatische Druck der USA auf die Regierung in Torshavn, die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Konzern Huawei zu unterbinden und das Kommunikationssystem 5G von einem anderen Konzern zu übernehmen.

 

Zurück zu Dänemark. Das Land gilt als einer der engsten Partner der USA, wobei die Sozialdemokraten noch proatlantischer agieren als die bürgerlichen „Venstre“.  Durch die arktischen Gebiete hat die Regierung in Kopenhagen bei den USA weiterhin einen gewissen Stellenwert, ohne sie wäre Dänemark „einfach ein kleines Land“, wie es Hönge ausdrückt.

Derzeit stehen in Dänemark Verhandlungen über Militärausgaben an. Die Regierungschefin Mette Frederiksen will angesichts des Ukrainekriegs drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung aufwänden, ein christlicher Feiertag wurde bereits geopfert, was Proteste auslöste. Hinter dem hohen Aufwand steckt wohl auch der Wunsch, von den USA weiterhin ernst genommen zu werden, wenn Dänemarks Einfluss in Grönland und auf den Färöer Inseln geschwunden ist.

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7 Kommentare

  1. Zumindest erkenne ich, das jedes Land ein geostrategischen Vorteil hat.
    Dann hoffe ich das Grönland und die Faröerinseln eine Unabhängigkeit erreichen, damit sie ihre Kultur und Ressourcen für sich nutzen dürfen.
    Am besten bleibt neutral und bindet euch nicht an Allianzen.

  2. Finger weg von den Färöer-Inseln, sonst werde ich richtig sauer. Das schöne Inselreich soll nicht auch noch in den Weltenirrsinn hineingezogen werden.

    1. Also in Sachen Irrsinn haben gerade die Färöer nun ganz besonders negativen Ruhm erlangt:
      https://www.prowildlife.de/aktuelles/meldung/delfinjagd-auf-den-faeroeer-inseln/
      https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/tiere/faeroeer-inseln-jaeger-toeten-mehr-als-1400-delfine-an-einem-tag-17537761.html
      https://de.whales.org/2022/07/27/delfinjagd-auf-den-faeroeern/
      Sorry, aber dafür fehlt mir _jegliches_ Verständnis.

      Da wünscht man sich tatsächlich, die Natür würde sich mit so etwas wie einen intelligenten Schwarm aus den Tiefen des Meers endlich einmal wehren.

      1. Da habe ich ganz viel Verständnis. Indigene haben ihre kulturellen Eigenheiten, darauf wird gerne hingewiesen…und das ist auch gut so.

  3. Über alles mögliche wird gesprochen, nur nicht darüber, wie das „Reich des Bösen“ jeden Quadratmeter dieser Welt unter seine Kontrolle bringen will. Das wäre ein ganzes Buch für sich.

  4. Mette Frederikson will durch ausgedehnte Ar$$€-Kriecherei von den USA ernstgenommen werden. Das zeugt von „ausgeprägtem Selbstbewusstsein“ eines austauschbaren US-Pudels. Offenbar merkt von den westlichen Werte-Elitessen keiner, das sie für die USA höchstens zahlen dürfen und bei Nicht-Folgsamkeit in den Müll geworfen werden. Genau dort gehören sie meiner Meinung auch hin.

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