Sollte es auch in Deutschland ein Kriegsministerium geben?

Bild: Weißes Haus

 

US-Präsident Donald Trump ist unkonventionell und überlegt nicht lange. Er lässt Dekrete prasseln, die am Kongress vorbeigehen. Wohl aus einer Laune heraus, aber mit einem richtigen Riecher hat er am Freitag angeordnet, das seit 1947 benannte Verteidigungsministerium wieder zum Kriegsministerium zu machen. Eigentlich müsste der Kongress die Umbenennung billigen, um sie offiziell zu machen. Aber das kümmert Trump nicht, der schnell neue Fakten schaffen will.

Der neue Kriegsminister Hegseth handelte denn auch prompt und machte aus DOD das neue DOW und aus defense.gov wurde bereits war.gov. Allerdings wird es eine Weile dauern und vielleicht Milliarden kosten, alle 700.000 Militäreinrichtungen in den USA und in aller Welt bis ins Detail umzubenennen und das Wort Verteidigung auszumerzen.

Ende August kam Trump darauf zu sprechen, dass sich Verteidigungsministerium nicht gut anhöre: „Es wurde früher Kriegsministerium genannt. Es hatte einen stärkeren Klang, und wie Sie wissen, haben wir den Ersten Weltkrieg gewonnen, wir haben den Zweiten Weltkrieg gewonnen, wir haben alles gewonnen. Jetzt haben wir ein Verteidigungsministerium; wir sind Verteidiger. Ich weiß nicht.“ Seitdem, so sagte er bei der Unterzeichnung des Dekrets, habe man Kriege nicht mehr geführt, um zu gewinnen, weswegen sie sich oft dahingeschleppt hätten.

Das soll nun anders werden und wurde schon durch ein Dekret zu Beginn seiner Präsidentschaft eingeleitet. Das Hauptprinzip der Streitkräfte wurde als Tödlichkeit (Letalität) und Kampfbereitschaft definiert, während alles Woke, also Diversität, Gleichberechtigung und Inklusivität (DEI), der letztlich mörderischen Leistung des Kriegers weichen muss.

Für Trump ist also der Begriff Verteidigung zu schwach und zu wenig bullig, zumal er auch nicht der Wirklichkeit der amerikanischen Außenpolitik entspricht. Der US-Präsident hat nichts gegen einen falschen Schein, den ein Verteidigungsministerium immer erweckt, wenn es Krieg führt oder sich für einen Krieg rüstet. Aber Amerika soll ja wieder groß werden, weswegen auch sein Militär mitsamt seinem Präsidenten als dem obersten Kriegsherren groß sein muss. Wenn man verteidigt, schlägt man nur zurück oder tut wenigstens so, während ein Kriegsministerium  deutlich machen soll, dass es da eine Macht gibt, die ihre Interessen auch militärisch durchsetzen will und kann.

Bild: DOW

Im Dekret heißt es unverblümt: „Der Name ‚Kriegsministerium‘ sichert mehr als der derzeitige Name ‚Verteidigungsministerium‘ den Frieden durch Stärke, da er unsere Fähigkeit und Bereitschaft demonstriert, im Namen unserer Nation jederzeit Kriege zu führen und zu gewinnen, nicht nur zu verteidigen.  Dieser Name schärft den Fokus des Ministeriums auf unser eigenes nationales Interesse und den Fokus unserer Gegner auf unsere Bereitschaft und Verfügbarkeit, Krieg zu führen, um zu sichern, was uns gehört.“

 

Der neue Kriegsminister Hegseth glaubt aber nicht nur an die Kraft der Waffen, sondern auch an de Magie der Worte, wenn er sagt: „Nach dem Zweiten Weltkrieg änderten wir den Namen vom Kriegsministerium zum Verteidigungsministerium, und seitdem haben wir keinen großen Krieg mehr gewonnen. Und das ist nicht dazu da, um unsere Kriegskämpfer zu verunglimpfen … Es geht darum, zu erkennen, dass es bei dieser Namensänderung nicht nur um eine Umbenennung geht, sondern um eine Wiederherstellung; Worte sind wichtig.“ Man wird also eher Kriege als Kriegsminister gewinnen und sich nicht mehr in endlosen Konflikten verstricken: „Maximale Tödlichkeit, nicht lauwarme Legalität; gewalttätige Wirkung, nicht politisch korrekt“, posaunt Hegseth, der sich als Kriegsminister inszenierte, indem er mit einem Gewehr schoss.

Trump wirft Truman vor, 1949 mit der Benennung auf Woke-Kurs gegangen zu sein. Truman hatte die getrennten Ministerien für die Armee und die Marine mit der neuen Luftwaffe unter einen Hut gebracht und das zunächst National Military Establishment genannt, um daraus schließlich das Verteidigungsministerium zu machen. Dabei spielte eine Rolle, dass nach dem Zweiten Weltkrieg die Vereinten Nationen, auch zunächst durch die USA gestärkt, mit der 1945 beschlossenen UN Charta militärische Gewalt nur als Verteidigung oder durch ein UN-Mandat als legitim gelten ließen. Kriegsministerien würden da schon mit ihrem Namen gegen die neue internationale Ordnung verstoßen, in der man natürlich pro forma immer angegriffen wurde, schließlich müssen die Staaten sich weltweit verteidigen, oder es wurde eine humanitäre Intervention wie 1999 beim Nato-Krieg gegen Serbien vorgegeben.

Trump, der den Iran bombardieren ließ, die israelischen Kriegsverbrechen unterstützt, eine Armada vor Venezuela schickte, das Militär gegen Drogen und Migranten einsetzt und Soldaten in Städte schickt, scheint gleichwohl der Überzeugung zu sein, den Friedensnobelpreis zu verdienen. Die Umbenennung des Verteidigungs- in das Kriegsministerium wird seinen Ambitionen nicht helfen, auch nicht, dass er, der von den Vereinten Nationen nichts hält, damit die UN-Charta ganz offen untergräbt. Gerade drohte er Chicago mit Krieg und Untergang. Dazu veröffentlichte er ein mit KI generiertes Bild, auf dem er mit Kavalleriemütze vor einem Feuerball und der Silhouette von Chicago zu sehen ist.

Aber man muss Trump, allerdings wohl gegen seine Intentionen, Recht geben, wenn er die Begriffe Verteidigungsministerium und Verteidigungsminister als wirklichkeitsverzerrend betrachtet.  Spätestens seit dem Nato-Krieg gegen Serbien, an dem die rot-grüne Regierung die Bundeswehr teilnehmen ließ, hat das 1955 gegründete deutsche Verteidigungsministerium seine Unschuld verloren. Später wurde Deutschland am Hindukusch verteidigt, auch wenn man Jahre benötigte, dort von einem Krieg zu sprechen. Zudem gab es zahlreiche Auslandseinsätze. Und in Anbetracht des Stellvertreterkriegs zwischen Nato/USA und Russland in der Ukraine, die von Deutschland massiv militärisch unterstützt wird, um Russland zurückzudrängen und das Land als antirussischen Riegel aufzurüsten, und der enormen Aufrüstung Deutschlands, wäre es angemessen und realitätsnäher, Trump zu folgen und das Verteidigungsministerium künftig als Kriegsministerium und Pistorius als Kriegsminister zu bezeichnen.

Das wäre auch ehrlich gegenüber denjenigen, die freiwillig zur Bundeswehr gehen und demnächst zwangseingezogen werden. Deutschland rüstet massiv auf, will die „Ostflanke“ der Nato schützen und eventuell Soldaten in die Ukraine entsenden. Die Deutschen sollen ebenso wie das Land kriegstüchtig werden, also sich militarisieren und auf Krieg und Kriegsführung einstellen. Bundeskanzler Merz will die Bundeswehr zur stärksten Militärmacht Europas ausbauen. Auch wenn natürlich immer betont wird, dass die Aufrüstung doch nur Russland abschrecken soll, muss von russischer Perspektive die Aufrüstung Deutschlands und der Nato ebenfalls als Bedrohung wahrgenommen werden. Nämliches gilt für China und andere Staaten. Da derzeit Diplomatie auf Regierungsseite nicht wahrgenommen wird, weil angeblich Putin nur die Sprache der Stärke, also des Militärs, verstehet, wie uns von Politikern und Experten versichert wird, wird auf militärische Konflikte zugesteuert.

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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21 Kommentare

  1. Legal illegal, scheißegal: https://www.nachdenkseiten.de/?p=138906

    Die Welt ist verrückt geworden, verrückt nach Blut und Tod, offiziell nur des jeweils anderen, eigene Opfer werden billigend unter Kollateralschäden abgehakt. Die Schuld wir immer dem anderen angelastet. Man provoziert bis eine Antwort unvermeidlich ist, dabei sind Lügen essentiell!

    1. @ Faber : Die Welt ist nicht (!) verrückt geworden. NEIN ! Verrückt geworden ist
      ist nur ein winzig kleiner Teil der Welt. Das obenauf schwimmende politisch-
      mediale parasitäre Fettauge.

    2. Um Dieter Hallervorden von der Demo heute zu zitieren:

      „Ihr seid für Blutvergießen? Dann laß das Eure fließen!“

      (ist aber auch von ihm nur zitiert worden…)

    1. Fragt sich nur, gegen wen sich die USA in den 251 Kriegen und militärischen Konflikten „verteidigt“ haben, die sie allein seit 1991 geführt haben.. 😉

    1. @ jemp1965 : Nein, die Welt ist NICHT verrückt geworden. Verrückt sind die, die
      sich an die Spitze geschlichen haben: im
      Militär, in der Politik, in den Medien, in der Industrie usw. Die Welt als ganzes
      hasst diese Verbrecher

    2. Das ist Kaputtalismus in Reinform: die völlig Irren sitzen am Steuer, und Trump macht’s gleich amtlich – aus dem Verteidigungsministerium wird ein Kriegsministerium. Früher hat man den Wahnsinn noch mit netten Worthülsen getarnt, heute wird er ganz offen gefeiert. Total kaputte Irre, die im Kaputtalismus als Normalität durchgehen.

  2. Ich habe schon oft gesagt, dass ich mehr Respekt vor „ehrlichen Ärschen“ habe als vor hinterfotzigen. Wenn man schon keinen Nicht-Arsch haben kann, dann wenigstens einen, der offen dazu steht. Und ja, trotz des ganzen Bullshit, den Trump regelmäßig von sich gibt, zählt er für mich zur Kategorie der „ehrlichen Ärsche“.

    Die Umbenennung liegt für mich ebenfalls auf dieser Linie: Es ist ein erfrischend ehrlicher Name, der die Aufgabe des US-Verteidigungsministeriums exakt umschreibt. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, wann die USA das letzte mal einen Verteidigungskrieg geführt hätten. Das sind schon seit Jahrzehnten nur Angriffskriege mit schlecht bis mäßig gelungenen Rechtfertigungen als vorgebliche „Vorwärtsverteidigung“.

    Für das deutsche Verteidigungsministerium hielte ich den Begriff allerdings für unpassend, da die ganzen militärischen Abenteuer bisher nicht wirklich auf unserem Mist gewachsen sind. Vielleicht wäre da „Heerfolgeministerium“ passender, um mal einen mittelalterlichen Begriff zu verwenden.

    Das könnte sich aber bald ändern, wenn man sich das derzeitige aufblühen zunehmender Eigeninitiative anschaut, den Kontinent in die Katastrophe zu stürzen.

  3. Ob nun die Welt an Verteidigung oder Krieg zugrunde geht, ist egal. Dem energiesparenden und humanen Normalbürger wird täglich ins Gesicht geschissen, und Eltern und solchen Leuten, die das werden wollen, auch.
    Ich wiederhole mich, die westliche angebliche Demokratie landet zurecht auf dem Scheiterhaufen der Geschichte. Die chinesische Autokratie ist auch nicht das Humanste, aber das kleinere Übel. Mögen die westlichen Kriegsherren incl. Trump, Merz, Netanjahu, vdL,… in ihrem Dilirium unschädlich für die restlichen 8 Milliarden Erdenbürger werden, je eher, desto besser.

    1. @Hermes335: Da bin ich ganz bei Ihnen, aber es läuft natürlich so: Die, die mit ihren fetten Ärschen da drin sitzen, wollen natürlich nicht selbst sterben, sondern sie wollen sterben lassen!

  4. I komme grade von der Kundgebung von Frau Wagenknecht.

    War eine schöne Kundgebung auch wenn die Polizei den Platz total eingeengt hat wodurch sich die Leute dann unter das Blätterdach des angrenzenden Tiergartens verteilen mussten. Nach Angaben der Veranstalter waren wohl so um die 20000 Leute vor Ort. Es wurden viele gute Reden gehalten und sogar Roger Waters hat ein Ständchen via Big Screen gebracht. Thematisch ging es eher um den Völkermord an den Palästinensern aber es fielen natürlich auch viele Kommentare zur Kriegstreiberei unserer Regierung und der grade zunehmenden Aufrüstung. Die Rede von Frau Wagenknecht war super und kann bestimmt irgerndwo im Netz angesehen werden genauso wie der Beitrag von Frau Krone Schmalz und von Herrn Hallervorden..

    Ansonsten war alles soweit friedlich und macht etwas Hoffnung das sich die Friedensbewegung hierzuland mal endlich aufrafft, mal schauen was am 3. Oktober so los ist..

    Unsere zwangsfinanzierten Staatsmedien scheinen das Thema mal wieder völlig tot zu schweigen und Berichten lieber über diesen rechten Laberfritzen der erschossen wurde (was natürlich nicht schön ist aber eigentlich auch nicht von Belang, zumindest für Deutschland..).

    Mfg Makrovir

  5. „Sollte es auch in Deutschland ein Kriegsministerium geben?“

    Braucht es nicht, haben wir schon, nur das Klingelschild vor der Tür ist noch falsch.

    Ich hab heute einen Vorschlag gehört auch das Finanzministerium in Schuldenministerium umzubenennen.

    Wäre auch ein Richtigstellung und könnte nicht schaden.

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