
Wohlstand durch „harte Arbeit und weniger Staat“: Besuch des Partei-Konvents der „Konföderation“, ein Bündnis aus libertären, rechtsextremen, nationalistischen und konservativen Parteien.
„Die Freiheit, das ist das wichtigste“, bekennt Jacek, ein Student im weißen Hemd und karierten Sommersakko. Der junge Pole ist auf dem Weg zu Partei-Konvent der „Konföderation“, einem Parteienbündnis, das als möglicher Königsmacher in den kommenden Parlamentswahlen im Herbst gilt. Und für Jacek bedeutet Freiheit weniger Steuern und das Fernbleiben ausländischer Interessen. So die verkürzte Aussage.
Zusammen mit dem Autor dieser Zeilen versucht er auf dem Baustellengewirr des Warschauer Westbahnhofs, die Route zur Expo-Halle zu finden, wo das Parteiprogramm der „Konföderierten“ vorgestellt wird. Das Smartphone versagt hier, das gemeinsame Herumsuchen verbindet.
Schließlich ist ein deutscher Beobachter kaum jemand, der von dieser Formation mit einigen strammen Nationalisten gern gesehen wird. Und Jacek ist zudem Anhänger von Krzystof Bosak, einem jener Vertreter, der aus der „Allgemeinpolnischen Jugend“ stammt, einer faschistischen Organisation, welche in Polen nach Vorbild des spanischen Faschismus bereits Anfang der 30er Jahre gegründet und nach der Wende 1989 reaktiviert wurde.
Vor der Halle sammeln sich primär Männer in allen Altersklassen, die Sicherheitsmaßnahmen sind streng und wirken professionell. In der klimatisierten Halle hängen mehrere Meter hoch die Konterfeis der neun Redner und einer Rednerin. Hinter der Bühne ein riesiger Großbild-Monitor. Vorbild Amerika.
Mit meinen Sitznachbarn unterhalte ich mich verknappt, eine mögliche emotionalisierte Debatte über meine Herkunft Deutschland will ich vermeiden. Links neben mir sitzt eine Frau um die 60. Sie hat in ihrer geräumigen Handtasche Flyer und Heftchen mit katholischen Texten und empfiehlt mir einen entsprechenden YouTube-Kanal. Die Halle füllt sich, mehrere Tausend haben Platz, es sind wie gesagt vornehmlich Männer. Auf Mittellaut läuft Hartes – Metallica, Black Sabbat, AC/DC, sogar die deutschen Scorpions.
Radikal liberal bis faschistisch
Die Stimmung ist aufgekratzt, man ist unter sich und das in großer Zahl. Die Konföderation, eine Ansammlung von Kleinparteien, hat ihren Fans angeraten, in eleganter Kleidung zu erscheinen.
Inhaltlich sind die Parteien radikal. Zum einen radikal-liberal – Slawomir Mentzen, der jugendlich wirkende Star der Formation, der nach dem eher nichtssagenden Bosak folgt, welcher die Konföderation als „reale Alternative zu dem „ganzen Bösen, dem Zynismus und der Verderbtheit“ angepriesen hat, befasst sich bei seinem Auftritt vor allem mit dem Erklären von Steuererleichterungen. Auf Tabellen erklärt der promovierte Betriebswirt die Vereinfachungen. Teils will er Konzepte aus dem digitalen Wunderland Estland übernehmen.
Der 36-Jährige spricht auch von einem Generationenwechsel, der notwendig sei, und ist der Magnet für junge Polinnen und Polen. Bis zu 14 Prozent gewinnt die Partei in der Vielfalt an Umfragen, die in Polen aktuell kursieren. Sie zog 2019 erstmal in das Parlament ein und erreichte etwas mehr als sechs Prozent der Stimmen.
„Ich verspreche euch nicht, dass wir euch etwas geben werden, ihr dürft aber ohne Einmischung des Staates Geld verdienen“, verspricht Mentzen. Die PiS hingegen locke mit Sozialpaketen, um die kommenden Wahlen zum dritten Mal für sich zu entscheiden.
Auch die Regierungspartei PiS feierte am Wochenende ihren Konvent, wobei Parteichef Jaroslaw Kaczynski ein „souveränes Polen in der EU“ versprach und wie gewohnt in Polen und Feinde Polens unterteilte. Zu ihnen gehört Donald Tusk. Der ehemalige Premierminister und aktuelle Chef der „Bürgerplattform“ (PO), warnte hingegen in Breslau (Wroclaw) vor einem „kleinem Russland“, welches Kaczynski kreieren wollte. Eine Anspielung auf die Demontage des Rechtsstaates, die seit 2015 zu Auseinandersetzungen mit Brüssel führt.
„PiS und PO – nur schlecht“, skandierten die Konföderierten-Anhänger in der Expo-Halle in Warschau.
Es werde keine Koalition mit den beiden großen Parteien geben, so die dortigen Redner, wie auch Mentzen. Man werde sich nicht mit ihnen an einen Tisch setzen, sondern den Tisch umkippen. Ein Gewaltakt, der von Jesus im Tempel höchstpersönlich umgesetzt und somit legitimiert wurde. Nicht zu vergessen, in Polen sind deutlich über 90 Prozent der Bewohner katholisch.

Auf das Versprechen „So wollen wir leben“ müssen die Anhänger jedoch mindestens vier Jahre warten. Das Ziel, Wohlstand durch „harte Arbeit und weniger Staat“ wird auf dem Groß-Monitor im Piktogrammstil gezeigt: eine Familie, ein Haus, zwei Autos, ein Grill und eine Urlaubsreise. Dieser Standard gebühre allen, die „hart arbeiten“, eine Wendung, welche immer wieder genutzt wird.
Es gibt auch eine andere radikale Seite des Bündnisses; „Deutsche und Juden haben uns nichts zu belehren, was unsere Geschichte betrifft“, sagt Grzegorz Braun, ein ehemaliger Filmemacher. Was tosenden Applaus erzeugt, auch meine Sitznachbarin, die sich als Anhängerin von Braun outet, springt vom Sitz.
Vor kurzem hatte der 56-Jährige im Deutschen Historischen Institut in Warschau dem polnisch-kanadischen Historiker Jan Grabowski auf der Bühne das Mikrophon zerstört. Grabowski befasst sich mit dem polnischen Antisemitismus während der deutschen Besatzung.
Gegen die “Ukrainisierung Polens”
Auch das Versprechen, die „Ukrainisierung Polens“ aufzuhalten, wird frenetisch gefeiert. Meine Nachbarin hat auch kleine Plakate verteilt, die an den Massenmord ukrainischer Partisanen an polnischen Dorfbewohnern während des Zweiten Weltkriegs erinnert. Der Jahrestag des „Massakers von Wolhynien“ jährt sich am 11. Juli und wird die Glaubwürdigkeit der polnischen Regierung herausfordern, die sich stark für die Führung in Kiew in die Bresche schlägt.
Einige der Parteimitglieder behaupten, dass Polen gegenüber Ukrainern benachteiligt werden, ungefähr 1,5 Millionen Kriegsflüchtlinge halten sich in Polen auf.
„Die Unterstützung für die Ukraine hat in der polnischen Bevölkerung leicht nachgelassen”, so Miroslaw Skorka, Vorsitzender des Bundes der Ukrainer in Polen, mit dem ich zuvor gesprochen habe. Das sei über einem Jahr seit der russischen Invasion normal. In der Konföderation sieht er einige Abgeordnete, die dem „russischen Narrativ folgen“.
Kein Wort über Russland auf dem Konvent, nur ein Hinweis, dass die PiS an der Inflation Schuld habe, nicht etwa der Krieg in der Ukraine.
Zum Schluss Janusz Korwin Mikke, Grandseigneur der Provokation. Relativ zahm diesmal, versprach der der 81-Jährige, dass PO und PiS koalieren werden, wie die SPD und CDU, dann könnte die Konföderation in der Opposition Punkte sammeln. Ausgerechnet Gesundheitswesen und die Bildung sollen mit einem radikalliberalen Programm besser werden, denn dort herrsche noch der Kommunismus.
Zum Schluss regnet es flimmernde Konfettis. „Woher kommen Sie eigentlich?“, fragt mich meine Nachbarin schließlich, als ich mich von ihr verabschieden will. „Aus Deutschland? Ach! Und ich komme aus Rybnik“, meint sie darauf lächelnd und drückt mich freundschaftlich am Oberarm.
Zum Abklang ertönt „Highway to Hell“ von AC/DC.
Beim Nachhauseweg höre ich einigen Gesprächen zu. Es geht um Steuern und Finanzen. Die Jungen, die die Linken wählen und meinen, nur 30 Stunden zu arbeiten, die werden verarmen, meinen drei Mittdreißiger im Anzug. Sie wirken selbstbewusst.
Der PO und vor allem der PiS werden die Konföderierten wohl viele Stimmen weg nehmen. Es gibt ein neues Freiheits-Versprechen in der Politik, das kommt an in Polen.
Hadmut Danisch würde sagen: “Faschismus ist das was übrig bleibt, wenn Linke da waren”.
Oder in Abwandlung von Jean Jaures: der Kapitalismus trägt den Faschismus in sich wie die Wolke den Regen.
@Tuka Ram
Stimmt, ist auch mir schon negativ aufgefallen was manche, zum Glück nicht alle, ehemals sozialistischen Länder – einschließlich Russland -.betrifft. Gilt übrigens auch für die individuelle Ebene von Menschen, die einst sozialistisch, oder sogar kommunistisch bzw. anarchistisch sozialisiert wurden, und, nach.dem vermeintlichen.Ende der Geschichte nach Francis Fukuyama, ins rechtslastige bzw. faschistische Lager gewechselt sind – ein Phänomen das einmal psychologen.beschaeftigen sollte, insofern das nicht bereits schon geschehen sein sollte.🤔😉
Damisch ist ein Vollidiot und war es schon immer. Im alten de-Usenet galt er als Gruppenkasper. Heute nehmen ihn Leute ernst, obwohl er gegenüber den achzigern und frühen neunzigern eher noch mehr verblödet ist. So bezeichnet er Woke als “marxistisch-leninistisch”, um nur ein Beispiel zu nennen.
Ich kam über das Fidonet ins Usenet. Anfang der 90iger. Noch mit uucp, Waffle und Co. An Hadmut Danisch kann ich mich nicht erinnern. In welchen Gruppen war er denn so aktiv?
Unter anderem de.soc.politik, de.soc.philosophie, de.soc.gruppenkasper (da wurde er häufig reingeroutet und fiel drauf rein 🙂 ).
Ist schade, “Google Groups” hat das Usenet zerstört, wie der König Midas, dem alles, was er anfasste zu Gold wurde (was ihn killte), wird alles was Google anfasst, zu Scheisse. Leider wird Google dadurch nicht gekillt.
Och ja, der Fleiß wieder. Der ist wie immer das Argument, um Steersenkungen zu verlangen. Old cows in the barn.
Diese Hochmotivierten können mir mal helfen, wenn ich meinen Komposthaufen umschaufle. Die sind nach einer halben Stunde müde. Man kennt diese Sorte Mensch.
Was auffällt: die heute obligatorischen Tiraden gegen Russland fehlen hier. Was sie damit schon als “prorussisch” ausweist. Da könnte was dran sein.
Vielleicht haben sie auch begriffen, dass sie zusätzlich zu ihrem Fleiß noch billige Roh-und Energiestoffe brauchen. Wäre ja schon ein halbes Weltwunder.
Kriegen sie werden sie derlei aber nicht, da ist der große, weise Vater in Washington vor.
Auch so eine Partei mit viel Stimmungsmache und kaum nachvollziehbarem Programm. Sie wird Polen, ebenso wie die anderen, weiter schädigen! Und für die PiS, wenn es nötig ist, den Königsmacher spielen.
Sieht man sich die Parteien-Demokratien in der EU an, so geben sie keinen Grund zur Freude.
“harte arbeit”…wenn ich das schon lese. das fordern immer diejnigen, die das gegenteil von harter arbeit leisten dürfen, weichsesselarbeiter. und am ende sogar noch doppelt soviel rente haben..
harte arbeit my ass
die forderung aller durchgeknallten und verheuchelten faschos
Wer die wohl aus dem Ausland finanziert, und berät 🤔 Scheint sich um eine polnische Mischung aus AfD und FDP – beides neoliberal-marktradikale Parteien, weswegen ich persönlich beide für .de ablehne, aber das ist ein innerdeutsches, und kein polnisches, Thema -zu handeln?
Na ja Polen hat ja auch.in den USA viele Einwanderer – kann also auch eine US-Partei bzw. US-Beratung hinter dieser “neuen” polnischen Partei stecken, zumal Polen ja schon die treueste Nähe unter.den europäischen Us-Vasallenstaaten zum alten, neuen,Großen Bruder in Washington D.C. haben soll.
Gruß Bernie
Die “Konfederacja” ist ohne Zweifel ein Sammelbecken polnischer Nationalisten. Sie gleich in die Nähe des Faschismus zu rücken, ist dennoch abwegig. Die Partei ist ziemlich lebendig und diskussionsfreudig und wenn man in der polnischen Parteienlandschaft ein Führerprinzip ausmachen will, dann eher in der PiS mit Kaczynski oder der PO mir Tusk.
Den Anti-Etatismus der Konfederacja, der sie in den Augen vieler einfacher Menschen sympathisch macht, muss man im Zusammenhang mit historischen Erfahrungen der Polen sehen. Noch aus der Teilungszeit stammt die allgemeine Skepsis gegenüber der Obrigkeit. Die Volksrepublik galt als von aussen gesteuerter Unterdrückungs- und Gängelstaat. Und in der Nach-Wende-Zeit hat man staatliche Stellen nicht zuletzt als Steigbügelhalter des polnischen Oligarchentums wahrgenommen.
Die anti-etatistische Orientierung vieler Polen machten und machen sich im übrigen auch immer wieder andere Gruppen und Parteien zu Nutze. Man denke nur an die im Westen gefeierte sog. Freiheits-Union Balcerowiczs und Geremeks.
Der Anti-Etatismus ist folglich kein Alleinstellungsmerkmal der Konfederacja. Ihren aktuellen Aufschwung verdankt die Partei deshalb vor allem ihrer differenzierten Sicht der Ereignisse in der Ukraine. Während Nationalkonservative, Liberalkonservative und LInksliberale die Solidarität mit der Kiewer Regierung auf allen Ebene einfordern und Leitmedien wie die Gazeta Wyborcza in der Konfrontation mit Russland ein nicht mehr zu übertreffendes Propaganda-Niveau erreicht haben, verkündet die Konfederacja trotzig: “Wir helfen humanitär, aber dies ist nicht unser Krieg”. Die Konfederacja war so auch die einzige Partei, die bei der Sejm-Entscheidung über die Unterstüztung einer Nato-Mitgliedschaft der Ukraine am 16.6. mit “Nein” gestimmt hat. Und die Konfederacja könnte in Zukunft die einzige politische Gruppierung sein, die den offenen Eintritt polnischer Militärverbände in den Krieg, verhindern kann.
Ein grosser Teil polnischer Landwirtschaftsprodukte ging einmal nach Russland.
Dank der Sanktionen dürfen die Landwirte jetzt mit der EU subventionierten Ukraine Agrarprodukte konkurrieren.
Auch die toten Soldaten werden von den Angehörigen nicht in Vergessenheit geraten.
Die PR für irgendeinen Müll, versucht eben die Hirne weiterhin aufzufressen, Dank an die Ideologie, sie ist der beste Träger….
Und ja, ich vergaß, Gott ist mit euch, eben der teuflische Gott…