
Warum die Amerikaner ihre Meinung zu politischen Themen immer seltener öffentlich äußern.
Seit Jahrzehnten nimmt das Vertrauen der Amerikaner untereinander ab, wie die jüngste Allgemeine Sozialerhebung zeigt.
Ein wichtiger Faktor für diesen Rückgang ist die gleichzeitig zunehmende Polarisierung zwischen den beiden großen politischen Parteien. Anhänger von Republikanern und Demokraten betrachten die gegnerische Seite weitaus häufiger als in der Vergangenheit mit Misstrauen.
Diese politische Polarisierung ist so stark, dass viele Amerikaner nach einer aktuellen Studie kaum noch mit Menschen aus den gegnerischen Lagern freundschaftliche soziale Kontakte pflegen, in deren Nähe wohnen oder sich mit diesen treffen.
Sozialwissenschaftler bezeichnen diese Art von Feindseligkeit häufig als „affektive Polarisierung“, was bedeutet, dass Menschen nicht nur in vielen oder den meisten politischen Fragen gegensätzliche Ansichten vertreten, sondern auch Mitbürger verachten, die eine andere Meinung vertreten. In den letzten Jahrzehnten ist eine solche affektive Polarisierung in den USA alltäglich geworden.
Die Polarisierung untergräbt die Demokratie, indem sie die wesentlichen Prozesse der demokratischen Beratung – Diskussion, Verhandlung, Kompromiss und Verhandlung über öffentliche Politik – schwierig, wenn nicht gar unmöglich macht. Weil die Polarisierung so weitreichend und tiefgreifend ist, sind manche Menschen nicht mehr bereit, ihre Meinung zu äußern, bevor sie sich nicht vergewissert haben, dass sie mit jemandem sprechen, der ihrer Meinung ist.
Ich bin Politikwissenschaftler und habe festgestellt, dass die Amerikaner viel weniger bereit sind, ihre Meinung öffentlich zu äußern, als dies noch zu Zeiten der McCarthy-Ära der Fall war.
Das Verstummen der amerikanischen Stimme
Einem Buch der Politikwissenschaftler Taylor Carlson und Jaime E. Settle aus dem Jahr 2022 zufolge beruht die Angst, sich zu äußern, auf der Angst vor sozialen Sanktionen für die Äußerung unliebsamer Ansichten.
Und dieses Zurückhalten von Meinungen erstreckt sich auf ein breites Spektrum sozialer Umstände. Im Jahr 2022 habe ich beispielsweise eine repräsentative Umfrage unter etwa 1500 Einwohnern der USA durchgeführt. Dabei stellte ich fest, dass zwar 45 % der Befragten Bedenken hatten, ihre Meinung gegenüber Mitgliedern ihrer unmittelbaren Familie zu äußern, dieser Prozentsatz aber auf 62 % anstieg, wenn es darum ging, sich öffentlich in der eigenen Gemeinschaft zu äußern. Fast die Hälfte der Befragten gab an, dass sie sich weniger frei fühlen, ihre Meinung zu sagen, als sie es früher taten.
Im Vergleich mit der Zahl derer, die dies während der McCarthy-Ära sagten, gaben drei- bis viermal so viele Amerikaner an, dass sie sich nicht frei fühlen, ihre Meinung zu äußern.
Zensur in den USA und weltweit
Seit dieser Umfrage haben die Angriffe auf die Meinungsfreiheit deutlich zugenommen, insbesondere unter der Trump-Regierung.
Themen wie der israelische Krieg in Gaza, Kampagnen von Aktivisten gegen „Wokeism“ und die immer häufigeren Versuche, Menschen für die Äußerung bestimmter Ideen zu bestrafen, erschwerten den Menschen, sich zu äußern.
Das Ausmaß der Selbstzensur in den USA in jüngster Zeit ist weder beispiellos noch einzigartig für die USA. Untersuchungen in Deutschland, Schweden und anderswo berichten über eine ähnliche Zunahme der Selbstzensur in den letzten Jahren.
Wie die „Schweigespirale“ die Selbstzensur erklärt
In den 1970er Jahren prägte Elisabeth Noelle-Neumann, eine renommierte deutsche Politikwissenschaftlerin, den Begriff der „Schweigespirale“, um zu beschreiben, wie Selbstzensur entsteht und welche Folgen sie haben kann. Auf der Grundlage ihrer Untersuchungen zur Bundestagswahl 1965 stellte Noelle-Neumann fest, dass die Bereitschaft des Einzelnen, sich öffentlich zu äußern, von der Wahrnehmung der öffentlichen Meinung zu einem Thema abhängt.
Die so genannte Spirale tritt auf, wenn jemand eine Meinung zu einem kontroversen Thema äußert und dann auf heftige Kritik einer aggressiven Minderheit stößt – vielleicht sogar auf scharfe Angriffe.
Ein Zuhörer kann dem Redner Kosten für die Äußerung seiner Meinung auferlegen, z. B. in Form von Kritik, direkten persönlichen Angriffen und sogar Versuchen, den Redner durch die Beendigung von Freundschaften oder die Verweigerung der Teilnahme an gesellschaftlichen Ereignissen wie Erntedank- oder Feiertagsessen „auszuschalten“.
Diese Art der Sanktionierung ist nicht nur auf soziale Interaktionen beschränkt, sondern es gibt sie auch, wenn jemand von weitaus größeren Institutionen bedroht wird, von Unternehmen bis hin zur Regierung. Der Sprecher lernt aus dieser Begegnung und beschließt, in Zukunft den Mund zu halten, weil die Kosten für die Äußerung seiner Meinung einfach zu hoch sind.
Diese Selbstzensur hat Auswirkungen, da Ansichten weniger häufig geäußert werden und die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass man Unterstützung von Menschen mit ähnlichen Ansichten erhält. Die Menschen kommen zu der Überzeugung, dass sie in der Minderheit sind, selbst wenn sie in Wirklichkeit die Mehrheit bilden. Diese Überzeugung trägt dann auch dazu bei, dass man seine Ansichten nicht äußern will.
Die Meinungen der aggressiven Minderheit werden dann dominant. Die wahre öffentliche Meinung und die geäußerte öffentliche Meinung klaffen auseinander. Vor allem aber wird die für die demokratische Politik so notwendige freie Debatte im Keim erstickt.
Natürlich ist dies nicht bei allen Themen der Fall – nur bei Themen, bei denen es eine engagierte und entschlossene Minderheit gibt, die einem bestimmten Standpunkt Kosten auferlegen kann, kommt es zu dieser Spirale.
Die Folgen für die demokratische Willensbildung
Die Tendenz zur Selbstzensur führt dazu, dass die Zuhörer die zurückgehaltenen Ansichten nicht mehr hören können. Der Markt der Ideen wird verzerrt; die Wahlmöglichkeiten der Käufer auf diesem Markt werden eingeschränkt. Die für eine Demokratie so notwendige robuste Debatte wird unterdrückt, wenn die Ansichten einer Minderheit als die einzigen „akzeptablen“ politischen Ansichten angesehen werden.
Es gibt kein besseres Beispiel dafür als das Fehlen einer Debatte in den heutigen USA über die Behandlung der Palästinenser durch die Israelis, ganz gleich, zu welchem Ergebnis eine solche lebhafte Diskussion führen würde. Aus Angst vor Konsequenzen halten viele Menschen ihre Meinung über Israel zurück – ob Israel beispielsweise Kriegsverbrechen begangen hat oder ob israelische Regierungsmitglieder sanktioniert werden sollten -, weil sie fürchten, als antisemitisch gebrandmarkt zu werden.
Viele Amerikaner beißen sich auch auf die Zunge, wenn es um DEI (diversity, equity, and inclusion), affirmativ action und sogar die Frage geht, ob politische Toleranz für die Demokratie unerlässlich ist.
Aber auch die vorherrschenden Ansichten werden durch diese Spirale benachteiligt. Dadurch, dass sie sich nicht mit ihren Konkurrenten auseinandersetzen müssen, verlieren sie die Möglichkeit, ihre Überzeugungen zu überprüfen und, falls sie bestätigt werden, ihre Argumente zu untermauern und zu stärken. Gute Ideen verlieren die Chance, besser zu werden, während schlechte Ideen – wie so Extremes wie die Leugnung des Holocaust – Raum erhalten, sich zu entfalten.
Die Schweigespirale wird somit zum Feind pluralistischer Debatten, Diskussionen und letztlich der Demokratie selbst.
Dieser Artikel – hier im englischen Original – wurde The Conversation unter einer Creative Commons Lizenz mit der freundlichen Genehmigung des Autors entnommen.
Ist das in Deutschland anders?
Wenn du sagst Israel sei ein faschistischer Staat, der Völkermord begeht, verstößt du gegen die deutsche Staatsräson und das kann teuer werden.
Auch Politiker öffentlich kritisieren kann teuer werden. Das passierte doch den Rentner aus Haßfurt, der Habeck kritisierte.
Die radikale Minderheit ist heute die sog „demokratische Mitte“, die liberale, reiche Bildungsbürgerschicht.
Gerade das Thema Genozid in Gaza ist mittlerweile auch in alternativen Medien ein Tabuthema geworden. Bitte nicht zuviel über verhungerte Kinder in Gaza berichten, sonst verlierst die Autoren, die zwar Scheiße erzählen, aber Geld bringen. Dieses Geld brauchen Verlage aber um auch kritische Literatur zu verlegen. Kritik, Behandlung von Tabuthemen, ist geschäftsschädigend.
Naja, als US-Bürger kann man mittlerweile schnell in einem salvadorianischen Horrorknast landen und enden, ohne die Aussicht auf Rückkehr. Dafür hat der Faschistenführer Trump mit seinem Lieblingsdiktator gesorgt.
Warum sollte man unter solchen Bedingungen noch frei seine Meinung äußern wollen?
„Themen wie der israelische Krieg in Gaza“
Da habe ich aufgehört zu lesen. Der Autor unterstützt mit solchen Aussagen den Terror der Israels. Wer das gezielte Schießen auf Kinder und Frauen, das absichtliche Aushungern und Verhungern lassen hnderttausender von Menschen als Krieg bezeichnet, ist es nicht wert gelesen zu werden.
Im Übrigen schließe ich mich meinem Vorposter an. Das ist in Deutschland ebenso.
Auch hier möchte kein Grüner neben einem AfD-Mitglied leben. Die Blasen sind geschlossen. Debatten verboten. Wer dem grünen Meinungsterror widerspricht, wird als günstigstenfalls als ewig-gestriger beschimpft. Aber meistens schnell aus der Gruppe entsorgt. Damit man weiter unter sich ist.
So isses.
Ich lebe seit über 20 Jahren nicht mehr in Deutschland und habe trotzdem bis vor einiger Zeit oft regen Kontakt zu ein paar uralten Freunden gehabt. Seit ich offen die Rolle der NATO in der Ukraine und den Genozid in Gaza kritisiere sind die Leitungen tot. Zu Anfang schickte ich auch mal wirklich informative links, da kam dann maximal das übliche Geschimpfe, meist aber gar nichts mehr. Am aggressivsten waren da zwei Anhänger der Olivgrünen.
Diese Entwicklungen sind politisch gewollt und werden auch von der Politik proaktiv befördert. Der Grund ist, weil sich die Menschen hilflos fühlen sollen und sich dann deswegen aus dem Politischen vollständig zurückziehen sollen, was auch funktioniert.
Ziel ist die Errichtung einer de facto Diktatur faschistischen Stils. Eine Herrschaftsform, die die Machteliten schon immer wollten und aufgrund der digitalen Möglichkeiten mittlerweile auch umsetzen können. Oder anders ausgedrückt, aufgrund der digitalen Möglichkeiten können die Machteliten jetzt endlich so, wie sie schon immer wollten.
Diese Digitalisierung hat zur Folge, dass man sich nur noch über eine Revolution erfolgreich wehren kann.
In den USA wird das, Trump`s Politik sei Dank, in immer breiter werdenden Kreisen erkannt. Deswegen entstehen zurzeit in den USA, im Gegensatz zu Deutschland (Der Gehorsam lässt schön grüßen!), breite Gegenbewegungen.
Und um dem entgegenzuwirken, wird von Trump, mit dem stillen Einverständnis der Demokraten und der direkten Umsetzung durch die US-amerikanischen Geheimdienste, das Konzept der „politischen Gewalt“ umgesetzt.
In diesem Gespräch wird näher darauf eingegangen:
https://www.youtube.com/watch?v=mVk-l2esf9Y
Die scheinbare Unversöhnlichkeit zwischen
den Parteien dient lediglich dem Zwecke,
die Gesellschaft zu spalten und zu herrschen.
Bei alles grossen Fragen herrscht ansonsten
Einigkeit.
Von welcher Demokratie spricht der Autor hier eigentlich?
Das verwirrt mich schon seit geraumer Zeit, alle reden ständig über diese ominöse Demokratie, die immer bedroht zu sein scheint.
Ich kann keine Demokratie entdecken, weder hier noch auf der anderen Seite des Tümpels.
Aber was weiß ich schon. Der Autor ist ja Politikwissenschaftler, der wird schon wissen wovon er spricht.
„Von welcher Demokratie spricht der Autor hier eigentlich? Das verwirrt mich schon seit geraumer Zeit…?
Ist doch alles bloss Propaganda der Liberalen. Die bürgerliche Demokratie sei nicht tot, sondern nur „bedroht“ -nicht nur „im Äusseren“, vor allem „im Inneren“. An jeder Ecke und in jedem skurrilen Versteck lauern irgendwelche „Feinde“ der Demokratie. Man müsse bloss alle Feinde der toten Demokratie beseitigen, dann herrsche wieder automatisch ein Zustand der (vermeintlichen) kollektiven Glückseligkeit der Alt-BRD der 70-er -so das allg. Narrativ. In einer Gesellschaft der Realitätsverweigerung, die am Ende ist, wird gekämpft nur um ein Mythos, um eine Erzählung aus längst vergangenen Zeiten -nicht um einen konkreten zukunftsorientierten Inhalt Damit füttert man das Publikum gleichermassen im Staatsfunk, in den „Qualitätsmedien“ und in der Alternativen Lügenpresse.
Und wer traut sich in Deutschland z.B. im Zug über die „Ukrainehilfen“ zu sprechen? Je omnipräsenter ein Thema in den Nachrichten ist, desto weniger wird von Privatleuten öffentlich darüber gesprochen – komisch, nicht?
Soziale Distanzierung braucht man als Zwischenschritt, wenn als Nächstes unbemerkt Leute verschwinden sollen. Wo in Kürze humanoide Roboter die Welt bereichern sollen, ist für Menschen schlicht kein Platz. Das geht aber erst, sobald kein Hahn mehr danach kräht.
„Die so genannte Spirale tritt auf, wenn jemand eine Meinung zu einem kontroversen Thema äußert und dann auf heftige Kritik einer aggressiven Minderheit stößt – vielleicht sogar auf scharfe Angriffe.“
Diese aggressive Minderheit ist allerdings auf vielen Politikfeldern die woke Schickeria, vorzugsweise die Kinder der sorgenbefreiten oberen Mittelschicht.
Insofern irritiert mich, dass er da „Kampagnen von Aktivisten gegen ‚Wokism'“ als Beispiel anführt, also der hoffnungslose „Konflikt“ zwischen rechten und woken Schreihälsen. Auch wenn ich verstehe, was er meint, waren es trotzdem die Woken, die damit angefangen haben, zumindest in Europa, in den USA mag das anders sein.
Ich kann jetzt hier zum xten Mal die Webersche Unterscheidung von Gesinnungsethik und Verantwortungsethik empfehlen. Der „Wertewesten“, auch diese Bezeichnung zeigt das, hat sich in eine Art Gesinnungstyrannei verwandelt, ich sage „eine Art“, weil Werte ja nicht mehr erkennbar sind. Es wird halt ständig eine neue apokalyptische Sau durchs Dorf getrieben.
Die Regierenden wollen ihre Bevölkerungen zu Aktivisten für die Regierungsvorhaben erziehen, die angeblich samt und sonders der Verhinderung des Weltuntergangs dienen.
Das ist natürlich nur noch die Simulation von Gesinnung. Was nicht dabei herauskommen kann, ist eine Gesellschaft, die souverän die eigene Zukunft in die Hand nimmt. Da hat der Autor natürlich recht. Und nur dann, wenn wirklich konstruktiv über die Zukunft geredet werden soll, zahlt sich Pluralusmus auch aus.