Schulden über alles: Eurobonds, ausgerechnet für das Nicht-Mitglied Ukraine

Bild: Timo Klostermeier/ccnull.de/CC BY-2.0

Es war klar, dass der EU-Sündenfall zum Normalfall mutieren würde. Erstmals durfte die EU für den sogenannten „Wiederaufbaufonds“ im großen Stil eigene Schulden aufnehmen. Nun soll sogar viel Geld als Eurobonds für die Finanzierung des Nicht-Mitglieds Ukraine aufgenommen werden. Deutschland hatte sich in der Finanzkrise noch vehement gegen gemeinsame Anleihen gestemmt, um Griechenland aufzufangen. Nun werden 90 Milliarden Euro für das Nicht-EU-Mitglied und Korruptionsland Ukraine aufgenommen, um den Krieg zu verlängern.

Als es darum ging, einem Mitglied der EU im Rahmen der Finanzkrise über gemeinsame Anleihen der EU-Mitgliedsstaaten zu helfen, als Griechenland massiven Angriffen von den Spekulanten ausgesetzt war, stemmte sich in Berlin eine von der CDU geführten Regierung noch ganz und gar gegen Eurobonds. Man unterzog lieber ein Partnerland einer Schocktherapie, die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) vorangetrieben wurde. Das angebliche Ziel: Die Staatsschuldenquote sollte bis 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung gesenkt werden. Dass derlei Programme „verrückt“ waren, hatten unter anderem die Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman und Joseph Stiglitz einst herausgearbeitet. Sie hatten auch auf die „katastrophalen Folgen“ verwiesen, die diese Therapie für die Bevölkerung haben würde.

Man muss vermutlich nicht wirklich anfügen, dass außer einer Verarmung der Bevölkerung nichts erreicht wurde, wie es bei IWF-Therapien üblich ist. Die letzten Zahlen zur Verschuldung legte die europäische Statistikbehörde Eurostat Ende Oktober vor. Festgestellt wird: „Die höchsten Verschuldungsquoten im Verhältnis zum BIP wurden am Ende des zweiten Quartals 2025 in Griechenland (151,2%), Italien (138,3%), Frankreich (115,8%), Belgien (106,2%) und Spanien (103,4%) verzeichnet.“

Es fällt auf, dass das damalige „Pigs“-Schuldenland Portugal nicht in dieser Liste auftaucht. Dabei war auch die Schuldenquote des armen Landes im Jahr 2020 auf 134 Prozent angeschwollen. Portugal hatte mit einer Linksregierung aber erfolgreich einen anderen Weg eingeschlagen und konnte darüber die Schulden real verringern. Das soll hier aber nur zur Beachtung angeführt werden. Heute liegt der Schuldenstand nur noch leicht über dem Durchschnitt im Euroraum und nähert sich, anders als Griechenland, dem Stabilitätsziel von 60 Prozent real deutlich an.

Kommen wir zurück zum eigentlichen Thema. Der strukturell von Korruption zerfressenen Ukraine drohte schon 2014 der Zahlungsausfall. Auch der IWF forderte in diesem Rahmen immer wieder eine effiziente Korruptionsbekämpfung, da die Korruption ein bedeutender Faktor ist. Das geschah vor fast zehn Jahren, als das Land – wieder einmal – mit viel IWF-Geld bedacht wurde. Einen praktischen Zahlungsausfall stellte auch die Ratingagentur Moody’s schon im Frühjahr 2022 fest.

Dass bei der Korruptionsbekämpfung bisher wenig passiert ist, ist wahrlich keine Neuigkeit. Die Korruption schlägt aber nun schon direkt neben dem Präsidenten Wolodimir Selenskij ein. Sogar seine rechte Hand, sein Ex-Büroleiter Andrij Jermak, wurde kürzlich wegen Korruption entlassen. Dass der Präsident im Eilverfahren die Möglichkeiten der Anti-Korruptionsbehörde stark einschränken wollte, ist auch keine Neuigkeit mehr und auch das sprach für sich.

Das ist der Hintergrund vor dem man den Deal betrachten sollte, auf den sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) beim letzten EU-Gipfel in Brüssel geeinigt haben. Es wurde nun ein neues und großes Hilfspaket für die Ukraine angelegt. Das Land soll allein aus der EU mit weiteren 90 Milliarden Euro bedacht werden (Merz erklärt, warum 90 Milliarden Schulden für die Ukraine eigentlich keine sind). Das Geld soll dem Land offiziell als „Kredit“ zur Verfügung gestellt werden. Das Darlehen soll zudem „zinslos“ sein. Der reale Finanzbedarf ist aber für 2026 und 2027 deutlich höher. Er wird mit mindestens 134 Milliarden Euro beziffert, weshalb weitere Kosten auf EU-Länder und Deutschland auch über den lWF zukommen, der einen Teil des Geldes aufbringen soll. Schon Ende November hat der IWF eine vorläufige Vereinbarung über ein neues Kreditprogramm in Höhe von 8,1 Milliarden US-Dollar getroffen, und auch daran ist Deutschland wieder beteiligt

Eurobonds als neue Extrawurst für die Ukraine

Was für das EU-Mitgliedsland Griechenland einst unmöglich war, soll nun also für ein Land möglich sein, das nicht einmal EU-Mitglied ist. Damit soll – wieder einmal – ein Staatsbankrott in der Ukraine abgewendet werden. Offiziell wird die neue riesige Finanzspritze mit den „Kriegskosten“ und der damit einhergehenden „eingeschränkten Wirtschaft“ begründet. Damit wird natürlich – wieder einmal – ausgeblendet, dass das Land schon lange Jahre vor dem Einmarsch Russlands auch wegen der ausufernden Korruption vor dem Bankrott stand.

Da das Ansinnen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vor allem an Belgien gescheitert ist, die zumeist in Belgien eingefrorenen russischen Staatsvermögen für die Ukraine heranzuziehen, sollen nun neue EU-Schulden gemacht und Eurobonds im Umfang von 90 Milliarden ausgegeben werden. Genau dagegen hatte sich die CDU im Fall Griechenlands vehement gestemmt. Der Einstieg in gemeinsame Anleihen wurde aber schon in der sogenannten Eurokrise über den Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) mit etwa 60 Milliarden Euro gemacht.

Im großen Stil gelang der EU der Durchbruch ins eigenständige Schuldenmachen aber mit dem sogenannten „Wiederaufbaufonds“ im Rahmen der Covid-Pandemie mit „Next Generation EU“. Das Programm hat schon einen Umfang von 750 Milliarden Euro. Davon fließen seither 360 Milliarden Euro offiziell als Kredite. Der größere Teil im Umfang von 390 Milliarden wird aber als Beihilfen gewährt, die auch offiziell nicht zurückgezahlt werden müssen. Es handelt sich natürlich auch um ein Manöver, damit die ausufernde Verschuldung sich nicht in der Schuldenquote der Staaten abbildet, die zu einem Teil auf die EU verschoben wird und zunächst nur über immer höhere Lasten für den Schuldendienst auf die jährlichen Haushalte zurückfällt.

Nun darf die EU also erneut gemeinsame Anleihen (Eurobonds) ausgeben. Die sollen, so lautet die Sprachregelung, über Reparationszahlungen Russlands nach dem Krieg wieder beglichen werden. Nur wenn Reparationszahlungen fließen würden, soll die Ukraine nämlich diese „Kredite“ zurückzahlen. Ob jemand in Brüssel ernsthaft an eine Rückzahlung glaubt, darf bezweifelt werden. Deutschland steht also vermutlich mit über 13 Milliarden Euro neuer Schulden in der Kreide, wenn die gesamten 90 Milliarden an die Ukraine geflossen sind.

Es kommen immer weitere Schulden auf die EU zu

Doch selbst wenn sich Russland wieder komplett aus der Ukraine zurückziehen würde, könnte das Land die geplanten Reparationen schlicht verweigern. Ein Rückgriff auf die in Belgien eingefrorenen Staatsanleihen wird gerade im Rahmen einer Friedenslösung eher noch unwahrscheinlicher, weil damit der Konflikt wieder angeheizt würde. Es sieht zudem wahrlich auch nicht danach aus, dass sich Russland zurückziehen würde. Viel wahrscheinlicher ist, dass Russland neben der Krim zumindest große Teile des Donbass übernimmt.

So wird aus diesem „zinslosen Kredit“ wohl real eine Beihilfe, die letztlich nicht einmal dazu dient, einen Wiederaufbau nach einem Friedensschluss zu leisten. Das Geld soll vielmehr dazu dienen, einen unsinnigen Krieg noch weiter in die Länge zu ziehen. Die Kosten für den Wiederaufbau muss dann der EU-Steuerzahler ebenfalls bezahlen, da sich die USA bekanntlich vornehm heraushalten. Also kommen immer weitere Schulden auf die EU zu.

Und das Skurrilste an dem neuen Deal ist, dass nicht einmal klare Vorschriften gemacht werden, wofür die Ukraine den neuen Geldstrom ausgeben darf. Es wird nur sehr blumig und allgemein von der Stabilisierung des Staatshaushaltes und der Landesverteidigung gesprochen. Normal ist das bei Hilfsprogrammen nicht. Die Auflagen für Zahlungen an Länder wie Griechenland waren stets streng. Also wird auch mit diesen wachsweichen „Vorgaben“ für die Ukraine eher neuer Korruption Tür und Tor geöffnet.

Behauptet wird, dass den EU-Steuerzahlern direkt keine Kosten entstehen würden. Auch das ist schlicht falsch. Die zehnjährigen EU-Anleihen werden derzeit mit einem Zinssatz von knapp 3,3 Prozent gehandelt. Bei 90 Milliarden Euro fallen also allein Zinskosten von knapp drei Milliarden Euro an. Da dieses Geld aus dem EU-Haushalt finanziert werden soll, muss demnächst entweder an anderer Stelle gespart werden oder die Mitgliedsländer müssen die Zahlungen an die EU alsbald um diesen Betrag aufstocken. Deutschland ist als größter Beitragszahler mit etwa 14 Prozent am EU-Haushalt beteiligt, weshalb damit jährlich etwa eine halbe Milliarde Euro jährlich zusätzlich in Berlin aufgebracht werden muss, die dann für Ausgaben in Deutschland fehlen. Denn erschwerend kommt hinzu, dass Ungarn, Tschechien und der Slowakei ausgehandelt haben, nicht für diese „Kredite“ aufkommen zu müssen, weder für die Zinsen, noch für die Kreditsumme.

Ralf Streck

Der Journalist und Übersetzer Ralf Streck wurde 1964 in Flörsheim am Main geboren. Er studierte Politikwissenschaft und Turkologie an der Universität in Frankfurt. Seine journalistische Laufbahn begann bei Radio Dreyeckland in Freiburg, wo er eine Fortbildung zum Fachjournalist für Umweltwirtschaft absolvierte. Er lebt seit mehr als 20 Jahren im Baskenland, ist spezialisiert auf linke Unabhängigkeitsbewegungen und berichtet für diverse Medien in Europa vor allem von der Iberischen Halbinsel.
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8 Kommentare

  1. Die EU ist ein einziger großer Selbstbedienungsladen.
    Wenn die Regierungen der einzelnen Länder mit einander einig sind, können sie gemeinsam Gelder beschließen und so die Parlamente zuhause und die Haushaltsdisziplin umgehen. Wer würde da nein sagen, wenn er mal schnell ein paar Milliarden geschenkt bekommt.
    Die Mittel zum Corona-Wiederaufbau wurden beschlossen, da war noch kein einziges Virus da und auch noch kein Schaden eingetreten.
    Wohin all die Corona Milliarden gewandert sind ist auch nicht so richtig klar.

  2. Mit den, man kann es nicht anders sagen, Idioten da drüben in EU Land kann man es ja machen. Die schimpfen und jammern und rennen brav zur Arbeit damit die Steuern für die korrupten Banderistas auch reichen.

  3. Das Dumme daran, mit Ihnen werden Kredite bezahlt, weil Sie die alten schon gar nicht mehr zurückzahlen können o()
    Das sagen Sie nur niemand …
    Ganze Mittelschicht macht aktuell fort, ins Ausland , und nimmt Ihr Vermögen mit ..
    Ukraine kann keinerlei Sicherheiten noch bieten, und darum geht es aber auch gar nicht, sondern das die alten Kreiditlinien bedient werden… Des Kanzlers Firma hat da 120 Milliarden offiziell versenkt, Stand Ende 2024) einen Teil wollen Sie sich wohl auf diesen Weg zurückholen..

  4. Wie genau läuft denn die Geldschöpfung durch Eurobond ab?
    Vielleicht so:
    EZB tippt 100Mrd. in den Computer auf das Konto der EU-Staaten
    EU-Staaten signieren 100Mrd Schuldscheine (Bonds) und übergeben diese der EZB.
    Wie kommt das Geld jetzt zu Rheinmetall (genau)?
    Könnte die Goldmann-Sachs-Tante von der EZB auch einfach nein sagen?

    Warum wird eigentlich kein Geld für sinnvolle Dinge gedruckt?
    Und warum wird darüber nicht demokratisch entschieden?

  5. Des Einen Korruptionshölle ist des Anderen Korruptionsparadies.
    Aber natürlich darf man ohne Belege nicht einfach behaupten, dass die Zahlungen in der Absicht beschlossen wurden, selbst davon sehr konkret zu profitieren.

  6. Sehr gute Darlegungen! So etwas gibt es schon seit langem nicht mehr im EU Mainstream, am allerwenigsten in Deutschland! Tatsache bleibt dass das Trio Merz-Leyen-Weber schleunigst abgelöst werden muß ehe noch mehr Schaden angerichtet wird! Es sind hinterhältige Versager einer Ideologie ihrer eigenen Machtversessenheit!

    1. Als Voraussetzung dafür müsste es sich bei dem Gebilde um eine Demokratie handeln – das aber ist leider nicht der Fall.

  7. Wenn ein Unternehmen überschuldet ist, hat es zwei Möglichkeiten, Sanierung oder Insolvenz. Die USA setzen auf Sanierung vor allem durch Verbesserung der Handelsbilanz, Reindustrialisierung und „Anschaffung“ (Grönland, Venezuela). Die EU spielt auf Bankrott, will davor aber noch möglichst viel Geld ausgeben, das sie aber nicht zurückzahlen wird. Man wird den Weg der Währungsreform gehen und dabei die machtlosen Bürger bluten lassen und Banken und Konzernen Vorteile gewähren, weil sie „systemrelevant“ sind. In Deutschland sind dazu der Spannungsfall und das Verbot der Partei mit der größten Anhängerschaft nötig, die auch auf Sanierung aus ist, und deshalb unter anderem die EU verlassen möchte. Denn demokratisch lässt sich eine Währungsreform nicht durchsetzen.

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