SchMERZhaft dummer Revanchismus

Hissen der sowjetischen Flagge auf dem Reichstag am 2. Mai 1945. Bild: Jewgeni Ananjewitsch Chaldei/mil.ru/gemeinfrei

Das militärische Denken ist bekanntlich reduziert auf Kommando und Gehorsam und es setzt sich fort in die Meinungsbildung über Krieg und Frieden. Wie auf ein Kommando folgt die Meinung der großen Mehrheit den Parolen der kriegsführenden Parteien.

Das war gleich nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine zu erkennen. Obwohl dort seit acht Jahren Bürgerkrieg herrschte, wurde es als Zeitenwende, imperialistischer Angriffskrieg und Angriff auf die Freiheit und die gemeinsamen Werte Europas tituliert und die öffentliche Meinung folgte diesen Parolen, sogar die der Abgeordneten im Deutschen Bundestag, von denen man ein wenig intellektuelle Distanz zu der Propaganda der damaligen US-Regierung hätte erwarten können.

Wie eine Kompanie Soldaten folgten Politiker und Medien dem Denk- und Sprechbefehl: Das ist ein un-provo-zier-ter Überfall Russlands auf den Westen und seine Werte, wobei immer unterschlagen wird, dass der oberste westliche Wert das Geld ist.

Aus russischer Sicht war es die einzig wirksame Gegenmaßnahme gegen das Vorrücken der USA in das Nachbar- und Bruderland Ukraine, wo man bereits mit dem Aufstellen von Raketen und der Eingliederung in die Nato begonnen hatte.

Der schon demente Präsident Joe Biden hatte es trotz aller Warnungen auf die Spitze getrieben und kein Kenner der Machtpolitik war überrascht, auch nicht in den USA und auch nicht bei den höheren Militärs.

Donald Trump sagte später, wenn er regiert hätte, wäre dieser Krieg nicht gekommen. Das ist großmäulig, aber realistisch.

Im Krieg werden die Argumente der Gegenseite nicht gehört. Der Weg zum Frieden ist dadurch verstellt, vermint, mit Stacheldraht verrammelt und mit Sperrfeuer belegt.

Krieg dient als Denkmuster und nicht als Gegenstand der Reflexion. Das ist der Kern des Militarismus.

100 Milliarden Euro an die Ukraine

Die Direkt-Zahlungen und der deutschen Anteil an den EU-Geldern, die Ursula von der Leyen verantwortet, summieren sich auf über 100 Milliarden Euro, die Deutschland, neben allen Waffenlieferungen, an die Ukraine gezahlt hat.

Aber warum?

Warum unterstützt Deutschland die Ukraine mit bisher mehr als 100 Milliarden Euro im Krieg gegen Russland? Was ist der Anlass, dieses vielen unbekannte und anscheinend korrupte Land auf einmal so ins Herz zu schließen, so dass man kein Opfer scheut, um seinen aussichtslosen Kampf, ursprünglich für die Expansion der USA, gegen das größte Land der Welt und gegen einen großen Teil seiner eigenen Bevölkerung zu unterstützen?

Was haben wir hier in Deutschland überhaupt damit zu tun?

Umgerechnet auf die namentlich registrierten Toten der russischen Armee zahlte und zahlt Deutschland mit seinen 100 Milliarden etwa eine Million Euro für jeden toten Russen. Für 2026 sind weitere 11.5 Milliarden vorgesehen. Das reicht dann für 11.500 gesichert zertifizierte Tote.

Das überschwängliche Engagement Deutschlands in diesem Krieg ist nicht selbstverständlich, es ist auch nicht allein der Wunsch der USA und der EU, sondern es geschieht nach dem Willen der deutschen Regierung.

Identifikation mit den Verlierern der Geschichte

Was steckt dahinter? Es gibt keine andere fundamentale Motivation als versteckten Revanchismus. Die dumm plappernde ehemalige Außenministerin Annalena Baerbock hat es ausgesprochen. Sie scheint von einem Großvater auf das revanchistische Denken gebracht worden zu sein.

Deutschland, das heißt Nazideutschland, hat den Zweiten Weltkrieg an der russischen Front gegen die Sowjetunion verloren und zwar bereits Ende 1943. Die USA sind erst Anfang 1944 in der Normandie gelandet und wurden später als die Befreier angesehen, weil sie Schokolade und Zigaretten verteilt haben.

Sowjetische Soldaten dagegen haben die deutsche Armee, die ihnen technisch überlegen war, Schritt für Schritt zurückgedrängt. Sie haben Auschwitz befreit, sich unter großen Verlusten bis zum Führerbunker in Berlin durchgekämpft und haben Hitler mitsamt seiner engsten Gefolgschaft in den Selbstmord getrieben.

Das ist die unbestreitbare historische Wahrheit, die in Deutschland gerne aus dem Bewusstsein verdrängt wird und es gibt nicht den geringsten Grund, aus dieser deutsch-russischen Vergangenheit eine Feindschaft gegenüber den Russen von heute herzuleiten.

Was in den Köpfen von Friedrich Merz, Boris Pistorius und einer unbegrenzten Zahl von Konformisten in den Parteien und in den großen Medien vor sich geht, ist nur mit einer guten Portion an unterschwelligem Revanchismus zu erklären und das entbehrt jeder Rationalität.

Wir müssen uns nicht rächen wegen der Niederlage Hitlers

Die Niederlage des Nazireichs war ein Segen der Geschichte und das heutige Russland, ohne den Ballast des Bolschewismus, sollte als historischer Sieger und nicht als neuer Feind gesehen werden. Alles andere ist Geschichtsvergessenheit und dumme Propaganda.

Was die USA und die sogenannten Atlantiker betrifft, so kann man erkennen, dass deren Aggressivität und der Rüstungswahn auf die Gegner projiziert wird, fast nach Belieben. Weder Russland noch China, noch Iran, noch die BRICS-Staaten haben dem entsprechende Gelüste.

Die USA können sich nicht mit ihrem äußerst komfortablen Platz auf dem Globus begnügen, den sie durch die Vernichtung indianischer Stämme und Völker errungen haben.

Die Eroberung des Wilden Westens setzt sich fort in den Köpfen der Waffenfetischisten und Finanzjongleure, gegen alle, die sich ihnen nicht unterordnen. Kein Gegner ist ihnen zu klein (Grenada, Libyen, Serbien) oder zu groß, wie Russland und neuerdings China.

Nicht gegen Trump, sondern mit ihm

Donald Trump ist der Enkel eines deutschen Einwanderers in New York. Von dem Mythos der Wildwest-Geschichte, die nie enden will, ist er persönlich nicht betroffen, doch seine Partei, die Republikaner sind auch die Partei dieser Cowboys. Trotz der Abneigung gegen Trumps Egomanie sollten wir sehen, dass er Frieden schaffen will und mit Putin reden kann.

Deutschland muss sich unbedingt auf diese Seite stellen. Eine eigene, aktive, deutsche Friedenspolitik wäre die optimale Haltung.

Revanchismus ist eine Rattenfalle.

Rob Kenius

Rob Kenius kam während des Studiums der Physik zur Publizistik und wurde Chefredakteur der Studentenzeitung. Nach dem Diplom ging er in die wissenschaftliche Redaktion des WDR-Fernsehens. Die strenge Hierarchie des Senders war jedoch nicht seine Welt. Er arbeitete kurz für Reaktorsicherheit, als man ihn an das Innenministerium vermitteln wollte, um Argumente der Aromkraftgegner zu widerlegen, kündigte er. Seitdem ist er selbständig, als freier Publizist und im Musikgeschäft.

Rob Kenius übt auf seiner Webseite kritlit.de harte Systemkritk. Er schrieb für telepolis und war 2020 ein erster Gegner der Corona-Maßnahmen. Die politische Situation hat sich inzwischen enorm verschlechtert. Rob Kenius schreibt dagegen an, und wegen der Kommentare, besonders gerne für Krass&Konkret.
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30 Kommentare

  1. „Donald Trump sagte später, wenn er regiert hätte, wäre dieser Krieg nicht gekommen. Das ist großmäulig, aber realistisch.“

    Die vom/unter Donald gelieferten Dosenöffner für russische Panzer haben Putin nicht an diesem Krieg gehindert.

    Wie hätte Donald also realistisch diese Spezialoperation verhindert?

  2. Alles klar: „Die USA sind erst Anfang 1944 in der Normandie gelandet“ Uff…???
    D-Day war der 6. Juni 1944.
    Ein bißchen mehr (Medien) Kompetenz hätte ich schon erwartet.

      1. Ja, ich weiß wohl etwas mehr als die Meisten Menschen bescheid.
        Wenn die Amis deutlich früher in der Normandie gelandet wären, würde es heute geopolitisch nämlich völlig anders ausschauen.

        1. Es waren nicht nicht die Amis alleine die in der Normandie gelandet sind.
          Und ein amphibisches Landemanöver (insbesondere gegen eine befestigte Küste) schüttelt man nicht so eben aus dem Ärmel.

          Die frühere Landung im Süden bot sich aus zwei Gründen an:

          1) Sicherung des Mittelmeerraums, was auch Ressourcen spart um diese dann in Frankreich einsetzen zu können.
          2) Die südlichen Küsten waren nicht so gesichert wie am Atlantik.

      1. Ich denke weniger, das gerade „Revanchismus“ eine große Rolle bei dem heutigen Gemengelage spielt.
        Es ist eher der Propaganda und dem dazugehörigen niedrigen Bildungsniveau zu verdanken, das wir heute wieder im Begriff sind nach Osten zu marschieren.
        Der Verlust des 2.Weltkriegs war für die Deutschen eher eine Schmach.
        Den „Revanchismus“ würde ich eher als Grund nach dem verlorenen 1. als Grund für Eintritt in den 2.Weltkrieg anführen.

          1. Du wirst hier mit deinem Sermon nicht weit kommen, das verspreche ich dir!
            Und selbst wenn, schlimmer als jetzt kann es gar nicht kommen.
            На ошибках учатся.

            Hier dein 🐟

  3. „ist nur mit einer guten Portion an unterschwelligem Revanchismus zu erklären und das entbehrt jeder Rationalität.“

    Was ist eigentlich an Putins Eröffnungsrede der Spezialoperation *nicht* revanchistisch?
    Oder an Putins Paper zum Hitler-Stalin Pakt?

    Und eigentlich erzählt Putin schon länger das er XY nicht überfallen möchte um dann den Überfall auf XY kurze Zeit später zu starten:
    https://video.twimg.com/amplify_video/1991950845483626496/vid/avc1/1280×720/ov2K_seWqFBtH1cE.mp4

    1. …………… mal nachdenken…. richig gut und genau nachdenken, dann dreimal luftholen und noch ein weiteres Mal nachenken, bevor du so einen Komplettschwachsinn raushaust, capice ……

  4. „Sowjetische Soldaten dagegen haben die deutsche Armee, die ihnen technisch überlegen war, Schritt für Schritt zurückgedrängt.“

    Falls es dem Autor nicht bekannt sein sollte, diese sowjetische Soldaten bestanden auch aus Ukrainern.

    1. Richtig, genau so war es, wie du es schreibst. Und nach dem Umsturz in der Ukraine, als eine demokratisch von allen Ukrainer gewählte Regierung mit amerikanischem Geld gestürzt wurde, begann man die Erinnerung daran auszumerzen. Im Westen des Landes schon früher, wovon ich mich, und da kann mir niemand was erzählen, weil ich da war und es selbst sah, schon vorher. Der Kampf gegen die Bandera – Faschisten ist auch ein Kampf für die ukrainischen Sowjetsoldaten, die dabei waren, um Europa von genau dieser Nazibrut zu befreien. Und so gesehen ist alles ganz einfach. Du hast vollkommen recht. In der Roten Armee kämpften Ukrainer.

  5. Was hier vergessen wird: Wenn Revanchismus als Grund aufgeführt wird, müsste das dann auch auf Russland zutreffen – rechnet man die Kriegstoten auf, hat Russland eine Rechnung mit Deutschland offen, nicht umgekehrt.

  6. Man kann es drehen und wenden wie man will.

    DIESMAL sollten wir den Saustall selbst ausmisten und nicht wie ´45 drauf warten, dass andere kommen und uns die Arbeit abnehmen.

  7. Essay | Russland: Das Racheprojekt der Eliten

    Von: Sabiene Jahn –> 21. November 2025

    in Allgemein, Geschichte, Medienkritik, Militär, Politik

    Dreißig Jahre nach dem Kalten Krieg kämpft der Westen nicht gegen Russland, sondern gegen die eigene Kränkung. Der Sieg von 1991 hat keine Ordnung geschaffen. Es wurde eine Obsession. Heute zeigt sich, der Krieg ist weniger geopolitisch als psychologisch – ein Racheakt der Macht. Der neue Kalte Krieg ist kein Konflikt zwischen Staaten. Europa kämpft auch nicht für Freiheit. Es kämpft gegen die Wahrheit, damit der Selbstbetrug hält.
    https://globalbridge.ch/russland-das-racheprojekt-der-eliten/?utm_source=mailpoet&utm_medium=email&utm_source_platform=mailpoet&utm_campaign=globalbridge-updates-3

  8. Bandt /Genscher haben die Illusion reifen lassen, dass deutsche Politik nicht gesetzmäßig unvernünftig sein muss. In der Republik zuvor wurden Politiker wie Rathenau, die das versuchen wollten, ermordet.
    Auch wenn unter den Nachfolgern noch keine radikale Wende eingeleitet wurde, vollzog sich ein schleichender Wechsel zu den alten deutschen Untugenden. Aber es ist nie weg gewesen und wir haben nun wieder zu uns selbst gefunden. Wir sind wieder die, die wir immer waren und so bleiben wir, bis wir wieder eins auf die Fresse bekommen. Diesmal wenigstens wirklich zum letzten Mal. Vielleicht ein schwacher Trost aber immerhin Hoffnung für für restliche Welt, uns endlich los zu werden.

  9. Ganz klar. Das wird natürlich nicht öffentlich propagiert, aber es ist das deutsche „Betriebssystem“, auf dem die neoliberal-faschistischen Kapitalinteressen, die zufällig auch andere Akteure des „Wertewestens“ teilen, aufsetzen. Gerade das Beitragsfoto mit dem Rotarmisten und der Sowjetfahne auf dem Reichstag schmerzt die verkappten Revanchisten ganz besonders. „Wie konnte sich das ein „Untermensch“ im Herzen unserer Hauptstadt erlauben?“ ist deren rassistische Denke. Auch wenn es – noch nicht – offen ausgesprochen wird. Wobei Annalenchen ein bisschen ausgeblubbert hatte…Kognitive Dissonanz im Quadrat. Wie soll General Schukow sinngemäß gesagt haben: wir haben die Deutschen vom Faschismus befreit. Das werden sie uns nie verzeihen. Wie recht er hatte…

  10. Die Aussagen in diesem Artikel sind etwas unterkomplex und in sich nicht stimmig.

    Donald Trump hat in seiner ersten Amtszeit die Ukraine kräftig aufgerüstet und fast sämtliche Rüstungsabkommen einseitig gekündigt.
    Über die innerpsychischen Beweggründe einer Frau Annalena Bärbock zu spekulieren erübrigt sich m.M.n.. Revanchismus mag zwar auch mitklingen, ist aber wohl kaum das Hauptmotiv für das Kriegsgeheul deutscher Politik.

    Es sind wohl eher diese minderbegabten Auftragsgehilfen der US-Finanzeliten, die sich in der EU und UK als Regierung etabliert haben und fern jeglichen Interesses ihrer Bürger und in Ermangelung eines Gewissens immer wieder alte Mechanismen heraufbeschwören.

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