Schließt sich das Fenster für einen israelischen Angriff auf Irans Atomanlagen?

 

Navy F/A-18 Super Hornets während der Militärübung mit der IDF im Januar 2023. Geübt wurden weitreichende Angriffe, Ausschaltung der gegnerischen Luftabwehr, elektronische Angriffe und Abwehr von Gegenangriffen. Gemeint als Gegner war natürlich der Iran. Bild: USAF

Angeblich soll der Iran schnell eine Atombombe herstellen können, was Netanjahu unbedingt verhindern will. Möglicherweise liefert Russland S-400-Luftabwehrsysteme an den Iran, was einen Angriff aber hochriskant machen würde.

 

Auch die aktuelle Netanjahu-Regierung versucht, nationale Einheit durch Bedrohung von außen, durch die Palästinenser, vor allem aber durch den Iran herzustellen. Mit allen Mitteln soll versucht werden, den Iran daran zu hindern, atomwaffenfähiges Material und Atomwaffen herzustellen. Mit dem Iran-Abkommen sollte dies verhindert werden. Donald Trump war aus ihm ausgestiegen, hatte sich aber auch geweigert, Israel mit einem immer wieder angedrohten und auch militärisch vorbereiteten Angriff auf iranische Atomanlagen zu unterstützen. Die Biden-Regierung wollte das Abkommen wieder aufgreifen, aber bislang sieht es so aus, als würde es nicht mehr zustande kommen, obgleich die Bemühungen von allen Seiten weiter gehen. Iran will wieder verstärkt IAEA-Inspektoren zulassen.

Angeblich reichert der Iran weiter Uran auf 60 Prozent an,  die IAEA hat Spuren mit einer Anreicherung von fast 84 Prozent entdeckt. Eine israelische Delegation wird diese Woche in Washington erwartet, um das Problem der möglicherweise kurz bevorstehenden iranischen Atombombe zu besprechen. Überdies wird US-Verteidigungsminister Lloyd Austin die israelische Regierung besuchen. Netanjahu hat eine Anreicherung von 90 Prozent als rote Linie bezeichnet versprochen, alles zu tun, um zu verhindern, dass der Iran Atombomben erhält. Colin Kahl hatte vor wenigen Tagen behauptet, der Iran könne innerhalb von 12 Tagen Material für eine Atombombe herstellen, 2018 wären noch 12 Monate notwendig gewesen.

IAEA-Chef Raael Grossi war am Wochenende auf Besuch in Israel und warnte am Samstag, dass „jeder militärische Angriff auf Atomanlagen außerhalb es Rechts“ sei. Daraufhin konterte Netanjahu vor seinem Kabinett: „Rafael Grossi ist eine würdige Person, die eine unwürdige Bemerkung gemacht hat. Außerhalb welchen Gesetzes? Ist es zulässig, dass der Iran, der offen zu unserer Vernichtung aufruft, die Schlachtwerkzeuge für unsere Vernichtung organisiert? Ist es uns untersagt, uns zu verteidigen? Es ist uns offensichtlich erlaubt, dies zu tun.“ Nichts werde Israel abhalten, sich zu verteidigen.

 

Für die israelische Regierung wäre ein schneller Angriff auf den Iran mit der Unterstützung oder Duldung der USA eine gute Hilfe, um die Proteste im Land gegenüber der von Iran ausgehenden Gefahr zu beenden. Allerdings könnte der Iran auch ohne Atomwaffen mit seinem Raketen- und Drohnenarsenal auf verheerende Weise zurückschlagen. Netanjahu drängt auch deswegen zur Eile, weil der Iran angeblich bald Atomwaffen zur Verfügung haben könnte – nicht um Israel anzugreifen, aber um sich vor Angriffen zu schützen.

Das Fenster könnte sich auch schließen, weil Russland dem Iran angeblich die neuen Luftabwehrsysteme S-400 liefern will, die eine Reichweite von bis zu 400 km haben. Bislang verfügt der Iran nur über eine größere Zahl von S-300-Systemen, wohl auch mit Rücksicht auf Israel noch nicht über S-400. Allerdings hat der Iran seit 2019 mit Bavar-373 ein zu S-300 vergleichbares System. Mit S-400-Systemen würden Angriffe auf iranische Atomanlagen mit Kampfflugzeugen deutlich riskanter werden, wenn denn die Systeme wirklich so gut sind, wie Russland behauptet. Ob Russland dies tatsächlich macht, ist unklar, möglicherweise könnte es einen Deal Luftabwehrsysteme gegen Kampfdrohnen und Raketen geben, die Lieferung von Su-35-Kampfflugzeugen, die Iran erwartet, könnte auch ein Bestandteil sein. Russland könnte damit aber auch Israel unter Druck setzen, sich mit der militärischen Unterstützung der Ukraine zurückzuhalten. Oder aber die Meldung wurde verbreitet, um die Notwendigkeit schneller Entschlüsse bei der israelischen und amerikanischen Regierung zu demonstrieren. Wie es heißt, würde es allerdings zwei Jahre benötigen, bis die S-400-Systeme im Iran einsatzbereit seien.

Bislang ist freilich nicht so klar, wie gut die S-400 im Krieg gegen die Ukraine funktionieren und ob sie bislang überhaupt eingesetzt wurden. Die russische Luftabwehr hat, was einige Angriffe auf russisches Territorium und auf die Krim mit Drohnen und Raketen belegen, jrdenfalls Probleme. Angeblich wurde im Januar ein S-400-Abschusssystem in Saporischschja 60 km von der Front entfernt zerstört. Es könnte aber auch durch eine Panne in Brand geraten sein.

Netanjahu hat allerdings auch wegen der geplanten „Justizreform“, also der Einschränkung der Kompetenzen des Obersten Gerichts, und der Ausschreitungen der Siedler in Huwara Probleme, weil immer mehr Reservisten es ablehnen, ihren Dienst zu leisten. Oberkommandierende der israelischen Truppen Halevi hat den Verteidigungsminister und Netanjahu gewarnt, dass dann, wenn der Trend anhält, die militärischen Kapazitäten beeinträchtigt würden. Gestern kündigten 47 von 50 Reservisten vom 69. Geschwader der Luftwaffe an, dass sie aus Protest gegen die „Justizreform“ an den vorgesehenen Übungen nicht teilnehmen werden. Das Geschwader hat 2007 einen Angriff auf einen angeblich geplanten syrischen Reaktor und seitdem zahlreiche Angriffe auf syrische Ziele geflogen. Allerdings sagten die Reservisten, sie würden zu operativen Einsätzen einrücken.

Halevi äußerte die Sorge, es könnten keine Mabam-Flüge ausgeführt werden. Das sind Einsätze zwischen Kriegen, also etwa verdeckte Einsätze zu Angriffen auf syrische Ziele oder eben auch iranische Atomanlagen. Verteidigungsminister Gallant rief zu Kompromissen bei der „Justizreform“ auf. Alle ehemaligen Luftwaffenchefs schrieben einen Brief an Netanjahu und den Verteidigungsminister, warnten vor den Konsequenzen und forderten ein Einlenken der Regierung.

Die US-Regierung wird weiterhin zögerlich sein, sich für Netanjahus Pläne zur Bombardierung von iranischen Atomanlagen einspannen zulassen, und entsprechenden Druck ausüben. Washington muss aber fürchten, dass Israel auch wegen der innenpolitischen Krise einen Angriff alleine durchführen könnte. Das wird neben der Ukraine zu einem weiteren Kriegsschauplatz führen, in den US-Truppen unweigerlich hineingezogen würden. Zudem würde die auch militärische Ausrichtung auf den Hauptfeind China darunter leiden.

Allerdings haben die IDF und das Pentagon im Januar erst mit Juniper Oax die bislang größte Militärübung für einen Angriff auf einen möglichen Feind abgehalten, der natürlich der Iran ist. Die USA müssten vor allem Tankflugzeuge für die israelischen Kampfflugzeuge bereitstellen.

Ähnliche Beiträge:

10 Kommentare

  1. „Das könnte neben der Ukraine zu einem weiteren Kriegsschauplatz führen, in den US-Truppen unweigerlich hineingezogen würden.“

    (Um den versäumten Konjunktiv ergänztes Zitat)
    Nein, könnte es nicht.
    Ein wirksamer Angriff auf den Iran müßte mit Nuklearwaffen ausgeführt werden, das hat Pentagon in ausführlichen Planspielen bereits 2002 klar gestellt und das gilt heute noch viel klarer, als gestern.
    Wirksame Israelische Drohungen richten sich seit eh und je gegen Libanon und Syrien.
    Sofern israelische Angriffe auf Libanon und Syrien auswärtige Unterstützung erfordern, gibt es die Partnerschaftsabkommen mit NATO und EUCOM. Am Golf dürften sich beide Seiten hüten, über kleinere Scharmützel hinaus Feindseligkeiten zu beginnen. M.a. W.: die US „Rheinarmee“ würde ggf. einbezogen, Kongress bliebe voraussichtlich unbeteiligt, es sei denn, die Ausschüsse stemmten sich gegen Umwidmung von Pentagon-Budgets.
    (Natürlich ist das ein spekulatives Urteil auf der Basis meiner langjährigen Kenntnis der Szenerie)

  2. Wie gut auch immer das S-400-System ist – vollständige Sicherheit bietet es nicht, es erhöht nur den Preis eines Angriffes. Je besser die Luftverteidigung, umso höher die Anzahl der zu einem erfolgreichen Angriff nötigen Lenkwaffen (die Kampfflugzeuge selbst halten ohnehin sichere Distanz ein).

    Man hat den Eindruck, dem Westen sei momentan nicht an einer Eskalation im Nahen Osten gelegen. Eine solche könnte den nato-Krieg gegen Russland empfindlich stören. Das erhöht die ‚Narrenfreiheit‘ des Iran, denn Israel weiss, dass es zwingend auf westliche Hilfe angewiesen ist, soll ein Angriff nicht zu katastrophalen Gegenschlägen führen. Israel ist zwar extrem gut gerüstet, besitzt bekanntlich selber Atombomben, ist aber ein sehr kleines Land, das mit relativ wenigen Treffern massiv geschädigt werden kann. Und solche sind, wie schon erwähnt, nicht verhinderbar. Der Iran besitzt ein riesiges Arsenal an Raketen, dazu kommt noch jenes der Hizbollah.

    Etwas off topic – Was hat Scholz in Washington gemacht? Doch nicht etwa einen verhängnisvollen Vertrag unterschrieben?

    1. Zu off topic : Gespräche sogar ohne Dolmetscher. Wenn so was passiert, kannst Du das Schlimmste erwarten – aber nicht, daß Du davon rechtzeitig erfahren sollst.

    2. > Was hat Scholz in Washington gemacht?

      Primär demonstriert, dass die Bundesregierung trotz der bekannt gewordenen Nord Stream-Bombenleger ein treuer Vasall ist.

      Das soll verhindern, dass die Republikaner im kommenden Wahlkampf thematisieren, dass die Demokraten-Regierung die Nato nicht wirklich ernst nehmen und ein Hauptstandbein der US-Macht damit schwächen.

      Schon bei der Tour, die Biden kürzlich in Europa machte, wurde hauptsächlich nicht gesagt, dass sich die Ukraine für die Interessen der USA kurz und klein schießen lässt, weil ihr US-„Unterstützung“ zugesichert wurde, und es wurde gesagt, dass die USA aber ganz sicher aktiv würde, wenn Nato-Land – beispielsweise eines der kleinen Randländereien im Nordosten – angegriffen würde.

      Nun ja. Das gilt vermutlich so lange, bis eine Atommacht ein kleines Nato-Land angreift und offenbart, dass die USA gerne bluffen, wenn andere in den Pot einzahlen und ‚all in‘ gehen, aber keine kompletten Idioten sind, wenn es um ihre eigene Haut geht.

  3. In welchem Umfang ist die USA fähig in zig Konfliktzonenen gleichzeitig aktiv zu handeln?
    Allein in der Ukraine wird deutlich, das die USA /NATO Bestände am Limit sind. Während angeblich der Iran, ohne Belege oder Beweise etwas baut, was der Zionisten Staat selbst besitzt. Sollte der UN Inspekteur nicht mal in Israel sich ihren Atomwaffenbestand ansehen und vor allem auch kritisieren?
    Und weil die Medien im extrem Propaganda Modus verharren, hat das Land Indonesien Interesse geäussert an diplomatischen Beziehungen mit Israel.

  4. Der Feind meines Feindes – ich meine das iranische klerikale Regime – ist nicht mein Freund. Wobei kein Zweifel daran bestehen sollte, dass es Sache das iranischen Volkes ist, sich darum zu kümmern. Ist aber nicht der Punkt.

    Der Preis den die “ Welt „, womit der Westen sich selbst meint, dafür hätte zahlen müssen, dass der Iran auf die Anreicherung verzichtet und Kontrollen duldet, wäre die Aufhebung der Sanktionen gewesen? Mit anderen Worten, man hätte das Land ganz normal behandeln müssen und das wäre es gewesen? Vermute, dass das der Welt, also uns nicht zuzumuten war. Dann lieber Krieg, Tote, vielleicht Kernwaffen in Händen, wo ich sie nicht sehen mag.

    Wir werden wirklich so unglaublich weise regiert. Ich fasse es kaum noch.

    Keine Ahnung, wie viele Menschen in der Ukraine bisher draufgingen. Vielleicht 250.000? Was hätten wir zahlen müssen, um deren Leben zu erhalten? Autonomie im Donbass, Neutralität. So wie in der Schweiz ? Um eine solche Zumutung zu verhindern, müssen wir alles einsetzen, was uns zur Verfügung steht. Vor allem erst mal die Söhne der anderen. Später dann die eigenen. Und, sorry, auch die Töchter, klar.

    Angesichts dieser so sehr großartigen Administration, habe ich keine Angst vor dem Russen. Was kann der uns denn schon anhaben, Wenn wir dermaßen gut aufgestellt sind?

    Aus meiner bösen Vergangenheit, als ich noch kommunistisch indoktriniert wurde, fällt mir eine Salz von Karl Liebknecht vor WKI ein: „Der Feind steht im eigenen Land “ So was würde ich natürlich nie sagen. Nicht mal denken würde ich das. Ist nämlich bestimmt verboten.
    Von unserer klugen Regierung

    1. Lass es mich bitte noch etwas deutlicher sagen: Was kann uns der Russe antun, was uns unsere Regierung und deren beste Freunde, die USA, nicht ohnehin antun!
      Wer will da widersprechen, wenn man das läppische Auftreten von Scholz und Baerbock im Ausland ansieht oder terroristische Aktionen wie bei NS durch die USA?
      Nein, die Russen machen mir keine Angst. Die Genannten und ihre mediale Propagandaschlacht sind darin viel erfolgreicher.

  5. „Die russische Luftabwehr hat, was einige Angriffe auf russisches Territorium und auf die Krim mit Drohnen und Raketen belegen, jrdenfalls Probleme.“
    Ja und nein. Die russische Luftabwehr ist mehrschichtig aufgebaut. Die S400/S300 ist dabei die Long Range Variante, optimal über 100km Entfernung. Pantsir-S1 und Tor-M1/2 sind Varianten für die kürzere Distanz, vielleicht ab 30km. Und da gibt´s noch mehr. Soll heißen, nur weil es einen Raketenangriff gibt, muss die S400 noch lange nicht zum Zuge kommen.
    Hinzu kommen noch weitere Faktoren bei der Luftabwehr. Man ist niemals in der Lage, ein großes Land wie Russland komplett mit Luftabwehr abzudecken. Das klappt maximal in den großen Ballungsgebieten, die vermutlich sehr gut geschützt sind. Moskau hat diesbezüglich mehrere Luftabwehr-Verteidigungsringe. Auch sind die Luftabwehrraketen nicht billig. Wenn also erkannt wird, dass eine feindliche Rakete vermutlich irgendwo auf einem Acker einschlagen wird, kommt die S400 gar nicht erst zum Einsatz.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert