Russland testet demonstrativ atomgetriebenen Marschflugkörper Burevestnik

Wladimir Putin und Valery Gerasimov. Bild: Kreml/CC BY-SA-4.0

Der russische Präsident Putin hat am Sonntag mit dem Generalstabschef Valery Gerasimov und anderen Kommandeuren nach der Verhängung der amerikanischen Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil gesprochen. Bei dem Besuch eines Kommandopostens ging es um jüngste angebliche Erfolge bei der Einkreisung ukrainischer Truppen der zu Festungen ausgebauten, strategisch wichtigen  Städte Kupjansk und Pokrowsk. Vor allem aber offenbar um eine Demonstration, dass Russland eine Atommacht ist.

Putin forderte die Kommandeure dazu auf, ukrainische Soldaten, die gefangen werden oder sich ergeben, anständig gemäß internationalen und russischen Gesetzen zu behandeln. Das sei nicht leicht für sie, weil sie von hinten beschossen und mit Drohnen angegriffen würden, wenn sie versuchen, sich zu ergeben. Und bei der Säuberung der neu eroberten Gebiete müsse höchste Umsicht gegenüber der Zivilbevölkerung gewahrt werden.

Wenn Putin dies so betont, könnte man vermuten, dass beides bislang nicht ausreichend praktiziert wird. Es gibt immer wieder Berichte über die Erschießung von Kriegsgefangenen und von Menschenrechtsorganisationen über Folter und Misshandlungen von Kriegsgefangenen. Überdies strich er heraus, dass das Leben der eigenen Soldaten höchste Priorität habe. Im Westen heißt es oft, für die Führung seien die Soldaten Kanonenfutter. Das ist übliche Propaganda, die Russland auch gegenüber der Ukraine betreibt. Putin meinte jedenfalls, die Angriffspläne müssten weiter verfolgt werden, aber ohne sie an Daten oder Ereignisse zu binden.

Gerasimov berichtete von erfolgreichen Nuklearübungen bei denen Interkontinentalraketen des Typs Yars und Sineva sowie zwei Kh-102-Marschflugkörper abgeschossen wurden. Putin erklärte allgemein, allen Militärexperten weltweit sei bekannt, dass „die strategischen Kräfte voll und ganz in der Lage sind, die nationale Sicherheit der Russischen Föderation und des Unionsstaates zu gewährleisten … Die sogenannte Modernität unserer Streitkräfte, oder besser gesagt der nuklearen Abschreckungskräfte, ist auf höchstem Niveau. Man kann ohne Übertreibung behaupten, dass sie mindestens auf einem höheren Niveau sind als die aller anderen Nuklearstaaten.“ Das wird bei Trump nicht gut ankommen.

Besonders hob Putin einen Test des landgestützten  Burevestnik-Marschflugkörpers mit einem Nuklearantrieb und angeblich unbegrenzter Reichweite hervor. Im Nato-Jargon spricht man von SSC-X-9 Skyfall. Putin hatte den Marschflugkörper zusammen mit anderen neuen Waffensystemen 2018 angekündigt und gesagt, er könne von existierenden Raketenabwehrsystemen nicht abgeschossen werden (Video). Burevestnik ist im Flug manövrierbar, soll tief und unbegrenzt weit fliegen und Nuklearsprengköpfe auf dem Weg abfeuern können. Gerasimov sagte Putin, der Test habe am 21. Oktober stattgefunden, der atomgetriebene Marschflugkörper sei 14.000 km geflogen und 15 Stunden in der Luft gewesen.

Das sei aber nicht das Limit: „Die technischen Eigenschaften von Burevestnik ermöglichen generell den Einsatz mit garantierter Genauigkeit gegen hochgeschützte Ziele in jeder Entfernung. Während des Fluges absolvierte die Rakete alle vorgeschriebenen vertikalen und horizontalen Manöver und demonstrierte dabei eine hohe Fähigkeit, Raketenabwehr- und Luftabwehrsystemen auszuweichen“, so Gerasimov. Putin forderte, dass nun die möglichen Einsatzweisen für die Marschflugkörper bestimmt werden und die Vorbereitungen der Infrastruktur dafür beginnen müssten.

Spekuliert wird nun darüber, warum Putin demonstrativ auf den angeblich erfolgreichen Test von Burevestnik hingewiesen hat. Er könnte Trump nach den neu verhängten Sanktionen und vor einer möglichen Lieferung von Tomahawk-Raketen an die Ukraine daran erinnern, dass Russland die Möglichkeiten besitzt, die USA nuklear anzugreifen, ohne dass, so die Behauptung, die Marschflugkörper abgewehrt werden können. Wichtig könnte Putin der Hinweis auf technische Atomwaffeninnovationen auch vor dem Treffen von Trump mit Xi Jinping sein, bei dem es auch darum gehen wird, China dafür zu gewinnen oder zu erpressen, Druck auf Moskau auszuüben, einem Waffenstillstand zuzustimmen.

Wladimir Putin im Gespräch mit Journalisten über die Sanktionen. Bild: Kreml/CC BY-SA-4.0

Sanktionen werden, so Putin, den Ölpreis auf dem Weltmarkt erhöhen

Putin selbst gibt es relativ gelassen, was die Öl-Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil sowie allen Unternehmen, die mit diesen arbeiten an. Es würde Russland treffen, führte er gegenüber Medienvertretern aus, aber man habe gelernt, mit Sanktionen umzugehen. Allerdings würden sie die jüngst entstandenen Beziehungen zwischen Russland und den USA ebenso gefährden wie Tomahawk-Lieferungen. Aber er machte auch darauf aufmerksam, dass ein plötzlicher starker Abfall der russischen Öllieferungen auf den Weltmarkt die Konsequenz habe, dass erst einmal die Preise in die Höhe schnellen, weil so schnell kein Ersatz herbeigeschafft werden könne. Russland, der nach den USA und Saudi-Arabien drittgrößte Ölproduzent, produziere täglich 9,5 Millionen Barrel, davon kämen 7,5 Millionen auf den Weltmarkt.

Treffen würde dies auch die USA, da diese zwar etwa 13 Millionen Barrel täglich produzieren, aber 20 Millionen selbst verbrauchen, also dann auch teures Öl kaufen müssen (da könnten die amerikanischen Bestrebungen eines Regierungssturzes in Venezuela mit seinen riesigen Ölressourcen verständlich werden). Jetzt schon sind die Ölpreise auf dem Weltmarkt in die Höhe geschossen, auch da Indien aufgrund der Sanktionen sein Öl nicht mehr aus Russland beziehen will.

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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25 Kommentare

  1. „Bei dem Besuch eines Kommandopostens ging es um jüngste angebliche Erfolge bei der Einkreisung ukrainischer Truppen der zu Festungen ausgebauten, strategisch wichtigen Städte Kupjansk und Pokrowsk.“ Da ist nichts ‚angeblich‘, das geben die OsInt-Quellen durchaus her.

    „Jetzt schon sind die Ölpreise auf dem Weltmarkt in die Höhe geschossen,…“ In Wirklichkeit ein bescheidener Hupfer auf weiterhin recht niedrigem Niveau. Offensichtlich gibt es momentan eine beachtliche Marktsättigung, die Zunahme der Elektrifzierung beginnt sich wohl auszuwirken.

    Bezüglich der Thematisierung des „angeblich erfolgreichen Test[s] von Burevestnik“ gibts auch nichts zu spekulieren. Das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl für die immer noch im Delirium der Neunziger verharrenden und daher sich u. a. militärisch für überlegen haltenden Westler, speziell Europäer. Loitering A-Munition ist was Neues. Der Fortschritt ist wirklich nicht aufzuhalten… Die Verlautbarungen Putins pflegen übrigens nach und nach bestätigt zu werden. Er ist definitiv kein Hochstapler.

  2. Wie dem auch sei, ob wahr, halbwahr oder gelogen, die Spirale der Auseinandersetzung dreht sich immer schneller nach oben. Wer verliert, ist nicht kalkulierbar. Absehbar ist aber, dass die Menschheit insgesamt verliert. Die Probleme, die dieser Planet hat, werden verschärft. Ich erwarte, das bei den nächsten Sanktionspaketen und Strafzöllen dann der Krieg im Weltraum beginnt. Dies wird nichts besser machen. Es gibt keine 100% ige Sicherheit, nirgends. Bereits 1% Unsicherheit kann das Auslöschen der Zivilisation zur Folge haben, da nutzen auch Luxusbunker nichts mehr. Aber wir sind ja die Guten, vielleicht sollte man für die Ursachenforschung in 10000 Jahren, wenn sich wieder intelligentes Leben entwickeln sollte, ein paar atomsichere Grabsteine hinterlassen, auf denen dann steht: „Wir, die Guten, haben aktiv am Untergang des Homo Sapiens gearbeitet“.

    1. Es ist ein Kampf um die Weltherrschaft, bzw von russischer Seite die Verteidigung dagegen, Der spielt sich in einer Umgebung mit wachsender Knappheit erforderlicher Güter und wachsender Instabilität des gesamten Ökosystems und insgesamt zu hoher Bevölkerungszahl ab.
      Dass kann nur schief gehen. Es ist quasi der Endkampf der Menschheit.
      Aber man sollte erinnern, was Stanislav Lem bereist vor Jahrzehnten zu bedenken gab:
      Wir denken üblicherweise, das es nur die Alternativen gibt, die Menschheit löst irgendwie ihre Probleme oder sie geht unter. Dabei vergessen wir, dass es eine dritte Möglichkeit gibt, die nicht mal die unwahrscheinlichste ist. Die Menschheit tritt in eine Phase lang andauernden Siechtums ein.

  3. Wie ich schon des öfteren schrub, werden die uns alle umbringen.
    Wenn nicht jetzt, dann halt etwas später.
    Wenn wir es nicht zeitnah schaffen, die herrschende Klasse zu beseitigen, werden wir alle den Bach runtergehen.

  4. Man muß Putin da absolut recht geben. Die Sprit- und Heizölpreise in Deutschland sind aktuell nur deswegen „erträglich“, weil wir viel davon fertig aus Indien importieren. Die Raffinerien dort produzieren Benzin und Diesel aus russischem Erdöl. Wir könnten das in Schwedt natürlich auch, aber, wir sind ja zu blöd dazu.

    Von daher waren in der Vergangenheit „Appelle“ Baerbocks an Indien, damit aufzuhören, schon krank genug. Wenn sie jetzt aber möglicherweise dem Druck aus den USA nachgäben, würde das vor allem einen Preisschock in der EU auslösen. Gar nicht dumm – aus Washingtons Sicht.
    Mal schauen,. Zuletzt ist Modi gar nicht mehr ans Telefon gegangen, wenn Donald anrief….

    1. Ich finde Modi sehr schwer einzuschätzen. Viele Länder machen wohl noch ihre ersten Erfahrungen mit der Multipolarität – und niemand ist gezwungen, irgendwelche Allianzen einzugehen. Aber inzwischen sieht der globale Süden daß Washington eigentlich nur 2 „Waffen“ hat. Bomben und Sanktionen. Die Probleme, die sie damit machen können, muss man jedoch ernst nehmen. (Warum unterstützt niemand Venezuela so offen, wie es von den USA angegriffen wird? Weil es NOCH zu gefährlich wäre.)

      https://anti-spiegel.ru/2025/indien-sagt-es-gehe-keine-deals-unter-vorgehaltener-waffe-ein/

  5. Ich bin zwar kein Waffennarr aber es würde mich dann schon einmal interessieren wie diese atomgetriebene Rakete funktioniert. Eine Rakete ist doch kein U-Boot in das man einen gewöhnlichen Kernreaktor zur Stromgewinnung einbaut. Weiß darüber jemand mehr?

    1. Die Kernreaktion erhitzt die das Triebwerk durchströmende Luft, so wie das bisher mit Kerosin erreicht wird. Der Dreck, der hinten rauskommt, ist dummerweise etwas anders beschaffen. Da kommt dann eben ein Tschernobyl angeflogen …

      1. Das war in den späten 1950ern Stand der Technik. Ich denke, wenn der russische Atom-Sturmvogel immer noch so funktionieren würde hätte man die bei den (erfolgreichen) Tests in die Atmosphäre abgegebene Radioaktivität gemessen und ein Propaganda-Faß aufgemacht deswegen. Ich meine deshalb, die aktuelle Version hat da noch eine Zwischenschicht die wärmeleitfähig genug ist, aber den Brennstoff vom restlichen Triebwerk trennt. Erst damit ist das als lange umherfliegende loitering ammunition brauchbar.

    2. Man erhitzt Luft so schnell, dass der Druck in einem Triebwerk gerichtet einen Schub erzeugt. Welcher Typ Gas genutzt wird, ist eigentlich egal. Bei einem klassischen Triebwerk sind es die Verbrennungsgase. Jetzt eben Luft, durch Kernspaltung erhitzt. Man könnte auch eine elektrische Glühwendel nehmen. Nur woher kriegt die ihre Energie? Nuklear geht Hitze sehr einfach.

      Die Konstruktion scheint aber ja praktisch so schwierig zu sein, dass mam das erst heute hinkriegt. Man hat sowohl in USA als auch in der Sowjetunion in den 50ern an sowas gearbeitet und ist gescheitert.

    3. @ Trux
      Immerhin haben Sie zu mindest schon mal erkannt, daß eine Rakete kein U-Boot ist. 👍
      Die alleswissenden Genossen aus dem Overton Forum werden Sie sicher gerne über weitere Details aufklären.😆 😅 😂 🤣

  6. Es ist ein weiterer Wink mit der Zaunlatte in Richtung USA, dass diese Rakete jetzt
    vorgestellt wird. Es ist ja immer noch völlig offen, ob Trump und sein Feldherr, äh.. Kriegsminister
    Hegseth der Ukraine doch noch von den Europäern bezahlte Waffen liefern, die weit in das
    russische Kerngebiet reichen können. Die Russen demonstrieren in den letzten 20 Monaten
    immer deutlicher, dass die USA in Reichweite ihrer Waffen liegen. Ich vermute, dass es bei
    einem ukrainischen, von US Spezialisten begleiteten Angriff auf Moskau, Russland eine oder
    mehrere Raketen auf die USA losläßt. Was die Ammis wirklich vorhaben, bleibt aber in den
    wirren Gehirnen von Trump und seinen Helfern (oder vielleicht auch seinen Auftraggebern)
    versteckt. Deutschland, bis auf die US Standorte, ist für Russland als Angriffsziel völlig
    uninteressant. Das kriegerische Aufblähen der deutschen Politiker wird von den Russen,
    aber auch sogar von westelichen „Freunden“ mit belächeln oder mit kopfschütteln aufgenommen.
    Die Deutschen Politiker werden überhaupt nicht mehr von den Staatscheffs wahrgenommen.
    Es ist alles nicht sehr schön was gerade auf der Welt geschieht. Hauptverursacher dieses
    Chaos sind an erster Stelle die USA. Wenn ein Denkzettel in Form von Atomgetriebenen
    Raketen auf die USA tatsächlich nötig ist, wird es geschehen. Ich halte es aber für wahrscheinlicher,
    dass die USA von den BRICS Ländern wirtschaftlich in die Knie gezwungen wird.

    1. @Träumer

      „Es ist alles nicht sehr schön was gerade auf der Welt geschieht. Hauptverursacher dieses
      Chaos sind an erster Stelle die USA. Wenn ein Denkzettel in Form von Atomgetriebenen
      Raketen auf die USA tatsächlich nötig ist, wird es geschehen. Ich halte es aber für wahrscheinlicher,
      dass die USA von den BRICS Ländern wirtschaftlich in die Knie gezwungen wird.“

      Den USA fehlt schlicht die Erfahrung, dass ihre Arroganz und Respektlosigkeit auf sie zurückschlagen.
      Ein Einschlag auf amerikanischem Boden könnte sie evtl. zur Vernunft bringen, auch wenn die Chance eher dünn ist.
      Es steht zu befürchten, dass sie, im Wahn, ihre Position halten zu wollen, bis zum Äußersten gehen, bvor sie sich den BRICS beugen.

  7. Das gute am „Sturmvogel“ ist seine nahezu unbegrenzte Reichweite. Da werden die Bunker und sonstige Fluchtdomizile des globalistischen Geldadels in Patagonien, Neuseeland und ähnlichen Regionen wohl erheblich an Wert verlieren.

    https://m.youtube.com/watch?v=4aK7SZG8fhI

    „Kommt aus dem Nichts, fährt wie Regen
    Stormbringer tanzt wieder auf dem Donner
    Dunkle Wolken ziehen auf und brechen den Tag
    Es hat keinen Sinn wegzulaufen, denn es kommt auf dich zu
    Reite den Regenbogen, knacke den Himmel
    Stormbringer kommt
    Zeit zu sterben“

  8. https://energiestatistik.enerdata.net/rohoel/rohoel-bilanz-handel-data.html

    Wenn man beim Rohöl auf Förderung geht, sieht man oben die USA, Russland und Saudiarabien. Wenn man dann auf Handel umschaltet, sieht man die USA hinter China, Indien und Südkorea als Viertgrößten Nettoimporteur.
    Um Russland und Saudiarabien zu finden, muss man die Tabelle auf die niedrigsten Werte umschalten und findet sie ganz am Ende. Die größten Nettoexporteure für Rohöl sind Saudiarabien, Russland, Kanada, VAE, Norwegen und Brasilien.

    PS. Rohöl wird nicht produziert, sondern nur gefördert.

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