Roboter sollen verstehen, wie es ist, ein Mensch zu sein

Emotionale Roboter
Bild: Marco Verch/ccnull.de/CC BY-2.0

 

Einer der IT-Gurus, die einem extremen libertären Kurs folgen und möglichst alle staatlichen Aufgaben der Wirtschaft bzw. den Oligarchen überlassen wollen, ist der deutschstämmige Peter Thiel, mit dem Verkauf von PayPal in die Riege der Tech-Milliardäre aufgestiegen. Paradoxerweise mehrt der Tolkin-Fan sein Vermögen mit Palantir, das vor allem für Staaten und ihr Militär Software-„Lösungen“ entwickelt. Aber so weit geht die Destruktion nicht, Militär, Geheimdienste und Polizei bleiben notwendig, um die Oligarchen, ihr Vermögen und ihre Produktionsmittel zu sichern.

Thiel gilt als die treibende Kraft hinter JD Vance, der diesen zum Senator und dann zum Vizepräsidenten gemacht hat und damit direkt Zugang zur politischen Führung der USA hat. Vance hat den Krieg gegen die Universitäten und Professoren als Feinde ausgerufen. Thiel hat diesen längst begonnen und fördert mit Thiel Fellowship junge Menschen, die aus der akademischen Bildung ausbrechen, weil man nur studiert, weil man keine Idee hat, was man sonst machen kann. Jeweils 20 unter 22-Jährige können jährlich als Stipendium 200.000 Dollar für zwei Jahre erhalten, um wissenschaftlich zu arbeiten oder ein Start-up zu entwickeln. Einige der Stipendiaten setzte Elon Musk für seine Verschlankungsoperationen des Ministeriums für Regierungseffizienz (DOGE) ein.

Einer der Stipendiaten ist der jetzt neunzehnjährige Teddy Warner, der schon Firmen gegründet und bei Autodesk oder der KI-Firma Midjourney gearbeitet hat und seltsamen Ideen der Selbstoptimierung nachgeht (How to convince yourself into greatness). So hat er das Start-up Intempus gegründet, das Roboter schlauer machen will, indem sie auch mit physiologischen Daten von fMRI-Scans (funktioneller Magnetresonanztomographie) gefüttert und dadurch menschenähnlicher werden sollen. Dafür hat er das Thiel-Stipendium erhalten.

Andere Stipendiaten, darunter auch mehrere Deutsche, werden gefördert, um eine „Ganzkörper-Regeneration“ zu entwickeln, um Herzen zu heilen oder Gliedmaßen nachwachsen zu lassen. Oder es geht um eine App, um über nichtinvasive Neurostimulatoren das Gehirn zu beeinflussen. Einer will „digitale Menschen“ entwickeln, die ununterscheidbar von wirklichen sein sollen. Oder es geht um ein „planetares Verteidigungssystem für Extremwetter“.

Warner will emotional intelligente Roboter entwickeln, die Entscheidungen wie Menschen treffen können, die in der Welt oder Realität mit ihrem Körper und damit ihren physiologischen Befindlichkeiten und Reaktionen leben. Bislang hat man versucht, die KI mit Daten zu füttern und zu trainieren, die die Wirklichkeit spiegeln, Warner meint, es sei wichtig eine physiologische Ebene zwischen Erkennen und Handeln dazwischenzuschieben: „Roboter haben keinen physiologischen Zustand. Sie haben keinen Spaß, sie haben keinen Stress.“ Physiologisch soll wohl bedeuten, dass sie Emotionen haben, die verkörperten Wesen eigen sind. Es geht also darum, aus dem coolen, unpersönlichen Verarbeiten von Daten zu einer Art emotionaler Intelligenz überzugehen, die Roboter menschenähnlicher agieren und reagieren lässt, indem sie gewissermaßen subjektiv vererdet werden und damit auch besser die Welt verstehen können, in der die Menschen leben. Sie müssen einen Einblick in die Innenwelt der Menschen erhalten, weil Wahrnehmung (Sehen, Hören) von äußerlichen Eindrücken nicht ausreiche. Solche Roboter würden dann besser mit Menschen kommunizieren, wären weniger unheimlich, meint der junge Mann.

Letztlich sollen, so der Anspruch, KI-Systeme wissen, im Sinne von verstehen, wie es ist, ein Mensch zu sein. Eigentlich müsste man dialektisch dann auch Menschen für eine ausgeglichenes wechselseitiges Verhältnis befähigen zu wissen, wie es ist, ein KI-System zu sein, das wissen soll, was es heißt, ein Mensch zu sein. In dem vereinfachten asymmetrischen  Verhältnis sollen die Menschen getäuscht oder manipuliert werden. Getäuscht, weil sie glauben sollen, dass der Roboter oder der KI-Agent physiologisch verankerte Emotionen hat, manipuliert, weil sie dadurch ein Vertrauensverhältnis aufbauen könnten, das sich vom KI-Agenten und vor allem von dessen Besitzer ausbeuten lässt.

Und wie soll der KI menschliche Emotion als Zwischeninstanz eingesetzt werden? Es können ja wieder nur Daten sein, die dem neuronalen Netzwerk zugespielt werden, es wird schließlich nicht in einen biologischen, nassen Körper eingepflanzt. Warner benutzt dafür Daten aus Sitzungen mit einem Lügendetektor und will ein KI-System entwickelt haben, das aus diesen Daten durch Lernen eine „emotionale Komposition“ für KI-Agenten erzeugt. Damit soll ein Ansatz entwickelt worden sein, physiologische Zustandsdaten in das Training von Weltmodellen zu integrieren. Er stellt sich vor, natürlich würde man sagen, möglichst alle physiologischen Zustandssignale wie Bewegungen der Gesichtsmuskeln durch EMG, Herzfrequenzvariabilität und elektrodermale Aktivität einzubeziehen: „Dieser multimodale Ansatz für physiologische Zustände könnte in Verbindung mit fortschrittlichen Transformatorarchitekturen Weltmodelle in die Lage versetzen, ein zeitliches Verständnis zu entwickeln, das menschliche kognitive Prozesse besser widerspiegelt, insbesondere bei kausalen Schlussfolgerungen und Zustandsübergängen.“

Die Roboter oder KI-Systeme sollen letztlich Menschen gegenüber, wenn ich es richtig verstehe, wie immer auch menschliche Emotionen und durch Simulation physiologischer Zustände vermitteltes Denken zeigen. In einem Interview sagte Warner: „Ich habe eine Reihe von Robotern, die eine Reihe von Emotionen steuern. Ich möchte, dass jemand reinkommt und einfach versteht, dass dieser Roboter ein fröhlicher Roboter ist, und wenn ich auf natürliche Weise einige Emotionen, einige Absichten, die der Roboter hat, vermitteln kann, dann habe ich meinen Job richtig gemacht.“

Wie das gehen soll, ist mir zwar schleierhaft, interessant ist an seinem Ansatz allerdings, dass generative KI nicht nur Muster in Äußerungen und sicht- und hörbaren Daten lernen soll, um menschliche kognitive Prozesse zu simulieren, sondern auch die begleitenden physiologischen Aktivitätsmuster. Letztlich muss das dahin hinauslaufen, die KI in einen empfindungsfähigen Körper einzufügen, der sensorische Reize aus der Welt und innere Reize aus seinem Körper verarbeitet und damit eine Selbstbezüglichkeit haben müsste, die nicht vollständig kontrolliert werden kann und die Kognition beeinflusst und stört. Dazu müsste die in einem Roboterkörper integrierte KI mit ihrer emotionalen Intelligenz aber neben den Emotionen auch die Irreversibilität der Zeit und Endlichkeit des Lebens empfinden und damit auch das Aufbegehren dagegen, mitsamt dem verzweifelten oder heroischen Nihilismus, die Welt oder möglichst viele Menschen mit sich untergehen zu lassen.

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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14 Kommentare

  1. Das ist am Sonntag den 15.06.2025 in Den Haag (Niederlanden) bzgl. Gaza passiert:

    In Den Haag war eine Demonstration gegen den Völkermord und gegen die Unterstützung der Regierung. Die Veranstalter gehen von einer Teilnehmeranzahl von über 150.000 Menschen aus. Bereits am 18. Mai hatten sich 100.000 Menschen eingefunden und die Demonstration zu der grössten seit 20 Jahren gemacht.

  2. Anorganischer Code ist immer tot. Es ist einfach nur leblose Simulation. Wenn es eine Seele geben sollte, dann wäre der ganze Blödsinn noch abstruser.

    1. @Autonomer: So wie es zur Zeit überall abgeht, ist der Mensch die absolute Plage… Besonders die Führung der „westlichen Welt“
      Anwesende zum Teil ausgeschlossen!

  3. Es wird immer gesagt: Seht her, was er schon kann, unser Roboter, z.B. sprechen und wie ein Mensch kommunizieren (siehe LLMs). Hat jemand eigentlich schon mal an die Verdauung und den Appetit gedacht, zwecks jahrzehntelanger Energiezufuhr? Getreide und Kartoffeln statt Akku, sozusagen. Nein? Müsste das nicht viel einfacher nachzubauen sein als ein Gehirn?

    1. Kommt drauf, welche Art Roboter gemeint ist. Was soll der Kleine denn werden? Frontroboter, Putzroboter, Mähroboter, Grillroboter, Kommentarroboter, Sexroboter, Universalroboter?

    2. Mit sicherheit ist ein anständiger Verdauungstrakt erheblich schwieriger nachzubauen
      als ein Gehirn eines deutschen Politikers. Das Hirn von Merz z.B. ist schon mir 2-4
      Darmzellen eines Huhns nachzubilden. Das unseres Außenministers nachzubilden ist schon
      schwieriger. In einem Schädel ein dauerhaftes Vakuum aufrecht zu halten, wird wohl der
      Natur vorenthalten bleiben.

      1. Ein Vakuum würde seiner Natur nach alles ansaugen, selbst Intelligenz. Es herrscht aber ein intellektueller Überdruck, aufgrund dessen die Intelligenz in den Weltraum entweicht.

  4. Selbst einige Menschen verstehen nicht, wie es ist, ein Mensch zu sein. Nehmen wir mal unsere parasitär orientierte Funktionselite: Das sind Aliens und Menschlichkeit steht nicht auf ihrem Speiseplan. Wir benötigen gar keine Roboter, um als Spezies Suizid zu begehen, weil es schon genügend menschliche Blechköpfe gibt. Jetzt nicht gleich den Notarzt swatten, ok? Alles gut.
    https://www.youtube.com/watch?v=9RqZgaCWkOo
    Der Sommer ist noch jung und wir benötigen in Zukunft viele kleine Frontsoldaten.

      1. Rammeln ist zwar eine zutiefst herabwürdigende Bezeichnung dafür, weil mit derartigen Unterfangen auch zutiefst menschliche Unterfangen in Einklang zu bringen sind aber ja: Im Endeffekt sollten wir vielleicht alles daran setzen, als produktive Gesellschaft genügend kriegstüchtigen Nachwuchs zu produzieren. Der Heimaturlaub sei hierfür die ideale Gelegenheit.

  5. Dem kommenden Overlord vorher eine Ausbildung in menschlicher Psychologie zu verpassen könnte eventuell eine schlechte Idee sein….. vielleicht auch eine gute, aber weil es, wenn es sich als schlechte Idee herausstellt, eine wirklich sehr sehr schlechte Idee war, ist lassen definitiv sicherer als machen.
    Das wäre dann Rokos Basilisk in Potenz…

    1. Falls dieses Reptilienarschgesicht in meine Wohnung oder die meiner Freundin auch nur hinein spaziert, würde ich ihm natürlich sofort den Garaus machen, bevor er größeren Schaden anrichten kann. Diese Kampfroboter haben meistens einen oder mehrere Schwachpunkte. Ich würde mir daher zunächst aus umher liegenden Teilen eine Werkbank bauen und aus verschiedenen, anderen Teilen wie beispielsweise einer Mikrowelle, wenn das mit der Werkbank funktioniert hat, ein elektromagnetisches Impulsgerät basteln, mit dem ich irgendwelche unterirdische Hochspannungsleitungen anzapfen könnte. Der dergestalt erzeugte, elektromagnetische Impuls wäre vielleicht potent genug, mich für immer in das erlöschende Gedächtnis dieses Kampfroboters ein zu brennen. Wer weiß schon, wofür Menschen noch gut sind.

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