Revolte nach US-Vorbild von Bolsonaro-Anhängern in Brasilia

Bolsonaro-Anhänger stürmen das Regierungsviertel. Screenshot von YouTube-Video

Die Unruhen zeigen, dass Brasilien gespalten ist und dass die neue Regierung, die ein neue Umweltpolitik mit einer umstrittenen Umweltministerin anstrebt, vor erheblichen Problemen steht.

 

Der nachfolgende Artikel entstand vor den Unruhen von Bolsonaro-Anhängern am Sonntag in Brasilia. Nach dem Vorbild der Trumpanhänger waren in der brasilianischen Hauptstadt Tausende von Bolsonara-Anhängern in das Regierungsviertel und in den Nationalkongress, das Oberste Gericht und den Sitz des Präsidenten eingedrungen. Sie bestreiten die Wahlniederlage von Bolsonaro.

Die neue Regierung hat harte Maßnahmen gegen die Aufständischen angekündigt: „Wie werden herausfinden, wer diese Vandalen finanziert hat. Wir werden die Hintermänner finden und sie mit der Macht des Gesetzes dafür bezahlen lassen“, drohte Präsident Lula da Silva. Er macht Bolsonaro für die Unruhen verantwortlich.

Aus dem Ausland hagelte es Sympathiebekundungen für Präsident Lula. Bolsonaro hat sich ebenso wie seine Partei Partido Liberal von dem Angriff distanziert, räumt aber weiterhin keine Wahlniederlage ein. Lula entließ den Sicherheitschef von Brasilia, ehemals Justizminister unter Bolsonaro. Die Bundesregierung hat die Kontrolle in dem Bundesstaat übernommen, in der Nacht kehrte gespannte Ruhe ein. Mehr als 300 Personen wurden festgenommen.

Bolsonaro ist am 31. Dezember in die USA geflohen, nach Florida. US-Präsident Biden verurteilte den „Angriff auf die Demokratie“. Einige Abgeordnete fordern die Auslieferung des Ex-Präsidenten. Der Bolsonaro-Anhänger Ibaneis Rocha, der Gouverneur von Brasilia, wurde für 90 Tage seines Amtes enthoben, weil der Verdacht besteht, dass die Führung des Bundesdistrikts mit den Putschisten konspiriert haben. Die Polizei hatte die Bolsonaro-Anhänger aufmarschieren lassen und sie nicht daran gehindert, in das Regierungsviertel einzudringen.

 

Neuanfang in der brasilianischen Umweltpolitik?

Lange hatte es gedauert, bis der „neue“ (es ist seine dritte Amtszeit) brasilianische Präsident, Lula da Silva, seine Ministerriege vorstellen konnte. Für Überraschung sorgte seine neue Umweltministerin, Marina Silva, „neu“ ebenfalls in Anführungszeichen. Denn sie war bereits zwischen 2003 und 2008 Lulas Umweltministerin und schied damals in Unfrieden aus. Jetzt also wieder vereint? Wie stehen die Chancen für die neue brasilianische Regierung und für die Rettung Amazoniens?

An Ankündigungen mangelt es nicht in Brasilia. Und Lula will es allen Recht machen. Den USA und Europa bietet er sich als Partner beim Klimaschutz an und verspricht, die Abholzung des Regenwaldes zu beenden. Seinem inzwischen größten Handelspartner, der VR China, verspricht er, das Bündnis BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) auszubauen. Und seinen Nachbarn versichert er die „Wiederaufnahme der südamerikanischen Integration auf der Grundlage des Mercosur (des gemeinsamen Marktes Südamerikas) und von UNASUR (Union Südamerikanischer Nationen).“ Doch welche Bedingungen findet der 77-Jährige vor, der Brasilien von 2003 bis 2011 regiert und viele seiner damaligen Mitstreiter enttäuscht hatte?

Lula hat zwar die Stichwahl gegen den rechtsradikalen Jair Bolsonaro gewonnen, aber dafür musste er ein Bündnis mit diversen konservativen Parteien schmieden. Sein Vizepräsident ist Gerardo Alckmin, ein neoliberaler Sozialdemokrat. Bolsonaro hatte in den wichtigsten Bundesstaaten gewonnen und das bedeutet, dass Lula im Kongress keine eigene Mehrheit hat.

Laut der Organisation PRODES, die Amazonien mit Satelliten überwacht, wuchs der Kahlschlag unter Bolsonaro um 73 Prozent. Er hatte in wenigen Jahren den Haushalt der staatlichen Institutionen zusammen gestrichen, die für Umweltschutz zuständig sind, wie den des Umweltministeriums IBAMA und von FUNAI, die die Indigenengebiete vor illegalen Holzfällern und Goldschürfern schützen soll. Verstöße gegen die Umweltgesetze wurden kaum verfolgt sondern versandeten in der Bürokratie. Die frisch gekürte Umweltministerin wird ihre Behörde erst einmal wieder aktionsfähig machen müssen.

Die Ministerin Marina Silva

Die 64-Jährige wurde auf einer Kautschukplantage im Bundesstaat Acre geboren. Erst als Jugendliche lernte sie lesen und schreiben. Sie trat in die PRC ein, die Revolutionäre Kommunistische Partei, deren Mitglieder dann die PT, die Arbeiterpartei, gründeten. Gemeinsam mit Chico Mendes gründete sie eine Gewerkschaft in Acre und setzte sich für den Umweltschutz ein. Mendes wurde 1988 ermordet, Silva ging in die Bundespolitik, und wandte sich den Evangelikalen zu.

2003 ernannte Lula Marina Silva zu seiner Umweltministerin. Aber der Druck der Agro- und Holzlobby war zu stark. Sie musste entgegen eigener Wahlversprechen die genmodifizierte Soja samt den dazugehörigen Pestiziden zulassen und das AKW Angra 3 genehmigen. Nachdem 2008 der Wirtschaftsplan PAS für eine angeblich nachhaltige Erschließung Amazoniens verkündet wurde, reichte sie ihren Rücktritt ein. Ein Jahr später trat sie in die Grüne Partei ein, die vor allem von den Militärs misstrauisch beäugt wird, da sie in ihren Äußerungen die nationale Souveränität dem Umweltschutz unterordnet.

Silva verließ die Grünen 2011 und suchte bei anderen Parteien eine politische Heimat, bewarb sich mehrfach vergeblich für das Amt der Staatspräsidentin. Aber es war die frühere Guerillera Dilma Rousseff, die Lulas Nachfolgerin wurde. Doch die Stimmung in der Bevölkerung kippte, auch an der Basis der Arbeiterpartei. Zu viele Versprechen waren verraten worden. Die PT hatte kein neues Mediengesetz auf den Weg gebracht, das Monsanto-Paket erlaubt, dem Finanzkapital keine Grenzen gesetzt, und auch die Integration des Subkontinents war ein Lippenbekenntnis geblieben. Die nationale Bourgeoisie war nicht bereit, gemeinsame Projekte mitzufinanzieren. Hinzu kamen die Vetternwirtschaft und Korruption.

2016 wurde Dilma Rousseff in einem umstrittenen Impeachment-Verfahren abgesetzt, und Marina Silva stimmte gegen die PT-Präsidentin, gemeinsam mit der Rechten. Heute steht sie gegen die Schwangerschaftsunterbrechung, für ein liberales Wirtschaftssystem und Privatisierungen. Wie das mit den Ideen Lulas zu vereinbaren sein wird und woher die PT die Mehrheiten für ihre angekündigten Pläne nehmen will, steht in den Sternen. Und, wie gesagt, fast die Hälfte der Brasilianer hatten im zweiten Wahlgang für den rechtsradikalen Bolsonaro gestimmt statt für die Mitte-Links Koalition um Lula.

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3 Kommentare

  1. „Revolte nach US-Vorbild“? Wo war Bolsonaro noch einmal als Lula ins Amt eingeführt wurde – in den USA in Florida? Psy-OP bestimmer trumpscher US-Kreise in Braslilien????? Nachtigall ick hör dir trapsen…..!!!!

    „[….]US-Politiker fordern Ausweisung Bolsonaros nach Brasilien
    Während seine Anhänger mehrere Regierungsgebäude in Brasilien stürmten, war Jair Bolsonaro in Florida. Jetzt wird sein Aufenthalt in den USA zum diplomatischen Problem.[…]“

    Website:

    https://www.handelsblatt.com/politik/international/unterschlupf-in-florida-us-politiker-fordern-ausweisung-bolsonaros-nach-brasilien/28911182.html

    Gruß
    Bernie

  2. Fr. Silva erscheint wie ein ‚U-Boot‘ und überhaupt habe ich den Eindruck :
    Das Murks und Mauschel am Werke waren
    Die Evangekalen ist eine Freikirche mit Konservativen Vorstellungen und das obwohl die römisch katholisch am weitesten verbreitet ist…

    PS da fiel mir gerade der Herr Moshemann ein.

  3. Die Bilder gleichen sich und vermutlich auch die Geldgeber der Provokateure. Konservative sind inzwischen Rechtsradikale und solch ein Bild wird auch in der Öffentlichkeit konstruiert. Die Rechtmäßigkeit der Ergebnisse sind wie in jeder sogenannten Demokratie zweifelhaft, es ist jedenfalls sehr auffällig, das die Ergebnisse immer so „knapp“ sind und das dabei immer die linken Kandidaten am Ende das Rennen für sich entscheiden. Nur wenn der Abstand zwischen Links und Rechts zugunsten von rechts zu groß ist, können sie nicht „kreativ“ werden. Aber das ist dann auch kein Problem, dann stolpert die Regierung über einen Skandal, als ob es die nicht auch bei linken Regierungen gibt, nur wird über die nicht berichtet und was nicht öffentlich ist, ist auch nicht passiert. Nun soll also wieder einmal das konservative Lager in ein schlechtes Licht gerückt werden, da sie wissen, dass sich die linke Regierung ansonsten nicht lange halten kann. Jetzt können sie immer wieder mit dem Finger auf sie zeigen, so wie sie es in den USA und mit dem sogenannten Reichstagssturm gemacht haben. Das ist alles nur Theater und man fragt sich, was die Geldgeber an diesen linken Wahnsinn für einen Narren gefressen haben, viele von ihnen sind durch rechte Politik überhaupt erst reich geworden. Aber vermutlich sind es die Erben, die selbst noch nie etwas erschaffen haben, die in ihren Partykreisen mit linken Idee, ebenfalls von Nichtskönnern, verseucht werden und aufgrund ihrer mangelhaften Lebenserfahrung den Mist dann auch noch Glauben.

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