Renten-Showdown im Bundestag: Ach, das Volk? – das hat bis 2029 Pause!

Der Vorsitzende der CDU-Rebellen „Junge Gruppe“, Pascal Redding, in der Debatte um das Rentenpaket. Screenshot von Video des >Deutschen Bundestags.

Merz-Regierung gerettet, dafür geht die Demokratie vor die Hunde. Wieso das?

Nahezu zeitgleich mit der Verabschiedung der Rentengesetze im Bundestag am 5.12.25 passierten zwei weitere bemerkenswerte Ereignisse in Sachen Rente:

Die Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichte in der letzten Novemberwoche die vergleichende Analyse der Rentensysteme ihrer Mitgliedsstaaten. Demnach rangiert das deutsche Nettorentenniveau auf Platz 17 von 22 EU-Staaten. Es wird nur noch unterboten von Lettland, Polen, Estland, Irland und Litauen. Die Tendenz der deutschen Rente geht in Richtung Platz 18, der derzeit noch Lettland besetzt.

Am 4.12.25 veröffentlichte die ARD ihre aktuelle Meinungsumfrage „Deutschlandtrend“. Schwerpunkt war die aktuelle Rentenpolitik mit sehr eindeutigen Aussagen:

76 % der Befragten sind gegen eine weitere Absenkung des Rentenniveaus.

69 % lehnen es ab, dass die Renten weniger stark steigen als die Löhne.

81 % wollen keine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre.

83 % wollen, dass Beamte, Politiker und Selbständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen.

Sowohl die zum wiederholten Male ausgesprochene OECD-Klatsche zum erbärmlichen Leistungsniveau der Renten in Deutschland, als auch die deutlichen Willensbekundungen des Wahlvolkes zur Rentenpolitik spielten im Bundestag und in den Medien keinerlei Rolle. Gerade das sehr klare Wollen des Souveräns in Sachen Rente wird seit Jahrzehnten in Umfragen dokumentiert und seit Jahrzehnten von großen Mehrheiten im Bundestag ignoriert, ja, häufig in den Dreck getreten (siehe hier und hier).

Am 5.12. fand wieder das in den Dreck Treten statt. Das Rentenniveau wird ab 2031 weiter abgesenkt, es wird bis 2040 von 48 % auf 46 % abgesenkt. Die Renten werden weiter von der Lohnentwicklung abgekoppelt und zwar bis 2040 um weitere 4 % (siehe unten). Angekündigt wurde die Einsetzung einer Rentenkommission, deren Aufgabe schon jetzt ins Stammbuch geschrieben wurde, ein Konzept zur Heraufsetzung des Renteneintrittsalters zu erarbeiten.

Statt den von der Rentenpolitik Betroffenen das Wort zu geben, wird eine kleine Gruppe von Parteikarrieristen zu Helden von Medien, Wirtschaftsverbänden und neoliberalen Ökonomen hochgejubelt. Die Heldentat besteht darin, dass sie sich in jedem Punkt vollständig gegen den Willen der großen Mehrheit in der Bevölkerung stellen.

Der Vorsitzende der CDU-Rebellen „Junge Gruppe“, Pascal Redding, kann sich im Parlament aufblasen:  Das Rentenpaket stehe „gegen meine fundamentalen Überzeugungen, gegen alles, wofür ich Politik gemacht habe“. Das sagt ein 30jähriger Mann, dessen Erwachsenenleben bisher ausschließlich in der Politikblase stattfand. (Er scheint jetzt schon an seiner Biografie zu arbeiten.) In der Rentenkommission soll auch die „Jugend“ eine Stimme bekommen. Die wird dann sehr wahrscheinlich die Tonlage der Blasenjugend anstimmen.

Wenn die letzten Tage eines gezeigt haben, dann ist es, wie die Demokratie zu Grabe getragen wird. Die Verteidiger „unserer Demokratie“ gehen gegen „Rechts“ und für die Brandmauer auf die Straße. Sie merken nicht, wie die Erosion der Demokratie täglich betrieben wird durch die Mehrheitsparteien im Bundestag. Die AfD muss gar nicht besonders klug sein, um daraus ihren Nutzen zu ziehen.

Die Daten zum Sturm im Wasserglas:

Nach den Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung würden sich das Rentenniveau (*) und der Beitragssatz in den kommenden 15 Jahren so entwickeln. Diese Daten zeigen wie haltlos und faktenfrei konstruiert der Rentenalarm inszeniert wurde:

Quelle: DRV Herbstschätzung 2025; eigene Grafik

 

Auch ohne Haltelinie würde das Rentenniveau erstmals 2030 sinken. Die jungen Wilden empören sich also über ein Ereignis, das erst in fünf Jahren möglicherweise ganze 5 Milliarden Euro an Mehrkosten benötigt. Die könnten dann erst in den Folgejahren auf maximal 10 Mrd. Euro ansteigen. Und die höchst sachverständige Veronika Grimm gerät fast in Hyperventilation und prophezeit Steuererhöhungen zur Schließung dieser gewaltigen Lücke. Dagegen ist die Aufblähung des Militärhaushalts auf 5% der Bruttoinlandprodukts (nach gegenwärtigen Zahlen 235 Mrd. Euro) ein Klacks. Jedenfalls finden das sowohl die Jungen Rebellen als auch die angeblichen Sachverständigen sehr unterstützenswert. Ein unglaublicher Vorgang.

Die Zahlen zeigen auch: das Rentenniveau vor Steuerabzug wird bis 2040 von 48% auf 46,3% weiter sinken. Die Senkung um 1,7 Prozentpunkte entsprechen einem Rückgang um knapp 4%. Das bedeutet, dass sich der Abstand der Renten von der Lohnentwicklung, der von 2004 bis 2024 auf 20 % angewachsen war, um weitere 4% auf dann 24 % erhöhen wird. Den jungen Rentenbekämpfern ist das zu wenig, sie wollen den Abstand auf 26%  erzwingen und nennen das „Generationengerecht“. Auch das ein unglaublicher Vorgang.

Quelle: DRV Herbstschätzung 2025; eigene Grafik

 

Auch der erwartete Beitragssatzanstieg ist überaus moderat. Er beträgt in den kommenden 15 Jahren 2,6 %. Das ist im Durchschnitt eine Zunahme von 0,2 % pro Jahr. Bei paritätischer Finanzierung werden die Löhne dann um lediglich 0,1% erhöht. Zur Vermeidung der Absenkung des Rentenniveaus bis 2040 würden 0,4 %, also 0,2 % vom Lohn, ausreichen. In Worten: mit 0,2% mehr Beitrag ließe sich der Verlust von 4 % bei der Rente zu vermeiden. Warum fragt niemand diejenigen, die es angeht, ob sie dazu bereit sind? Es würde auf breite Zustimmung stoßen, wie einschlägige Umfragen seit Jahren zeigen.

Diese Rechnung hat modellhaft nur die Einnahmeseite aus Beiträgen betrachtet. Denkbar und politisch korrekter wäre, dass der Staat die Finanzierung zu 100% übernimmt. Das wäre nämlich allein schon dadurch gegeben, dass die nicht beitragsgedeckten Leistungen der Rentenversicherung vollständig aus dem Staatshaushalt finanziert werden. Das wären aktuell 40 Milliarden Euro Mehreinnahmen für die Deutsche Rentenversicherung.

Auch das muss erwähnt werden: Es würde sich dabei lediglich um eine Notmaßnahme handeln, um die Renten nicht noch weiter in den Keller zu versenken. Für eine deutliche Verbesserung, die sich an dem Rentenniveau unserer Nachbarländer orientiert, wären wirklich grundlegende Reformschritte erforderlich, die natürlich auch entsprechend mehr kosten würden. In Österreich wird 3 % mehr vom Bruttoinlandsprodukt für Renten ausgegeben. Das wären in Deutschland etwa 140 Milliarden Euro mehr.

Das wäre der Untergang Deutschlands? In Österreich ist das höhere Rentenniveau seit über 30 Jahren garantiert! Und das Land existiert immer noch und erlebt seit Langem eine Wirtschaftsentwicklung ganz ähnlich der in Deutschland.

 

(*) Das Rentenniveau von 48 % meint immer das Nettoniveau nach Sozialabgaben, aber ohne Steuerabzug. Durch die zunehmende nachgelagerte Besteuerung sinkt das tatsächliche Nettorentenniveau für Bestands- und Neurentner trotz der propagierten Haltelinie weiter ab. Im internationalen Vergleich (auch von der OECD) wird immer vom tatsächlichen Netto ausgegangen. Das wird dann mit Nettoersatzquote bezeichnet. Das verschleiernde „Netto vor Steuern“ gibt es nur in Deutschland und sonst nirgendwo.

Reiner Heyse

Reiner Heyse, Nachrichteningenieur, war langjähriges Tarifkommissionsmitglied in der IG Metall und Betriebsrat in einem mittelgroßen Industriebetrieb in Kiel. Aktuell ist er einer der Sprecher der Initiative „RentenZukunft“ (vorher „Seniorenaufstand“) und Mitherausgeber der Blogs seniorenaufstand.de und Renten-zukunft.de
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10 Kommentare

  1. Sowohl die sogenannten „Sachverständigen“ als auch die „Rentenrebellen“ sind in der komfortablen Situation, den Scheiß, den sie anstellen, nicht ausbaden zu müssen.
    Schließlich bekommen sie vom „Steuerzahler“ (also denen, die sie unter den Zug werfen) eine Luxusrente spendiert.

    Lach.

    1. Noch lustiger ist, dass die JU-Rebellen offiziell für die Generationengerechtigkeit, also für die junge Generation, kämpfen und allen ihren jungen Anhängern ein Rentenniveau von maximal 45% versprechen. Die werden total begeistert sein, wenn sie später selber diese Renten erhalten – falls es nicht noch weiter runter geht im Sinne der „Generationengerechtigkeit“.

  2. Es muß wohl erst für viele richtig schmerzhaft werden in Sachen Rente, bis sie
    endlich aufwachen und nicht mehr die Altparteien wählen. Diese Sonnenkönige,
    die im Moment immer totalitäter regieren und ihren verwöhnten Nachwuchs gleich
    hinter sich auf die Stühle der Reichstages pflanzen, müssen endlich verschwinden.
    Ich bin ja immer noch für die demokratische Lösung, d.h. diese Pfeifen abwählen.
    Allerdings befürchte ich, dass es für diesen Weg schon zu spät ist, da diese Leute
    schon so viel Macht an sich gerissen haben, dass sie Ihre „Gegner“ eher in den Knast
    wandern lassen, als sie im demokatischen Sinne als Wahlsieger zu akzeptieren.
    Ohne Hilfe von außen, werden wir es nicht mehr schaffen aus dieser Falle herauszukommen.
    Die Russen werden uns sicher nicht wieder helfen. Die Ammis werden es bei all ihren
    eigenen Problemen nicht wollen. Also wird es Krachen müssen. D.h. es muß schon zu
    einem Krieg mit Russland kommen, damit Deutschland wieder aus den Trümmern
    heraus aufgebaut werden kann. Nur werden die Trümmerfrauen diesmal nicht mehr
    den alten Mörtel von den Steinen der zebombten Häuser kratzen können. Im schlimmsten
    Falle kann mit einem Aufbau, wenn überhaupt, erst in 1000 Jahren begonnen werden.

  3. Fragt sich nur warum diese Trottel der 70-90% immer wieder die falsche Partei wählen oder immer wieder nichtwählen.
    „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Albert Einstein (angeblich)

    Zehn Gründe für die Wahl der DKP zur EU-Wahl 2024

    Wer den Kampf um Frieden, gegen die Kriegspolitik von NATO und EU, gegen Hochrüstung, Waffenlieferungen und Wirtschaftskrieg stärken will,
    Wer Frieden mit Russland und China will,
    Wer will, dass Deutschland aus der NATO und der EU austritt und die US-Soldaten und US-Atombomben aus dem Land wirft,
    Wer gegen Kahlschlag, Kaputtsparen der öffentlichen Daseinsvorsorge und sinkende Reallöhne nicht auf die Illusion von Sozialpartnerschaft setzen will,
    Wer der staatlich geförderten Verarmungspolitik der Monopole den gemeinsamen Kampf der Werktätigen entgegensetzen will,
    Wer seine Stimme nicht abgeben, sondern mit ihr für Frieden, gegen Armut und Demokratieabbau demonstrieren will,
    Wer den Abbau demokratischer Rechte und die Uniformität der Qualitätsmedien nicht länger hinnehmen und die „Ruhe an der Heimatfront“ stören will,
    Wer Frieden für Palästina will und die Diffamierung jeglicher Kritik an Israel als antisemitisch nicht zulassen will,
    Wer internationale Solidarität vorne anstellen will und nicht die Interessen des (deutschen) Monopolkapitals,
    Wer nicht will, dass Geflüchtete und Migranten danach bewertet werden, ob sie sich für den Profit des Kapitals verwerten lassen, der muss DKP wählen!

    Gemeinsam gegen Kapital und Eu https://www.severint.net/2019/05/24/wahlplakate-europawahl-2019-dkp/

    1. Lieber wählen diese Trottel eine neoliberale, sozialdarwinistische und rüstungsfreundliche „Alternative“.

      Abgesehen davon: was muss ich denn wählen, wenn ich zusätzlich auch noch konsequenten Umweltschutz möchte?

  4. Warum dieser Clickbait-Journalismus?

    Bei den letzten Wahlen haben sich 90,4 % der wahlberechtigten Menschen in Deutschland für

    – sozialen Kahlschlag
    – Raubtierkapitalismus
    – Arbeitszwangsprostitution und
    – Atomkrieg entschieden

    Der Wähler will es…… Gott will es……..

  5. Ach je, dass die Belange und Meinungen der arbeitenden Bevölkerung – und das ist nun einmal die überwältigende Mehrheit auch in ‚diesem unserem Lande‘ – im ‚demokratischen‘ Prozess keine Rolle spielen, ist jedem Interessierten seit langem bekannt und mittlerweile auch durch zahlreiche Studien belegt. Hier ‚geht nichts vor die Hunde‘ was sich nicht längst oder immer schon dort befindet.

  6. Ich versuche ja immer, Relationen herzustellen.
    Bspw. zu den jährlichen Ausgaben für Beamtenpensionen, 2024 90 Mrd. €.
    OHNE JEDE Beitragszahlung, klar.
    Reibe mir dann die Augen und überlege, in welchem falschen Film ich lebe.
    Dieses Renten- und Pensionssystem wird von Poitikern ruiniert, nicht von der Demographie. Die ARBEITSPRODUKTIVITÄT ist seit den 60ern so gestiegen, daß die vorhandenen Arbeitskräfte ohne weiteres für sich UND die Rentner einen auskömmlichen und guten Lebensstandard erarbeiten können.
    Wenn da nicht die Profite sich vervielfacht hätten, die aus dem Lohnsystem rausgezogen und auf Steueroasen transferiert werden….

  7. Sorry für die Nachlässigkeit:
    Statt „Bei paritätischer Finanzierung werden die Löhne dann um lediglich 0,1% erhöht.“
    muss es natürlich heißen:
    „Bei paritätischer Finanzierung werden die Lohnabzüge dann um lediglich 0,1% erhöht.“

  8. Ich Frage mich, warum jetzt schon der Kampf gegen diese angeblichen Rebellen so hochgepuscht wird? Wer weiß, könnte es vielleicht sein, dass man den jetzt bald in Rente Gehenden vorgaukeln will, dass man ja das Schlimmste verhindert hat. Könnte es vielleicht sein, dass man die „Jugend“ hat sich austoben lassen, um einen „Erfolg“ vorweisen zu können, der im Grunde das ist, was sie im Grunde wollten, um ihre 235 Mrd pro Jahr langfristig für Aufrüstung und damit Rüstungsprofite zu sichern. Dumm ist nur, dass wahrscheinlich der größte Teil der Gelder in den USA versacken. Und dor ebenfalls bei den großen Playern. Sie sind gut darin, das zu verschleiern. Hut ab!

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