
Es ist schon seltsam: Auf allen Kanälen wird für den Krieg getrommelt, aber die Spaßgesellschaft soll „normal“ weiter laufen. Wie viele Menschen in der Ukraine oder in Gaza sterben, ist uns egal.

Wie viel Trinkgeld bekommt die Bedienung auf dem Oktoberfest? Das beherrscht die Schlagzeilen. [1] Jedes Jahr läuft zu Weihnachten im Fernsehen „Die Feuerzangenbowle“ [2] von 1944. Hitler soll gefragt haben: „Ist dieser Film zum Lachen?“ Als Göring das bestätigte, entschied Hitler: „Dann ist dieser Film sofort für das deutsche Volk freizugeben“ [3] … und Goebbels titelte: „Kriegstüchtig wie nur je.“ [4] Jetzt hat Boris Pistolero diesen Sprech wieder salonfähig gemacht. [5]
Die Gesellschaft findet keinen Mut zum Widerspruch; das Kabarett ist ein schlechter Scherz. Die Nachrichten lohnen eh nicht mehr. Heute sehen rund 5 Millionen die Tagesschau [6], vor 5 Jahren waren es mehr doppelt so viele. [7] „Die Menschen aus der DDR haben eine ganz feine Antenne“, sagte mir neulich jemand, der wie ich in der alten BRD groß geworden ist. Sonst bleibt die Herde brav, senkt die Köpfe und schweigt. Wer aufmuckt, wird weggebissen. Langjährige Freundschaften sind uns wegen der Politik in die Brüche gegangen. Es kann weh tun, ein Dissident zu sein.
Manches gibt Hoffnung, wie die fulminante Rede des VW-Betriebsrats Lars Hirsekorn [8] in diesem Jahr, die unermüdlichen Friedensvorschläge von Ex-Militärs wie Harald Kujat [9] oder die „Young Humanitarians“ [10] aus Zürich. Die Friedensbewegung verbeißt sich zu sehr in die Knochen, die ihnen die Kriegstreiber hinwerfen [11] und pflegt zu gerne die eigenen Befindlichkeiten, anstatt zu verbinden. [12]
Wichtiger wäre es, das Übel an der Wurzel zu packen. Für E.F. Schumacher war dies die Gier, das Immer-mehr-haben-wollen der reichen Nationen.[13] Will Russland, das an Rohstoffen reichste Land der Erde, wirklich die hochverschuldete, rohstoffarme, aber vom alten Wohlstand verwöhnte EU angreifen, oder ist es vielleicht umgekehrt? Wir müssen runterkommen von diesem tödlichen Tanz ums goldene Kalb. „Zusammen mit Herz und Verstand“ [14] sollten wir gemeinsam Schritte zum Frieden [15] wagen. So entstand die Idee zu einem monatlichen „Tee für den Frieden“ [16].
Anfang Oktober haben wir uns in Darmstadt zu einem Friedenskreis zusammengesetzt, zehn ganz unterschiedliche Leute, nur die Jugend fehlte. In zwei Gruppen haben wir uns gefragt: „Was ist Frieden? Was ist Unfrieden? Was können Wege zum Frieden sein, bei uns selbst, zu Hause, in der Politik? Es gab eine lebhafte Diskussion, die Lust auf mehr gemacht hat.
Und das Ergebnis? Manchmal liegt der Erfolg im Kleinen. Als meine Frau und ich wenige Tage später unseren Wohnwagen im Winterquartier abstellen wollten, grub sich das Stützrad tief in den weichen Boden eines Abhangs ein; es ging weder vor noch zurück. Ratlosigkeit schlug um in gegenseitige Vorwürfe. Aber wir lösten das Problem schnell und mussten lachen: „Das war unsere erste Lektion Frieden für Fortgeschrittene.“ „Peace is not a vain word, it is a behaviour.“ Frieden ist kein leeres Wort – Frieden ist ein Verhalten. So hat unsere Mitbewohnerin Sika aus Togo als Schülerin in einem Essay über den Frieden den ersten Präsidenten der Elfenbeinküste, Félix Houphouët-Boigny, zitiert, [17] der aber ansonsten heute als einer von Frankreichs Männern in Afrika dort nur an eine ungeliebte Vergangenheit erinnert, die man überwinden möchte.
Das Bewusstsein für den Frieden muss wieder in die Köpfe hinein. „Wer liest heute noch Erich Fromm?“, meinte kürzlich mein Freund Michael bei einem unserer Montagsspaziergänge. Politiker sind der Spiegel der Gesellschaft. Ändern wir uns, ändert sich auch die Politik. Veränderung lässt sich nicht von oben diktieren oder dozieren. Veränderung beginnt im Kleinen. „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“, sagt Jesus (Mt 18,20). [18]
Ja, wir müssen uns versammeln, nicht im Netz, sondern ganz real, miteinander reden, keine großen Theorien, kein hochgestochenes Zeug, einfach reden und versuchen einander zu verstehen. Aus vielen kleinen, einfachen, friedlichen Gesprächen kann ein neues Bewusstsein für den Frieden entstehen. Frieden! Muss! Jetzt! [15] Nur der Friede lässt uns leben. [19] Es wird Zeit, dass frische junge Kräfte das Staffelholz übernehmen, die Gedanken aufgreifen und weiterentwickeln. Material dazu ist reichlich vorhanden. [20] Vielleicht gibt es schon bald Dutzende solcher „Tees für den Frieden.“ Das ist ganz einfach. Eine Nachbarin, die ich bloß vom Sehen her kannte, habe ich spontan auf der Straße gefragt. Eine halbe Stunde später war sie aktiv dabei – und begeistert.
Quellen
[1a] Focus (26.9.2025) Wiesn-Kellner enthüllen: Wie viel sie verdienen und was sie mit dem Geld machen https://www.focus.de/panorama/oktoberfest/3-kellner-enthuellen-wie-viel-sie-auf-der-wiesn-verdienen-und-was-sie-mit-dem-geld-machen_87fa6eb0-75fc-4cbf-9ea4-0f514b91b10b.html
[1b] Focus (3.10.2025) 40 Cent bis 1000 Euro: Wiesn-Bedienungen enthüllen, wie viel Trinkgeld sie kriegen. https://www.focus.de/panorama/oktoberfest/40-cent-bis-1000-euro-wiesn-bedienungen-beichten-wie-viel-trinkgeld-sie-kriegen_1e66e92c-c2a4-49d5-ba4f-55d397c7718c.html
[1c] Focus (6.10.2025) Wiesn‘ Bedienung verrät, welche Gäste am meisten Trinkgeld geben. https://www.focus.de/panorama/oktoberfest/wiesn-bedienung-spricht-ueber-trinkgeld-und-plaene-nach-dem-oktoberfest_b862d523-d845-41df-8881-60ef6e9dc7c1.html
[2] Weiss Helmut (Regie) und Heinrich Spoerl (Drehbuch) (1944) Die Feuerzangenbowle. Produktion: Heinz Rühmann.
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Feuerzangenbowle_(1944)
[4] Goebbels, Joseph (9.7.1944) Kriegstüchtig wie nur je. Zeitschrift: Das Reich, Nr. 28, Seite 1. Zitiert nach: Dehm, Dieter (6.2.2025) Pistorius im Goebbels-Sprech https://www.nachdenkseiten.de/?p=128303
[5] Pistorius, Boris (10.11.2023). Rede auf der jährlichen Bundeswehrtagung: Berlin. https://www.zdf.de/nachrichten/heute-in-deutschland/bundeswehr-muss-kriegstuechtig-werden-100.html Minute 0:0:15 – 0:0:20. ZDF: Mainz.
[6] https://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr/profil/quoten-tv-ard-100.html
[7] https://www.daserste.de/specials/ueber-uns/jahresbilanz-2020-100.html
[8] Hirsekorn, Lars (2.9.2025) Wir müssen lernen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir müssen lernen. Rede auf der Betriebsversammlung bei VW in Braunschweig. Links: https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/wir-muessen-lernen oder https://zgif.ch/2025/10/01/wir-muessen-lernen-liebe-kolleginnen-und-kollegenwir-muessen-lernen/
[9] Kujat, Harald (27.8.2025) Eine Friedensordnung schaffen in der auch auch die Ukraine und Russland ihren Platz haben. Interview mit Thomas Kaiser. https://zgif.ch/2025/08/27/eine-friedensordnung-schaffen-in-der-auch-die-ukraine-und-russland-ihren-platz-haben/
[10a] The circle of young humanitarians (2021) Homepage. https://circleofyounghumanitarians.ch/
[10b] von Mérey, Kay (26.2.205) Das humanitäre Völkerrecht bildet die Grundlage, auf der wir aufbauen müssen. Interview mit Susanne Lienhard. https://zgif.ch/2025/02/26/das-humanitaere-voelkerrecht-bildet-die-grundlage-auf-der-wir-aufbauen-muessen/
[11] Käßmann, Margot (3.10.2025) Redebeitrag zur Demonstration „Nie wieder kriegstüchtig! In Stuttgart. https://www.friedenskooperative.de/termine/reden/margot-kaessmann-stuttgart
[12] Peil, Karl-Heinz (11.7.2025) Friedensdemos mit Deutschlandfahnen? https://overton-magazin.de/hintergrund/gesellschaft/friedensdemos-mit-deutschlandfahnen/
[13] Schumacher, E.F. (1973) Small is beautiful. Part I.2: Peace and permanence, p. 11-25, verwendete Ausgabe: Vintage (2011)
[14] Hollnagel, Irmgard und Stefan Nold (3. Juli 2025) Zusammen mit Herz und Verstand. Opas und Omas für den Frieden: Seehof und Darmstadt. Links siehe unter 16.
[15] Nold, Stefan (19.4.2024) Frieden! Muss! Jetzt! Rede beim Ostermarsch in Fulda. Links:
[15a] https://www.friedenskooperative.de/ostermarsch-2025/reden/stefan-nold-fulda
[15b] https://friedensforumosthessen.de/stefan-nold/
[15c] https://overton-magazin.de/kommentar/gesellschaft-kommentar/frieden-muss-jetzt/
[15d] https://globalbridge.ch/die-rede-am-ostermarsch-in-fulda/
[15e] https://zgif.ch/2025/05/02/frieden-muss-jetzt/
[16] Nold, Stefan (4. Juli 2025) Einen Tee für den Frieden
[16a] 4. Juli 2025 Globalbridge: https://globalbridge.ch/einen-tee-fuer-den-frieden/
[16b] 5. Juli 2025: Overton-Magazin: https://overton-magazin.de/top-story/einen-tee-fuer-den-frieden/
[16c] 9. Juli 2025: Zeitgeschehen im Fokus: https://zgif.ch/kategorie/2025/zif-10/
[16d] 10. Juli 2025: Manova: https://www.manova.news/artikel/ein-tee-fur-den-frieden
[17] Houphouët-Boigny, Félix (30.6.1976) La finalité du développement n’est pas un „homo economicus“ désincarne, mais l’homme, dans la rue, dans les champs, dans les usines, dans les bureaux, l’homme dans sa famille… La paix n‘est pas un vain mot mais un comportement. Discours a l‘Onu Au conseil économique et social à Abidjan. https://www.fondation-fhb.org/discours-citations-messages/ Siehe auch: https://digitallibrary.un.org/search?ln=en&p=houphouet-boigny+1976&f=&action_search=Search&c=Resource+Type&c=UN+Bodies
[18] Evangelische Kirche in Deutschland (Hrsg.) (1984) Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers.
[19] In Anlehnung an den Schlager von Joachim Heider (Musik) und Joachim Relin (Text), gesungen von Mary Roos (1972) Nur die Liebe lässt uns leben. Aus dem Album: Woraus meine Lieder sind, Titel B1, CBS S61 628. Aufnahme des Auftritts beim ESC: https://www.youtube.com/watch?v=F93aNMI68aQ
[20] Nold, Stefan (20.7.2024) Kein Frieden – keine Zukunft. Schlagt Brücke und versteht eure Feinde! Links:
[20a] https://overton-magazin.de/wp-content/uploads/2024/07/Nold-KeinFriedenKeineZukunft-24720sN.pdf
[20b] https://apolut.net/kein-frieden-keine-zukunft/
[20c] https://herrkules.de/2024/07/28/kein-frieden-keine-zukunft-e-book-zum-download
Wir leben in zig hundert Staaten, egal welcher Staat sich seine politische Linie wählte, besitzt jeder Staat seine philanthropyprischen oder anderen einflüssterer. Damit ist jedes politische System obsolet, da jedes System vom Kapital und ihrer Korruption lebt.
Das Problem der Menschheit besteht nicht in der Erkenntnis, sondern an der Dummheit der Massen.
Von daher gibt es keine Alternative, alias TINA!
Kann mir jemand die Farbgebung auf dem Foto erläutern? Oder kommt es darauf ja nun irgendwie überhaupt nicht darauf an?
„Nur der Friede lässt uns leben “
Die Geschichte unserer Menschheit lebt vom Tod.
Von daher ist der Mensch nicht in der Lage, sich über allem zu stellen, weil der Mensch zu dumm ist, über der Macht der Natur. Denke mal darüber nach….
Es gibt immer noch viele, die glauben an die Durchsetzungsfähigkeit der richtigen Argumente.
Es geht aber gar nicht mehr um Argumente.
Die Kriegsseite argumentiert nicht mehr, sie versucht die Hirne der Menschen zu überladen.
Bei Mahnwachen stelle ich immer wieder fest: Kaum jemand gibt Gegenargumente, wenige beschimpfen einen, die meisten schweigen. Schweigend nehmen sie alles hin, schweigend werden sie in den Krieg ziehen…
Wie Sevim Dagdelen im Interview sagt: das ist die Folge der kognitiven Kriegsführung der NATO! Sie wollen erreichen, dass die Menschen sich machtlos fühlen, ohnmächtig.
Interessanterweise hat auch sie, wie Herr Nold als Gegenmittel einen „Club“ eingerichtet, in dem Menschen lokal zusammenkommen und miteinander reden können.
Das könnte tatsächlich ein wirksames Gegenmittel zur allgegenwärtigen Propaganda werden: Vereinzelung aufheben und neue lokale Formen der Organisation.
LeBon, „Psychologie der Massen“, ist nach wie vor hochaktuell.
Natürlich muss Frieden auch im Kleinen gedacht werden, aber das, was der Autor beschreibt, sind für mich im Grunde normale und erwünschte Verhaltensregeln im täglichen Miteinander.
So riecht das ein wenig nach Rückzug und innerer Emigration, ein leichter Anstrich von Biedermeier.
Hier müssten die Massen auf die Straßen,
dies dauerhaft, jeden Kriegstreiber, der es
wagt öffentlich aufzutreten einfach niederbrüllen, gar nicht mehr zu Wort kommen lassen. In der Masse die Zwangsabgabe des ÖRR verweigern und dem Establishment zeigen, das wir das einfach nicht mehr mitmachen.
Die Häuser von denen, auch die der Journaille mit neuen „Anstrichen“ versehen, Autos von denen blockieren, mit Massenprotesten deren Mobilität einschränken, möglich wäre vieles!
Aber in Deutschland?
In dieser gespaltenen Gesellschaft?
Da wären wir wieder bei LeBon!
Panem et circensis, hat Kaiser Vespasian gesagt, nur das mit Panem hier auch nicht mehr weit her ist.
Bei dem Gewinn einer deutschen Fussballmeisterschaft sind Massen auf den Straßen, circenses eben.
Nun bin ich kein Fan von Lenin, aber er hat über die Deutschen mal gesagt:
„Wenn es in Deutschland Revolution gibt und die Revolutionäre einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen sie sich vorher eine Bahnsteigkarte!“
Hier hütet doch jeder ängstlich seinen Besitzstand, soweit noch vorhanden und Armut ist schon lange nicht mehr solidarisch!
„Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht!“ (Heinrich Heine).
Die Wahlergebnisse sprechen ein übriges.
Die Deutschen sind, waren und bleiben ein trauriger Haufen!
Es gibt gerade sehr, sehr seltsame Meldungen (mit Foto) aus Ungarn und Rumänien. Ich erwähnte das nur, weil ich die Quelle nicht als völlig unglaubwürdig einschätze. Sollte das so zutreffen, dann wird es kompliziert …
https://t.me/kalibrated/25541
Ja, ist Thema in Romänien, Ungarn und anderswo, in Natoland möchte man wohl nicht die Leute verunsichern. Aber ich bin sicher, die Russen warens. 😁
Die lahmhinterige (hatte ich „höchst seltsame“ bereits erwähnt?) Berliner Zeitung hat noch nichts. Für mich klingt das nach einem NATO-Bündnisfall! Aber was verstehe ich schon davon.
Für viele Leute ist Krieg der größte Spaß. Dahinter rangierten früher Gladiatorenspiele und später Stierkämpfe. Heutzutage ist Fußball ein jämmerlicher Ersatz. Der Krieg findet dabei in den Rängen statt.
Wann fährt der Autor eigendlich nach Moskau und veranstaltet dort einen „Tee für den Frieden“?
Vernünftigerweise wenn in der Ukraine die Nazis kaltgestellt wurden.