
Aus dem schon geschwächten Kabinett der Minderheitsregierung ziehen sich vier weitere Minister zurück. Sie forderten ein deutlicheres Signal, dass Israels Siedlungspläne gegen Völkerrecht verstoßen, die Zwei-Staaten-Lösung für Palästina erschweren und im Krieg das humanitäre Völkerrecht gebrochen werde.
Dass Politiker nicht mehr zurücktreten, kann man in den Niederlanden nicht behaupten. Allerdings handelt es sich dabei meist nicht um einen Rücktritt, um politische Verantwortung zu übernehmen. Vielmehr läuft man vor ihr weg und schmeißt lustlos hin.
Schon im Sommer 2023 besiegelte der damalige Premierminister und heutige NATO-Generalsekretär Mark Rutte das Schicksal seiner letzten Regierung: Weil der christliche Koalitionspartner in der Asylpolitik nicht auf den Familiennachzug verzichten wollte, doch dieser Ruttes rechtsliberaler Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) zu weit ging, brach das Kabinett Rutte-IV nach nur rund eineinhalb Jahren auseinander.
Das folgende Kabinett unter dem parteilosen Spitzenbeamten Dick Schoof begann nach Neuwahlen und zähen Koalitionsverhandlungen rund ein Jahr später. Es fand sich eine rechtskonservative Parlamentsmehrheit von vier Parteien. Doch da man Geert Wilders, dessen Partei für die Freiheit (PVV) mit 23,5 Prozent die größte Fraktion stellte, nicht als Ministerpräsidenten wollte, verzichteten alle Parteivorsitzenden auf Ministerposten.
Schwierige Zusammenarbeit
Man könnte meinen, dass das eigentlich der Sinn einer parlamentarischen Demokratie ist: Das Kabinett führt die Wünsche der Parlamentsmehrheit aus. Doch trotz gemeinsamer Ziele wie mehr Kernkraft, mehr für Bauern, schnelleres Autofahren und weniger Migration lief die Zusammenarbeit nicht gut.
Wilders provozierte, als ob er auf der Oppositionsbank saß, von Anfang an Premierminister Schoof. Im Juni dieses Jahres kündigte er dem Kabinett dann die Zusammenarbeit auf und zog seine Minister und Staatssekretäre zurück. Angeblich sei es ihm in der Migrationspolitik nicht schnell genug gegangen. Laut den drei verbliebenen Koalitionspartnern habe man sich aber auf gutem Weg zu Lösungen befunden.
Seitdem ist das Kabinett nur noch geschäftsführend und als Minderheitsregierung im Amt. Wichtige, doch kontroverse Themen wurden vom Parlament auf die nächste Legislaturperiode verschoben. Ende Juli startete die VVD den Wahlkampf und kündigte Mehrausgaben für die Verteidigung, doch Einschnitte im Sozialen an. Doch Ruttes Nachfolgerin, Dilan Yeşilgöz, verliert zurzeit an Rückhalt. Sie gilt vielen Rechtsliberalen inzwischen als populistisch und impulsiv.
Eklat wegen Gaza-Krieg
Am Donnerstag und Freitag dieser Woche diskutierte die verbleibende Koalition aus VVD, der Rechtsstaatspartei NSC und der Bauernpartei BBB intensiv über den passenden Umgang mit Israel. Mit Caspar Veldkamp stellte NSC den Außenminister. Insbesondere dieser wollte ein deutlicheres Signal von den Niederlanden, dass Israels Siedlungspläne gegen Völkerrecht verstoßen, die Zwei-Staaten-Lösung für Palästina erschweren und im Krieg das humanitäre Völkerrecht gebrochen werde.
Laut aktuellen Umfragen haben die beiden kleineren Parteien keine politische Zukunft mehr: NSC, deren Gründer und Parteileiter Pieter Omtzigt sich vor Kurzem schon wegen Burn-out aus der Politik zurückzog, könnte von 13 auf 1 Prozent implodieren; die BBB von 4,5 auf 2,5 Prozent fallen. Eine Wahlhürde gibt es in den Niederlanden nicht.
Am Freitagabend, den 22. August, schmissen die führenden Politiker von NSC dann ganz hin: Neben dem Vize-Premier Eddy van Hijum legten vier Minister und ebenso viele Staatssekretäre mit sofortiger Wirkung ihre Ämter nieder. Formal bittet man den König um Entlassung.
Nach Wilders‘ Abgang im Juni bricht damit erneut ein Teil der Regierung weg. Die verbleibenden Parteien VVD und BBB haben gerade noch einmal 20 Prozent der Parlamentssitze hinter sich.
Unklar, wie es weitergeht
Um 22:00 Uhr äußerte sich der geschäftsführende Premierminister Schoof im Parlament zu dem Vorfall. Das erwartete Maßnahmenpaket in der Israelfrage konnte er nicht vorlegen. Stattdessen bedauerte er – mit sichtbaren Sorgenfalten auf der Stirn – den Rücktritt der Minister. Dieser sei insbesondere in der heutigen Situation schwerwiegend.
Man müsse sich jetzt erst einmal beraten, wie es weitergeht. Einen für die nächsten Tage geplanten Besuch in der Ukraine zu Gesprächen über die Friedenspläne sagte er wegen der Krise im eigenen Land ab. Am kommenden Mittwoch soll die instabile Situation der Regierung weiter im Parlament behandelt werden.
Bis zu den Neuwahlen am 29. Oktober dauert es noch rund zwei Monate. Größter Gewinner scheint die christdemokratische CDA zu werden, die wegen eines Skandals vorher von NSC verdrängt worden war. Die grün-linke Union GL/PvdA könnte leicht gewinnen und die eher rechten PVV und VVD etwas verlieren.
Absichtserklärungen
Das niederländische Parlament schloss dann zu später Stunde in der Nacht zum Samstag die Debatte zum Gaza-Krieg ab. Dabei wurden keine Maßnahmen gegen Israel getroffen, wie es die abgetretenen NSC-Politiker wollten.
Stattdessen fanden einige – rechtlich unverbindliche – Absichtserklärungen eine Mehrheit: So müsse die Hamas vollständig zerstört werden und dürfe für die Zukunft von Gaza keine Rolle spielen. Israel wurde dazu aufgerufen, Journalisten und internationale Beobachter in das Krisengebiet zu lassen.
Ein Aufruf zur Anerkennung eines palästinensischen Staats verfehlte die Mehrheit, ebenso wie ein Boykott von Waren aus völkerrechtlich illegalen israelischen Siedlungen. Letzterem fehlten aber nur zwei Stimmen zur Parlamentsmehrheit. Verteidigungsminister Ruben Brekelmans von der VVD, der den gerade zurückgetretenen Außenminister spontan vertrat, will diese Möglichkeit auf europäischer Ebene besprechen.
Ähnliche Beiträge:
- Nach dem Wahlerfolg von Wilders: Die Niederlande ist relativ unregierbar geworden
- Niederländische Pläne: Mehr Kernkraft, Hilfe für Bauern, schnelleres Autofahren und weniger Migration
- Mehr Verteidigung, weniger Soziales in den Niederlanden. Vorbild für Deutschland?
- Israel in Gaza: Wieso tut niemand was?
- US-Senator Graham: „Was mich betrifft, so kann der ICJ zur Hölle fahren“
Das beste europe aller Zeiten bestätigt nicht nur nationale Missstände, sondern extrahiert die kollossalen Missstände innerhalb der EU. In der EU existiert nicht ein Staat der eine politische Souveränität besitzt, selbst die Ausbrecher vom Konsens der EU, Ungarn, Slowenien sind nur politische Nuancen, in einer Landschaft ‚pseudo diktartorrischen Illegalen Organisation‘ namens EU.
Die USA mochte ich nie, aber dieser Herr Trump, sollte jeden vernünftigen Menschen innerhalb der EU, dazu veranlassen, sein Bestreben zu seiner Nationalität zu bekennen und seine Schlüsse daraus zu ziehen..
Wollt ihr eure ‚Freiheit‘, dann agiert auch so und versteckt euch nicht hinter falschen Ideologien…