Der Psychologe Stephan Schleim über den überraschenden Wahlerfolg des Rechtspopulisten. Interessant ist, dass seine “Partei für die Freiheit” nur ein Mitglied hat, nämlich er selbst. Vorbild für die Partei, die Sahra Wagenknecht gründen will?
Ein Grund für den in den Umfragen nicht vorhergesehenen Wahlerfolg könnte darin liegen, dass die rechtsliberale Ex-Regierungspartei VVD kurz zuvor eine Frau mit türkisch-kurdischen Hintergrund ins Rennen schickte. Zudem hat die Linke einen Tiefpunkt erreicht. Das irreale Versprechen, die sozialen Probleme wie die zunehmende Armut oder die Wohnungsnot mit der Bekämpfung der Migration zu lösen, dürfte überzeugt haben, auch wenn die Zuwanderung eigentlich relativ gering ist.
“Das linksliberale Spektrum hat seinen Tiefpunkt erreicht. Sie haben nur noch eine kleine Fraktion im Parlament. Timmermann ist vielleicht nett und erfahren, aber er ist auch sehr elitär. Er ist niemand, der die kleinen Leute auf der Straße überzeugen könnte. Wilders, und das könnte auch für Deutschland, vielleicht für das Bündnis Sahra Wagner interessant sein, versucht hingegen, die soziale Not der Leute ernst zu nehmen, und sagt eben gleichzeitig, Migration sei das Problem Nummer eins. Er hat einen Donald-Trump-Wahlkampf „Let’s make Amerika great again“ in dem Sinne geführt, dass die Niederländer wieder an die erste Stelle kommen müssen. Er hat im Endeffekt die Leute angesprochen und davon überzeugt, der beste Politiker für ihre heutige Lage zu sein, indem er die soziale Not der Leute mit Ausländerfeindlichkeit verknüpft hat.”
Eine prinzipielle Ablehnung von Wilders Ein-Mann-Partei gibt es jedoch in niederländischen Medien und Politik nicht, VVD oder die neue Partei von Pieter Omtzigt könnten eine Minderheitsregierung dulden. Die Regierungsbildung dürfte wie schon beim letzten Mal, als noch einmal Rutte an die Macht kam, lange dauern. Im Parlament sind 15 Parteien, im Senat 16, wo zuletzt die Bauernpartei viele Sitze erringen konnte und im Parlament beschlossene Vorhaben blockieren könnte. Diskutiert wird derzeit auch eine außerparlamentarische Regierung, also dass das Parlament eine Expertenregierung einsetzt und die Parteien jeweils suchen, wo es bei Themen einen Konsens gibt. Das wäre ein demokratisches Experiment, aber wahrscheinlich sehr instabil.
“Ich fürchte, dass politisch über die nächsten Monate, vielleicht sogar Jahre ein Stillstand auftreten wird. Vielleicht gibt es dann auch Neuwahlen, dann sieht das Meinungsbild wieder ganz anders aus. Niemand weiß genau, was passiert. Aber dass es nicht einfach wird, das ist, glaube ich, den meisten bewusst.”
Das Gespräch wurde am Samstag, den 2.12., geführt.
Wenn man das Interview hört, so entsteht bei mir der Eindruck, dass sowohl Herr Rötzer als auch Herr Schleim gar gar nicht auf die Idee kommen, dass die Wähler, die Geert Wilders gewählt haben, selbstbestimmt, autonom, rational und aus tiefer Überzeugung gewählt haben könnten.
Das Gespräch dreht sich daher viel darum, welche Kampagnen, Tagesereignise, politischen Fehler anderer Parteien usw. für den Wahlausgang die entscheidende Rolle gespielt haben könnten. In der Konsequenz werden die Wähler im Grunde aber gar nicht ernst genommen. Unterschwellig werden ihnen sowohl eine leichte Beeinflussbarkeit als auch nur geringes Wissen und eine schwankende Haltung unterstellt.
Wahrscheinlich sollte man stattdessen wirklich einmal davon ausgehen, dass ein immer größerer Teil der europäischen Bevölkerungen von der offiziellen Politik und ihrer Agenda Iinsbesondere zur Migration) “die Schnauze voll hat” und von der Bewusstseinsindustrie schlichtweg überhaupt nicht mehr erreichbar ist. Aus eigener Überzeugung und auf Grund persönlicher Erfahrungen sind viele Wähler vermutlich zu bestimmten Einstellungen gelangt, die sich dann im Wahlverhalten niederschlagen.
Das Besondere und Neue ist nun, dass die Bewusstseinsindustrie hieran nichts mehr ändern kann – und, dass der Anteil der Wähler, die zu solchen Erfahrungen und Überzeugungen gelangt, angesichts der bekannten Verhältnisse kurz- und mittelfristig wohl eher zu- als abnehmen wird.
Mhm, ja klar, “Bewusstseinsindustrie”, nur halt nicht sowas wie Bild, Welt, Focus, oder gar die rechtsextremen Hassprediger von Junge Freiheit und Konsorten, die den rassistischen konnotierten Diskurs antreiben, auf den der deutsche Wutwolfgang seit jeher so abfährt. Herr, lass’…
erstaunlich dass hier, nach Jahrzehnten, Enzensberger’s Bewusstseinsindustrie auf -taucht !
@ Lichtenberg
Ach, das Wort ist von Enzensberger?! Wusste ich gar nicht.
Ich habe es irgendwo anders aufgeschnappt.
Es ist ein guter Begriff, der natürlich in einer Zeit, da die Wachstumsraten dieser Branche durch die Decke gehen, seine besondere Berechtigung hat. Er lenkt den Blick auf den Sinn des Ganzen; nüchterne Begriffe wie “Medien” oder “Hochschule” können das ja nicht.
Danke erst einmal für Ihren Erklärungsansatz.
Ein wichtiger Indikator dafür, dass die Wähler auf einmal überzeugte PVV-Anhänger wären, und nicht nur von den anderen Parteien enttäuscht, könnten Partei-Eintritte sein. Nun kann man bei der PVV aber nicht eintreten, denn die hat nur ein Mitglied: Wilders.
Ich stimme Ihnen insofern zu, als man die Entscheidungen an der Wahlurne ernst nehmen sollte. Aber mit Blick auf die Tatsache, die Sie zu vergessen scheinen, dass die PVV erst bei den Wahlen im Sommer kaum Stimmen bekam, darf man an Ihrer Erklärung wohl zweifeln.
In Holland scheint das Wahlsystem ähnlich wie in Frankreich zu sein, wo zuerst die möglichen Regierungschefs gewählt werden, die sich dann eine parlamentarische Mehrheit besorgen müssen.
Sich da einleitend zu mokieren, dass die parlamentarische Machtbeschaffung ja ganz anders wäre als in Deutschland, hilft nicht wirklich beim Verständnis.
Dass 20%-30% drin sind, wenn die Kriege immer näher kommen und die Menschen von denn Flüchtlingen genervt sind, ist kein unlösbares Mirakel.
Inzwischen ist mir jeder recht, der sich noch traut, was gegen die Nato-Kriege zu sagen. Man sieht ja dann schnell die roten Flaggen, wenn die eigentlichen Interessen zutage kommen. Deswegen heißt das auch nicht, dass man AfD wählt.
Die Karrieristen in den linken Parteien träumen davon, ins gehobenen Bürgertum aufzurücken, und trenne sich von allem, was ihr Anschleichen aufhalten könnte. Das Blöde ist, dass ihnen dadurch das eigentliche Linkswähler-Klientel verlustig geht.
@ Müsli zum Fest
Kann Ihnen fast durchweg zustimmen-
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Diese Passage ist Ihnen scheint mir besonders gut gelungen:
“Die Karrieristen in den linken Parteien träumen davon, ins gehobene Bürgertum aufzurücken, und trennen sich von allem, was ihr Anschleichen aufhalten könnte.”
Geert Wilders ist doch ein Halbblut, Freund des Toleranten Islam, Filmemacher und Israelunterstützer. Ist Demokratisch gewählt als manche in der Europäischen Kommission, und keiner der mit der Motorsäge auftritt!
Deutlich besser als der High Performer Christian Wolfgang Lindner und Navalnyunterstützter der gerade den Bundeshaushalt an die Wand gefahren hat.
Ein ansehnliches Format. Fasziniereschernde Holztreppe!
Kommt denn keiner auf die Idee,dass der Wilders (und die BBB) deshalb gewählt wurden,weil der Rest des politischen Lagers schlicht versagt hat?In Zeiten der Kriese erwarten die Wähler,dass die politische Klasse handelt und Probleme löst.Wenn sie aber nur übelriechende warme Luft und die immergleichen hohlen Worthülsen serviert bekommen,dann gehen sie dahin,wo sie Lösungen erhoffen.Ist in De mit der AfD ja das selbe.Die Menschen wählen die ja nicht,weil die deren Wahlprogramm so toll finden.Sondern weil das etablierte Politgesindel keine Lösungen für die alltäglichen Probleme liefert.Ob es dann besser wird,ist nicht garantiert.
Anfang der 1930er zur Weltwirtschaftskriese hat ja die Reichsregierung in De auch massiv in die Kriese hineingespart.Das Ergebniss war der 30.1.1933…Mir kommt es oft so vor,als würde die Ampel das gleiche Rezeptbuch wie damals benutzen.
>> massiv in die Krise hineingespart <<
Das war die Regierung Brüning mit der SPD in der Weimarer Republik, und es waren danach die Deutschnationalen ohne die SPD (aber die SPD blieb trotzdem brav harmlos bis zum Schluss).
Was aber hat das mit den Niederlanden heute zu tun? Was davon wollen Sie vergleichen?
Ronald macht auf einen dialektischen Prozess aufmerksam, der sich zwischen herrschenden Liberalen und opponierenden Populisten abspielt: Das gegenseitige und sich verstärkende Hochschaukeln divergierender, politischer Glaubensrichtungen. Indem die Liberalen die Populisten verteufeln, die sachliche Auseinandersetzung meiden und auf moralischer Ebene verharren, wird Politik zu einer Glaubensfrage. Entweder du bist für uns oder gegen uns, Kritiker werden so automatisch zu Gegnern. Mit diesem Agieren sind es die herrschenden Liberalen selbst, die das Erstarken der Populisten herbeiführen. Das Erstarken der Populisten wiederum lässt die Liberalen noch rigoroser und dogmatischer agieren. So entsteht ein dialektischer Prozess des gegenseitigen Hochschaukelns, was zu irrationalen Handlungen führen kann, bis hin zu Glaubenskriegen. Siegreich wird dann der sein, dessen Glauben der Realität am nächsten ist.
ja. Und dazu kommt noch die Geschichte mit den Bauern, die man zwingen wollte, ihre Betriebe aufzugeben, was zu Aufständen führte. Zu Recht. Die EU greift in Staaten und Eigentum ein. Wer einigermaßen denken kann, weiß, dass er als nächster dran sein könnte. In Deutschland heißt das beispielsweise Heizungsgesetz oder Sanierungspflicht, u.a. im Erbfall. Was bedeutet das? Eine kalte Enteignung. Und da wundert man sich, dass das politische System nach rechts abkippt?
Vielleicht rührt sein Erfolg aber auch nur daher, dass die Wähler, auf Grund ihrer eigenen Realitätserfahrungen, wieder beginnen selbst zu denken und nicht mehr so anfällig sind für die woke linksgrüne Propaganda.
Mal ein paar Groschen hierzu…
Wer oder was ist bitteschön ein „Bündnis Sahra Wagner“? Die Wahlalternative zu Sarah Wiener?! Die Vertreterin der Wagner-Pizza-Esser? Die Annahme, dass Wagenknechts Neugründung die Werte und Inhalte von Richard Wagner und Richard Strauss transportiert? Sozusagen als fliegende Holländerin? Fragen über Fragen…
Mutig, Overton, mutig! Haben „wir“ doch in den letzten Jahren gelernt, dass sich nur anerkannte, von offiziösen Faktenfummlern erlesene Fachexperten zu den jeweiligen Trendthemen äußern dürfen (außer sie heißen Lauterbach). Ich unterstütze den teutonischen Hang zur Expertokratie ja überhaupt nicht, aber der Zentralrat der woken Fliesentischbesitzer wird bestimmt nicht begeistert sein, wenn sich hier ein „Fachfremder“ äußern darf, nur weil er in Groningen lehrt. Pro-Tipp: Nächstes Mal eine blonde, migrantische, vollschlanke, weibliche (oder welche Identitäten sonst gerade in sind) Wahlforschende aus Haarlem nehmen.
Könnte er? Die VVD hätte auch eine Hart Groenoog (Dilan Yeşilgöz‘ Name platt nederlandisiert) ins Rennen schicken können, das wäre sich nicht großartig anders ausgegangen. Nach Verkündigung ihrer Spitzenkandidatur Mitte August schwankte die VVD unter Yeşilgöz in den Prognosen zwischen 22 und 29 Sitzen. Am Ende wurden es 24. Das war mehr als im Frühjahr unter Rutte. Im selben Korridor bewegte sich die Partei übrigens auch im vergangenen Jahr – wenn der Name oder die familiäre Herkunft der Kandidatin nun einen so großen Einfluss gehabt hätte, hätte man ergo eine signifikante Änderung der Ergebnisse nach unten erwarten dürfen. Problem: War nüscht.
Somit sind wohl eher Motive wie Persönlichkeit, Inhalte und Bilanz der amtierenden Regierung als ausschlaggebend zu erachten. Yeşilgöz strahlt zum einen politische Beliebigkeit aus. Sie hat studiert, begann als Kaviarlinke, hat sich dann aber zum Law-and-Order-Sheriff gewandelt. Typisch für Renegaten, versuchte sie ihren Wandel mit möglichst lauten und möglichst harten Positionen glaubwürdig zu machen, inklusive klarer Kante gegen Woke. Bloß: Zum einen kaufte ihr nicht jeder diesen Wandel ab, zum anderen hat sie jetzt die VVD auch nicht neu erfunden, sondern nur etwas weiter nach rechts zu schieben versucht. Problem: da wählt man lieber das Original, zumal Yeşilgöz eine Koalition mit Wilders ohnehin nicht ablehnte (hatte die VVD bisher getan).
Und hinzukam – wohl entscheidend – schlicht das Erbe von über einem Jahrzehnt Rutte und den x Jahrzehnten Entsicherung, Globalisierung und Pauperisierung unter seinen Vorgängern. Auch in Holland hat – wie @ Wolfgang Wirth oben schrieb – ein gewachsener Teil der Wähler „von der offiziellen Politik und ihrer Agenda die Schnauze voll“.
Da es keine glaubwürdige liberale oder linke Alternative zum herrschenden System gibt, bleibt man dann entweder daheim oder wählt eben Parteien, die sich zumindest anti-systemisch präsentieren und noch am ehesten etwas bewirken könnten. Das sind dann in der Regel rechte Parteien. Auch wenn die am Ende wie üblich Bakschisch mit den etablierten (neoliberalen und globalistischen) Systemparteien, also der systemischen Rechten machen. Und sich nichts ändert beziehungsweise es bloß etwas langsamer / schneller schlechter für einen wird.
Hierzu sachdienliche Hinweise von einem anderen Experten:
Völlers Sager taugt auch für politische Analysen, denn „Tiefpunkte“ fährt die sogenannte „Linke“ in Holland jetzt bereits seit Jahrzehnten ein. Im Grunde ist doch das gesamte linke Parteienspektrum – wie in Deutschland, wie auch anderswo – in Holland ein einziger Tiefpunkt. Oder besser: ein einziges Trauerspiel. Davon abgesehen, dass es nicht links, sondern ebenfalls seit Jahrzehnten mehrheitlich „third-way“ und „woke“ ist. Somit systembejahend und rechts ist.
Erinnert man sich hierzulande noch an die „erfolgreichen“ lila Fortschritts-Regierungen unter Wim Kok? Der erhielt für seine ach so „progressiven Reformen“ immer tonnenweise mediales Lob. War auch nötig, denn irgendwie musste man seine entsichernde Sozial- und Gesundheitspolitik, die Auswirkungen der Dauerausterität und die ganzen anderen Leichen ja verbergen (übrigens im Verbund mit der VVD ausgeheckt). 2002 waren dann in Deutschland alle überrascht, dass im ach so liberalen und sozialen Holland die Lijst Pim Fortuyn zweitstärkste Kraft wurde. Das hatte sich in Umfragen übrigens abgezeichnet, aber heute wie damals findet sich in allen Texten und Analysen natürlich:
Tja. Ich würde sagen: Kommt immer auf die Umfragen an. Und das Vertrauen, das man in sie beziehungsweise ihre Erheber / Erhebungsweise setzt. Vielleicht wäre es mal an der Zeit weniger auf Umfragen als auf die Beschaffenheit des jeweiligen Wahlsystems oder die Eigentümlichkeiten des jeweiligen Landes zu achten.
Holland war schon immer rechtsliberal und ist als Mehrparteiensystem ohne „Fünfprozenthürde“ strukturell anfällig für Parzellisierungsprozesse. Hinzu kommt die zunehmende Individualisierung der rechte Zeitgeist – was erwartete man also? Dass zwei große antisystemische Linksparteien miteinander rangeln würden?! Im Grunde gilt: Holland ist wie Israel, nur mit Deichen, Windmühlen und den Kolonien nicht direkt vor der Haustür sondern auf der anderen Seite des Atlantiks.
Obendrein ist es für sein äußerst volatiles Parteienspektrum bekannt. Im Frühsommer war beispielsweise die Boer Burger Beweging in Umfragen noch klar führend (mit ungefähr so viel prognostizierten Sitzen wie sie letztlich Wilders bekommen sollte). Das Gros der Proteststimmung wurde von ihr aufgesogen – bis ungefähr zu dem Zeitpunkt da ihre Chefin meinte, dass sie ja gar nicht Premierministerin werden wolle. Am Wahltag bekam die BBB dann sieben statt 37 Sitze und viele Wähler machten ihr Kreuz bei Wilders.
In den letzten Umfragen hatte dessen PVV übrigens die VVD eingeholt beziehungsweise überholt – man könnte auch sagen, der Trend lief klar zugunsten Wilders‘. Politikwissenschaftlich bewanderte kennen vielleicht den sogenannten Bandwagon-Effekt, der kam hier m.E. zum Tragen. Wer ein bisschen im Herbst mit Holländern gequatscht hat oder deren Glotze verfolgte, konnte durchaus merken: Die Wilders-Lokomotive kam in den letzten Wahlkampfwochen unter Dampf und viele wollten auf diesen Zug aufspringen.
Insofern: „nicht vorhergesehen“ ist relativ. Vielleicht für Außenstehende, in Holland gab es dagegen schon öfter solche „Überraschungen“.
Das irreale Versprechen, die sozialen Probleme wie die zunehmende Armut oder die Wohnungsnot mit der Bekämpfung der Migration zu lösen, dürfte überzeugt haben, auch wenn die Zuwanderung eigentlich relativ gering ist.
Ja, okay, die zunehmende Armut und Wohnungsnot wird man durch die handelsübliche Migrantenhatz in der Tat nicht los. Aber die dient ohnehin nur dem Spektakel, der Ablenkung und zur Spaltung. Fakt ist: Ob man jetzt Pauperisierung oder Zwangsmigration anpacken will – in beiden Fällen sind die meisten derzeit kursierenden Ideen nur Herumdoktern an den Symptomen. Man muss aber den Ursachen auf den Grund gehen und das hieße: die Systemfrage stellen. Dann müssen eben Dinge wie EU, Globalisierung, NATO-Kriege, Sanktionsirrsinn, Austeritätsprogramme, ökonomische Unvernunft et cetera aufs Tableau. Macht das jemand ernsthaft – ob hier oder in Holland? Nein, sonst würde das System ja auf ihn losgehen wie Blücher an der Katzbach. Wilders hat so viel Kreide gefressen, dass er jetzt einigermaßen hübsch gebügelt ist und ein paar Jahre lang die systemkonforme Systemalternative spielen und vielleicht auch ins Catshuis einziehen darf. Änderte sich etwas unter ihm? Nein wie gesagt: es wird nur ein bisschen schlechter.
Ansonsten: „die Zuwanderung eigentlich relativ gering ist“. Eigentlich ist ein einschränkendes Partikel. Im Unterbewussten ist der Sprecher sich vermutlich bewusst, dass auch in Holland die Migrationszahlen nicht ganz so niedrig sind. Schön, mit rund 14 % Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung vielleicht geringer als in Deutschland. Aber zu was setzt man die Zahlen überhaupt in Vergleich? Luxemburg? Monaco? Katar? Fakt ist: Gegenüber 1990 hat sich der Wert verdoppelt und schon vor zwanzig Jahren empfanden viele Holländer, dass die Politik sie mit den Folgen dieses Prozesses allein ließ. Und dieses Gefühl war weder eine Täuschung noch unfundiert.
Der Mann heißt Timmermans und ist nicht einfach elitär, sondern ein Apparatschik, der erst im Auswärtigen Dienst seines Landes und danach in Brüssel als Büttel von Flintenuschi gedient hat. Natürlich kannste mit so jemanden nicht den einfachen Mann von der Straße abholen. Timmermans mag ein halbes Dutzend Fremdsprachen sprechen, kennt jedoch sicher genauso wenig den Preis einer Schachtel Eier oder eines Liters Benzins wie Wirecard Ole, „unser“ Jesus von der Alster. (Womöglich ist er aber nicht auch noch offen stolz drauf).
Das war aber auch gar nicht der Sinn und Zweck seiner Rückentsendung nach Holland. Er sollte das kollabierende woke Lager stabilisieren und die entsprechenden Milieus auffangen. Für die Leute in den besseren Vierteln der Uni- und Großstädte hat Timmermans seinen „Klimawahlkampf“ geführt und so doch gut die Hälfte der Verluste von D66 und SP auffangen können. (Die SP hat mit „Sozialismus“ heuer natürlich so viel zu tun wie ein Zitronenfalter mit dem Falten von Zitronen). Mission accomplished. Jetzt darf er vielleicht „Oppositionsführer“ spielen.
Und was soll daran für Wagenknechts Truppe interessant sein, außer dass man ihr wieder „Ausländerfeindlichkeit“ unterstellt oder ihre Bewegung zumindest thematisch damit verknüpft?
Nochmals: Wagenknecht sollte nicht bloß die soziale Frage stellen, sondern die Systemfrage. Es geht nicht nur um Soziales oder pöse Ausländer, sondern ums Ganze. Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit stehen in diesem Land jetzt bereits seit Dekaden auf der roten Liste. Zeit sie endlich zu retten.
Problem: Macht Wagenknecht vermutlich genauso wenig wie Wilders.
Uhu: das ist vielleicht nicht der neueste, aber definitiv der hotteste shit! Werden die Bürger unbequem, schimpft man sie xy-extrem. Und lässt lieber die Experten für sie entscheiden. Ich habe es eingangs schon angeritzt: es sollten sich zu jedem Thema nur noch Leute vom Fach äußern dürfen. Wählen überfordert doch einfach die Menschen. Wer hat da schon Ahnung von? Ich hatte auch schon Leute neben mir sitzen, die Politikwissenschaft im Masterstudiengang studiert haben wollten, aber den Unterschied von Erst- und Zweitstimme nicht kannten. Ist ja auch verdammt schwer. Aber wie wird es dann erst um ihre restliche politische Bildung stehen? Kann ja nicht jeder so gebildet sein wie unsere güldene Frau Dr. Außenministerin! Also: Besser andere für die dummen Bürger ranlassen. Leute vom Fach, die von Torwächtern des Systems in einem scheintransparenten Verfahren ausgewählt wurden und Gütesiegel von EU, den Finanzmärkten und PETA tragen. Wirkliche Experten aus der Region, noch fairtrade gehandelt, alkoholfrei, aber mit mindestens 60 % Moralin-Gehalt!
Und wenn die Holländer dann ihre „normale“ Regierung nicht zustande bekommen – von der EU lernen heißt siegen lernen! Entweder neuwählen bis es passt. Oder „Experten“ einsetzen wie damals in Italien (Monti) und Griechenland. Zur Not schicken die Piefkes auch einfach wieder einen Reichsstatthalter, Den Haag tanzt doch ohnehin seit Jahrzehnten nach der Pfeife von Bonn und Berlin…
Keine Sorge, der systemische Stillstand ist seit Jahrzehnten gegeben! Da wird sich so schnell auch nicht viel ändern. Die saturierten Ober- und Mittelschichten sind von den von ihnen selbst entfesselten politischen wie sonstigen Stürmen in ihren gated bubbles zum Glück gut geschützt. Blechen dürfen wie immer die untere Mittelschicht, die Unter- und Arbeiterklassen sowie alle, die man sonst so schröpft. Ob einheimischer oder migrantischer Herkunft spielt da keine Rolle.
Dilan Yeşilgöz: Das ist ein komplexes Thema, das man nicht 1:1 erklären kann.
Ich könnte jetzt erwidern, dass das Ipsos-Institut am 25. Juli die VVD bei 28 Sitzen sah – einen Monat später dann nur noch bei 22 (I&O Research, 26. August), also 21% weniger.
Die Interpretation solcher Umfragen hat aber immer auch etwas von Kaffeesatzleserei. Am Ende zählt das Wahlergebnis.
Gerade dann, wenn Sie auf die Umfragen verweisen, kommen Sie nicht um das Problem herum, dass die VVD am Tag vor der Wahl noch stärkste Kraft war (29 Sitze, Ipsos), in etwa gleichauf mit der PVV – der Wahlausgang aber eben anders war: Die VVD/Yeşilgöz endete weit abgeschlagen hinter PVV/Wilders.
Man kann mit solchen Umfrage-Ergebnissen also nichts beweisen. Die Punkte über Yeşilgöz machten u.a. auch Wählerinnen und Wähler, die man auf der Straße befragte.
Zu dem “Tiefpunkt” schreibe ich hierunter noch etwas, zu “Estragon”.
Danke für Ihre Antworten @ Stephan Schleim
Stimme ich absolut zu. Deswegen schrieb ich ja:
Die Niederlage der VVD ist m.E. nur multikausal zu erklären.
Als jemand, der im Studium selbst Module zur Wahlforschung belegt hat, gehe ich damit auch vollauf d’accord. Ich schrieb selbst:
Dann:
Exakt. Am selben Tag vor der Wahl lag die VVD bei Peil drei Sitze hinter der PVV (26:29), wobei Peil die höhere Grundgesamtheit (6000 gegen 2260 Befragte bei Ipsos) aufweist. Jetzt kämen politische Ausrichtung, Erhebungsweise, Fehlergrenze etc. ins Spiel. Könnte man im Grunde für alle beteiligten Umfrageinstute durchspielen, mein Punkt war nur, dass ich das Abschneiden der VVD nicht am Namen Ihrer Spitzenkandidatin festmachen würde.
Und wenn man die Umfragen durchscrollt, schnitt die VVD am Ende eben durchaus besser ab als im Frühjahr, auch wenn sie eine klare Wahlniederlage einfuhr.
Ein wichtiger Faktor in Holland bleibt für mich der durch den Bandwagon-Effekt verstärkte Trend zugunsten einer im Wahlkampf populären Partei (hier: Wilders’ PVV). Dieses Phänomen konnte man auch bei diversen Landtags- und sonstigen Wahlen in Deutschland in jüngerer Zeit beobachten (bei den letzten Wahlen in Sachsen-Anhalt oder jüngst in Hessen lag die CDU beispielsweise auch über den prognostizierten Werten, dort war es ein gewisses Scharen hinter dem Amtsinhaber). 2021 kam der Scholz-Zug auch erst im Spätsommer ins Rollen, im Frühjahr lag er dort, wo die SPD auch heute wieder steht (ca. 15 %).
Mag sein, aber was besagt das jetzt? Auch hier könnte man wieder anfangen zu diskutieren: Wie viele Wähler wurden befragt? Sind drei, vier Leute in den Abendnachrichten repräsentativ? Sind Nachwahlerhebungen zu diesem Punkt aussagekräftig? Oder ist es nur ein Aspekt unter vielen?
Gar nix soll der Punkt, werter Herr Schleim. Der ging nicht gegen Sie, verzeihen Sie bitte so dies so rüberkam. Ich schätze Ihre Artikel und Interviews, ob hier, bei Spektrum oder anderswo. Sie sind fundiert und informativ, auch wenn ich öfters einige Punkte anders sehe als Sie. Ihre jüngste Analyse bei Spektrum will ich hier unseren Mitlesern auch empfehlen.
Es ging mir somit nicht um Sie, sondern den gewissen Trend zur Expertokratie, der in meinen Augen in den letzten Jahren ebenfalls an Fahrt aufnahm. Den wollte ich auf die Schippe nehmen, denn ich finde es ja gut, dass „Overton“ Sie befragt hat.
Gemäß der expertokratischen Haltung sollen sich zu einem Thema XY aber nur noch (von Medien oder anderen Gatekeepern) bestimmte „Fachleute“ aus, zu und über dieses äußern dürfen. Zu einer Wahl ergo nur noch Wahlforscher, zum Klimawandel nur noch Klimaforscher. In Griechenland und Italien hatte man auf einem der Höhepunkte der europäischen Finanzkrise schon ganze „Expertenregierungen“ von „Fachleuten“ aus der Finanzbranche. Die mögen mehr oder weniger Expertise mitbringen, sind jedoch keineswegs neutral und unvoreingenommen (das beste Beispiel sind die von Tagesschau und Co. befragten “Ukraine-Experten” – die sind fast durch die Bank transatlantisch und – Treppenwitz – nicht selten fachfremd, was aber interessanterweise nicht juckt). Obendrein läuft es auf Diskursabschneidung und Entdemokratisierung heraus, wie man auch bei der Diskussion um die Pandemiemaßnahmen sah, beispielsweise beim Thema Schulschließungen, wozu Bildungsforscher und Soziologen wenig gehört wurden (oder nur solche, die die regierungsamtlichen Positionen goutierten). Dieses Phänomen behagt mir ganz und gar nicht.
Hier habe ich es zu karikieren versucht, sry wenn es falsch rüberkam.
En bref: Für mich hätten Sie sich auch dann zu Holland äußern und hier analysieren dürfen, wenn Sie „bloß“ Mechaniker wären und nur mal vor 20 Jahren am Ijsselmeer Camping gemacht hätten.
P.S. Was soll der Punkt mit dem “Psychologen”? Ich lebe seit 14 Jahren in den Niederlanden, habe rund 15 Jahre mit Florian Rötzer zusammengearbeitet – und kommentiere hier eben das Geschehen, sozusagen als eine Art Auslandskorrespondent.
Und, schon einmal daran gedacht: Wahlentscheidungen sind psychologische Vorgänge.
Ein wirklich beeindruckender, umfäglichlicher und ausführlicher Abriss über die niederländische Politik und Wahlsituation. Wow!
Von hier, wo ich wohne, bin ich in ca. einer Stunde Fußweg an der niederländischen Grenze. Viele Freunde und Bekannte wohnen im Nachbarland. Einige sind schon vor Jahrzehnten dorthin gezogen, unter Anderem auch, weil Holland ja so liberal und offen wäre, so umkomplziert. Diese Einschätzung hat sich mittlerweile bei fast allen geändert, die dort mit der alltäglichen, niederländischen Lebensrealität zu tun haben. Die Niederlande haben sich geändert in den letzten 30 Jahren. Es ist weniger liberal und es ist restriktiver, mehr als in Deutschland meinen einige schon.
Absolute Zustimmung.
Schöne Beispiele wären die in Deutschland nur sehr mythisiert wahrgenommenen “Coffee Shops” oder die “Sexarbeit”. Holland ist beileibe kein dauerkiffendes Freierparadies. In Amsterdam versucht man “De Wallen” gerade an den Stadtrand zu verdrängen, um Prostituierte besser zu “schützen”. Ja ne, is klar.
Kurzum: auch in Holland hat der puritanische Zeitgeist längst (wieder) Einzug gefunden.
@ Altlandrebell,
zunächst meinen Gruß an diesem winterlichen Nachmittag!
Sie scheinen sich ja auch in den Niederlanden etwas auszukennen. Beachtlich!
Ich selbst war im ganzen Leben nur dreimal da, und das waren zusammen auch bloß vier Tage, zuletzt vor 40 Jahren! Mir ist das Land immer fremd geblieben. Schon diese flache eintönige Weite und dann wieder diese zu vollen und zu steinernen Städte. Egal.
Die Lage der Dinge in unserem Nachbarland haben Sie für mich daher dankenswerterweise ganz interessant und schlüssig skizziert. Dass sich der Migrantenanteil dort seit 1990 auf 14% verdoppelt hat, wusste ich noch gar nicht.
In Deutschland entspricht die Veränderung zwischen 1990 und heute ja sogar ziemlich genau sogar einer Verdreifachung, nämlich eine Steigerung von etwa 8,5% auf etwa 26%.
Natürlich sind die Zahlen allein noch nicht direkt vergleichbar, weil sie nicht erkennen lassen, um was für Migranten es sich genau handelt und wie ihre Stellung und Integration beschaffen ist. So findet man in Deutschland m.E. mehr Ausländer aus der EU bzw. dem westlichen Ausland und Menschen mit schon länger zurückliegender Migrationsgeschichte (z.B. Nachkommen türkischer oder südeuropäischer Gastarbeiter) als in Holland, was im Hinblick auf die Integration vermutlich günstig ist.
Angesichts der zwei Morde an den prominenten Islamkritikern Pim Fortuyn und Theo van Gogh sowie der räumlichen Nähe der Niederlande zu benachbarten Regionen mit ausgeprägten und deutlich erkennbaren gewaltsamen Migrationsproblemen – Teile von Brüssel, Teile von Nordfrankreich und das Ruhrgebiet – scheint mir das Thema „Migration“ in den Niederlanden für Wahlentscheidungen jedenfalls trotzdem nicht unwichtig zu sein. Die Holländer sehen ja auch, was jenseits ihrer Grenzen passiert.
Ich stimme Ihnen zu, dass Wilders – falls er an die Regierung kommen sollte – hier weniger verändern dürfte als manche seiner Wähler hoffen. Wie Sie geschrieben haben:
„Wilders hat so viel Kreide gefressen, dass er jetzt einigermaßen hübsch gebügelt ist und ein paar Jahre lang die systemkonforme Systemalternative spielen und vielleicht auch ins Catshuis einziehen darf.“
Da „Migration“ untrennbar zum Credo und zur Agenda des aktuellen Systems im Westen dazugehört, wird er sich hier nicht vollkommen anders positionieren können.
Allerdings sollte man nicht übersehen, dass sich die Stimmung im Hinblick auf Migration, und zwar insbesondere im Hinblick auf Migration aus dem islamischen Orient, doch inzwischen in mehreren Ländern deutlich geändert hat: Schweden, Dänemark, Italien, jetzt vielleicht die Niederlande … Osteuropa macht sowieso sein eigenes Ding … und in Frankreich gab es zuletzt auch vergleichsweise kritischere Töne. (Nun gut, dort ist die Lage so, dass auch eine Variante a la Houellebecqs „Unterwerfung“ nicht gänzlich unmöglich ist.)
Jedenfalls könnte es sein, dass Wilders in einem sich leicht verschiebenden internationalen Rahmen doch ein bisschen (nicht viel, aber ein bisschen) mehr Spielraum hätte als man denkt. Mal abwarten!
—
Themenwechsel.
Ich habe da aber noch eine Frage, die sie vielleicht beantworten können.
Vor einigen Wochen wurde hier ein Interview mit Ullrich Mies veröffentlicht
(hier: https://overton-magazin.de/dialog/die-herrschaftskasten-kleiden-sich-antifaschistisch-und-tun-gleichzeitig-das-gegenteil/ )
Zu meiner ehrlichen Überraschung äußerten sich viele Kommentatoren, und zwar gerade solche, die ich als eher links einschätze, seinen Gedanken gegenüber gleichgültig bis ablehnend. Das erstaunte mich und ich vermochte mir diese Sicht nicht zu erklären. Da Sie sich in linken Zusammenhängen vermutlich besser auskennen als ich, wollte ich Sie schon seit Wochen mal hierzu befragen. Warum findet Mies bei undogmatischen und freigeistigen Linken nicht mehr Zustimmung?
Alles Gute
Guten Abend lieber @ Wolfgang Wirth!
Also mit Winter ist hier bei mir nicht viel los. Kein Schnee, bloß Regen und draußen 5°C. Läuft bei mir unter Herbst, aber die Geschmäcker sind verschieden. Ich schüttele ja immer noch den Kopf wie verrottet – man kann es wohl nicht anders nennen – die Infrastruktur in Bayern sein muss, dass sie mit 40 cm Nassschnee und Glätte nicht zurechtkommt und Münchens Flughafen tagelang lahmgelegt ist. Vielleicht erinnern sie sich als Nordlicht noch an die „Schneekatastrophe“ vom Jahreswechsel 1978/79 mit rund 150 Millionen Mark Schaden und Schneemengen allein an Silvester von fast einem Meter. Damals haben sie aus Bayern Schneefräsen gen Norden geschickt, die DDR war auch massiv betroffen. Will nicht wissen, unter was das heute liefe – „Schneeapokalypse“? Mein Punkt: Ob Ahrtal oder Bayern, ob Klimawandel oder nicht – it’s the infrastructure, lads. Und wenn man die eben nach Gusto und Mantra der Schwäbischen Hausfrau betreibt, braucht man sich nicht wundern, dass das Netz dann kollabiert.
Zu Holland: Ich muss Ihnen gestehen – ich bin gar kein „Experte“ für die Nachbarn dort und in meinem Leben auch noch nie bei ihnen gewesen (was wohl etwas abstrus ist, da ich mal Niederländisch gelernt habe und es gerade wieder am Auffrischen bin). Sein politisches System war auch nicht Studienschwerpunkt für mich, aber ich verfolge eben die Lage und Umfragen, lese Bücher über das Land, seine Kultur, Küche und Geschichte (zuletzt u.a. Beevors Darstellung der Schlacht um Arnheim, die ebenso wie der im Anschluss von den Deutschen betriebene Hongerwinter – gerade in der Randstad – sehr prägend waren) und schaue öfters niederländischsprachige Nachrichten / Filme. Äußern dürfte ich mich nach Auffassung der Expertokraten natürlich trotzdem nicht. Ich tue es freilich trotzdem. 🙂
Wie kommen Sie denn auf die 26 % Ausländeranteil in Deutschland? 2022 lag er laut Statista bei 14,6 %. Oder meinen Sie schlicht alle mit Migrationshintergrund, also beispielsweise Leute, deren Vater oder Mutter aus einem anderen Staat stammt oder zumindest dessen Pass innehat (kann ja potentiell auch eine hiergeborene Inhaberin eines türkischen Passes sein). Na, wie auch immer – in der Sache denken wir ähnlich und Sie weisen ja zurecht auch auf die sehr unterschiedlichen Typen von „Ausländern“ hin.
Da müssen die Holländer nicht über die Grenze gucken. Da reicht beispielsweise ein Blick in bestimmte Viertel von Rotterdam und anderen Städten (auch wenn ich das und die dortigen Probleme nicht überzeichnen würde, wie es manch andere tun; Stichwörter für Belgien und Deutschland immer „Molenbeek“ / „Marxloh“). Rotterdam war zwar schon immer ein Schmelztiegel – für Hafenstädte ja nicht ungewöhnlich – aber die Kombination Entsicherung + Zwangsmigration + Austerität + etc. ist eben nicht sonderlich gut.
Falls Sie – oder andere Leser – Rotterdam interessiert – hier nur mal ein englischsprachiges Policy Paper. Ein erster Einstieg / Überblick, überhaupt nicht neutral, aber ein paar Infos und Punkte kann man mitnehmen oder sich zumindest dran reiben. Im Netz finden sich natürlich mit ein paar Klicks diverse (deutschsprachige) Analysen und Kommentare…
Und in der ZEIT gab es zu Jahresbeginn ein Interview mit einem Migrationsforscher zur Lage in Holland, leider hinter der Paywall. Hier trotzdem ein Schlüsselsatz aus der Einleitung:
Tja.
Zugleich würde ich nicht sagen, dass Migration der alleinentscheidende Faktor ist. Es ist ein Symptom und trägt sicher sein Scherflein bei, aber die Hauptquellen haben Sie doch in Ihrem Kommentar gestern bereits benannt: der gesellschaftliche Allgemeinzustand und die Agenda der Herrschenden, wovon Migration aber nur ein Faktor ist. Ich würde noch ergänzen, dass in Holland sich viel Protestpotential hinter Wilders‘ versammelt hat, nachdem die BBB ihre Asse verspielt hatte. Hätte sonst wie bei den Provinzwahlen im Frühjahr auch ein erneuter Erfolg dieser Partei werden können.
Sie mögen‘s mir nachsehen – da bleiben wir weiterhin unterschiedlicher Auffassung. Was machen die aufgelisteten Länder denn heute großartig anders?
Osteuropa – das war in den letzten Jahrzehnten nie großartig Zielort / Aufnahmeregion von Migration. Ja, in Polen gibt es jetzt mehr Inder, aber die wurden bewusst importiert, auch weil viele Polen nach GB und DEU abgewandert sind. Ist Polen – von Warschau und Krakau vielleicht abgesehen – ansonsten großartig attraktiv – großes Fragezeichen. Mehr noch gilt das für Länder wie Bosnien oder Bulgarien.
Dann bezüglich Meloni, Frederiksen und Kristersson: Ist das substantiell oder bloß Show? Macht sich bspw. Meloni an die Wurzeln des Migrationsproblems oder macht sie sich bloß an einzelne Migranten ran? Die Lager in Albanien und Ruanda sollen ja der „Abschreckung“ dienen – realiter dienen sie zum Quälen und Bestrafen derjenigen, die mal eben nicht schnell genug bei einer Polizeikontrolle abtauchen und sich nicht freikaufen können. Und als Trainingsort für den Umgang mit heimischen Regimegegnern. Heute schickt man pöse „illegale“ Migranten hin, morgen sind es vielleicht „illegale“ Querdenker oder „Friedensschwurbler“, die gefallenen Engel aus der Hölle. Cicero und Ovid wurden ja auch in die Verbannung geschickt; das Modell ist also nicht neu.
Mit dem (temporären) Festsetzen von „Seenotrettungsschifen“ will man Migration unterbinden. Realiter betreibt man bloß virtue signaling für die eigene Wählerklientel und verlagert die Migrationsrouten um. Das schreckt alles niemanden ab. Nehmen die Leute eben ein anderes Boot oder lassen sich von der Küstenwache oder einem Tanker aufsammeln. Die Haltung der meisten ist ohnehin: ich werde es schon schaffen (und werde nicht erwischt / lande nicht in Albanien), habe ja meine Connections. Irgendwann wird man wohl Selbstschussanlagen aufstellen wie in der DDR, bloß nach außen gerichtet diesmal. Ändern wird es auch nichts („mich wird die Kugel nicht erwischen“). In der EU haben sie sich vor Jahren über ihren Deal mit dem Niger gefeiert, da er x tausend Migranten daran gehindert habe über die Sahel-Sahara-Straßen ans Mittelmeer zu kommen. Tja. Die nahmen dann eben bloß die gefährlicheren, unkontrollierten Routen und tauchten bloß woanders (Kanaren!) oder verspätet auf (wenn sie nicht unterwegs elendig in der Wüste zugrunde gingen). Gatti hat vor bald zwei Jahrzehnten beschrieben welche Mühen und Wege Migranten auf sich nehmen um in die EU zu gelangen und welche Tricks sie dabei anwenden. Moneyquote aus einer Buchbesprechung:
Der letzte Satz ist für mich der Schlüsselsatz. Solange die Ursachen bestehen bleiben, bringt es nichts an den Symptomen herumzudoktern. Deswegen: Nein, werter Herr Wirth, auch die drei genannten Politiker ändern nichts, sie bestrafen am Ende bloß die Falschen. Wenn sie etwas verändern wollten, müssten sie sich gegen das System stellen, das – wie andernorts skizziert – von Migration wie Migrationsproblemen profitiert (Schlepper und Polizisten sind da wirklich noch die kleinsten Fische). Aber dann wären die drei nicht mehr lange Ministerpräsident, sondern landeten ziemlich schnell in der (medialen) Verbannung oder in der Badewanne (Modell Barschel).
Das Buch habe ich ganz anders gelesen; es drehte sich m.E. auch gar nicht um „den“ Islam, zu dem Houellebecq ja auch ein ziemlich ambivalentes Verhältnis hat. Ich fand immer, dass „Unterwerfung“ sehr gut zum Pandemieregime passte und wie die Leute sich diesem unterwarfen. Und zuvor eben zur allgemeinen Obrigkeitshörigkeit im Westen, wo viele Menschen bereits seit Jahrzehnten brav alles abnicken, sich anpassen und jede Kröte gehorsam schlucken, die man ihnen auf den Teller lädt. (Wir sollten nie vergessen: Overton, Manova und Co. sind Nischenforen. Hier treffen viele ähnlich denkende Menschen, aber das Gros der Leute draußen hat entweder keine Zeit und Kraft sich mit den Texten, Themen und Diskussionen hier zu beschäftigen oder hält uns für Spinner).
Persönlich haben mir „Serotonin“ und „Karte und Gebiet“ übrigens besser gefallen, die haben auch die gesellschaftlichen Verhältnisse noch etwas kräftiger geschildert.
Eine Unterwerfung à la Buchmodell erachte ich in Frankreich übrigens für ausgeschlossen, dazu müssten sich die Elitenmilieus signifikant verändern. Oder plötzlich wieder Lust auf „Türkenmoden“ (Turquerie) bekommen wie in der Frühen Neuzeit. Sehe ich nicht, die Eliten bleiben sich doch ziemlich gleich und ziemlich unter sich. Vielleicht heiratet irgendwo ein Latino oder eine Muslima ein – so what? Religion und Hautfarbe sind unwichtig, es kommt auf die inneren Werte (= Systembejahung) und das notwendige Kleingeld an. Majestyk meinte vor ein paar Wochen nicht umsonst, dass die Adligen noch immer ziemlich einflussreich seien… Und ob Blut-, Geld-, oder Machtadel – denen ist es am Ende wurscht, ob sie in Frankreich / Deutschland über 90 % weiße Proleten oder 90 % Askaris herrschen. Die Machtverhältnisse auf der Plantage bleiben dieselben.
Nein, die gezielt geschürte Angst vor einer islamischen Übernahme soll m.E. – wie auch die Angst vor Schulden, Pandemie und Klima – von tatsächlichen Bedrohungen wie Staatsterrorismus, Überwachungs- und Kontrollregime („gläserner Bürger“, „Bargeldverdrängung“, „social credit system“) und Co. ablenken.
Gute Frage!
Ich habe das Interview aus Zeitgründen damals nur überflogen und will es mir – ebenso wie die zugehörige Diskussion – bei Gelegenheit nochmals ausführlicher anschauen. Was ich von der Debatte mitbekam war, dass man Mies einen gewissen Hang zur Paranoia und Apokalyptik unterstellte sowie, dass er in seiner Analyse nebulös bliebe. Letzteres habe ich nicht ganz verstanden, für mich klang er recht klar, auch in seinen biopolitischen Bezügen. Vielleicht setzt er einfach zu viel voraus und lässt nur Stichworte fallen, sodass für Leser, die deren Bedeutung nicht bekannt ist, sein Gedankengang im „Nebulösen“ verbleibt.
Was die „Apokalyptik“ betrifft – nun, wie, wo, wann und in welchem Umfang sich die Projekte der Herrschenden entfalten, bleibt natürlich abzuwarten. Bargeldverdrängung ist m.E. ein sehr schleichender Prozess. Andererseits finde ich es irritierend, dass Leute, die während der Pandemiemaßnahmen- oder Klima-Diskussionen oder sonst öfters selbst „apokalyptisch“ klingen, bei einem solchen Thema nur achselzuckend oder verneinend reagieren.
Ich will nochmals schauen, aber ich bin zwar freigeistig, jedoch mit den inner-linken Debatten auch nicht allzu vertraut. Zumal ich einen Großteil meines „linken“ Freundeskreises in den letzten Jahren aus politischen Gründen verloren habe (meine Positionen zu „Brexit“, „Pandemie“, „Ukraine“, „Klima“… gelten bekanntlich als „rechts“).
Wie auch immer – Ihnen noch eine gute Restwoche, ich geh jetzt Plätzchen backen.
Alles Gute
Ihr Altlandrebell
Guten Abend lieber @ Wolfgang Wirth!
Also mit Winter ist hier bei mir nicht viel. Kein Schnee, bloß Regen und draußen 5°C. Läuft bei mir unter Herbst, aber die Geschmäcker sind verschieden. Ich schüttele ja immer noch den Kopf wie verrottet – man kann es wohl nicht anders nennen – die Infrastruktur in Bayern sein muss, dass sie mit 40 cm Nassschnee und Glätte nicht zurechtkommt und Münchens Flughafen tagelang lahmgelegt ist. Vielleicht erinnern sie sich als Nordlicht noch an die „Schneekatastrophe“ vom Jahreswechsel 1978/79 mit rund 150 Millionen Mark Schaden und Schneemengen allein an Silvester von fast einem Meter. Damals haben sie aus Bayern Schneefräsen gen Norden geschickt, die DDR war auch massiv betroffen. Will nicht wissen, unter was das heute liefe – „Schneeapokalypse“? Mein Punkt: Ob Ahrtal oder Bayern, ob Klimawandel oder nicht – it’s the infrastructure, lads. Und wenn man die eben nach Gusto und Mantra der Schwäbischen Hausfrau betreibt, braucht man sich nicht wundern, dass das Netz dann kollabiert.
Zu Holland: Ich muss Ihnen gestehen – ich bin gar kein „Experte“ für die Nachbarn dort und in meinem Leben auch noch nie bei ihnen gewesen (was wohl etwas abstrus ist, da ich mal Niederländisch gelernt habe und es gerade wieder am Auffrischen bin). Sein politisches System war auch nicht Studienschwerpunkt für mich, aber ich verfolge eben die Lage und Umfragen, lese Bücher über das Land, seine Kultur, Küche und Geschichte (zuletzt u.a. Beevors Darstellung der Schlacht um Arnheim, die ebenso wie der anschließend von den Deutschen betriebene Hongerwinter – gerade in der Randstad – sehr prägend waren) und schaue öfters niederländischsprachige Nachrichten / Filme. Äußern dürfte ich mich nach Auffassung der Expertokraten natürlich trotzdem nicht. Ich tue es freilich trotzdem. 🙂
Wie kommen Sie denn auf die 26 % Ausländeranteil in Deutschland? 2022 lag er laut Statista bei 14,6 %. Oder meinen Sie schlicht alle mit Migrationshintergrund, also beispielsweise Leute, deren Vater oder Mutter aus einem anderen Staat stammt oder zumindest dessen Pass innehat (kann ja potentiell auch eine hiergeborene Inhaberin eines türkischen Passes sein). Na, wie auch immer – in der Sache denken wir ähnlich und Sie weisen ja zurecht auch auf die sehr unterschiedlichen Typen von „Ausländern“ hin.
Da müssen die Holländer nicht über die Grenze gucken. Da reicht beispielsweise ein Blick in bestimmte Viertel von Rotterdam und anderen Städten (auch wenn ich das und die dortigen Probleme nicht überzeichnen würde, wie es manch andere tun; Stichwörter für Belgien und Deutschland immer „Molenbeek“ / „Marxloh“). Rotterdam war zwar schon immer ein Schmelztiegel – für Hafenstädte ja nicht ungewöhnlich – aber die Kombination Entsicherung + Zwangsmigration + Austerität + etc. ist eben nicht sonderlich gut.
Falls Sie – oder andere Leser – Rotterdam interessiert – hier nur mal ein englischsprachiges Policy Paper. Ein erster Einstieg / Überblick, überhaupt nicht neutral, aber ein paar Infos und Punkte kann man mitnehmen oder sich zumindest dran reiben. Im Netz finden sich natürlich mit ein paar Klicks diverse (deutschsprachige) Analysen und Kommentare…
Und in der ZEIT gab es zu Jahresbeginn ein Interview mit einem Migrationsforscher zur Lage in Holland, leider hinter der Paywall. Hier trotzdem ein Schlüsselsatz aus der Einleitung:
Tja.
Zugleich würde ich nicht sagen, dass Migration der alleinentscheidende Faktor ist. Es ist ein Symptom und trägt sicher sein Scherflein bei, aber die Hauptquellen haben Sie doch in Ihrem Kommentar gestern bereits benannt: der gesellschaftliche Allgemeinzustand und die Agenda der Herrschenden, wovon Migration aber nur ein Faktor ist. Ich würde noch ergänzen, dass in Holland sich viel Protestpotential hinter Wilders‘ versammelt hat, nachdem die BBB ihre Asse verspielt hatte. Hätte sonst wie bei den Provinzwahlen im Frühjahr auch ein erneuter Erfolg dieser Partei werden können.
Sie mögen‘s mir nachsehen – da bleiben wir weiterhin unterschiedlicher Auffassung. Was machen die aufgelisteten Länder denn heute großartig anders?
Osteuropa – das war in den letzten Jahrzehnten nie großartig Zielort / Aufnahmeregion von Migration. Ja, in Polen gibt es jetzt mehr Inder, aber die wurden bewusst importiert, auch weil viele Polen nach GB und DEU abgewandert sind. Ist Polen – von Warschau und Krakau vielleicht abgesehen – ansonsten großartig attraktiv – großes Fragezeichen. Mehr noch gilt das für Länder wie Bosnien oder Bulgarien.
Dann bezüglich Meloni, Frederiksen und Kristersson: Ist das substantiell oder bloß Show? Macht sich bspw. Meloni an die Wurzeln des Migrationsproblems oder macht sie sich bloß an einzelne Migranten ran? Die Lager in Albanien und Ruanda sollen ja der „Abschreckung“ dienen – realiter dienen sie zum Quälen und Bestrafen derjenigen, die mal eben nicht schnell genug bei einer Polizeikontrolle abtauchen und sich nicht freikaufen können. Und als Trainingsort für den Umgang mit heimischen Regimegegnern. Heute schickt man pöse „illegale“ Migranten hin, morgen sind es vielleicht „illegale“ Querdenker oder „Friedensschwurbler“, die gefallenen Engel aus der Hölle. Cicero und Ovid wurden ja auch in die Verbannung geschickt; das Modell ist also nicht neu.
Mit dem (temporären) Festsetzen von „Seenotrettungsschifen“ will man Migration unterbinden. Realiter betreibt man bloß virtue signaling für die eigene Wählerklientel und verlagert die Migrationsrouten um. Das schreckt alles niemanden ab. Nehmen die Leute eben ein anderes Boot oder lassen sich von der Küstenwache oder einem Tanker aufsammeln. Die Haltung der meisten ist ohnehin: ich werde es schon schaffen (und werde nicht erwischt / lande nicht in Albanien), habe ja meine Connections. Irgendwann wird man wohl Selbstschussanlagen aufstellen wie in der DDR, bloß nach außen gerichtet diesmal. Ändern wird es auch nichts („mich wird die Kugel nicht erwischen“). In der EU haben sie sich vor Jahren über ihren Deal mit dem Niger gefeiert, da er x tausend Migranten daran gehindert habe über die Sahel-Sahara-Straßen ans Mittelmeer zu kommen. Tja. Die nahmen dann eben bloß die gefährlicheren, unkontrollierten Routen und tauchten bloß woanders (Kanaren!) oder verspätet auf (wenn sie nicht unterwegs elendig in der Wüste zugrunde gingen). Gatti hat vor bald zwei Jahrzehnten beschrieben welche Mühen und Wege Migranten auf sich nehmen um in die EU zu gelangen und welche Tricks sie dabei anwenden. Moneyquote aus einer Buchbesprechung:
Der letzte Satz ist für mich der Schlüsselsatz. Solange die Ursachen bestehen bleiben, bringt es nichts an den Symptomen herumzudoktern. Deswegen: Nein, werter Herr Wirth, auch die drei genannten Politiker ändern nichts, sie bestrafen am Ende bloß die Falschen. Wenn sie etwas verändern wollten, müssten sie sich gegen das System stellen, das – wie andernorts skizziert – von Migration wie Migrationsproblemen profitiert (Schlepper und Polizisten sind da wirklich noch die kleinsten Fische). Aber dann wären die drei nicht mehr lange Ministerpräsident, sondern landeten ziemlich schnell in der (medialen) Verbannung oder in der Badewanne (Modell Barschel).
Das Buch habe ich ganz anders gelesen; es drehte sich m.E. auch gar nicht um „den“ Islam, zu dem Houellebecq ja auch ein ziemlich ambivalentes Verhältnis hat. Ich fand immer, dass „Unterwerfung“ sehr gut zum Pandemieregime passte und wie die Leute sich diesem unterwarfen. Und zuvor eben zur allgemeinen Obrigkeitshörigkeit im Westen, wo viele Menschen bereits seit Jahrzehnten brav alles abnicken, sich anpassen und jede Kröte gehorsam schlucken, die man ihnen auf den Teller lädt. (Wir sollten nie vergessen: Overton, Manova und Co. sind Nischenforen. Hier treffen viele ähnlich denkende Menschen, aber das Gros der Leute draußen hat entweder keine Zeit und Kraft sich mit den Texten, Themen und Diskussionen hier zu beschäftigen oder hält uns für Spinner).
Persönlich haben mir „Serotonin“ und „Karte und Gebiet“ übrigens besser gefallen, die haben auch die gesellschaftlichen Verhältnisse noch etwas kräftiger geschildert.
Eine Unterwerfung à la Buchmodell erachte ich in Frankreich übrigens für ausgeschlossen, dazu müssten sich die Elitenmilieus signifikant verändern. Oder plötzlich wieder Lust auf „Türkenmoden“ (Turquerie) bekommen wie in der Frühen Neuzeit. Sehe ich nicht, die Eliten bleiben sich doch ziemlich gleich und ziemlich unter sich. Vielleicht heiratet irgendwo ein Latino oder eine Muslima ein – so what? Religion und Hautfarbe sind unwichtig, es kommt auf die inneren Werte (= Systembejahung) und das notwendige Kleingeld an. Majestyk meinte vor ein paar Wochen nicht umsonst, dass die Adligen noch immer ziemlich einflussreich seien… Und ob Blut-, Geld-, oder Machtadel – denen ist es am Ende wurscht, ob sie in Frankreich / Deutschland über 90 % weiße Proleten oder 90 % Askaris herrschen. Die Machtverhältnisse auf der Plantage bleiben dieselben.
Nein, die gezielt geschürte Angst vor einer islamischen Übernahme soll m.E. – wie auch die Angst vor Schulden, Pandemie und Klima – von tatsächlichen Bedrohungen wie Staatsterrorismus, Überwachungs- und Kontrollregime („gläserner Bürger“, „Bargeldverdrängung“, „social credit system“) und Co. ablenken.
Gute Frage!
Ich habe das Interview aus Zeitgründen damals nur überflogen und will es mir – ebenso wie die zugehörige Diskussion – bei Gelegenheit nochmals ausführlicher anschauen. Was ich von der Debatte mitbekam war, dass man Mies einen gewissen Hang zur Paranoia und Apokalyptik unterstellte sowie, dass er in seiner Analyse nebulös bliebe. Letzteres habe ich nicht ganz verstanden, für mich klang er recht klar, auch in seinen biopolitischen Bezügen. Vielleicht setzt er einfach zu viel voraus und lässt nur Stichworte fallen, sodass für Leser, die deren Bedeutung nicht bekannt ist, sein Gedankengang im „Nebulösen“ verbleibt.
Was die „Apokalyptik“ betrifft – nun, wie, wo, wann und in welchem Umfang sich die Projekte der Herrschenden entfalten, bleibt natürlich abzuwarten. Bargeldverdrängung ist m.E. ein sehr schleichender Prozess. Andererseits finde ich es irritierend, dass Leute, die während der Pandemiemaßnahmen- oder Klima-Diskussionen oder sonst öfters selbst „apokalyptisch“ klingen, bei einem solchen Thema nur achselzuckend oder verneinend reagieren.
Ich will nochmals schauen, aber ich bin zwar freigeistig, jedoch mit den inner-linken Debatten auch nicht allzu vertraut. Zumal ich einen Großteil meines „linken“ Freundeskreises in den letzten Jahren aus politischen Gründen verloren habe (meine Positionen zu „Brexit“, „Pandemie“, „Ukraine“, „Klima“… gelten bekanntlich als „rechts“).
Wie auch immer – Ihnen noch eine gute Restwoche, ich geh jetzt Plätzchen backen.
Alles Gute
Ihr Altlandrebell
Hallo, guter Rebell aus den alten Ländern,
der modische Hype um jedes im Grunde normale und ab und an vorkommende Wetterereignis nervt mich auch. Ja, man nennt es „Winter“, möchten man jungen Leuten zurufen!
Klar, an den speziellen Winter 1978 / 79 habe ich noch starke Erinnerungen. Zu Silvester waren wir mit dem Schlitten unterwegs, um bei etwa -20° C einen Kasten Bier über 3 km zu unserer Fete zu bringen (damals nannte man das ja noch nicht „Party“). Klappte auch. (Ist nicht eingefroren).
—
Sie fragen:
„Wie kommen Sie denn auf die 26 % Ausländeranteil in Deutschland?“
Damit meinte ich nicht den rechtlichen „Ausländeranteil“, sondern den Anteil der Bevölkerung mit „Migrationshintergrund.“
Hier der Beleg: https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61646/bevoelkerung-mit-migrationshintergrund/
Danach waren es in 2022 sogar schon 28,7 %.
—
Der von Ihnen zitierte Satz aus der ZEIT verblüfft mich:
„In niederländischen Städten sind Menschen ohne Migrationshintergrund heute eine Minderheit.“
Das hätte ich so nicht erwartet. Da der Migrantenanteil in den Niederlanden bei 14 % liegen soll – was ja gar nicht so viel ist – würde daraus folgen, dass sich diese Migranten fast ganz auf einige wenige größere Städte konzentrieren und kaum in der Fläche in Erscheinung treten, denn sonst wäre es ja rechnerisch nicht möglich, dass sie bei einem Gesamtanteil von 14 % mancherorts die 50 %-Marke überschreiten.
—-
Meine Aussage zur Änderung der Stimmung im Hinblick auf Migration aus dem Orient haben Sie überinterpretiert. Ich meine damit keine größeren Veränderungen. Auch ist die von mir erwähnte „Stimmung“ noch längst nicht identisch mit politischem Handeln. Im Hinblick auf das Handeln dürfte sich nicht so sehr viel ändern, jedenfalls nicht mehr als heute schon in Ländern wie Dänemark oder Schweden praktiziert wird. Insofern liegen wir hier in der Einschätzung nicht weit auseinander.
Allerdings könnte es bei durchaus denkbaren neuen großen Terroranschlägen in Westeuropa zu einer noch stärker ausgeprägten kritischen Stimmung und auch zu etwas schärferen neuen Bestimmungen kommen.
Letztlich würde ich aber selbst in diesem Falle (wohl ähnlich wie Sie) trotzdem keinen grundlegenden Kurswechsel erwarten. Das hängt m.E. auch damit zusammen, dass praktisch das gesamte politisch-mediale Establishment (einschließlich erheblicher Teile der Verwaltung, z.B. im Bereich von Schule und Hochschule) und mehr noch das gesamte „zivilgesellschaftliche“ Vorfeld der halbstaatlichen Projekte und Organisationen im Sinne auf Migrationsförderung geimpft ist. Das sind zusammen mindestens Zehntausende von aktiven Unterstützern, wenn nicht gar mehr, die sich mit Händen und Füßen gegen eine theoretisch von oben kommende Änderung der Agenda wehren würden. Schließlich hängt bei so manchen Vertretern der sog. “Zivilgesellschaft” auch die eigene wirtschaftliche Existenz davon ab … !
—
Sie fragen:
„bezüglich Meloni, Frederiksen und Kristersson: Ist das substantiell oder bloß Show?“
Ich würde mal sagen: Es ist mehr als nur Show, es sind durchaus einige Änderungen, aber eben auch nicht wirklich substantielle. Wie oben geschrieben, erwarte ich ja auch gar keine grundlegende Änderung der Agenda.
—
Zu Houellebecq :
Ihre Sichtweise im Hinblick auf die Einstellung der Eliten gibt mir zu denken. Ja, sie KÖNNEN recht haben.
„Eine Unterwerfung à la Buchmodell erachte ich in Frankreich übrigens für ausgeschlossen, dazu müssten sich die Elitenmilieus signifikant verändern.“
Es ist ja auch nicht so, dass ich das regelrecht erwarte – allerdings halte ich es mehr als Sie für nicht ausgeschlossen. Zudem entwirft Houellebecq in „Unterwerfung“ eine durchaus konkrete politische Situation – nämlich gegenseitige Blockade der Nationalisten und der Linken mit jener islamischen Partei als Zünglein an der Waage – die sein Szenario möglich machen könnte.
Wenn Sie jetzt schreiben, dass die Elitenmilieus diese, durchaus den Spielregeln gemäße, Entwicklung nicht zulassen würden, dann müssten sie das im Grunde über Ausnahmezustand und Militärputsch tun. Nun ja, das wäre ja nicht unmöglich.
In Houellebecqs Roman arrangieren sich die franzöasischen Eliten übrigens mit dem neuen Zustand und leiden nicht unter ihm…
—
Jetzt das Wichtigste:
Uns unterscheidet wahrscheinlich der Umstand, dass ich als jemand, der weit stärker von von der Geschichte her kommt und weniger von der Politik bzw. der politischen Publizistik, mehr als Sie die Faktoren „Zufall“, „ungeplantes Ereignis“ und „unvorhersehbare Entwicklung“ berücksichtige. Wenn die Geschichte nämlich eines lehrt, dann dass sie offen ist und durch teilweise geradezu lächerliche Zufälle bestimmt wird.
Wenn Sie schreiben …
„Nein, die gezielt geschürte Angst vor einer islamischen Übernahme soll m.E. – wie auch die Angst vor Schulden, Pandemie und Klima – von tatsächlichen Bedrohungen wie Staatsterrorismus, Überwachungs- und Kontrollregime („gläserner Bürger“, „Bargeldverdrängung“, „social credit system“) und Co. ablenken.“
… dann will ich da gar nicht widersprechen, aber ich halte es mehr als Sie für möglich, dass den Akteuren die Sache ENTGLEITET.
Dass auch den Mächtigen die Dinge und Vorhaben entgleiten können, das belegt ein Blick in die Geschichte anhand von vielen Beispielen.
Nur mal ein paar aufgezählt:
* Das Weströmische Reich hatte seit langem Erfahrung damit, einwandernde Stämme erfolgreich einzubinden und gegeneinander auszuspielen. Nach 375 n. Chr. klappte das gewohnte Jonglieren mit vielen Kugeln aber auf einmal nicht mehr …
* Die Einberufung der französischen Generalstände im Jahre 1789 sollte ein Finanzierungsproblem lösen und öffnete stattdessen das Tor zur Revolution …
* Die Kriegserklärung Frankreichs und Großbritanniens ans Deutsche Reich hatte 1939 vermutlich auch nicht den erfolgreichen Westfeldzug der Wehrmacht mit der Besetzung Frankreichs im Drehbuch. Desgleichen nicht die Eskalation zum Weltkrieg und den Zerfall des Britischen Empires!
Ich bezweifle also nicht, dass die Eliten die von Ihnen genannten Vorsätze und Vorstellungen haben, aber ich teile weniger Ihre „Zuversicht“, dass ihnen das auch immer gelingt! Im Grunde ist es ihnen heute schon ein Stück weit entglitten.
Dies auch deshalb, weil sich der Islam als ein sperriges und sehr viel selbst-bewussteres Etwas erweist als es gemeinhin angenommen wurde. Die Vorstellung, islamische Organisationen und Gemeinschaften einfach ebenso leicht unterwandern und steuern zu können wie das etwa in der Gewerkschaftsszene möglich war, ist abwegig.
Anders gesagt: Der Islam will SUBJEKT sein und bleiben und wird sich eben nicht nicht so einfach zum Objekt degradieren lassen. Ich schreibe Ihnen das als jemand, der sich schon seit Jahrzehnten, seit dem Studium, mit dieser Religion, seiner Kultur und dem orientalischen Raum beschäftigt.
—
Zum Glück haben wir aber auch noch die analogen Dinge des Lebens – Plätzchen zum Beispiel oder den Schnee. Ich hoffe, dass Ihre Plätzchen gelungen sind und nicht zu lange im Ofen waren.
Ich werde demnächst Elisenkuchen backen.
Viele Grüße,
Ihr Wolfgang Wirth
Lieber @ Wolfgang Wirth,
danke für Ihre Antwort. Ich habe sie erst jetzt gesehen und will die Tage auf ein paar Punkte eingehen.
Es wurden vegane Plätzchen, da mein Körper die klassischen Zutaten nicht mehr verträgt. Aber mit den richtigen Kniffen schmecken sie fast wie das Original! Und mit den Elisenkuchen haben Sie mich auf etwas gebracht. Ich will mal ausprobieren, ob ich die für mich auch „konvertiert“ bekomme. (Keine Sorge – müssen Sie nicht nachmachen!).
Ja, schätzen wir die analogen Tätigkeiten! Es gibt so vieles Interessantes da draußen und immer wieder neues Entdeckungswürdiges.
In diesem Sinne – Ihnen einen guten Start in den Tag
Gruß
Altlandrebell
Stimmt nicht: >> Das linksliberale Spektrum hat seinen Tiefpunkt erreicht. Sie haben nur noch eine kleine Fraktion im Parlament. Timmermann… <<
Vielmehr haben PvdA/GL (=Sozialdemokraten und Grünlinks) 8 Sitze hinzugewonnen und jetzt 25 Sitze. Das ist keine große Fraktion, aber auch kein "Tiefpunkt". Verloren haben andere, vor allem die bisherige neoliberale Regierungspartei.
Es ist ganz klar, dass die Linke in den Niederlanden schon seit Jahrzehnten ziemlich schwach ist. Das ist eine sehr bürgerliche Gesellschaft (die ja historisch auch den Kapitalismus und Kolonialismus erfunden hat). Um das hier mal so kurz einzuwerfen.
Eine Wahlanalyse der Wilders-Wahl – seriös, auf Basis soziologischer Daten – habe ich noch nicht gesehen: Auch in diesem Punkt Totentanz in der blind gewordenen Medienlandschaft Deutschlands. Leider spreche oder lese ich kein niederländisch.
Gut, hängt jetzt sicher davon ab wen oder was man überhaupt als „links“ definieren will (ich tue mir bspw. sehr schwer SP und PvdA “links” zu nennen), aber:
Sitze des „linksliberalen Spektrums“ 2021:
SP: 9
PvdD: 6
DENK: 3
GL: 8
PvdA: 9
Volt: 3
D66: 24
= 62
Sitze 2023:
SP: 5
PvdD: 3
DENK: 3
GL/PvdA: 25
Volt: 2
D66: 9
= 47
Ergibt ein Minus von 15 Sitzen. Timmermans hat die Verluste von D66 und SP zur Hälfte aufgefangen, mehr nicht. Die „eine“ linksliberale Fraktion gibt es ohnehin nicht…
Ach und hier einfach mal noch der Vergleich zu 1998:
SP: 3
PvdA: 45
GL: 11
D66: 14
= 73
Die GL/PvdA-Verbindung hat heute weniger als die Hälfte der Sitze von damals. Für eine „links-liberale“ Mehrheit im Parlament fehlten damals drei Stimmen, heute gute dreißig. „Seit Jahrzehnten ziemlich schwach“ ist ergo relativ…
Zwei Fakten und zwei Fragen:
1) Wir haben den Einbruch der Sozialdemokratie PvdA (1998 noch 45 Sitze) – wie in vielen Ländern Europas, z. B. in Frankreich, wo sie fast verschwunden ist; letztlich auch in Deutschland. Da ist der Fakt festzuhalten, dass Timmermanns bei der letzten Wahl mit seinem Rot-Grünen Bündnis einen (relativen) Wahlerfolg erreicht hat.
Zu ihren besseren Zeiten hatte sie also 45 Sitze, ein Drittel der Stimmen (einschl. des rechten Flügels). Das zeigt, dass die Linke in den Niederlanden, dem Mutterland des Kapitalismus, noch nie sehr stark war.
2) Die heftigen Verluste der D66 bei der letzten Wahl entstanden, weil sie neoliberal und nicht linksliberal ausgerichtet war; sie war fester Bestandteil der runtergewirtschafteten neoliberalen Rutte-Regierungen. Für mich ist es ein Denkfehler, die D66 einem linksliberalen Block zuzuordnen und sämtliche Schwankungen in der Multi-Parteien-Mitte der Niederlande dann ebenfalls diesem linksliberalen Block.
Offensichtlich ist die D66 liberal, aber nicht linksliberal, da sie ja ebenso auch mit den Neoliberalen koalierte (z. B. den Rutte-Regierungen der letzten 15 Jahre).
Die starken Schwankungen der D66 müssen extra gesehen werden – im Zusammenhang mit der Multi-Parteien-Mitte des niederländischen Systems! (Auch ist es historisch überholt, die konfessionellen Unterschiede, die Versäulung der Niederlande, heranzuziehen, um Links-Rechts-Unterschiede zu definieren.)
3) Über die SP (Sozialistische Partei) weiß ich leider zu wenig: 2023 stark verloren (-4 Sitze) und bei der Wahl vorher stärker gewonnen (9 Sitze). Das scheint eine an Basisbewegungen orientierte Partei zu sein? Einen Teil seines Erfolgs erreichte Timmermanns (Rot-Grün) sicher auf ihre Kosten.
4) Sollen alle Parteien außerhalb der stramm rechten und Neoliberalen genannt sein, dann wohl auch die Parteien der christlichen Soziallehre (CU?) sowie die Tierschutzpartei? Da kämen Sie dann rechnerisch auf etwas mehr Stimmen. Aber ich frage bereits: Wo ist die Aussagekraft dieser Rechnungen?
Das stimmt nicht.
Zählt man die Sitze aus dem links-progressiven Spektrum zusammen (also vor allem SP, D66, GL, PvdA), dann haben diese Parteien zusammen die geringste Anzahl an Sitzen seit 20 Jahren; nichts Anderes habe ich behauptet.
Wenn Sie es mir nicht glauben, können Sie es hier selbst sehen (es geht um die roten Balken; auf einen Blick): https://nos.nl/collectie/13958/artikel/2499168-verval-bij-links-progressieve-partijen-verkiezingsthema-s-geclaimd-door-pvv
Ich vermisse eine Wahlanalyse auf soziologischer Grundlage. Kennen Sie eine?
Den einzigen Schnipsel den ich fand:
“Aber die Herzen der kleinen Leute erreichte die neue Partei [Rot-Grün] nur bedingt: Rund 62% der Wähler*innen mit Universitätsabschluss unterstützten PvdA-GL, während 24% für die PVV stimmten. Fast die Hälfte der Wähler*innen mit mittlerem Bildungsstand (47%) unterstützte die PVV, während 27% für PvdA-GL stimmten.
In den Schichten mit den niedrigsten Qualifikationen verstreuten sich die Stimmen mehr. Die PVV erhielt mit 29% über dem Durchschnitt und mit 11% für die vereinigte Linke unter dem Durchschnitt.”
https://www.sozialismus.de/kommentare_analysen/detail/artikel/wilders-extreme-rechte-triumphiert/
Demzufolge ist das neue Rote-Grüne Bündnis (vereinigte Linke) der Niederlande unter Timmermanns eine Partei OHNE Arbeiter (ähnlich wie die Linkspartei in Deutschland).
Gut, Wilders ist rechts und damit nicht mein Freund. Aber er war zumindest bis zum Kriegsbeginn pro-russisch und seit seiner Parteigründung stets pro-Israel. Das war damals völlig neu und aus Ratlosigkeit, wo man den jetzt hin tun soll, tat man ihn nach rechts.
Ja könnte das denn nicht sein, dass er deswegen gewonnen hat? Was in den Umfragen nicht zum Ausdruck kam, weil man sich als Pro-Israel-Wähler nicht outen will? Ist ja so abwegig nicht. Hamas und Hisbollah haben inzwischen das absolute Meinungsmonopol und was dem passiert, der dem widerspricht, sieht man ja täglich im Overton-Magazin. Was ich wegstecken muss, beispielsweise.
Unbeschadet übrigens. Es macht immer noch Spaß.
Um Wilders als “rechts” einzuordnen, brauchte es keine Ratlosigkeit, dafür musste man sich nur seine parteipolitische Sozialisierung (VVD) sowie seine programmatischen Sager vergegenwärtigen. “Neu” waren übrigens weder er noch seine außenpolitischen Positionen; er hatte schon jahrelang in der Tweede Kamer gesessen als er 2006 die PVV gründete. Als sonderlich anti-israelisch ist mir Holland ansonsten auch nie aufgefallen; vielleicht haben Sie aber andere Erfahrungen gemacht, das mag sein.
Nun – möglich ist sicher vieles. Allerdings setzte Wilders’ neuerlicher Aufstieg nicht mit 10/7 ein. Im letzten Winter hatte er bereits die Umfragen zeitweise mit um die 21 Sitzen angeführt, lag im Frühjahr dann jedoch nur zwischen 9 und 14 (in Holland werden bei Umfragen stets die prognostizierten Sitze veröffentlicht). Zu jener Zeit segelte die BBB nach ihrem Erfolg bei den Provinzwahlen auf der Erfolgswelle. Als diese brach, legte die PVV allmählich wieder zu. Ende September war sie erneut bei 20 Sitzen angelangt, ab Anfang November ging es dann steil nach oben.
Ich würde sagen: man sollte den Faktor Weltpolitik nicht überbewerten, die PVV hat schlicht viel inländisches Protestpotenzial, insbesondere das der BBB, abgeschöpft.
Nu ja, ich entnehme dem Interview, dass Wilders Ergebnis deutlich höher lag als auch seine besten Prognosen. Das wollte ich erklären.
Jo, ist ja absolut legitim und stabil.
Ich wollte Ihnen bloß entgegnen, dass m.E. die Weltpolitik als Einflussgröße nicht überbewertet werden sollte.
Wilders ist vor allem Paria, weil er Anti-EU eingestellt ist. Deshalb will und kann er kein Regierungschef werden.
Die Chefin der Bauernpartei BBB hat klar gesagt, dass Pro-EU die Bedingung für alles weitere sei. Aber es ist die Frage, ob auch die herrschende Klasse seine Anti-EU Einstellung hinnimmt.
Je älter, je weißer, je rechter – desto Israel.
Wilders hielt sich früher auffallend lange in jüdisch-völkischen Siedlerkreisen auf. Dort lernte er, rechts zu sein.
Damit ist belegt, dass es sich mit dem real existierenden Zionismus auch nur um eine Variante der White Supremacy handelt.
Wenigstens ist jetzt die 13-jährige Präsidentschaft von Mark Rutte zu Ende gegangen. Einer der übelsten Kriegstreiber gegen Russland im Ukrainekonflikt ab 2014. Besonders unangenehm fiel er im MH17-Prozess auf. Eine einzige Farce: er ließ alle Fragmente aus dem Donbass in niederländische Kasernen verbringen und schottete sie dort von allen Journalisten ab, insbesondere vor denen, die kritische Fragen stellen konnten. Auch gegen deutlichen Protest der Malaysier. Es wurde dann ein 3D-Modell aus den Fragmenten gebaut, das allerdings mindestens zwei Originalteile nicht enthielt. Artikel von Peter Haisenko:
https://www.anderweltonline.com/wissenschaft-und-technik/luftfahrt-2014/schockierende-analyse-zum-abschuss-der-malaysian-mh-017/
Die linke Seite der Piloitenkanzel und die linke Tragfläche sind hier abgebildet, wurden aber bei der Rekonstruktion nicht verwendet. Weil sie nur allzu eindeutig bewiesen hätten, dass MH17 von einem Jagdflugzeug mit einer 30-mm Kanone abgeschossen wurde.
Aber wie wurde vermieden, dass da Lücken entstehen? Grausiger Verdacht: es wurden Teile der kurz zuvor entführten MH370 verwendet und so manipuliert, dass die Buk-These bestätigt wurde. MH17 und MH370 sind beide vom Typ Boeing 777-200ER und beide sind exakt gleich lackiert, da von Malaysia Airlines betrieben. Ein Gedanke, auf den Haisenko seltsamerweise nicht kam.
Dürfen wir unter Wilders mit Aufklärung rechnen? Die Wahrscheinlichkeit ist, meiner Ansicht nach, eher gering. Aber nicht ausgeschlossen.
Absolute Zustimmung. Völlig korrekt bewirbt er sich qua seiner Bilanz ja auch als Nachfolger von Stoltenberg.
Ja, die Aufklärung wird kommen. Ungefähr dann, wenn wir die NSU- und Kennedy-Akten bekommen werden und Licht in den Amri-Komplex fällt. Ich weiß auch schon genau wann das ist – am Feiertag eines bekannten Heiligen nämlich. Dem von Sankt Nimmerlein.
Zu MH 370: Entführt – nur wohin? Ich folge da einstweilen de Changy, die argumentierte, der Flieger sei abgeschossen worden.
MH370, evtl. für ein Attentat auf Diego Garcia geplant gewesen? Dann wäre sie sicher abgeschossen worden.
BTW Diego garcia ist völkerrechtswidrig besetzt.
@ jjkoeln
Laut de Changy waren an Bord von MH 370 Personen und / oder Güter, die den Bestimmungsort des Flugzeugs (Peking) nicht erreichen durften. Deshalb wurde es abgeschossen, ob von Amis oder Chinesen ließ sie offen (ihre Tendenz und die von ihr versammelten Indizien wiesen klar in Richtung Amis).
Der Umgang mit Diego Garcia und insbesondere dessen Bewohnern ist mir eine weitere Quelle von Trauer und Wut. Da will ich nicht viel zu schreiben, da habe sich andere – und nüchterner – zu geäußert.
Was Diego Garcia und seinen Bezug zu MH 370 betrifft – das zählte für mich zu den vielen Nebelkerzen, die damals geworfen wurden, um die eigentlichen Hintergründe zu vertuschen. Ebenso die angebliche Sichtung des Flugzeugs über den Malediven oder die Suchen, die überall in Indik und Pazifik stattfanden, bloß nicht dort, wo es angemessen gewesen wäre…
Die Diego-Garcia-These wird von Marc Dugain vertreten, immerhin Ex-CEO einer Fluglinie.
Hier sein Artikel auf Paris Match:
https://www.parismatch.com/Actu/International/Le-mystere-du-vol-MH370-2-2-675084
Was ihm auch fehlte: ein Motiv. Die Verbindung zu MH17 ist offenbar niemand aufgefallen.
Mal so herum: es fand die teuerste Suchaktion aller Zeiten statt, um das Wrack im Meer zu finden. Da liegt es offenbar nicht. Wäre es auf festem Boden gelandet, müsste man es ja nicht suchen. Wenn beides nicht der Fall ist, bleibt übrig: es ist auf festem Boden gelandet, wurde aber versteckt.
Na, die Verbindung ist schon einigen aufgefallen. Auch de Changy diskutiert sie in ihrem Buch, genauso wie Diego Garcia, kapriziert sich aber vorwiegend auf die Nebelkerze es könnte sich womöglich um ein stupides “Tit-for-tat” gehandelt haben – Putin habe MH 17 abschießen lassen auf Bitten von Xi, der Rache für MH 370 nehmen wollte. Tja. Ist drollig, mehr aber auch nicht. Zum Glück zweifelt sie selbst an dieser “These”.
Das war wohl eher eine der teuersten Nebelkerzen der Welt. Erinnern Sie sich bitte, dass zu aller Anfang noch im Südchinesischen Meer gesucht worden ist. Wo Trümmer und Ölspuren gesichtet wurden. Sehr schnell wurde der mediale Fokus aber weggelenkt – irgendwo westlich von Malaysia, südlich von Indonesien, Indik, Malediven, Afrika, Australien… Alles Ablenkung. Währenddessen hat man die Trümmer und sonstigen Dinge in aller Ruhe aus dem Meer geholt.
Die Maschine wurde abgeschossen, nachdem man mittels AWACS versucht hatte sie zu entführen. An Bord befanden sich Güter / Personen, die aus westlicher Sicht nicht nach China gelangen sollten. Der Versuch hat nicht geklappt, deshalb musste man MH 370 kurz vor Eintritt in den chinesisch (beansprucht)en Luftraum vom Himmel holen. Es gab im Anschluss einen Deal zwischen Washington und Peking – Peking macht mit beim “Verschwinde-Spektakel”, im Gegenzug darf es seine Außenposten im Südchinesischen Meer bis zum Ende der Amtszeit von Obama ungestört ausbauen.
Die Details und Argumente finden sich im Buch beziehungsweise in Interviews der Autorin im Netz. Ich sage nicht, dass das “die Wahrheit” oder alles 100%ig oder auch nur ansatzweise stimmig ist. Aber ich teile ihren Punkt, dass die Suchaktion eine Nebelkerze war und das Flugzeug abgeschossen wurde.
Aber keiner der Autoren kam auf dieses Motiv. Das ist das Entscheidende.
Da bekommen manche Details plötzlich Sinn: die Maschine ist kurz nach dem Abbruch der Verbindung auf 13.000 Meter gestiegen. Wenn in dieser Höhe ein Druckausgleich erfolgt, sind alle Passagiere tot. Was ja nun unter diesen Umständen eine Notwendigkeit war.
Dann das extrem tieffliegende, wie MH370 aussehende Flugzeug mit Kurs auf Diego Garcia. Tieffliegend eben deswegen, weil es von keinem Radar erfasst werden sollte.
Da spricht schon einiges dafür.
Wäre die Politik der etablierten Parteien, betrifft ja nicht nur Linke, nicht so schlecht, würde der Aufstieg rechter und populistischer Bewegungen nicht die Folge.
Ganz einfach. Es handelt sich um eine selbsterfüllende Prophezeiung, durch die Unfähigkeit der aktuell Jammernden.
Es wird der normalen Bevölkerung einfach mal zuviel abverlangt, um die Taschen und die Spezialinteressen weniger zu füllen und zu befriedigen.
Da hilft es nun eben auch nichts, das man ständig vor der Gefahr von rechts warnt, weil eben ohne rechts das Leben auch schon immer schlechter wird. Die Warnung vor dem bösen Wolf verfängt nicht, bei zu ofter Anwendung und wenn die die sie ausstoßen gleichzeitig die Schafe fressen. So wird es für die Menschen zu einem Qualitätsprädikat wenn jemand als rechts oder rechtsoffen bezeichnet wird.
Zuletzt sagt man dann einfach resigniert, nun dann sind wir eben alle rechts.
Generell muss man allerdings sagen, das es im rechten Spektrum ebenfalls viele extrem problematische Figuren gibt, uns auch keinen Meter nach vorne bringen werden.
Aber, lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
In Zeiten weltweit wachsendem Rechtspopolismus und mehr, ergründen Rötzer und Schleim die “überraschenden” Wahlerfolge der/des Rechtspopolisten in den Niederlanden; irgendein Bündnis “Sahra Wagner” wird auch erwähnt.
Hier gibt’s immer was zu lachen… für mehr reicht es nicht.
Ist das nicht großartig, man wählt über ein demokratisches System, eine ein Mann Partei?
War es nicht großartig wie Demokratien Länder hervorbrachten?
War es nicht großartig, wie ein vereintes D komplett vom Westen ausgerichtet wurde?
Ist es nicht großartig, das Könighäuser in einigen Staaten bis dato existieren, während andere offiziell in die ‘Verbannung’ oder getötet wurden?
Und hatte der Westen nicht selbst den langjährigen ‘Diktator Putin’s angeprangert, medial obszön hingestellt bis zum erbrechen? Aber heuer möchte man dort hin.
Die Menschen im Westen, leben in einer demokratischen Simulation und tun genau das was die simulierer von ihnen möchten. Das ist führen von Herden unter der Aufsicht Herdenführung mit seinen Hunden.
Das Gespräch muss vor dem 1. Dezember geführt worden sein.
Denn da gab Omtzicht bekannt, dass der NSC Wilders nicht unterstützen werde, weil er Teile des Programms der PVV für verfassungswidrig halte.
Das könnte der Autor eigentlich einarbeiten.
In Zeiten weltweit wachsendem Rechtspopolismus und mehr, ergründen Rötzer und Schleim die „überraschenden“ Wahlerfolge der/des Rechtspopolisten in den Niederlanden; irgendein Bündnis „Sahra Wagner“ wird auch erwähnt.
Hier gibt’s immer was zu lachen… für mehr reicht es nicht.
@ Majestyk
Die Wahrheit siegt immer, aber siegen auch diejenigen, die sie kennen? Beziehungsweise: dürfen sie es? Das System ist doch ein sehr stabiles und seine Paladine sehr versiert und zahlreich…
OT: War hier ein bisschen off und schulde Ihnen noch eine Antwort, die reiche ich ggf. die Tage nach. En bref: Robben war / ist auch einer meiner Lieblingsspieler; ansonsten bin ich Fan des modifzierten Catenaccios. Italien – Brasilien ’82 ist immer noch eines meiner Lieblingsspiele…
@ Majestyk: Die Realität besteht darin, dass sich Europa auf einem stark absteigenden Ast befindet.
Und deshalb kriechen alle möglichen Verängstigten aus ihren Höhlen und wollen durch dumme Sprüche, Diebstahl und Mord ihrer Nachbarn sich das holen, von dem sie glauben, dass es ihnen zustehe.
Man kann die Realität verleugnen, aber die Konsequenzen aus der Realitätsverweigerung, die lassen sich irgendwann nicht mehr leugnen. In Europa dämmert es immer mehr Menschen, daß sie faktisch umgevolkt werden, ihrer Kultur und Identität beraubt und immer mehr Leute merken auch, daß hinter allem Irrsinn und Betrug und der schleichenden Enteignung und der Bevormundung die Linken stecken.
Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen und der Schaden ist angerichtet, aber ich bin felsenfest überzeugt, trotz allem Druck, aller Überwachung, Gehrinwäsche und Manipulation, am Ende siegt die Wahrheit.
@ Kümmel:
Sie antworten auf einen Kommentar der zensiert wurde, wie knapp ein Dutzend anderer Kommentare die ich gestern verfaßt habe.
Womit eindeutig bewiesen ist was Overton unter freier Debatte wirklich versteht.
Judenhaß, Terrorsympathie und Demokratiefeindlichkeit darf stehen bleiben, die Gegenwehr nicht.
Zensur kann man OT nun wirklich nicht vorwerfen. Fast überall sonst fliegt man nach dem ersten klaren Wort.
Was mir hier hingegen nen bissl fehlt, ist dieser Social-Media-Krams. Ich wüßt z.B. schon gern, wieviel persönliche Follower ich hier bislang gesammelt hab.
Naja, ich weiss nicht, was in den wegredigierten Kommentaren stand. Mir wurde auch mal einer gesperrt oder nicht publiziert, wo ich aber sagen muss, dass ich die Sau etwas sehr rausgelassen hatte. Etwas Benehmen ist nicht gleich Präferenzverfälschung, und bei einigem. was Majestik hier ausscheidet, halte ich die Moderation für eher generös. Ich habe nicht den Eindruck, dass hier Rechtsausleger, Nazis und Pegidioten sowie Genozidfans ausgeschlossen werden. Ich finde das sogar richtig, man muss das aushalten können, auch wenn der Spam und die Trolls mitunter nerven (eine ignore-Funktion wäre schön). Ein “heul, mein Beitrag wurde gesperrt” ist aber kindisch, heul doch.