Spanien hat kürzlich Palästina als souveränen Staat anerkannt und will sich nun als erstes EU-Land der Klage Südafrikas anschließen, da Israel die vom Internationalen Gerichtshof angeordneten Schutzmaßnahmen ignoriere. Der Koalitionspartner macht mit Blick auf die widersprüchliche Politik mit Blick auf die Westsahara Druck.
Es ist der erste praktische Schritt, den die spanischen Sozialdemokraten (PSOE) nach der Anerkennung Palästinas nun gehen, indem sie ankündigen, sich dem Völkermordverfahren Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH, ICJ) anschließen zu wollen. Dass die Anerkennung im Bund mit Irland und Norwegen rein symbolisch bleiben werde, hatten die Unterstützer der schwachen Minderheitsregierung kritisiert, worüber Overton berichtet hatte. Angekündigt hatte den Schritt der spanische Außenminister José Manuel Albares auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz: „Wir treffen diese Entscheidung im Hinblick auf die Fortsetzung der Militäroperation in Gaza.“
Man wolle sich dem von Südafrika angestoßenen Verfahren als erstes EU-Land auch und vor allem deshalb anschließen, damit die Vorsichtsmaßnahmen umgesetzt werden, die der IGH angeordnet hatte. Die würden von Israel vollständig ignoriert. Das Land unterscheide in einem großangelegten Vorgehen nicht zwischen zivilen und militärischen Zielen. Der IGH hatte kürzlich positiv den südafrikanischen Eilantrag beschieden und unter anderem angeordnet, die Invasion in Rafah zu stoppen, die zu Lebensbedingungen beitragen könne, die „zur vollständigen oder teilweisen Zerstörung“ im Gazastreifen führen. Schon zuvor war angeordnet worden, Israel müsse mehr humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen lassen.
Angekündigt hatten auch Belgien und Irland, sich der Klage vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen anschließen zu wollen, nachdem den Schritt schon diverse Länder in Süd- und Mittelamerika gegangen sind. Ob Belgien und Irland schon gehandelt hätten, sei ihm nicht bekannt, erklärte Albares wenig glaubhaft. Zu vermuten ist eher, dass Spanien wieder einmal aus innenpolitischen Gründen eilig vorprescht, um Schlagzeilen zu machen. Auch in Spanien wird am Sonntag gewählt, die Kritik am Vorgehen Israels ist hier besonders stark. Dazu kommt, dass Sánchez wegen einer Maskenaffäre unter Druck steht, in der auch gegen seine Ehefrau ermittelt wird.
Albares erklärte, dass man ein „doppeltes Ziel“ verfolge. Man wolle erreichen, dass der „Frieden und die internationale Ordnung“ in Gaza zurückkehren, dafür müssten die „Bombardierungen Israels“ beendet werden. Zudem verwies der Außenminister auch mit Blick auf den Libanon auf das Risiko einer Eskalation. Ob es sich um einen Völkermord handelt, den auch diverse Ministerinnen der spanischen Regierung Israel längst vorwerfen, dazu wollte sich Albares nicht äußern. Darüber müsse der IGH entscheiden.
Im Laufe des Tages äußerte sich auch der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez, der auch darauf abstellte, dass sich Israel den IGH-Anordnungen verweigere. Sánchez bezeichnete es als „dringend“, die internationalen Bemühungen zu unterstützen, um die Regierung von Benjamin Netanjahu dazu zu bringen, das Blutvergießen zu beenden. „Es ist dringend notwendig, dass alle den Gerichtshof dabei unterstützen, die Anordnungen zur Beendigung der Militäroperation durchzusetzen“, appellierte er an andere Regierungen, dem spanischen Schritt zu folgen. Es sei wichtig, „die Rolle des Gerichtshofs als höchstes Rechtsorgan in einem auf Regeln basierenden Rechtssystem stärken“. Dass in Gaza schon 36.000 Opfer durch den „Angriff von Premierminister Netanyahu” zu verzeichnen seien, sei „unerträglich“. Spanien stehe bei seinem Vorgehen auf der „richtigen Seite der Geschichte“.
Dass der spanische Außenminister unterstrich: „Wir messen nicht mit zweierlei Maß“, zeigt nach einem spanischen Sprichwort eher das Gegenteil. „Sag mir was du verkündest und ich sage dir, woran es dir fehlt.“ So macht angesichts des widersprüchlichen Vorgehens Spaniens gegenüber Palästina und der Westsahara nun auch der Koalitionspartner „Sumar“ (Summieren) etwas Druck. Die Linkskoalition hat einen Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht, um es spanischen Firmen zu verbieten, Geschäfte in besetzten Gebieten zu machen. Benannt wird neben Palästina auch die ehemalige spanische Kolonie.
Im Fall der Westsahara macht die selbsternannte „progressivste“ Regierung nämlich genau das Gegenteil von dem, was sie im Fall Palästinas tut. Die Demokratische Arabische Republik Sahara (DARS) erkennt die Sánchez-Regierung nicht an. Es war sogar ausgerechnet diese Regierung, die gegen alle UN-Resolutionen und der Entkolonisierungsforderungen plötzlich in die Fußstapfen von Donald Trump getreten ist. Auch Sánchez erkannte die Souveränität Marokkos über die zu großen Teilen illegal besetzte Westsahara an und stellte sich hinter die „Autonomielösung“ des autokratischen Königreichs.
So ist es kaum erstaunlich, dass dies auch die Sahrauis den Sozialdemokraten unter die Nase reiben. So musste sich der ehemalige spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero auf einer Veranstaltung von Saharauis unter anderem anhören, dass die Sozialdemokraten „weit entfernt“ davon seien, „die internationale Legalität zu unterstützen“. Dies sei am Konflikt um die Westsahara „sehr eindeutig“ zu sehen. Den Sozialdemokraten wurde vorgeworfen, einen „historischen Fehler“ fortzusetzen, als sie beschlossen haben, „die marokkanische Tyrannei“ zu unterstützen, „die unser Territorium seit 50 Jahren besetzt hält und unsere Rechte verletzt“.
Diese „Doppelmoral und eine so feindselige Haltung gegenüber dem saharauischen Volk“ sei unverständlich. Erinnert wurde daran, dass Spanien gegenüber der ehemaligen Kolonie „nicht nur eine moralische oder ethische Verantwortung hat, sondern auch eine politische und rechtliche“. Statt sich für das Referendum über die Unabhängigkeit einzusetzen, das die UN-Mission Minurso 40 Jahre gegenüber Marokko nicht durchsetzen konnte, werde mit dem Verhalten Spaniens „die marokkanische Tyrannei“ unterstützt. Auch Massaker am saharauischen Volk würden fortgesetzt. In der Sahara herrscht seit fast vier Jahren wieder ein Krieg, der allerdings kaum Aufmerksamkeit erhält.
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Die gesamte Politik des Westens besteht aus Doppelmoral!
Deshalb hört es sich für mich als Rechtfertigung des Genozids am palästinensischen Volk an, jetzt Spanien Doppelmoral vorzuwerfen. Soll hier das berechtigte spanische Vorgehen gegen den zionistischen Völkermord delegitimiert werden?
Das Beispiel Spaniens zeigt, die internationale Solidaritätsbewegung für das palästinensische Volk zeigt Wirkung. Progressive Israelis – es gibt sie, aber es sind noch zu wenige – fordern mehr internationalen Druck auf Israel auszuüben, Israel noch weiter zu isolieren. Die internationale Isolation war auch ein wichtiger Faktor das Apartheitsregime in Südafrika zu beseitigen.
Danke an das fortschrittliche Spanien für die Solidarität!
Das ist doch Blödsinn. Streck ist doch einer der klar gegen den Genozid angeht. Nur zeigt er eben auch die Heuchelei Spaniens auf. Spanien erkennt nicht einmal den Kosovo an, geht zudem sehr repressiv gegen die ebenfalls legítimen Unabhängigkeitsbestrebungen bon Basken und Katalanen vor. Es stehen immer politische Grunde dahinter, die auch aufzuzeigen, ist nur richtig.
Wenn der Autor gegen den Völkermord in Gaza ist, hätte er dies doch in obigen Artikel doch einfach klar sagen können. So aber lese ich eine gewisse Empathielosigkeit gegenüber den geknechteten palästinensischen Volk, wie es im deutschen Mainstream üblich ist!
Wer schweigt macht sich mitschuldig!
Sehe ich anders. Es wird nüchtern erklärt was läuft, warum der Autor da seine Meinung zum Genozid nochmal darlegen sollte, brauche ich nicht. In den verlinkten Texten reichlich zu finden.
Wie sieht es mit seiner Empathie für die Menschen in der Westsahara aus? Hast du jedenfalls nichts gesagt und die werden von allen Kolonialmächten bekanntlich schon länger geschunden.
Ein paar Dinge passieren in Afrika, die wohl eine immer größere Befreiung von der Ausbeutung und Erniedrigung des Wertvoll-Westen belegen.
Wenn der Wertvollst-Westen nicht bald drastisch seine Herrenmenschen Atituden ablegt, werden WIR isoliert vom Rest der Welt sein.
Und das für sehr, sehr lange Zeit. “Weißer Mann” redet immer noch mit gespaltener Zunge.
Wow. Endlich ein Land aus dem Wertvoll-Westen, dass den Völkermord aktiv zu beenden hilft.
Da ist triefend Ironie von mir enthalten.
Manchmal wache ich morgens auf und denke, ich bin in einer Art Matrix oder auf dem Holodeck.
Unfassbare Zustände hier.
Dank an Spanien von meiner Seite.
Wenn die konsequent wären…
Leider ist das Heuchelei.
Ich gebe dem Judentum maximal noch 100 Jahre, dann stirbt es zum 2. Mal aus. Denn die alten Juden, die Palästinenser, konvertierte schon um ca. 1000 nach Christi zum Islam und auch das neue Turkvolk der Khasaren, die roten Juden, werden sich über kurz oder lang zum Überleben an die jüngeren Geschwister anpassen müssen.