Männer nehmen sich in vielen Ländern zwei- bis viermal so oft das Leben wie Frauen

Der „Gender Gap“, über den niemand spricht. Geschlecht, Suizid und was im Notfall bei Suizidalität helfen kann.

 

Am 10. September jährte sich wieder der Jahrestag zur Prävention von Suizid. Die Berichterstattung hat mich vielfach erstaunt: Während Geschlechtsunterschiede von nur 10 oder 5 Prozent oft die Medien füllen, wurde der in vielen „entwickelten“ Ländern 200- bis 300-prozentige Geschlechtsunterschied bei den Suiziden gar nicht thematisiert. Auch die offizielle Informationsseite der WHO erwähnt ihn mit keinem Wort. Und das, obwohl sich Männer in vielen Ländern zwei- bis viermal so oft das Leben nehmen – oder sogar öfter.

In Japan beträgt das Verhältnis ziemlich genau 2:1 (gelbe Linie auf der Abbildung), in den USA 4:1 (rote Linie) – und in einigen Ländern ist der Geschlechtsunterschied sogar noch größer (links von der roten Linie). In Deutschland nehmen sich mit 17,9 von 100.000 in etwa dreimal so viele Männer das Leben wie Frauen (6,6 pro 100,000). In keinem Land ist das Verhältnis umgekehrt.

Die Suizidrate nach Geschlecht in verschiedenen Ländern, dargestellt von Our World in Data, mit Anpassungen. Lizenz: CC BY-4.0

 

Neben Männern allgemein gibt es einige, doch kleinere Gruppen mit einem höheren Suizidrisiko: nämlich Flüchtlinge und Migranten, Angehörige der LGTBI+ Community und Gefangene. Als Gründe für einen Suizid hebt die WHO impulsive Handlungen im Zusammenhang mit stressvollen Lebensereignissen hervor, so wie finanzielle Not, Beziehungsprobleme, chronische Schmerzen und Krankheit.

Suizid und Alter

Eine andere Verzerrung in der Berichterstattung betrifft die Altersgruppen: Oft liest man, bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sei Suizid eine der häufigsten Todesursachen. Das liegt aber nicht daran, dass junge Menschen sich häufiger das Leben nehmen. Vielmehr sterben sie seltener aus anderen Gründen.

In den USA liegt die Suizidrate bei 15- bis 24-Jährigen bei 13,5 pro 100.000, bei den Erwachsenen aber meist über 18 und ab 85 Jahren sogar bei 22,7 pro 100.000. In Deutschland beträgt sie bei 20- bis 25-jährigen Männern 9,1, bei Frauen in diesem Alter 3,5 pro 100.000. Bei den 85- bis 90-Jährigen beträgt sie 73,7 beziehungsweise 17,4 pro 100.000.

Das heißt: Vor allem bei den ältesten Menschen in der Gesellschaft kommen Suizide am häufigsten vor. Die Kommunikation in den Medien legt aber das Gegenteil nahe. Dabei sind Suizide zum Beispiel bei den ältesten Männern achtmal so häufig wie bei den jüngeren; im Vergleich zu den jungen Frauen beträgt der Unterschied sogar das Einundzwanzigfache, also satte 2100 Prozent!

Somit blendet die vorherrschende Berichterstattung die von Suizid am meisten Betroffenen Geschlechts- und Altersgruppen systematisch aus.

Und wo wir gerade bei Geschlecht und Tod sind: In jüngerer Zeit wird Frauen immer wieder damit Angst gemacht, dass Herzinfarkte für sie gefährlicher sind als für Männer. Dem liegt aber ein ähnlicher Fehler zugrunde wie bei den jugendlichen Suiziden. Dass nämlich deutlich mehr Frauen ab 85 Jahren an Herzinfarkten sterben, liegt schlicht daran, dass in diesem Alter viel mehr Männer längst gestorben sind – unter anderem an Herzinfarkten.

Aber mit Angst lässt sich gut Aufmerksamkeit schüren. Und im Zweifel ist wieder „das Patriarchat“ schuld. Dass Ärztinnen und Ärzte Herzinfarkte im Einzelfall eher bei Frauen als bei Männern übersehen, liegt wahrscheinlich schlicht daran, dass die in der Praxis bei Frauen seltener vorkommen. Der Gruppe, die weniger betroffen ist, mehr Angst zu machen, ist widersinnig. Dazu schrieb die (emeritierte) Professorin für Gesundheitswissenschaften an der Universität Hamburg, Ingrid Mühlhauser, noch 2021:

„Insgesamt gehen die altersstandardisierten Sterberaten an ischämischen Herzerkrankungen in Deutschland kontinuierlich zurück. Die Kommunikation von Sterbedaten ohne angemessene Berücksichtigung der Altersstruktur ist irreführend. Die vorliegende Evidenzgrundlage eignet sich nicht dafür, den Frauen Angst zu machen. Ihr Risiko für einen kardiovaskulären Tod bleibt bis ins hohe Alter niedriger als das der Männer.“

Das Suizidparadox

Warum sterben aber so viel mehr Männer durch Suizid, obwohl Frauen häufiger einen Suizid versuchen? Letztere wählen meist weniger tödliche Methoden und werden gerettet. Demgegenüber wählen Männer eher tödlichere Methoden; im Internet kursieren sogar Listen für besonders „männliche“ (gemeint ist: tödliche) Verfahren.

Studien zu Geschlechtsstereotypen legen nahe, dass Männer sich mehr dafür schämen, einen Suizidversuch zu überleben. Es gilt auch als männlich, seine Probleme selbst zu lösen und sich nicht helfen zu lassen.

Frauen tendieren eher dazu, psychosoziale Probleme zu internalisieren, also die Schuld bei sich zu suchen; sie haben häufiger Angststörungen und Depressionen. Männer externalisieren Probleme eher, sie reagieren häufiger mit Risikoverhalten, starkem Drogenkonsum und/oder mit Gewalt.

Dass sich diese Gewalt – vor allem schwere Gewalt – am häufigsten gegen andere Männer richtet, wird in den Medien auch kaum berichtet. Mir wurde schon mit Klagen gedroht, wenn ich diese Tatsache aus den Kriminalstatistiken kommunizierte. (Ich habe meine Aussagen nicht zurückgenommen und wurde nicht verklagt.)

Männer in der Gesellschaft

Männer sind nicht nur bei den Suiziden, sondern auch bei Schulabbrüchen, schlechteren Bildungsabschlüssen, Obdachlosigkeit und in Gefängnissen überrepräsentiert, teils sehr stark überrepräsentiert. In so gut wie allen Ländern sterben sie Jahre früher. Wenn sie sich beschweren, werden sie schnell als „Wutmänner“ verhöhnt; ziehen sie sich zurück, macht man sich über sie als „unfreiwillige Zölibatäre“ (Incels) lustig.

Da es sonst selten gesagt wird, möchte ich es an dieser Stelle tun: Es ist nicht unmännlich, zu seinen Gefühlen zu stehen oder sich helfen zu lassen. Oft gibt es Freunde, soziale Beratungsstellen oder Psychotherapie, die bei der Problembewältigung helfen können.

Insbesondere jungen Männern möchte ich mit auf den Weg geben: Auch wenn ihr nicht reich oder erfolgreich seid und auch wenn ihr nicht bloß für euer Aussehen Aufmerksamkeit bekommt, seid ihr wichtig für die Gesellschaft und werdet ihr gebraucht!

Ich kann es nicht beweisen, aber hege nach 20 Jahren Forschung im Bereich von Psychologie, Soziologie und Neurowissenschaften die Vermutung, dass wir weniger Polarisierung und Radikalisierung in der Gesellschaft hätten, wenn es mehr positive Männlichkeitsbilder gäbe und mehr Hilfsangebote für sie. In den Medien dominieren Darstellungen von Männern in Machtpositionen oder als Kriminelle.

Ohne positive Rollenbilder, überlässt man die jungen Männer eben den Musks, Tates und Trumps in der Welt.

Antidepressiva und Suizid

Besondere Aufmerksamkeit verdient auch das Thema „Antidepressiva“ und Suizid. Gemäß der neuen Konvention setze ich die Bezeichnung in Anführungszeichen: Denn einerseits ist die Wirksamkeit der Medikamente bei Depressionen nach wie vor Gegenstand wissenschaftlicher Debatten; andererseits werden sie seit Jahren auch oft bei Angst-, Ess-, posttraumatischen Belastungs- und Zwangsstörungen verschrieben.

Häufiges Denken an den Tod und Suizidversuche gehören zu den offiziellen Diagnosekriterien der depressiven Störung. Dann liegt der Gedanke nicht fern, dass die gegen die Störung verschriebenen Medikamente das Suizidrisiko senken. In den frühen 2000ern kamen aber Studien auf, die tatsächlich, gerade bei Jugendlichen, durch „Antidepressiva“ ein erhöhtes Risiko für Gedanken an den Tod und Suizidversuche belegten.

Bis heute streitet man sich darüber, was die richtige Datenbasis und Auswertungsmethode ist. Dabei ist ein Problem, dass Suizide – zum Glück! – eher selten sind. Darum bedeutigen einige Fälle mehr oder weniger aus statistischer Sicht einen großen Unterschied. Klar ist allerdings, dass die wissenschaftliche Sucht nach Erfolgsgeschichten („publication bias“) und die Finanzierung vieler Studien durch die Pharmafirmen das Problem wahrscheinlich unterschätzen.

Die in Internetforen immer noch gerne kolportierte Meinung, die stark zugenommene Verschreibung der „Antidepressiva“ hätte die Suizidrate gesenkt, lässt sich nach heutigem Kenntnisstand aber nicht mehr halten. Zur Veranschaulichung habe ich Daten aus den USA und Deutschland zusammengetragen.

In den USA stieg in den zehn Jahren von 2009 bis 2018 die Suizidrate von rund 12 auf 14 pro 100.000 (rote Linie, rechte Skala). Im selben Zeitraum stieg tendenziell auch der Konsum der „Antidepressiva“ von rund 11 auf 14 Prozent, hier dargestellt als 30-Tage-Prävalenz der Erwachsenen (blaue Linie, linke Skala). Datenquelle: cdc.gov 

In Deutschland sieht das Muster anders aus.

 Im hier dargestellten Zeitraum von 2005 bis 2023 fluktuierte die Anzahl der Suizide in Deutschland grob zwischen 9000 und 10000 Fällen pro Jahr (rote Balken, linke Skala). Währenddessen stieg die Verschreibung der „Antidepressiva“ in etwa um das Zweieinhalbfache auf über 1,8 Milliarden Tagesdosen (blaue Linie, rechte Skala). Das sind genug Medikamente für die tägliche Behandlung von fünf Millionen Deutschen. Datenquelle: Statistisches Bundesamt; Arzneiverordnungs-Report; Perspektiven aus der Depressions-Epidemie 

Eine systematische wissenschaftliche Analyse für Italien, Österreich und die Schweiz für die 1950er- bis 2010er-Jahre fand ebenfalls keinen systematischen Zusammenhang auf gesellschaftlicher Ebene. Im neuesten Arzneiverordnungs-Report heißt es dazu jetzt aber: „Die neuste Meta-Analyse zu diesem Thema kommt zu dem Ergebnis, dass die neueren Antidepressiva (Noradrenalin/Serotonin-Verstärker) … grundsätzlich das Suizidrisiko bei Erwachsenen signifikant erhöhen. … Diese Ergebnisse stimmen nachdenklich und fordern zur Vorsicht auf.“

Es ist inzwischen aber auch Konsens, dass das vor allem für die ersten Wochen bis Monate der Behandlung gilt. Deswegen sollen die Betroffenen beim Anfang oder einer Umstellung der Behandlung mit den Psychopharmaka stärker auf Suizidalität befragt werden.

Wer die Medikamente schon länger nimmt, sollte aber nicht einfach so aufhören, sondern das mit seinem Arzt besprechen. Das Absetzen kann nämlich zu Entzugserscheinungen führen. Das nennt man aber nicht – wer hätte das gedacht? – „Abhängigkeit“ oder gar „Sucht“, sondern: „SSRI-Absetzsyndrom“. Es gibt ja so schon laut offiziellen Zahlen 1,8 Millionen medikamentenabhängige Erwachsene in Deutschland.

Gegen Suizid

Doch enden wir mit etwas Praktischem: Was kann man tun, wenn man selbst Suizidgedanken hat? Aus der klinischen Psychologie gibt es einen bewährten Fünf-Punkte-Plan (nach Sue und Kollegen, 2022, Understanding Abnormal Behavior, 12. Auflage, S. 298).

 

  1. Gib dir ein Versprechen, dir jetzt nichts anzutun: Nimm dir vor zu warten, auch wenn du gerade starke emotionale Schmerzen erfährst. Schaffe so zeitlichen Abstand zwischen den Suizidgedanken und möglichen Handlungen. Die Unterstützung von anderen kann dir dabei helfen. Suizidgedanken hängen oft mit psychischen, persönlichen oder sozialen Problemen zusammen, die sich behandeln lassen oder die von selbst wieder vorbeigehen. Wahrscheinlich wird es dir wieder besser gehen, wenn an diesen Problemen gearbeitet wird.
  2. Vermeide Alkohol und andere Drogen: Psychoaktive Substanzen können deine Urteilsfähigkeit einschränken oder dich zu impulsiven Handlungen verleiten. Sie könnten auch die Suizidgedanken verstärken.
  3. Sichere deine Umgebung oder begebe dich in eine sichere Umgebung: Vermeide nach Möglichkeit, allein zu sein oder an Dinge zu denken, durch die du dich schlechter fühlst. Entferne Gegenstände, mit denen du dich verletzen könntest.
  4. Es gibt immer Hoffnung – Menschen, die Schlimmes erleben, geht es im Lauf der Zeit oft wieder besser: Extremer emotionaler Stress schränkt unsere Fähigkeit ein, Problemlösungen zu sehen. Mit Hilfe geht es einem oft wieder besser. Es gibt Menschen, die dir zuhören und Verständnis entgegenbringen, zum Beispiel bei der Telefonseelsorge (0800 111 0 111) oder Nummer gegen Kummer (116 111). Im Notfall kannst du auch den Notruf wählen.
  5. Behalte deine suizidalen Gefühle nicht für dich: Auch wenn das schwierig sein kann, ist es wichtig, dass du deine Gedanken, Gefühle und möglichen Pläne mit anderen teilst. Vielleicht hast du schon eine Vertrauensperson – zum Beispiel einen Freund, ein Familienmitglied, einen Therapeuten oder jemanden in der Seelsorge. Ein Gespräch mit einer erfahrenen Person kann dir helfen. Wahrscheinlich kannst du deine Situation dann in einem anderen Licht sehen und auf Ideen kommen, wie du deine Probleme bewältigst. So ein Gespräch kann zur Einsicht führen, dass deine Situation vorübergehend ist und wieder besser werden wird.

Der Artikel wurde zuerst auf dem Blog „Menschen-Bilder“ des Autors veröffentlicht.

Stephan Schleim

Stephan Schleim ist studierter Philosoph und promovierter Kognitionswissenschaftler. Seit 2009 ist er an der Universität Groningen in den Niederlanden tätig, zurzeit als Assoziierter Professor für Theorie und Geschichte der Psychologie. Sein Schwerpunkt liegt in der Erforschung von Wissenschaftsproduktion und –kommunikation. Schleim ist Autor mehrerer Bücher zu Neurowissenschaften, Psychologie und Philosophie.
Bild: Elsbeth Hoekstra
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23 Kommentare

  1. Männer nehmen sich in vielen Ländern zwei- bis viermal so oft das Leben wie Frauen

    Klugscheissermodus an:

    … als Frauen – wenn der Vergleich einen Unterscheid ergibt nimmt man in Deutschen ALS

    Klugscheissermodus aus

    1. Na ja, niemand sollte vom anderen getötet werden, außer vielleicht bei der Sterbehilfe.

      Aber bei den Tötungsdelikten ist das m:w-Verhältnis meiner Erinnerung nach auch in etwa 2:1.

      Wenn man Kriege mitzählen würde, hätten wir da noch einmal eine ganz andere Dimension!

      1. Für die Gendergerechtigkeit müssen wir jetzt Frauen töten oder sich selbst töten lassen um Parität zu erreichen! Frauenquote über alles! (könnte Sarkasmus enthalten)

        Feministinnen sind meistens einfach nur verlogene Rosinenpickerinnen. Bei Selbstmorden und Arbeitsunfällen wird das sehr deutlich, weil gefährliche Arbeitsstellen wollen sie natürlich nicht selbst haben. Das sollen andere tun. Egal ob Mann oder Frau.

    2. https://www.philomag.de/artikel/manon-garcia-es-gibt-etwas-der-maennlichkeit-selbst-das-erklaert-was-gisele-pelicot
      Ein Gespräch zwischen einer Philosophin und dem (männlichen) Rechtsbeistand von Gisèle Pelicot.

      Ich denke, dass ganz viele solcher Gewaltprobleme von Männern gegenüber Männern, an Frauen und Kindern auch mit der Tatsache zu tun haben, dass in unseren säkularisierten Gesellschaften es keine Initiationsriten gibt, die vor allem junge Männer auf ihre Identität und Rolle in der Gesellschaft und in einer Umwelt, die beseelt ist und in einem Kosmos, dessen Intention die Entwicklung von Liebe ist, vorbereitet. Aber spirituelles Eingebundensein widerspricht ja dem neoliberalen Konzept der individuellen möglichst unbegrenzten Freiheit.
      Sie holen dies dann in dieser pervertierten Form von Drogen- und Alkoholmissbrauch, von Raserei und selbst- und eben auch fremdgefährdendem Verhalten nach.

  2. Zu dem was in Gaza passiert;
    Es wurden am Samstag mehr als zweiundsechzig Menschen getötet. Am Sonntag waren es mehr als dreiundfünfzig und seit Freitag sind mehr als zehn Menschen verhungert.
    Im Video sieht man wie die Menschen aus Gaza-Stadt vertrieben werden.
    Sie wissen nicht wohin sie gehen sollen.

    https://vimeo.com/1118565044

    Länge: 00:28 Minuten
    Sie können den Link gerne rumschicken, wenn Sie möchten.

    1. Umoperieren ist gar nicht mehr nötig. Einmal pro Jahr kann man sein
      Geschlecht neu bestimmen. Vielleicht auch einfacher sich als Mann
      zur Frau bekennen, dann ist Mann auch gleich nicht mehr so stark
      Selbstmord gefärdet.

  3. Danke + 💐 @ Stephan Schleim für diesen wichtigen Beitrag. Ein Thema, das viel zu wenig Beachtung erfährt. Viel zustimmungswürdiges in Ihren Äußerungen dabei; Kritik überlasse ich mal anderen.

    Ihr Beitrag passt auch gut zur Debatte, die gestern unter dem Artikel des Chefreds hier aufkam.

    Sehr schön finde ich insbesondere diesen Satz von Ihnen:

    Aber mit Angst lässt sich gut Aufmerksamkeit schüren. Und im Zweifel ist wieder „das Patriarchat“ schuld.

    Sehr wahr! Und das große Problem ist daran, dass sich mit dieser Vorgehensweise die selbsternannten „Feministinnen“ in eine Sackgasse manövrieren und wichtiger Verbündeter berauben – der Männer. Denn wenn man für gleiche Rechte und gegen Benachteiligung eintritt, sollte man da wohl am besten alle mitnehmen – und nicht bloß für seine Clique Goodies und Fleischtöpfe rauszuschlagen versuchen.

    Wichtig auch dieser Satz:

    wenn es mehr positive Männlichkeitsbilder gäbe und mehr Hilfsangebote für sie. In den Medien dominieren Darstellungen von Männern in Machtpositionen oder als Kriminelle.

    Hier übrigens ein Link für von häuslicher Gewalt betroffene Jungen und Männer. Das ist auch ein völlig unterbeleuchtetes Thema.

    Sowie diese Passage:

    Männer sind nicht nur bei den Suiziden, sondern auch bei Schulabbrüchen, schlechteren Bildungsabschlüssen, Obdachlosigkeit und in Gefängnissen überrepräsentiert, teils sehr stark überrepräsentiert. In so gut wie allen Ländern sterben sie Jahre früher. Wenn sie sich beschweren, werden sie schnell als „Wutmänner“ verhöhnt; ziehen sie sich zurück, macht man sich über sie als „unfreiwillige Zölibatäre“ (Incels) lustig.

    Exakt.

    Wie diese Verhöhnung läuft zeigt eine unter dem verlinkten Artikel aufgeworfene Frage pars pro toto:

    Was, zur Hölle, hatten Männer denn zu erleiden, oder haben es noch zu erleiden?

    Darum nochmals zum Mitschreiben das Gestrige in die Wiedervorlage:

    Männer leiden unter / erleiden…

    1) Partnerschaftsgewalt – und das nicht zu wenig (Quellen siehe hier).

    2) Ausgrenzung (zzgl. Tabuisierung ihrer Gewalterfahrungen wie Sie gerade eindrucksvoll vorgemacht haben)

    3) Suizid – Männer sterben etwa dreimal so oft durch Suizid als Frauen [Anmerkung CR: ich habe gestern mal die Mitte genommen, @ Stephan Schleim], Ursachen sind gesellschaftlichen Druck, mangelnde Hilfsangebote und auch wieder Tabus

    4) Erwartungsdruck & stereotype Rollenvorgaben – Männer müssen gefälligst die „Ernährer“-Rolle erfüllen und stoßen auf gesellschaftliche Ablehnung, wenn sie daran scheitern, „Softies“ sind und / oder Fürsorglichkeit leben. Männer werden oft in physisch fordernde und / oder gefährliche Rollen gedrängt.

    5) Benachteiligung bei Scheidungen – Männer verlieren überproportional oft den Zugang zu ihren Kindern („das Kind gehört zur Mutter“). Zuzüglich gravierender finanzieller und psychischer Folgen.

    6) Bildungsmangel – Jungen sind in der (Hoch)Schule schlechter als Mädchen; brechen häufiger die Ausbildung ab und gelten dann als „Versager“. Problemverschärfend kommt hinzu, dass Kindergärten und Grundschulen überwiegend weibliche Lehrkräfte / Betreuer aufweisen, die nicht genug auf Bedürfnisse von Jungen eingehen (können).

    7) Schlechte und / oder gesundheitsschädigende Arbeitsplätze – Männer finden sich oft in riskanten Berufen oder an gefährlichen / schädigenden Arbeitsorten, leiden deutlich öfter als Frauen unter Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Weltweit sterben Männer zehn Mal häufiger bei der Arbeit als Frauen.

    8) Mangelhafte Beratungs- und Schutzangebote – in diversen Lebensbereichen

    9) Zum Beispiel Obdachlosigkeit – Männer machen weltweit 60 bis 70 Prozent der Obdachlosen aus und oft sind viele Hilfsprogramme nicht auf Männer zugeschnitten.

    10) Unterberichterstattung – bei Konflikten werden im Falle getöteter Zivilisten immer gerne die „Frauen und Kinder“ hervorgehoben, Männer jucken keine Sau (Stichwort: Gaza).

    11) Zwangsdienste – betreffen überwiegend Männer, Frauen dagegen müssen i.d.R. keine „Zivildienste“ leisten oder sich an die Front einziehen und verheizen lassen. Frauen sind oft geschützt, während Männer als „Kanonenfutter“ angesehen werden.

    12) Knast – Männer erhalten für dieselben Verbrechen härtere Strafen, das Gros der Gefängnisinsassen ist männlich (nicht zuletzt aufgrund voreingenommener Gerichte) und die „Resozialisierten“ leiden oft lebenslang unter diversen Nachteilen von Stigmatisierung bis zur Unmöglichkeit mit ihrer Biografie Arbeit zu finden.

    13) Einen frühen Tod – Männer sterben im Schnitt deutlich früher als Frauen, gerade auch aufgrund ihrer (Erwerbs)Biografie, Arbeit(en), aufgrund von Stress, Armut, Ausgrenzung…

    14) Jede Menge mehr. Kann man bei Genderama und Co. sowie weiteren sachkundigen Quellen nachlesen…

    Aber abgesehen von solchen Bagatellen hatten / haben Männer natürlich nie etwas zu erleiden.

    Also: Strengt euch gefälligst mehr an, ihr faulen Säcke! Reißt euch am Riemen, ihr Memmen! Heult nicht! Men don’t cry! Mund abputzen, weitermachen! 😡

    Dass sich diese Gewalt – vor allem schwere Gewalt – am häufigsten gegen andere Männer richtet, wird in den Medien auch kaum berichtet. Mir wurde schon mit Klagen gedroht, wenn ich diese Tatsache aus den Kriminalstatistiken kommunizierte. (Ich habe meine Aussagen nicht zurückgenommen und wurde nicht verklagt.)

    Sehr gut! Standhaft bleiben ist immer wichtig, egal in welcher Debatte!

    Da es sonst selten gesagt wird, möchte ich es an dieser Stelle tun: Es ist nicht unmännlich, zu seinen Gefühlen zu stehen oder sich helfen zu lassen.

    👍👏 🤝

    Exakt! Es ist nämlich einfach nur menschlich!

    Insbesondere jungen Männern möchte ich mit auf den Weg geben: Auch wenn ihr nicht reich oder erfolgreich seid und auch wenn ihr nicht bloß für euer Aussehen Aufmerksamkeit bekommt, seid ihr wichtig für die Gesellschaft und werdet ihr gebraucht!

    Das freilich ist mir zu weich, das klingt so wie: „Ihr seid auch was wert, aber Reichtum wäre trotzdem schon das Nonplusultra“. (Sie mögen es anders intendiert haben, Herr Schleim.)

    Doch gerade wer nicht materialistisch ist, wer nicht nach Reichtum und Prestige strebt, nicht seinen Körper in der Muckibude schändet oder sonst wie verunstaltet, gerade der wird gebraucht. Weil er die nötige Ruptur setzt!

    Fragen Sie sich einfach mal:

    Was ist „Geld“? Nichts als bedrucktes Papier, vom Staat ausgegeben und nur so lange etwas wert, wie daran geglaubt wird.

    Was ist „Schönheit“? Ansichtssache und vergänglich. Und auch Männer können im Alter 70c haben – Gesetz der Schwerkraft – aber glotzt man ihnen deshalb in den Ausschnitt?

    Was ist eine „Villa“? Ein Haus mit zu vielen Zimmern, in die es reinregnet und schimmelt, wenn sie nicht dauernd hinterher sind.

    Was ist ein „Lamborghini“? Ein Haufen Büchsenblech, dessen Name der Mehrheitsdeutsche ohnehin nicht korrekt aussprechen kann. Ein Spielzeug für Leute, die nie erwachsen wurden und mit Beschleunigung der Leere in ihrem Leben zu entkommen suchen. (Die Leere holt sie am Ende freilich immer ein oder der Baum.)

    Was ist „Kaviar“? Eier vom Stör. Lassen Sie das Tier doch in Frieden und schmecken tut Fisch sowieso nicht. (Aber in der Not immer noch Kartoffeln vorzuziehen.)

    Was ist eine „Rolex“? Nervig, schwer und hässlich. Eitler Tand für Stutzer und Gecken. Gehen Sie mal ohne Uhr aus dem Haus! Werden Sie frei!

    Was ist „Erfolg“? Brav Pfötchen geben, Ja sagen, sich einordnen, den Geboten folgen. Kurzum: Knechtschaft. Wenn du kuschst und bürgst, dann biste Bürger und hast „Erfolg“. Und bist ausgebrannt, weil all die Callboys, Statussymbole, Klamotten und Lambordschienies die Leere in Dir nicht zu füllen vermögen.

    Last but not least: Was ist die „Gesellschaft“? Zum Kotzen, wie jeder spätestens seit 1974 wissen sollte.

    Und merke: Der Staat kann Dir morgen Deine Karre, Dein Haus und Deine Kinder wegnehmen – einfach, weil Du die falsche Meinung hast. Oder einfach, weil Dein Haus dem Bau einer Waffenfabrik im Weg steht. Und Deine Ische kann sich von Dir trennen, weil es einen gibt, der mehr Muskeln hat als Du. Weil Du abgerutscht bist mit Deiner Meinung. Oder weil einer noch mehr Cash hat als Du. Status, Prestige, Geld ist vergänglich.

    Memento mori! Wer erinnert sich noch an Dein bedrucktes Papier, Dein Haus und Deinen Erfolg in zwanzig, zweihundert, zweitausend Jahren? Was ist das Erbe der Antike? Der Gladiator oder die Wagenlenker – nennen Sie ohne Wikipedia zu konsultieren mindestens drei – oder die ach so geschmähten Philosophen und Poeten? Jeder kennt Diogenes, aber wer wurde griechischer Meister im Jahr 333 v. Chr.?

    Nein, es gilt:

    Menschen, die von posthumem Ruhm begeistert sind, vergessen, dass die Menschen, die sich an sie erinnern, ebenfalls bald sterben werden. Und die nach ihnen ebenfalls. Bis die Erinnerung an sie -von einem zum anderen weitergegeben wie die Flamme einer Kerze – flackert und erlischt.

    Based Mark Aurel! Lateinvierstündig-Leute wissen mehr!

    Nennen Sie einfach mal seine drei Vorgänger und Nachfolger ohne nachzuschlagen und beantworten Sie dann noch die Frage: Erinnert man sich an Marcus Aurelius Antoninus vornehmlich a.) wegen seiner Feldzüge (Markomannenkriege), b.) seiner Kohle, Standbilder und Paläste oder c.) wegen seiner Selbstbetrachtungen?

    Ich weiß übrigens sehr wohl wovon ich rede, da ich selbst erlebt habe, wie es ist, wenn man „erfolgreich“ ist. Ich kenne die glühenden Blicke von Weibern und das anerkennende Nicken der Heinis, wenn man das richtige schreibt, sagt, die richtigen Stichworte, Klamotten und sonstigen Ingroup-Elemente auffährt. Eine meiner Urkunden wurde übrigens noch von Frau Schavan persönlich unterschrieben, zwei Ministerpräsidenten haben mir für Förderpreise die Hände geschüttelt (ich wasche mir deshalb noch heute mehrfach täglich die Pfoten), es gibt wissenschaftliche Veröffentlichungen von mir – alles bedruckter Ramsch, den ich in den Container geschmissen habe. Nützt Dir nix, wenn Du dann irgendwann die falsche Meinung, die falsche Haltung, die falsche Nase hast. Fragen Sie Professor Iohannidis oder wen auch immer.

    Und fragen Sie vor allem sich selbst: Wie lange wollen Sie sich verbiegen um anderen zu gefallen und fremde Werte zu leben? Wann wollen Sie zu Ihrem Selbst zurückkehren? Wann wollen Sie Mensch werden? Wann wollen Sie das wahrhaft Beste aus sich herausholen? Und damit meine ich nicht Ihre Brieftasche.

    Ansonsten bin ich inzwischen einfach knallhart: Ich entferne sofort Menschen aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis, die auf Klamotten, Karre, Kinder, Kohle, Klitsche, Kinder, Köter, Kurzweil, „Kultur“ und sonstigen Konsum Wert legen. Sofort! Denn:

    Vermeide es, dich mit Nicht-Philosophen zu verbrüdern. Wenn du es dennoch tust, dann achte darauf, nicht auf ihr Niveau herabzusinken, denn eines sollst du wissen. Ist ein Gefährte dreckig, so können seine Freunde nicht anders, als sich auch ein wenig dreckig zu machen, egal, wie sauber sie anfangs auch waren.

    Based Epiktet!

    Ohne positive Rollenbilder, überlässt man die jungen Männer eben den Musks, Tates und Trumps in der Welt.

    Und mit Genderei, moralischer Belehrung, Gender Disappointment, Beschämung und Männerhass in SPON-Artikeln à la „Wie kann man angesichts solcher Abgründe noch mit Männern leben?“ noch mehr.

    Es gibt einen Krieg gegen Männlichkeit und wenn man die Leute dann genug geschlagen und gemobbt hat und sie endlich AfD oder Trump wählen, kann man sagen: Ob Adolf damals oder Mirko heute – ist er ein Mann, wird er zum Hitler!

    Alles nicht hilfreich. Danke an Herrn Schleim daher abschließend, dass er noch eine Suizidprävention beisteuerte.

    PS: Zur Auflösung noch: Die Vorgänger von Mark Aurel in chronologischer Ordnung: Trajan, Hadrian, Antoninus Pius. Nachfolger: Commodus, Pertinax, Didius Iulianus.

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