Trotz des Wahlsiegs der oppositionellen “Bürgerkoalition” hat Polens Präsident Andrzej Duda (PiS) entschieden, dem amtierenden Premier Mateusz Morawiecki die Bildung einer neuen Regierung anzuvertrauen.
Am Montag hat der polnische Staatschef Andrzej Duda den amtierenden Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki im Amt bestätigt und ihm somit die Regierungsbildung anvertraut. Dies zeigt, dass die PiS alles daran setzen will, den Weg in die Opposition noch zu verhindern.
Im Grunde ignorierte Präsident Duda damit den Sieg der Opposition bei den vergangenen Parlamentswahlen. Bei der Abstimmung am 15. Oktober war Dudas und Morawieckis Partei “Recht und Gerechtigkeit” (PiS) mit mehr als 35 Prozent der Stimmen zwar als die stärkste politische Kraft hervorgegangen, die besseren Aussichten auf eine Mehrheitsregierung haben jedoch die Parteien “Bürgerplattform”, die “Vereinigte Linke” und der “Dritte Weg”, die als Oppositionsvereinigung “Bürgerkoalition” von Ex-Premier Donald Tusk angeführt werden und knapp 54 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnten.
Dabei hatte der rechtsliberale Tusk bereits mehrfach erklärt, dass die Mitglieder seines Oppositionsblocks zu Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag bereit seien. Laut Meinungsumfragen sprechen sich rund 40 Prozent der Polen für ihn aus, 30 Prozent wollen dagegen, dass der nationalkonservative Morawiecki weiterhin Regierungschef bleibt.
Ungeachtet dessen setzt die PiS alles daran, den Weg in die Opposition noch zu verhindern, was durch die Entscheidung Dudas, die Ergebnisse der Parlamentswahlen zu ignorieren, wohl am besten deutlich wird. Die polnische Zeitung “Rzeczpospolita” führte diesbezüglich an, dass die PiS ihren “Kampf” gegen die Opposition selbst gern mit dem Schicksal der sogenannten “verstoßenen Soldaten” vergleicht – einer Widerstandsgruppe der polnischen antikommunistischen Untergrundbewegung, die in der Nachkriegszeit gegen das kommunistische System gekämpft hatte, aber in der nachfolgenden Volksrepublik Polen politisch verstoßen wurde. Demnach versucht die PiS, die Gesellschaft noch stärker zu radikalisieren, indem sie sich als Opfer einer “mächtigen Verschwörung von liberalen und linken Kreisen” darstellt, die “aus dem Ausland finanziert wird” und Polen seiner “Freiheit und Souveränität” berauben und es den Interessen seiner “Feinde” unterwerfen soll.
Morawiecki hat jedenfalls nun zwei Wochen Zeit, um die notwendige Unterstützung im “Sejm”, dem polnischen Parlament, zu gewinnen. Dass er noch die benötigten Stimmen erhält und eine Mehrheit bekommen wird, ist mehr als fraglich. Gelingt ihm das nicht, wird die Opposition ihren Kandidaten nominieren. Es könnte damit also noch mehrere Wochen dauern, bis eine neue Regierung steht.
Zudem ist es auch nicht ganz klar, wie Morawiecki ohne die Unterstützung einer Mehrheit im Parlament handlungsfähig wäre, falls er weiterhin als Regierungschef fungieren sollte. Zum Beispiel könnten die Initiativen der Regierungspartei von der Parlamentsmehrheit zurückgewiesen werden.
Eine gemeinsame Regierung zwischen Morawieckis PiS und Tusks Bürgerplattform gilt übrigens als ausgeschlossen, da diese beiden ursprünglich aus der Bürgerrechtsbewegung “Solidarność” (Solidarität) hervorgegangenen Parteien sich seit 2005 auf Konfrontationskurs befinden, was viele Experten auch als den “polnisch-polnischen Krieg” bezeichnen. Dieser Machtkampf sorgt nicht nur für hitzige Debatten, Skandale oder Proteste, sondern er offenbart und charakterisiert zugleich die Spaltung in der polnischen Gesellschaft, die für das Land immer mehr zum Problem wird.
Bei all diesen Differenzen zwischen den beiden Lagern geht es unter anderem um die Vorstellung über die Rolle Polens auf der internationalen Ebene, insbesondere in Bezug auf die Europäische Union und die Kooperation mit den Vereinigten Staaten. Die Bürgerkoalition setzt sich für eine stärkere Zusammenarbeit mit der EU ein, vor allem im Sicherheitsbereich sowie bei den Institutionen und den Werten der Gemeinschaft. Die PiS hingegen setzt in ihrem Programm auf die Zusammenarbeit mit den USA sowie die weitere Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen Russland. Beide Seiten haben jedoch angekündigt, die Armee zu modernisieren, wobei die Fragen diesbezüglich allem Anschein nach vor allen anderen Vorrang haben.
Der Artikel ist zuerst auf EuroBRICS.de erschienen.
Ist es nicht Usus, dass die Partei, die die meisten Stimmen hat, mit der Regierungsbildung beauftragt wird ?
Ist es nicht Usus, dass die Partei mit den meisten Stimmen mit
der Regierungsbildung beauftragt wird ?
Sorry! Aber das ist ein Missverständnis. Die “Bürgerkoalition”, polnisch abgekürzt KO, ist kein Bündnis von Tusks Bürgerplattform, der Neuen Linken und “Polska 2050”. Die KO – Wahlergebnis 30,5% – ist ein 2018 entstandenes Wahlbündnis der PO mit den Grünen und einer Gruppierung, die sich “die Modernen” nennt oder nannte.
Die Linke und “Polska 2050” traten als eigenständige Gruppierungen bei den Wahlen, sehen sich zwar wie die KO in Opposition zur Regierung Morawiecki, müssen für eine Regierungsbildung aber Koalitionsverhandlungen führen.
Die PiS gibt vor, die Abgeordneten der ehemaligen Landvolkpartei PSL, die mit “Polska 2050” kandidierten, evtl. für eine neue nationalkonservative Regierung gewinnen zu können. Aber das ist Geplänkel, es geht ausser um die Regierungsbildung ja auch noch um die Besetzung anderer wichtiger Ämter. Und da hat die neue Mehrheit ja eine gewisse Rigorisität gezeigt, – weder in den Rundfunkrat noch in das Sejm-Präsidium wurden die PiS-Bewerber gewählt.
Der wichtigste Stolperstein für die neue liberalkonservative Regierung wird wohl die (Nicht?-)Erfüllung ihrer Wahlversprechen sein. Insbesondere die drastische Erhöhung des Kindergeldes – von allen Parteien zugesagt – steht wieder zur Debatte.
Dass die antidemokratische PiS versucht, an der Macht zu bleiben – und zwar auch auf diese Weise, war vorhersehbar.
Für Klugheit werden solche Parteifunktionäre NICHT bezahlt und durch Klugheit würden sie sich verdächtig machen. Also lieber stulle, aber “durchsetzungsstark”. Das ist in Polen genauso wie in Deutschland: stulle Duda und stulle Steinmeier bringen stulle Nachrichten.
Das einzig spannende wird sein, wie die „Bürgerkoalition“ mit ihrer Mehrheit sich durchsetzt: Die Dramaturgie der Verfassung sieht vor, dass sich der Vorhang des Polittheaters noch mehrmals öffnet, bis das Stück endet. Wie wird der Applaus ausfallen?
Das Polit-Theater endet doch nicht mit einer neuen Regierung. Es ist bestenfalls ein Akt der endet.
MI6 und CIA und sicherlich noch andere bei ihrer Arbeit.
Eigentlich müssten die Wähler auf der Strasse sein, aber ne es sind Trucker die sich gegen die ukrainischen Warenströme und der angestrebte Preisverfall wehren.
Der neue Gürtel Nord/Ostsee bis zum ‘schwarzen Meer’, gegen den alten deutschen Weg?