Leichter als Luft, Folge 2 — Ratgeber und Erfahrungswerte

Berliner Mauer, Graffiti
Quelle: Pixabay

Das Abenteuer der Selbstentdeckung kann durch psychoaktive Substanzen erheblich an Dynamik gewinnen. Das macht die Reise nicht immer angenehmer. Zum Glück gibt es Ratgeber und Erfahrungswerte für den verantwortungsbewussten Umgang mit psychoaktiven Substanzen. Dummerweise hatte das Weazel vergessen, diese Grundregeln einzuhalten…

 

Du kannst es nehmen, wie Du willst, wann Du willst, mit wem Du willst. Ein LSD-Trip kreist im Grunde genommen doch immer um dieselbe Frage: Was ist Realität? Wo fängt sie an, wo hört sie auf, wo will sie hin und vor allem: Was können wir dagegen tun?

LSD hält in dieser Hinsicht jede Menge Überraschungen bereit.

Und das Weazel war an Überraschungen gewöhnt. Es gierte danach.

Das Weazel hatte aber auch gelernt, auf die Warnungen guter Freunde zu hören.

Eine davon wäre gewesen, niemals alleine LSD zu nehmen.

Nachdem das nun nicht mehr zu ändern war, galt es wenigstens, den Rest zu beachten: Wenn Du schon ohne Reiseleiter oder gute Freunde auf Trip gehst, dann erhalte Dir ein gesundes Misstrauen gegenüber allen Filmen, die Dir Deine durchbrennende Vorstellungskraft einschiebt. Lass Dich nicht zu weit in eine Realitätsebene fallen, halte Dir die Tür zu möglichst vielen offen. Hinterfrage nicht ständig, was Du siehst, aber sei auch nicht sonderlich überzeugt davon. Wahr oder unwahr, darum geht es jetzt sowieso grad nicht. Beobachte einfach, genieße die Aussicht. Aber benutze die Boarding Card für den Rückflug nicht als Joint-Filter.

Es gibt in der einschlägigen Literatur diverse Hinweise, wann es gefährlich wird. Die Vermischung verschiedener Realitätsebenen ist nicht nur unmöglich zu verhindern. Sie ist Sinn und Zweck jeder psychedelischen Unternehmung. Dahinter kommen zu wollen, wie die Welten sich durchdringen, geistig herumzuexperimentieren – fair enough! Große Kulturwerke aller Epochen haben erheblich von dieser kostengünstigen Art der Fernreise profitiert.

Drum reise weit und wild und ohne Grenzen, aber vergiss nicht: Dein eigner Kopf ist, was Du als Sternenwelt durchfährst!

Allzu ehrgeizige Versuche, die Gelegenheit zur Klärung letzter Menschheitsfragen zu nutzen, sollten deshalb vermieden werden. Überhaupt gilt es, sich auf gedanklicher Ebene zu mäßigen. Besser ist, stets mit dem Körpergefühl in Kontakt zu bleiben. Auch der Körper kann Dich täuschen, bleibt aber als Korrektiv zum freispinnenden Geist und als letzte Verankerung im Diesseits die einzig vertrauenswürdige Instanz. Insbesondere auf Solo-Trip verliert es sich allzu leicht in den labyrinthischen Gängen Deines chemisch stimulierten Gehirnbrockens. Und wer garantiert, dass Dein Ariadnefaden nicht reißt, Baby Blue?

Die Idee, so etwas Schwerfälliges wie einen Körper beim aktuellen Stand Deiner spirituellen Entwicklung sowieso nicht mehr zu brauchen, solltest Du auf keinen Fall weiterverfolgen. Die Verwandlung in eine Krähe kannst Du gerne einmal ausprobieren – die Kunst des astralen Vogelflugs solltest Du aber fürs Erste südamerikanischen Original-Schamanen überlassen.

Weniger gefährlich, in der Nachbetrachtung allerdings selten stichhaltig, sind jene hochkomplizierten philosophischen Großsysteme, zu denen anfänglich harmlose Gedankenspielereien auf LSD regelmäßig auswuchern.

Ebenso sollte Erkenntnissen rückführungstherapeutischer Natur mit kritischer Geisteshaltung begegnet werden – auch und im Besonderen, wenn es sich bei den vermeintlichen Ahnen Deines weitgereisten Karmas um Prominente wie Dschingis Khan, Jimmy Hendrix, Che Guevara oder Marlene Dietrich handelt. Sensationelle Entdeckungen dieser Art begeistert der Öffentlichkeit kundzutun, empfiehlt sich zudem in den wenigsten Fällen. Man wird ja doch nicht verstanden …

Auch die ganz simplen Lösungen grundlegender biologischer Defizite des menschlichen Körpers («Einfach nicht mehr krank werden! Und der Fall hat sich!!«) bestehen den Test des Alltags nur selten.

Reizvoll und lohnend freilich sind jegliche Auseinandersetzungen mit der Legitimität moderner Wahnsinnsformen. Schizophrenie hat ja bereits bei nüchterner Betrachtung einiges für sich – zwei sind mehr als eines, daran ist nicht zu rütteln. Von einer allzu eingehenden Betrachtung dieser Frage auf LSD ist wiederum abzuraten.

Bist Du erst einmal so weit, Dir nicht mehr sicher zu sein, ob Dein momentaner Zustand der Wirkung des LSDs geschuldet ist, oder der schieren Grenzenlosigkeit Deiner Genialität zuzuschreiben, sei versichert: Es ist das Acid. So genial bist Du nicht. Nein, auch ein großer Heiler oder Weltenlehrer steckt vermutlich nicht in Dir – aber ein kleiner vielleicht, und das ist schon sehr viel.

Gerät die Sache übrigens komplett außer Kontrolle, helfen, wenn zur Hand, chemische Gegenblocker, oder auch der Kontakt mit eingeweihten Mitbewohnern und Freunden. Ein Hilfeschrei Richtung Mami und Papi bringt im Normalfall wenig, hat aber immerhin das Potential, das familiäre Verhältnis auf Jahre hinaus zu zerrütten. Vitamin C und Ascorbinsäure bringen einen demgegenüber relativ zuverlässig runter.

So, Weazel.

Das alles weißt Du längst, nicht wahr?

Und jetzt bist Du alleine auf einem Trip und auf allen Sendern zeigen sie Dir, wie Passagierflugzeuge ins World Trade Center knallen und das Pentagon brennt. Nichts einfacher, als damit klarzukommen, wie?

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