Lehre aus dem Riester Desaster: mehr Zwang und mehr Risiko!

Bild: Marco Verch/CC0.de/CC By-2.0

Jetzt ist es amtlich bestätigt. Das Finanzministerium veröffentlicht Zahlen, die belegen, wie katastrophal niedrig die Riester-Renten sind. Nach 20 Jahren „Riestern“ gibt es mittlerweile (2022) eine Million Menschen, die eine Riester-Rente erhalten. Über 400.000 von ihnen bekommen weniger als 60 Euro im Monat – die müssen noch versteuert werden. Zusätzlich bekamen 85.000 Rentnerinnen und Rentner Einmalbeträge ausbezahlt, weil sie lediglich Kleinstbetragsrenten (unter 30 Euro monatlich) bekommen hätten. (1)

Kritiker der Riester-Rente haben schon seit langem vorgerechnet, was die in diesem Monat vom Finanzministerium veröffentlichte „Riester-Auszahlungsstatistik“ durch harte Zahlen bestätigt.

Im Jahr 2022 bekamen 29,2% der Riester-Rentner weniger als 42 Euro überwiesen, 28 % bekamen einen Betrag zwischen 42 und 83 Euro und gerade einmal 15,3% bekamen zwischen 83 und 125 Euro. Auf diese mickrigen Beträge müssen dann noch Steuern bezahlt werden.

Hinter den höheren Beträgen verbergen sich die Einmalauszahlungen. Darunter zu verstehen sind:

  • Vollständige Auszahlungen, weil die monatliche Rente weniger als 30 Euro betragen hätte.
  • Teilauszahlungen von bis zu 30 % des angesparten Riester-Kontos – wer sich mehr auszahlen lässt, bekommt sämtliche staatlichen Zulagen gestrichen.

Auch diese Einmalbeträge müssen voll versteuert werden. Bei diesen kümmerlichen Beträgen muss noch beachtet werden, dass die ersten bis 2004 abgeschlossenen Verträge noch einen Garantiezins von 3,25% hatten. Danach ist der Garantiezinssatz von 2,75% schrittweise auf die heute aktuellen 0,25% gesunken. Die Aussichten für Riester-Sparer, die nach 2004 angefangen haben, sind also noch deutlich trüber.

Die Lehren aus dem Riester-Desaster …

Der Umstieg in die private Altersvorsorge (Altersvermögensgesetz; Riester- bzw. Rürup-Renten) wurde 2001 von einer supergroßen Koalition beschlossen. CDU/CSU und FDP ging der Umstieg nicht weit genug. Lediglich die PDS war dagegen. In den Folgejahren wurden alle diejenigen als des Rechnens unfähig verhöhnt, die nicht „Riestern“ wollten oder konnten.

Nun beweisen die Zahlen: Die Einzigen, die falsch gerechnet haben, waren die Versicherungen, ihre Lobbyisten und hochbezahlten sogenannten „Experten“. Nicht zu vergessen die positive mediale Begleitung und die entweder gutgläubigen oder gut bezahlten Politiker.

Obwohl die staatlichen Zuschüsse mehrfach erhöht wurden, blieb die Zahl der Verträge, gemessen an den Zielen, äußerst gering. Von 41 Millionen förderberechtigten Personen wurden lediglich 16 Millionen Riester-Verträge abgeschlossen. Davon sind aktuell gerade einmal 10 Millionen Verträge förderberechtigt. Ganze 5 Millionen erhalten dabei die maximale Förderung, weil sie 4 Prozent ihrer Bruttoeinkommen an Versicherungen zahlen (2).

Die ernüchternde Bilanz nach 22 Jahren Riester-Rente:

  • Gerade einmal 25 % der förderberechtigten Menschen haben geriestert. Nur 12 % in der vom Gesetzgeber angestrebten Höhe. Allesamt sind sie mit haltlosen Versprechungen auf finanziellen Treibsand gelockt worden.
  • Seit 9 Jahren ist die Zahl der Riesterverträge rückläufig.
  • Bis heute sind über 65 Milliarden Euro Steuergelder in das Projekt gepumpt worden.
  • Das Rentenniveau wurde allein durch den Riester-Dämpfungsfaktor um 4% gesenkt.

Die großen Gewinner des Paradigmenwechsels bei der Altersversorgung von 2001 sind die Versicherungskonzerne und die große Schar von Versicherungsvertretern.

… mehr Zwang und mehr Risiko!

Aber die Finanzbranche ist dennoch unzufrieden. In den letzten Jahren sind jährlich etwa 12 Milliarden Euro auf Versicherungskonten gelandet. Das brachte zwar ordentliche Profite, die Erwartung zum Start der Riester-Rente hätten aber Beträge in der Größenordnung von 60 Milliarden Euro bringen sollen – d.h. die Profiterwartungen waren gut fünfmal höher.

Mit dem sinkenden Riester-Stern wurden die Rufe immer lauter: Die sogenannte kapitalgedeckte Rente müsse durch obligatorischen Beitragseinzug finanziert werden und die Anlage der Spargelder in Risikokapital müsse endlich erlaubt werden.

Der Versuch der Ampelregierung, diesem Rufen zu folgen, endet mit dem Rentenpaket II in einem vorläufigen Chaos. Das Konzept des sogenannten „Generationenkapitals“, ist so lächerlich wie teuer und wirkungslos. Der Staat sollte demnach als Hedgefonds tätig werden, dazu Kredite aufnehmen, die 2036 zu einem 200 Milliarden schweren Kapitaltopf anwüchsen. Aus diesem Fonds sollen dann jährlich 10 Milliarden Euro zur Entlastung der Rentenkasse erwirtschaftet werden.

Um die 200 Milliarden bzw. 10 Milliarden zu erreichen, müssten am Kapitalmarkt durchgängig Renditen von 9 bis 10 % erzielt werden – das gibt es nur in Fantasialand. Bis 2036 wird kein Cent aus dem Topf die Rentenkasse erreichen. Nach 2036 wird dann eine Entlastung der Rentenversicherung von lächerlichen 0,3 Beitragsprozenten erwartet. Das einzig Gute am „Generationenkapital“ ist, dass es den Kabarettisten im Land saftigen Stoff liefert.

Die Partei, die das Ganze forciert und als „Jahrhundertreform“ gefeiert hat, zieht nun die Notbremse. FDP-Politiker fordern jetzt das Original, die reine obligatorische Aktienrente. Das hatten die Wirtschaftsweisen im November 2023 dringend empfohlen.

22 Jahre lang wurden Millionen Menschen mit der Illusion betrogen, private Vorsorge könnte Not und Entbehrungen im Alter verhindern. Die verantwortlichen Politiker pfeifen unschuldig, als wenn es nicht ihre Gesetze wären, die den Betrug in die Welt gesetzt hätten.

Jetzt wird zum nächsten unverantwortlichen Abenteuer angesetzt – die schädlichen Auswirkungen der Aktienrente werden vermutlich auch erst in 20 bis 30 Jahren durch reale Zahlen beweisbar sein. Bis dahin können die bekannten Akteure wie gehabt das Blaue vom Himmel herab orakeln. Der Gipfel aber wird mit der Lüge erreicht, das Ganze diene zur Entlastung der jungen Generationen. Die jüngeren Generationen sind die hauptsächlichen Opfer des Betrugs. Sie müssen die laufenden Renten durch Beiträge finanzieren und zusätzlich erheblichen Konsumverzicht für die Zwangsabgabe zur Aktienrente leisten. Am Ende ihres Arbeitslebens erwartet sie der unsichere Ertrag/Verlust des Casinobetriebs.

Die Riester-Rente ist tot, es lebe die Aktienrente! Dieses Mal sollen die Profiterwartungen der Finanzkonzerne endlich erfüllt werden. Eine Zwangsabgabe von 4 Prozent der Bruttolöhne, würde endlich die erwarteten 60 Milliarden auf die Konten von ALLIANZ, BlackRock und Co. spülen.

Für die gemolkenen abhängig Beschäftigten bleibt die Erkenntnis: Es geht hier nicht um Altersvorsorge und Altersversorgung. Es geht um die Befriedigung von Profitinteressen und sonst gar nichts.

 

Anmerkungen:

(1) BFM: “Riester-Auszahlungsstatistik” -Auswertungsstichtag 15.05.2023 – Leistungsjahr 2022 und ergänzend 2021 sowie 2020

(2) BFM: Statistik zur Riester-Förderung – Auswertungsstichtag 15.05.2023 – Beitragsjahre 2019-2022

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20 Kommentare

  1. Pfandflaschen sammeln soll ja auch Steuerpflichtig werden! Als ich noch ein Kind war hatte ich ein Sparbuch bei der BfG Bank in Mettenhof mit 4% Zinsen im Jahr.

    In der Filiale gab es an der Wand ein Mini Goldbarren zu 1g und die Tages Aktuellen An und Verkaufs Preise für Edelmetalle.

    Den Goldbarren wollte ich kaufen mit meinen Ersparnissen von über 100 D-Mark, die haben mich lachend weggeschickt. Seit dem bin ich beratungsresistent was, sich auch als gut und richtig erwiesen hat 😎

    Die BfG existiert nicht mehr und das Stadtviertel ist heute ein Sozialer Brennpunkt der sich in eine No-Go-Area entwickelt.

    1. Das müßte aber nicht so sein.
      Wenn sich die Menschen anständig informieren würden, wäre da
      bald “Schicht im Schacht”.

      1. Genau so ist es. Wenn einer belogen wird, ist nie der Lügner, sondern immer der Belogene schuld.
        (Aus den Aphorismen zur Lebensweisheit der Neoliberalen)

  2. Ich hab noch 2 Riester Angebote von 2012 hier liegen, schön mit Tabellen für erwartete 9, 6, 3 und … öhm, 0% Rendite, die mit der Versicherungsfuzzie versicherte (sic!), da nur aus Gründen staatlicher Vorgaben stehen würden. Rechnerisch wäre der Vertrag bei den real zu erwartenden 0% (Erfahrungswert für Aktien, die man zu einem nicht kontrollierbaren Zeitpunkt zur Erlangung der darin spekulativ gespeicherten Monetärwerte zu veräußern gezwungen ist) genau 2 Monate vor Renteneintritt überhaupt erst positiv geworden (also die Summe der beabsichtigten Auszahlungen die Einzahlungen überschritten), die gesamte Förderung hätte die Versicherung eingestrichen und ich müßte 91 Jahre alt werden, um mehr raus zu bekommen, als wenn ich das Geld unters Kopfkissen gelegt hätte (natürlich ohne Förderung, weil der Staat fördert keine solchen Anlagen und natürlich ohne Berücksichtigung des Umstandes, daß für die Auszahlungen aus Riester Steuern anfallen, für Entnahme aus Kopfkissenvermögen bisher jedoch noch nicht). Würde ich vor dem Ablauf der Rentengarantiezeit (17 Jahre) ins Gras beißen, würde die Versicherung mit ca 25.000 Euro Gewinn aus eingezahlten Beiträgen plus Förderung rausgehen (fast 40% dessen, was ich insgesamt eingezahlt hätte).
    Ach ja, ca 2500 Euro wären noch von mir selber zuzuschießen, um mir (also der Versicherung) die Maximalförderung zu sichern, weil das Jahr des Vertragsbeginns wie auch des Renteneintritts zwar voll mit 12 Monaten berücksichtigt ist, aber nur mit wenigen Monaten tatsächlicher Einzahlungen verbunden wäre. Zudem im Gedächtnis geblieben sind mir im beiliegenden Merkblatt die zahllosen Wiederholungen des Wortes “förderungsschädigend”, der euphemistische Ausdruck für einen umgehenden, mehrere tausend Euro schweren Schaden durch kompletten Verlust der stattlichen, nein, der staatlichen Förderung, sollte mir aus irgendeinem Grund die Erfüllung des Vertrages auch nur in einem winzigen Detail unmöglich werden (die Versicherung will ihre Prämie natürlich trotzdem kassieren).

    Unnötig zu erwähnen, daß dieser Vertrag nie geschlossen wurde

    1. Pispers ist immerhin ein echter Linker, und hat sich rechtzeitig von der Bühne zurückgezogen (2015), um jetzt nicht den “Anstalt”-Bückling vor den Kriegstreibern machen zu müssen.

            1. Doch, gerade habe ich sie (noch einmal) gelesen. Und?

              Erläutern Sie Ihren Vorwurf, Pispers sei „kein Linker“, anhand seiner Aussagen auf dieser Webseite doch bitte inhaltlich.

              „Linker“ ist kein geschützter Begriff oder auch nur hinreichend in der Bevölkerung einvernehmlich benutzt. Für unsere Altvorderen war jeder Mann, dessen Haare länger als ein Streichholz waren, „links“.
              Für moderne, eigenverantwortliche Laberale ist jeder „links“, der den Erhalt der gesetzlichen Umlage-Sozialversicherung für gut befindet.

              Und inzwischen halten sich die Impfverweigerer für links, weil sie mit der AfD gemeinsam argumentieren. Kannste dir nicht ausdenken, sowas!

              1. Ja, deswegen schrieb ich ja weiter oben, das es darauf ankommt, was man unter “links” versteht.
                Ich gehöre zum alten Schlag und dort sind “linke” schon ganz prinzipiell gegen alles, was dem Mainstream entspricht.
                Und das betrifft mit Sicherheit auch das aufbegehren gegen die Plandemie und den Maßnahmen.

  3. Jede Versicherung ist letztlich Glückspiel mit negativer Gewinnerwartung.
    Ein staatliche Förderung solches Glückspiel mit Steuergelder oder sogar ein staatlicher Zwang an so einem Glückspiel teilzunehmen, ist somit nichts anderes als Enteignung und Umverteilung von Unten nach Oben.
    Prof. Mausfeld nennt es “parasitäre Wertabschöpfung” – also das Abschöpfen des vom Volk erarbeiteten Reichtums durch die Oligarchie. Und der Grad der Abschöpfung ist in den vergangnen Jahrzehnten drastisch gestiegen.
    https://www.youtube.com/watch?v=AHR9WJCj3qU&t=1298s

  4. Der Artikel ist schlecht, weil er lückenhaft ist.
    Beispiel Steuer:
    Der Autor behauptet “Über 400.000 von ihnen bekommen weniger als 60 Euro im Monat – die müssen noch versteuert werden.” Das mag auf einen gewissen Prozentsatz zutreffen, aber wer so wenig Riester bekommt, dürfte auch mit seiner Normalrente weit unter der Schmerzgrenze für Versteuerung liegen,
    Der Autor vergisst zu erwähnen, dass man die Beiträge für die Riesterrente in den Jahren zuvor von der Steuer absetzen konnte. Normalerweise ist dies ein sehr gutes Geschäft, denn als Rentner zahlt man deutlich weniger bis gar keine Steuern als als Erwerbstätiger. Bei einem halbwegs hohen Spitzensteuersatz als Erwerbstätiger bekomme ich einen erheblichen Teil der eingezahlten Beiträge über die Steuer wieder zurück.
    Riester ist tot, weil es schlicht keine Zinsen mehr gegeben hat, aber das Konzept war zumindest für mich, so schlecht nicht.

  5. Wer ökonomisch immer noch mit den Sichtweisen und den Werkzeugen der Steinzeit hantiert, wird auch dann scheitern, wenn sich Riestern lohnen würde.
    Wenn eine Volkswirtschaft es schafft, ihre Produktionsverhältnisse so zu organisieren, dass hinreichend Produktivkraft vorhanden ist, um damit die Bedarfe ihrer Mitglieder abzudecken, braucht diese auf Zahlungsmittelebene gar nicht sparen.
    Jede abgezogene Kaufkraft schwächt auch das Investitionsvolumen und damit auch den Puffer für zusätzliche Nachfrage.
    Resiliente Gesellschaften organisieren sich anders, als Quantitätsgleichungsfetischisten, Austeritätsbefürworter und sonstige, teilweise promovierte Trottel in ihren Denkgebäuden empfehlen.
    Aber warum komplizierte Sachverhalte erörtern, wenn man die Folgen eines solchen Nuchtstuns ebenso wie beim Riestern dann offenkundig auf die Nasenkante oder das Kinn verpasst bekommt.
    Der Walter Riester war übrigens Gewerkschafter und der Schröder Sozialdemokrat, unter deren Ägide (und natürlich Sachverstand) dies engefädelt wurde. Eine Art “New Labour” eben.
    Alter Kuckucks-Wein in neuen Schläuchen mit den schillerndsten Aufdrucken.
    Nach Moral-Hazard-Gesichtspunkten würden die Verantwortlichen und Profiteure an die Wand gestellt oder zum Harakiri aufgefordert.
    Aber Dumme interpretieren sich alles so zurecht, wie es gerade passt.
    Und dann sticht der Ober immer den Unter.

  6. Es ist halt immer dasselbe… Nicht nur Pispers hat das lange vorher gewusst, es stand jedem frei sich zu informieren und drüber nachzudenken. NIEMAND hat verschwiegen, dass von den Beiträgen als erstes mal die Provisionen der Versicherungen finanziert werden. Was dann irgendwann übrig bleibt, kommt vielleichtbwieder zurück, falls man, wie Pispers ja sagt, so alt woie Johannes Heesters wird.

    Man kann es eigentlich bei jedem Thema wiederholen: Wenn eine Regierung ein Volk hat, das so dumm ist, wäre sie schön blöd, wenn sie das nicht ausnützen würde. Von der Allianz Profiten werden anschliessend ja auch die Wahlkämpfe finanziert.

    Ein Problem wäre etwas, dass auch ohne diese Dummheit möglich wäre.

  7. Riesterrenten-Kapital allgemein auflösen und der Rentenversicherung zuführen, natülich jeder seins, als persönliche Rentenpunkte, so wie es die freiwilligen Einzahlungen tun.
    Keine Provisionen an Versicherungen für eine Rentenversicherung aus der Riesterrente, keine Kosten für eine Auszahlung. Ganz einfach. Doch dann wird Maschmeier heulen und kann sich den Friseur für seine Trulla und seine eigene Blondierung nicht mehr leisten.

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