„Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt“

Bild: Marco Verch/ccnull.de/CC BY-2.0

Begeisterung fürs Abrackern und Krummlegen – in der alten BRD schon mal ein Scherzartikel – wird jetzt zum neudeutschen Leitbild.

Der Song von Geier Sturzflug – 1983 ein Hit, der immer wieder zitiert und in Bierlaune gegrölt wurde – war natürlich ironisch gemeint. So ändern sich die Zeiten! Heute sieht das ein Ökonom ganz anders und stellt bierernst fest: „Ein Zeichen à la ‚Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt‘ ist als Zeichen der Aufbruchsstimmung sinnvoll.“ (IW-Ökonom Schröder)

Wird da gelacht? Gibt es Protest? Nein, der Fachmann bewegt sich auf der Höhe der Zeit. Denn kaum sind die Milliardenpakete für Aufrüstung und Infrastruktur vom alten Bundestag verabschiedet – noch bevor der neue Kanzler im Amt ist –, da vermeldet dieser schon: „Wir alle müssen vor Illusionen warnen, dass jetzt durch viele neue Schulden praktisch unbegrenzt Ausgaben möglich sind.“ Will sagen, dass das Geld nicht dafür gedacht ist, den Bürgern ein angenehmeres Leben zu bereiten. Hier muss gleich klargestellt werden: Für das Fußvolk, das brav an die Urnen getrottet ist (oder auch nicht), stehen zukünftig eher Härten an.

Wenn Merz dies in der Wir-Form formuliert, dann fühlen sich die Leitmedien sofort angesprochen und warnen auch vor falschen Hoffnungen. Was die Bürger vom „Politikwechsel“ zu erwarten haben, hat der Bald-Kanzler während des Wahlkampfs deutlich ausgesprochen, auch wenn er sich ansonsten nicht gern an sein Geschwätz von gestern erinnern will: „Wir müssen mehr arbeiten, um die deutsche Wirtschaft zu stärken.“ Denn damit Deutschland wieder wer ist in der Welt, bedarf es nicht nur einer Aufrüstung, die es mit Russland aufnehmen kann und die die BRD zur führenden Militärmacht in Europa macht, die ihr die Unabhängigkeit von den Amerikanern verschafft, so dass man auch gegen die USA die deutsche Interessen in der Welt anmelden kann. Es bedarf auch einer Aufrüstung an der Arbeitsfront.

Schließlich SIND Deutschland durch die Sanktionen gegen Russland seine billige Energiebasis und Märkte abhandengekommen, so dass es sich in einer verschärften Konkurrenz zu China und Amerika befindet; und gerade durch Trumps Zölle wird die Exportnation besonders hart getroffen. Also muss auch für den Erfolg der deutschen Wirtschaft mehr getan werden. Das bedeutet, wie ganz schnörkellos ausgesprochen wird: Die Bürger sollen mehr arbeiten. Und so gibt es schon im Vorfeld zu den Koalitionsvereinbarungen reichlich Stoff, wie dies zu bewerkstelligen ist. Politiker, Medien und Wissenschaft sind sofort mit Vorschlägen bei der Hand.

Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

„Arbeit macht frei“

Dieser Parole der Nationalsozialisten, die sie über die Eingangstore der KZ schrieben, können auch heutige Zeitgenossen etwas abgewinnen; z.B. wenn es darum geht, Frauen zwar nicht von der Hausarbeit zu befreien, sie aber mit einer neuen Perspektive in der Marktwirtschaft zu beglücken, sprich: sie in den Arbeitsmarkt zu pressen. Das Ideal der modernen deutschen Frau – nicht nur aus feministischem Blickwinkel – ist eine Person, die als Lohnabhängige voll dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, die Kinder in die Welt setzt bzw. aufzieht und sich natürlich weiter um die Hausarbeit kümmert, heutzutage partnerschaftlich geteilt mit dem ebenfalls berufstätigen Mann. Dann ist sie nicht mehr vom Ehemann abhängig, sondern frei und kann sich ganz in die Abhängigkeit von einem Arbeitgeber begeben.

Damit sie diese Freiheit für sich entdeckt, soll etwa das Ehegattensplitting, also die Steuerbegünstigung für Verheiratete, gestrichen werden. Das hat denn auch gleich zum Streit bei den anstehenden Koalitionären geführt, sehen doch die Christsozialen darin eine Bedrohung für den deutschen Nachwuchs. Der muss ja auch sein, wie gerade das abschreckende Beispiel Ukraine zeigt, der doch glatt das menschliche Kanonenfutter auszugehen droht. Damit die Frauen auch ihrer Funktion als Gebärmaschine nachkommen, soll es – das Mutterkreuz ist passé – die Mütterrente geben. Es ist eben nicht einfach, die Frauen auf ihre nationalen Funktionen im richtigen Maß festzulegen. Bequemer soll es natürlich in keinem Fall werden, deshalb sind auch schon verantwortliche Denker mit dem Vorschlag  bei der Hand, das Elterngeld zu streichen. So erklärt der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest: „Elterngeld nur `nice to have` und kann weg.“

Nicht nur die Frauen sollen sich stärker für die Nation nützlich machen, auch die Rentner sind gefragt. Das Versprechen, dass das Rentenniveau gesichert werden soll, hält ja keine Sicherheit für die Rentner bereit. Wenn das Rentenniveau im Durchschnitt bei 48 Prozent des zuletzt erworbenen Lohnes oder Gehalts verbleibt und nur entsprechend der Lohnsteigerungen angepasst wird, dann fallen die Renten weiter hinter die laufende Inflation zurück und werden entwertet, was noch jeder an der Ladenkasse oder bei der Miete zu spüren bekommt. Doch auch dem weiß die Partei des zukünftigen Kanzlers Rechnung zu tragen: „Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, soll bis zu 2000 Euro pro Monat (24.000 im Jahr) steuerfrei verdienen dürfen.“

Für die Freiwilligkeit dieser Entscheidung wird ein Blick auf den Rentenbescheid schon ausreichen. Dass den Betreffenden nicht noch zusätzlich in die Tasche gegriffen wird, soll dann einer Wohltat gleichkommen. So sehen Wahlgeschenke heutzutage aus! Und das findet die Zustimmung der Presse, die es gar nicht leiden kann, wenn in Zeiten, in denen Höheres ansteht, dem Volk allerlei Geschenke versprochen werden.

Mehr Arbeit: der Wirtschaftsweisheit letzter Schluss

In Zeiten, in denen der zukünftige Kanzler Deutschland wieder zurück- und damit Herrschaftsansprüche anmeldet, sollen nicht nur Frauen an die Werkbank und ins Büro oder Rentner länger arbeiten, sondern alle Bürger sind gefragt. Und wenn der zukünftige Kanzler die Aufrüstung voranbringt und mehr Arbeit von den Bürgern fordert, sind auch gleich Wissenschaftler zur Stelle, die diese Forderung zu einem Akt der Vernunft erklären: „Schulden seien ein finanzpolitisches Instrument, dass auch vernünftig eingesetzt werden könne, so Fuest. Das Geld sei vernünftig eingesetzt, ‚wenn wir uns darüber einig sind, dass wir die Verteidigungsausgaben sehr schnell erhöhen müssen‘. Dabei gehe es um ein ‚weites Feld‘ und ‚nicht nur um neue Panzer‘, sondern auch um Infrastruktur, Zivilschutz und Geheimdienste.“ (Clemens Fuest, Präsident des Münchener Ifo-Instituts, zitiert vom ZDF)

Wenn die Vernunft davon abhängig ist, das „wir“ uns einig sind, dann stellt sich doch glatt die Frage, wer da mit „wir“ gemeint ist. Die Bürger werden ja nicht gefragt, die Einigkeit ist wohl eine zwischen Politik und Wissenschaft, die sich zum Propagandisten der Kriegsbereitschaft macht. Und wie die Grünen sieht auch der Ökonom einen großen Bedarf bei den Geheimdiensten, schließlich muss der Bürger überwacht werden, damit er nicht aus dem Ruder läuft und dem Kriegskurs in die Quere kommt. Denn schließlich ist er nicht nur als Soldat gefragt, sondern auch an der Arbeitsfront: „Mit einem Arbeitstag mehr im Jahre möchte die Wirtschafts-Forscherin Monika Schnitzer die Lasten der Krise finanzieren.“

In der Krise befindet sich die deutsche Wirtschaft deshalb, weil sie kaum wächst und die Renditen der Kapitalanleger sinken. Es ist ein unhaltbarer Zustand, wenn die Familien Porsche, Piëch, Albrecht, Schaeffler, Klatten, Quandt und wie sie alle heißen weniger Dividende erhalten. Aber es geht nicht nur um die paar Milliardärsfamilien, sondern um Deutschland als Wirtschaftsstandort, an dem sich Geldanleger aus aller Welt bereichern können sollen. Wie viel die Einsparung eines freien Arbeitstages bringt, haben die weisen Ökonomen da auch gleich ausgerechnet: „Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft hat es vorgerechnet: Der Wegfall eines Feiertags würde das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um bis zu 0,2 Prozent steigern. Das entspricht 8,6 Milliarden Euro.“

Blöd nur, dass die deutsche Industrie gerade nicht zu wenig, sondern zu viel produziert und ihre Waren nicht gewinnbringend verkaufen kann. Werke sollen ja stillgelegt und Beschäftigte entlassen werden – und das im großen Stil. Insofern gleichen die Berechnungen der Ökonomen eher einer Milchmädchenrechnung. Doch diese Wissenschaftler leben offenbar in einer anderen Welt: „Zudem hat mehr Vollzeitarbeit noch einen zweiten positiven Effekt: Die Löhne der entsprechenden mehr arbeitenden Personen würden steigen, womit sie sich wieder mehr Waren und Dienstleistungen leisten können. Der Binnenkonsum würde dadurch also steigen, was im besten Falle wiederum zu mehr Nachfrage nach Fachkräften auch in anderen Branchen führt. Der Staat würde dadurch dreifach profitieren: Erstens zahlen Vollzeitangestellte mehr Einkommenssteuern und Sozialabgaben als Teilzeitkräfte, zweitens steigen die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer, wenn der Konsum steigt, und drittens können Vollzeitkräfte besser fürs Alter vorsorgen und sind im Alter seltener auf Grundsicherung oder andere Staatshilfen angewiesen.“ (Clemens Fuest)

Ja, wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär, dann könnte die Welt, wie sie die Ökonomen zeichnen, so schön sein. Nur blöd, dass die deutschen Unternehmen zurzeit keinen Bedarf an zusätzlichen Kräften haben und massenhaft Arbeitskräfte freistellen.

Mehr oder weniger Arbeit: Auf die Rendite kommt es an

Ein anderer Fachmann, IW-Ökonom Schröder, ist zwar auch für Mehrarbeit, sieht die Sache aber etwas nüchterner: „Deutschland ist nicht attraktiv. Wir müssen wieder mehr ausländische Investoren ins Land locken. Dafür brauchen wir aber eben auch genügend Arbeitskräfte. In vielen Facharbeiterbereichen fehlen uns die Fachkräfte. Damit wir das Geld auf die Straße bekommen und wir uns aus der wirtschaftlichen Stagnation befreien, ist die Abschaffung eines Feiertags ein Signal, dass wir längere Arbeitszeiten brauchen.“

Wissenschaftliche Erkenntnisse, die einen Laien nur erstaunen können! Hatten wir nicht gerade zu viel Ausländer? Und sollen die nicht in Zukunft an den Grenzen zurückgewiesen werden? Ausländer sind eben nicht gleich Ausländer, mit viel Geld sind sie hier immer willkommen. So wurde ja auch einem Elon Musk ein roter Teppich ausgerollt – oder soll man sagen: ein grüner. Schließlich durfte er schon einen ganzen Wald abholzen und ohne Baugenehmigung bauen, da sicher war, dass dem in einem solchen Fall von Seiten der Bürokratie nichts entgegensteht. Dafür sorgt schon die Politik.

Zum anderen: Werden nicht gerade im ganzen Lande Zehntausende von Arbeitskräften entlassen? Heißt das nicht, dass sie zurzeit nicht profitabel angewendet werden können und Firmen wie VW, Audi, Bosch, Siemens, ZF, Schaeffler und wie sie alle heißen Abfindungsprogramme auflegen, um ihre Personalkosten zu senken? Solche Fakten, für die man keine Statistiken von Wirtschaftswissenschaftlern braucht, spielen offenbar dann keine Rolle, wenn Wirtschaftsweise ihre Ideen für einen deutschen Aufschwung präsentieren. Die Streichung eines Feiertags soll offenbar gar nicht so sehr darauf zielen, dass mehr produziert wird. Mit der Abschaffung eines Feiertags soll den Geldanlegern signalisiert werden, dass in Deutschland ein freierer Umgang mit der Ware Arbeitskraft angesagt ist.

Deren intensivere oder ausgedehnte Nutzung ist auch dann angesagt, wenn zunehmend Arbeitskräfte um ihre Existenz gebracht werden, weil sie überflüssig sind. Und so gibt es nicht nur den Vorschlag, einen Feiertag zu streichen – ob mit oder ohne Lohnausgleich –, sondern in der Debatte sieht der Handelsverband auch gleich die Chance, die Arbeitszeit weiter zu flexibilisieren, und begrüßt entsprechende Ansätze im Sondierungspapier der Koalitionäre: „Laut Arbeitszeitgesetz darf die werktägliche Arbeitszeit in der Regel acht Stunden nicht überschreiten. Union und SPD hatten in ihrem Sondierungspapier angekündigt, man werde im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz schaffen.“

Im Arbeitszeitgesetz ist der Achtstundentag als Regel vorgegeben, die in drei Monaten eingehalten werden soll. Also gibt es auch jetzt schon Arbeitstage, die länger als acht Stunden dauern; schließlich werden Überstunden angeordnet, die durch Geld und nicht durch Freizeit ausgeglichen werden. Wenn davon die Rede ist, dass der Achtstundentag „in der Regel“ gelten soll, so gibt es eben auch zahlreiche Ausnahmen und schon einige wenige Sätze später steht dann im Gesetz, was nach einem 10-Stundentag oder einem 12-Stundentag an Ruhezeiten zu gelten hat. Das Gesetz enthält auch eine Vorgabe in Bezug auf die wöchentliche Arbeitszeit, die nur 48 Stunden umfassen darf – in der Regel!

Wenn nun Änderungen angekündigt werden, bedeutet dies nur, dass die Unternehmen größere Freiheiten in der Benutzung ihrer Arbeitskräfte erhalten sollen, nicht ohne zu beteuern, dass dies natürlich auch im Sinne der Beschäftigten sei. Schließlich richten die Unternehmen ihre Produktion ja immer nach den Freizeitwünschen ihrer Mitarbeiter aus, statt dass die lieben Mitarbeiter ihre Freizeit nach dem Gang des Geschäfts auszurichten haben.

Wenn der flexiblere Umgang mit der Arbeitszeit Deutschland als Wirtschaftsstandort dienen soll, dann heißt dies eben auch, dass die Arbeitskraft auf diese Art und Weise verbilligt oder intensiviert genutzt werden soll. Ihre Anwendung soll für die Unternehmen lohnender gemacht werden. Arbeitnehmer sollen dann parat stehen, wenn sie gebraucht werden, und haben dann frei, wenn das Geschäft weniger Personal benötigt. Zu studieren im Einzelhandel, wo die Arbeitskräfte auf Abruf anzutreten, also immer in Bereitschaft zu stehen haben.

Und die Antwort des DGB?

Wenn es um Arbeitsangelegenheiten geht, sind natürlich immer die Gewerkschaften, wenn auch in abnehmendem Maße, gefragt: „Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält den Vorschlag, einen Feiertag abzuschaffen, um mehr Einnahmen für den Staat zu generieren, für absurd: ‚Ein gestrichener Feiertag für die Beschäftigten wird die Wirtschaft nicht entfesseln‘, schrieb DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel auf der Plattform X. Feiertage seien ‚kein Luxus, sondern wichtiger Bestandteil unserer Arbeitskultur, sie tragen zur Erholung der Beschäftigten und damit auch zur Produktivität bei‘, argumentierte Piel. Beschäftigte leisten ihren Anteil zum Wirtschaftswachstum oft über ihre regulären Arbeitszeiten hinaus – das zeige die hohe Anzahl an vielfach unbezahlten Überstunden.“ (tagesschau)

Die Stellungnahme ist nicht gerade durch eine Parteinahme für die Mitglieder dieser Massenorganisation gekennzeichnet. Wenn durch die Streichung eines Feiertags keine zusätzlichen Einnahmen entstehen und der Vorschlag daher vom DGB zurückgewiesen wird, stellt sich ja gleich die Frage: Wäre der Verein denn mit der Streichung einverstanden, wenn der Staat und die Wirtschaft dadurch gewinnen würden? Und die Feststellung, dass Erholung nicht zum Wohle der Arbeitnehmer da ist, sondern als Mittel der Produktivitätssicherung ihren Dienst tut, ist auch eine sehr interessierte Sichtweise!

Worauf der DGB besteht, ist die Würdigung der selbstlosen Leistung für das deutsche Wirtschaftswachstum. Und der Verein hat daher auch keine Kritik an Arbeitnehmern, die meinen, durch unbezahlte Überstunden ihren Arbeitsplatz sicherer machen zu können. Eine Hoffnung, die bekanntlich viele Unternehmen gerade enttäuschen.

„Ärmel aufkrempeln, zupacken, aufbauen“

Der Liedermacher Franz-Josef Degenhardt hat in den 60er Jahren der Nachkriegsgeneration, die sich für Deutschland krumm gelegt hatte, ein würdiges Denkmal gesetzt. Mit seinem Song „Vatis Argumente“ hat er – lange vor dem Spaß von Geier Sturzflug – die verkniffene Arbeitsmoral und ihren lachhaften Stolz aufs Korn genommen. Bei Degenhardt spricht sich ein fiktiver „Vati“ mal seinen ganzen Ärger von der Seele, und zwar an die Adresse der Langhaarigen und Protestierer aus der Studentenbewegung gerichtet, denen er bescheinigt, dass die zwar viel reden, aber nichts zum Aufbau der Nation beitragen. Warum wird Vati bloß so giftig, heißt es dann am Schluss, „hat er gemerkt, dass ihn keiner mehr ernst nimmt?“

Ja, da lachte die junge Generation. Heute ist der Spaß vorbei. Die verstaubte Moral der Nachkriegsgeneration scheint auch in Vorkriegszeiten wieder gefragt zu sein. Mehrarbeit und Zupacken werden der Nation als Aufbruch verordnet. Dabei könnte den Bürgern bei dieser unverschämten, allseits gelobten Aufforderung eines klar werden: Der Staat ist nicht für sie da, sondern sie haben für ihn Opfer zu bringen – im Extremfall das des eigenen Lebens. Eine Botschaft, die von vielen nicht ernst genommen wird, weil sie meinen, eigentlich müsste der Staat, wenn alles wieder in Ordnung gebracht wäre, für sie da sein. Obwohl diese Vorstellung immer wieder enttäuscht wird, bleibt doch die Hoffnung, dass es eines Tages so sein könnte. Eine Hoffnung, die nur zu einem taugt, zum Weiter- und vor allem zum Mitmachen bei allem, was die Politik einem abfordert.

Ähnliche Beiträge:

33 Kommentare

  1. Arbeiten für den Profit der Anderen, das gefällt den Deutschen. Wenn man dabei noch Hungern und Frieren darf um so besser.
    Keine Zukunftsoption zu haben, perfekt.
    Wird schon gut gehen.
    Wehe wenn sie losgelassen….

    1. Also ich sehe immer mehr innere Kündigung, Dienst streng nach Vorschrift und nicht ein bisschen mehr, nur das minimal erforderliche machen. Wer sich bemüht bekommt einen drauf. und immer mehr Leute merken, daß man der Dumme ist als abhängig beschäftigter und immer mehr für alles Steuern und Abgaben zahlen darf, aber immer weniger an staatlicher Gegenleistung bekommt. Also warum sollte man sich noch anstrengen?

      Ja früher waren dir Deutschen so, wie Sie schreiben. Aber das verschwindet immer mehr. Hat vermutlich auch mit einer Mentalitätsveränderung in der Bevölkerung zu tun durch die Einwanderung eher entspannterer Völkerschaften.

      1. Ich denke die Mentalitätsveränderung ist komplexer und liegt nicht unbedingt an Zugereisten. Früher (also damals) konnte man von Arbeit noch leben und bescheidenen Wohlstand aufbauen. Mit Fleiss aufsteigen und sogar ein Haus bauen(Oder die Kohle besser anlegen)
        Wäre ein wichtiger Punkt.(vielleicht nur einer von vielen, jedoch ein existenzieller).
        Seit den 90ern werden Stilblüten geschaffen um die Gier und Ausbeutung zu schmücken. Blühende Landschaften wandern jetzt auch nach Westen.

    2. Ich frage mich jetzt nur ob denn unsere Zugereisten auch mit auf diesen Zug
      des Malochens aufspringen? Wenn es um das Gebähren geht, sind sie den
      Ur-Deuschen ja meilenweit voraus. Aber es ist zu bezweifeln ob sie ihre Blagen
      dann als Kanonenfutter hergeben. Die werden wohl eher darum kämpfen, den
      gebeutelten Deutschen noch den Rest ihres Wohlstandes abzunehmen.

  2. Wenn ein Tag mehr Arbeiten 0,2 Prozent BIP bringt, hieße das im Umkehrschluss, wenn ich gar nicht mehr arbeite, das BIP nur um 44 Prozent sinkt. Hieße umgekehrt, der Deutsche Arbeitnehmer wäre also mit 56 Prozent seines „Wohlstandes“ bei Null Arbeit sogar besser dran, als auf Rente und erst Recht als auf Bürgergeld mit angeschlossenem sozialem Terror.
    Ich würde behaupten, unser wirkliches Problem ist die Grütze im stinkenden Kopf des Fisches, wenn man mit solch einer hundsmiserablen Rechnung „Chefin der Wirtschaftsweisen“ werden kann. Aber zur Verteidigung von Frau Schnitzer nehme ich an, die zwischen der Arbeitsleistung und dem BIP Effekt fehlenden 56 Prozent ist wohl einfach als Kompensation für die schier unmenschliche Leistung der Kapitalseite bei diesem Vorschlag gedacht. Was natürlich dem Warensystem diese Summe dauerhaft entzieht, am Kapitalmarkt läßt sich schließlich trotzdem mehr am Aufheizen von Luft verdienen, als durch Investitionen in die Realwirtschaft.

    1. 👍🏼
      Tja, so was rechnet heute niemand mehr..
      .
      Wohlstand kann nur erhalten werden, indem man darauf verzichtet, ist doch logisch… Unwissenheit ist Stärke und Freiheit Sklaverei etc. etc.

      Ach so, ihr dachtet, es ginge um EUREN Wohlstand…. tja, selbst Schuld.

  3. Der Feiertag ist das Eine, die Abschaffung jeglichen Familienlebens und damit der Kinderzeugung und -erziehung das Andere. Also sollte schon auch bejubelt werden dass es keine 11 Stunden zwischen 2 Arbeitsschichten mehr braucht. Mit theoretisch 8 Stunden geht das auch. Von den 8 Stunden gehen dann nochmal 3 Stunden Arbeitsweg weg, ohne Stau oder Bahnausfall, dann noch etwas zum Einkaufen, Waschen und Essen. Verbleibt: Eine komplett ermüdete und demoralisierte Kreatur, die nach 4 Stunden Schlaf so richtig reinhaut auf Arbeit. Wir haben die Talsohle noch nicht erreicht, aber alle helfen mit, auch die Gewerkschaften.

  4. Der Deutsche lebt eben, um zu arbeiten.
    Und solange er immer weiter nach unten treten und nach oben buckeln kann, geht es Ihm gut.
    Insofern ist doch alles in Ordnung.

  5. Tja, es steht zu befürchten, dass der alte Trick, der Spruch vom Fleiß, ohne den kein Preis zu erhalten ist, bereits den Kindern in die Köpfe gegossen, bei immer noch ausreichend Dummen auf fruchtbaren Boden fallen wird.
    Nicht nur, dass er falsch ist, er impliziert auch, dass genug Fleiß verlässlich zum Preis führt, was natürlich gelogen ist.

    Extrem zum Verzweifeln ist dabei aber, dass die Mär von der harten Arbeit, die den Wohlstand erhält, dort ebenso verfängt. Dass langes Arbeiten für geringe Einkünfte genau das Gegenteil von Wohlstand ist, geht zu vielen Menschen noch nicht richtig auf….

    Der Wohlstandtrick ist so simpel, kein Wunder, dass er immer wieder bemüht wird. Eine rder älteren Neusprech-Begriffe. Wohlstand kann nur durch Verzicht auf selbigen erhalten werden….klar…

  6. Arbeit ist für manche / viele Sinnersatz. Morgens an der Tankstelle: Handwerker beim Kaffee, erzählt der eine, er sei froh, wieder Arbeit und Struktur zu haben, weil er sonst vergammeln würde.

    Es ist einfach, sich über Faule oder Arbeitswütige auf den Seiten jeweils lustig zu machen. Lohnender, darüber nachzudenken, was man warum tut oder warum sein lässt.

    Und eben – siehe Handwerker: wie ein Leben so veröden kann, dass man ohne Arbeit – ich füge hinzu: oder ohne Internetz – hilflos und verwahrlost ist. Wer Freiheit nicht mag, weiss allzuoft nichts mit sich anzufangen. Freiheit ist, zu entscheiden, wofür man sich ins Zeug legt und wofür nicht.

    Die Nation? Hat sich bei mir nicht vorgestellt. Wer ist sie, warum soll man sie füttern?

  7. Vatis Argumente

    Der Autor schreibt: „Der Liedermacher Franz-Josef Degenhardt hat in den 60er Jahren der Nachkriegsgeneration, die sich für Deutschland krumm gelegt hatte, ein würdiges Denkmal gesetzt. Mit seinem Song „Vatis Argumente“ hat er – lange vor dem Spaß von Geier Sturzflug – die verkniffene Arbeitsmoral und ihren lachhaften Stolz aufs Korn genommen. Bei Degenhardt spricht sich ein fiktiver „Vati“ mal seinen ganzen Ärger von der Seele, und zwar an die Adresse der Langhaarigen und Protestierer aus der Studentenbewegung gerichtet, denen er bescheinigt, dass die zwar viel reden, aber nichts zum Aufbau der Nation beitragen. Warum wird Vati bloß so giftig, heißt es dann am Schluss, „hat er gemerkt, dass ihn keiner mehr ernst nimmt?“

    Nein. Genauso war´s nicht. Als damals der Song live im WDR Radio lief, war FJD über breite Hörerzustimmung nach dem Motto: da hat´s endlich mal einer den Radikalinskis gegeben, erschrocken. Und hat
    dann den zitierten Nachsatz „am Schluß“ der Schallplattenversion spendiert. Nur entre nous: so was gilt als Rezeptionsmißverständnis. Und das gab´s schon beim Altmeister mit dessen jungem Werther …

  8. Die werden uns alles nehmen, und am Ende auch das Leben!
    Kleine Anmerkung an den Verfasser…grins
    Im Übrigen hatte ich es damals mehr mit Ton Steine Scherben… ;-)))

          1. Es geht mir auch nur noch darum, weil es eh keiner hören will!
            Also, ganz egal, ich erfreue mich dann daran….jedes Mal, wenn die Ereignisse dann eintreten.
            Selbst längst geklärte Wahrheiten, werden bis heute falsch weitergegeben.

  9. @Träumer
    In einer solidarischen Gesellschaft geht es nur MITEINANDER und nicht GEGENEINANDER!
    Alles andere ist TEILE und
    HERRSCHE!!!

    Es spielt also keine Rolle ob zugereist oder nicht! Wir sitzen ALLE im gleichen BOOT und müssen gemeinsam für den Frieden kämpfen oder werden gemeinsam untergehen

    1. Ja wir sitzen alle im gleichen Boot. Allerdings sind die Deutschen wie wild am rudern und
      Zugereisten sitzen oben an Deck in der Sonne. Wollten diese Leute für den Frieden kämpfen,
      könnten sie das doch am Besten in dem Land aus dem sie über mehrere Länder zu uns
      gekommen sind. Einem junger Mann, der mal eben 6.000 -10.000,-€ für die Reise in einem
      Schlauchboot über das Mittelmeer ausgeben kann, sich dann zielstrebend nach Deutschland
      durchschlägt und unterwags seinen Papiere weg wirft, interessiert der Frieden einen Scheiß.
      Der will hier schnellstmöglich kohle machen. Aber nicht mit produktiver Arbeit, sondern mit
      dem Verkauf von Drogen ec. Und wenn er sich unter 5-10 falschen Identitäten in verschiedenen
      Bundesländern anmeldet, kassiert er mehr Geld als mein Zahnarzt im Monat.

      1. Produktive Arbeit, von dir? Das ist ja Humor. Wenn man dich morgen für Drogenverkauf auf’s Bahnhofsklo schickt, machst du auch das. Wohl mit der gleichen Dürftigkeit wie du mit deiner Agitprop versuchst elektronische Medien zuzupflastern. Was ist dein Tarif in der Angelegenheit?

  10. Merkt irgendjemand was der Inhalt vom Artikel erreichen will? Alle Idioten, die diesen Artikel gelesen haben, kommentieren ohne zu wissen, daß diese sich selbst kommentieren, leider in einer fehlgeleiteten Richtung.
    Deutschland ist sehr beschäftigt mit Müll und Ideologien, leider bemerkt der Bürger selber nicht, wieviel Abfall dieser hervorbringt….

  11. Der Endkampf begann 2020. Die grösste Umverteilung von Vermögen in der Geschichte hatte neue Höhen erklommen und geht nahtlos weiter… nur das Etikett hat geändert. Wenn die Leute vollständig ausgebeutet sind, können sie weg. Schönedeutscheland wird dann zum Acker, vielleicht aufgeteilt zwischen Amiland und Zarenreich.

  12. Aus „alte-BRD-Sicht“ begann mit dem Herrn Kohl 1982 die alte neue Zeit. Im Westen begann man, mit dem Abbau der Bildungsmöglichkeiten. Handwerk und Einzelhandel ließen die nachwachsende Generation der seinerzeit Pubertierenden im Regen stehen und freuten sich über die zuziehenden gut Ausgebildeten.
    Was gegenwärtig abläuft, unterscheidet sich nur geringfügig von den damaligen Zuständen.
    Es könnte aber für eine bessere Zukunft reichen. Unter einer Bedingung: Dass man sich von den aktuell „gesamtdeutsch“ Herrschenden nicht erzählen lässt, dass das sich HEUTE im Osten entwickelnde „Nein“ bekämpft werden muss, weil es `rechts´ ist.
    Sich da ein Auskommen zu suchen, wo man sich eines erhofft, ist menschliche Eigenart. „Wanderarbeiter der Welt vereinigt euch!“ müsste die neue Losung heißen. Nicht „Internationalismus“. Das ist der alte Hut.

  13. Das Unternehmerpack beschwert sich ja ereits, wenn die Arbeitszeiten sauber dokumentiert werden sollen.
    Und bei wenigem wird so gelogen wie bei derselben.
    Bei realer Aufschreibung saßen sämtliche Führungskräfte im Knast.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert