Jacques Baud über das „Mafia-System“: „In Europa ist man lieber Freund der Amerikaner als Feind“

 

Jacques Baud im Zoom-Gespräch

Warum hören die Amerikaner die ganze Welt und auch die Alliierten ab? Und warum beschweren sich die Europäer lieber nicht? Ein Gespräch

Jacques Baud  war Oberst der Schweizer Armee, arbeitete für den Schweizerischen Strategischen Nachrichtendienst, die Vereinten Nationen und für die Nato in der Ukraine. Er ist Autor mehrerer Bücher über Nachrichtendienste, asymmetrische Kriegsführung, Terrorismus und Desinformation. Das Gespräch wurde am 27. April geführt.

 

Lieber Herr Baud, ich will mit Ihnen darüber sprechen, wie es denn um das Verhältnis der NATO-Staaten untereinander in Bezug auf Abhören steht? Nach einem unter Geheimhaltung stehenden Text in den Pentagon Leaks scheint das Bundesverteidigungsministerium von den USA abgehört worden zu sein, berichteten am Donnerstag “Die Zeit” und das ARD-Politikmagazin Kontraste. Das Ministerium widersprach und sagte, es sei keine Sabotage, sondern nur eine Mitschrift eines Gesprächs in der US-Botschaft gewesen. Aber es ist klar, dass zumindest seit 2013 und seit Snowden die USA alle Regierungen, ob Feinde oder Freunde, abhört. Zuletzt kam heraus, dass auch Seleinskij auf der Abhörliste steht. Ist das ein ganz normaler Vorgang?

Jacques Baud: Man weiß, dass die Amerikaner bzw. die Five Eyes die ganze Welt abhören. Dies ist ein Abkommen zwischen den USA, dem Vereinigten Königreich, Kanada, Australien und Neuseeland aus dem Zweiten Weltkrieg, mit dem die elektronische Nachrichtenbeschaffung koordiniert wurde. Die USA und Großbritannien waren im Pazifik, aber auch im Atlantik-Gebiet aktiv. Genannt wurde das Abkommen zuerst BRUSA und dann UKUSA, weil damals Kanada, Australien und Neuseeland Staaten unter der britischen Krone waren. Nach dem Kalten Krieg wurden daraus die Five Eyes. Diese Organisation hat die Möglichkeit und die Fähigkeit, die ganze Welt abzuhören.

Aber es gibt auch andere Länder, die zusammenarbeiten. Innerhalb der fünf Augen gibt es noch die vier Augen, mit Großbritannien, Australien, USA und Kanada, und die drei Augen, Großbritannien, Australien und USA. Neuseeland ist wegen ihrer Atomwaffenpolitik nicht dabei. Die drei Augen sind das engste Gremium für den Austausch von Funkaufklärung. Innerhalb der NATO gibt es noch die fünf Augen plus Frankreich, Norwegen, Dänemark und Niederlande, das sind die neun Augen. Das ist eine Koordination, die speziell für die Überwachung des nordatlantischen Raums zuständig ist. Und dann gibt es noch die 14 Augen, also die fünf Augen mit den europäischen Staaten Deutschland, Belgien, Spanien, Italien, Schweden und natürlich Frankreich, Norwegen und Dänemark und Niederlande. Das sind die Organisationen, die die Kooperation im Bereich der Funk- oder Signalaufklärung erlauben.

Die Türkei ist nicht dabei?

Jacques Baud: Nein, sie ist nicht bei den 14 Augen. Sie ist in ein Netzwerk der NATO integriert, das nicht auf einen Austausch von Signal Intelligence ausgerichtet ist, sondern auf den normalen nachrichtendienstlichen Austausch innerhalb der NATO. Bei der Zusammenarbeit mit den USA gehört die Türkei zu einer Gruppe von 30 Ländern, die von den Amerikanern als “Tier B” bezeichnet werden (zu denen auch Deutschland und die Schweiz gehören), für spezifische elektronische Aufklärungsaktivitäten (“Focused Cooperation”).  Die Türkei ist ein wichtiger Partner der USA für die elektronische Aufklärung, da sie während des Kalten Krieges das NATO-Land war, das der UdSSR am nächsten stand, und es gibt zahlreiche elektronische Abhörstationen auf ihrem Territorium.

“Paradox der NATO und der Europäischen Union”

Das heißt aber doch auch, dass es einerseits eine Kooperation gibt, aber dass man sich andererseits auch gegenseitig belauscht. Schon in den 1990er Jahren kam über Echelon das erste Mal an die Öffentlichkeit, dass die NSA und die Five Eyes die europäische Kommunikation von Regierungen und von allen möglichen Regierungen abhören.

Jacques Baud: Anfang der 1990er Jahren hatte sich die Situation substanziell im Bereich der Signalaufklärung durch das Internet und die Mobiltelefonie verändert. Das sind auch zivile Systeme, die zwar auch mit Kryptografie geschützt sein können, aber nicht zum militärischen Bereich gehören. Während des Kalten Krieges konnten die Geheimdienste klar zwischen dem militärischen und dem zivilen Bereich unterscheiden. Heute gibt es aufgrund der Natur der Bedrohungen (z. B. Terrorismus) diese Unterscheidung nicht mehr wirklich. Zivilisten und Militärs nutzen oft die gleichen Plattformen (Mobiltelefone, Internet usw.), wie man heute im Ukraine-Konflikt feststellen kann. Damals war die Funkaufklärung noch eine militärische Tätigkeit. Und Telefone waren physische Netzwerke, das Abhören war eine Angelegenheit der Innenministerien der Staaten. Die Telefonnetze waren sozusagen die  Privatsphäre der Staaten,  aber mit den Mobiltelefonen und der Vernetzung der Welt mit dem Internet kann man diese Abgrenzung nicht mehr machen. Davon haben die Amerikaner und die Five Eyes profitiert, weil es heute grundsätzlich technisch keinen Unterschied gibt, eine Kommunikation in Deutschland, in Belgien oder in der Schweiz abzuhören, weil die Kommunikation im Prinzip den gleichen Weg geht.

Ich vereinfache das, aber das ist das Prinzip. Deshalb haben seit Anfang der 90er Jahre nicht nur die NSA, sondern auch das Government Communications Headquarters (GCHQ)  in Großbritannien massiv ihre Kapazitäten erhöht und hören im Grunde ganz Europa ab. Das GCHQ sammelt alle 24 Stunden das Äquivalent von 192 Mal den Inhalt der British Library.

Die Organisationen und Abkommen, die ich vorher erwähnt habe, also die fünf, neun und 14 Augen, sind Organisationen für die Kooperation und den Austausch von Nachrichten. Aber das heißt nicht, dass die Tätigkeiten der einzelne Länder nur im Rahmen diesen Organisationen stattfinden. Das ist ein Paradox der NATO und der Europäischen Union. Das  sieht man auch sehr klar im Ukraine-Krieg. Man hat den Eindruck, dass der Westen einheitlich ist. Aber das stimmt nicht, speziell nicht innerhalb der EU. Es gibt keine gemeinsame Außenpolitik und auch keine gemeinsame Sicherheitspolitik. Das heißt, dass jedes Land eigene sicherheits- und außenpolitischen Interessen verfolgt und dafür seine Nachrichtendienste einsetzt. Die Länder können ihre Abhörfähigkeiten nicht nur zugunsten der Gemeinschaft, der NATO oder der EU, einsetzen, sondern auch nur für eigene Interessen. Das gilt für die USA, das gilt für Deutschland, das gilt für die Schweiz. Deutschland hört auch seine Nachbarn ab.

Was ist denn das Agreement. Natürlich weiß jeder, dass jeder den anderen belauscht. Aber es herrscht Stillschweigen normalerweise. Also man lässt das zu?

Jacques Baud: In Europa sind unsere Nachrichtendienste da sehr diskret. In den USA gibt es den Freedom of Information Act, der Privatbürgern ermöglich, Fragen zu den auch geheimen Tätigkeiten der Regierung allgemein und der Geheimdienste zu stellen. Snowden hat einen tiefen Einblick in das NSA-System gegeben, aber dank des Freedom of Information Act in Amerika war ein Teil schon zuvor bekannt. Das ist eine Besonderheit der USA. Es ist trotzdem sehr begrenzt, aber dennoch gibt es sozusagen einen Embryo von bürgerlicher Überwachung durch die parlamentarischen Kommissionen für Nachrichtendienste im Senat und Repräsentantenhaus. Beide Kommissionen haben auch sehr viel Macht und können viel verlangen von den Nachrichtendiensten. In den USA hat die demokratische Überwachung mehr Möglichkeiten als die in den europäischen Ländern. Vielleicht braucht es auch so eine Kontrolle, weil die amerikanischen Nachrichtendienste riesengroß sind.

Es sind Zehntausende von Angestellten.

Jacques Baud: Viel mehr. Das sind Zahlen, die vielleicht vor 20 Jahren stimmten. Die Intelligence Community in Amerika könnte 250.000 bis 300.000 Menschen stark sein. Die NSA allein hat ungefähr 80.000 Angestellte.  CIA und NSA machen auch sehr viel wissenschaftliche Forschung. Das ist wenig bekannt. Es wird viel mathematische Forschung, zum Beispiel im Rahmen der Kryptographie, betrieben. Zum Beispiel wurden die Lithium-Ion-Batterien oder Google Earth zu Beginn von der CIA für ihre eigenen Bedürfnisse natürlich entwickelt. Die Technologie wurde dann im zivilen Bereich verkauft und wir benützen sie mit einigen Jahren Verspätung.

“Die Philosophie, dass die Sicherheit von der Menge der Daten abhängt, ist eine angelsächsische Haltung”

Wenn der Geheimdienstapparat in den USA so riesig ist, müsste es ihm möglich sein, sich und die US-Regierung so abschotten zu können, dass ein Abhören der US-Regierung kaum möglich sein sollte. Weiß man dann etwas darüber, ob BND oder andere europäische Geheimdienste die US-Regierung belauschen können?

Jacques Baud: Das ist sehr schwierig zu sagen, vielleicht die Engländer. Aber ich glaube, es gibt in Europa nicht die Philosophie, alles zu wissen. Die Philosophie, dass die Sicherheit von der Menge der Daten abhängt, ist eine angelsächsische Haltung. Das ist problematisch, weil das den Amerikanern angeblich das Recht gibt, uns abzuhören. Im Grunde genommen haben sie kein Vertrauen. Das hat auch mit verschiedenen Politiken und Gesetzgebungen zu tun. Es könnte sein, dass wir in unseren Ländern Menschen als Gast empfangen, die für die Amerikaner zum Beispiel Terroristen oder eine Bedrohung sind. Deshalb fühlen sich die Amerikaner berechtigt, uns abzuhören, weil es um ihre Sicherheit geht.

Inwieweit versuchen denn die Geheimdienste, sagen wir mal von Deutschland oder der Schweiz, sich vor solchen Lauschangriffen aus den USA zu schützen? Gibt es da Vorkehrungen? Oder lässt man es einfach zu?

Jacques Baud: Es gibt natürlich Vorkehrungen, aber ich glaube, es gibt auch einen gewissen Fatalismus in Europa. Und wir lösen das Problem, indem wir es verschweigen. Das ist eine Verwundbarkeit für uns und das haben Sie mit dem Fall Nord Stream 2 in Deutschland erlebt. Das heißt, es ist besser, ein Freund der Amerikaner zu sein als ihr Feind, weil wir nicht über die gleichen Mittel verfügen. Sie haben zum Beispiel in Deutschland viele amerikanische Abhörstationen. Das sind riesige Anlagen, die im Prinzip auch Deutschland abhören. Wir haben das auch erlaubt, wir haben den Wurm in den Früchten erlaubt.

“Mafia-Managementsysteme”

Von den russischen Geheimdiensten heißt es, dass sie Politiker auch durch Kompromate erpressen? Gibt es Vergleichbares vonseiten der USA, dass Politiker in die Zange genommen werden?

Jacques Baud: Ich kenne keine konkreten Beispiele, aber es ist anzunehmen, dass es irgendwie passiert. Vielleicht nicht im Sinne von romanesken Liebesaffären, aber der Fall Nord Stream 2 ist ein gutes Beispiel, weil man seit ein paar Jahren wusste, dass Amerika die Pipeline nicht wollte. Das wusste man. Die deutsche Regierung und insbesondere Frau Merkel haben sich dagegen gewehrt. Aber am Schluss gab es sozusagen die Endlösung mit Sprengstoff. Das zeigt, wie das Verhältnis zwischen Alliierten ist. Wir haben die Haltung, lieber Freund als Feind zu sein. Das ist unsere Antwort. Der Vergleich ist ein bisschen salopp ausgedrückt, aber das ist ein Mafia-System, oder? Ich drohe, du wirst geschützt, solange du mitmachst. Aber wenn du nicht mehr mitmachst, dann kommen die Probleme.

Einige haben darauf hingewiesen, um  wieder zur Aktualität zu kommen, dass so etwas beispielsweise im Sudan passiert sein könnte. Sudan hat ein Abkommen mit Russland im März für die Einrichtung einer Marinebasis in Port Sudan im Roten Meer unterzeichnet. Und die Amerikaner hatten die sudanesische Regierung gewarnt, dass das ihnen nicht passen würde. Und plötzlich entsteht ein Problem innerhalb der Streitkräfte mit der Rapide Support Force (RSF) zwischen zwei rivalisierenden Kommandanten. Ein formeller Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen kann derzeit nicht hergestellt werden, wäre aber auch nicht überraschend.

Aber die USA stehen nicht auf einer Seite in dem Konflikt?

Jacques Baud: Doch, aber es geht darum, das System instabil zu machen und nachher mit einer Lösung zu kommen. Genau damit sind die Amerikaner ein paar Tage später gekommen, als sie vorschlugen, einen Frieden herzustellen. Also das ist nur eine Vermutung, weil es keine konkrete Hinweise dazu gibt.  Aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es so funktionieren könnte. Das ist übrigens, was mit Nord Stream 2 passiert ist. Das wirft natürlich ein anderes Licht auf das, was in Europa zum Beispiel passiert, wenn man erpresst wird. Das entspricht in etwa der Haltung der Europäischen Union gegenüber Ungarn zum Beispiel im Hinblick auf den Ukrainekonflikt. Man benutzt Geld als Belohnung oder als Strafe, wenn man nicht in die richtige Richtung geht.

Das sind Mafia-Managementsysteme, die für mich sehr ungesund sind und die es früher nicht gab. Während des Kalten Kriegs hatten alle Mitglieder der NATO eine gleiche Doktrin, eine ähnliche Sicht gegenüber der Sowjetunion. Die Lage hat sich inzwischen geändert. Dieser Wandel ist in der NATO und der Europäischen Union sichtbar. Man sieht eine klare Spaltung zwischen dem Neuen Europa, wie Donald Rumsfeld es nannte, das heißt Osteuropa, und dem alten Europa, also Westeuropa, das heißt Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien usw. Ich bin selber fünf Jahre in der NATO gewesen. Man sieht den Unterschied zwischen den Offizieren aus Osteuropa und den westeuropäischen Offiziere, die viel nuanciertere und gemäßigtere Ansichten haben.

In Osteuropa gibt es einen Russlandhass, der wahnsinnig groß ist. Das passt natürlich den Amerikanern, obwohl diese Länder wirtschaftlich und bevölkerungsmäßig sozusagen Minderheiten in den Organisationen sind, aber enorm viel Gewicht haben, weil sie in die gleiche Richtung wie die USA gehen und mit der Nähe zu den USA Druck auf die anderen Staaten ausüben. Das sieht man gegenüber Frankreich oder Deutschland.

Sie hatten schon den Fall Nord Stream 2 erwähnt, wo offenbar die Ermittlungen mehr oder weniger im Sande verlaufen und man wahrscheinlich nie erfährt, was da wirklich los war. Das soll wohl nicht an die Öffentlichkeit kommen. In dem aktuellen Fall agiert das Bundesverteidigungsministerium ähnlich und sagt, wie Medien berichten, das sei keine Spionage, sondern es sei nur ein Protokoll einer Gesprächsrunde in der US-Botschaft, das weitergegeben worden ist. Das würde letztlich heißen, dass die Geheimdienste gar nicht belauschen, sondern mitunter irgendwelche öffentlichen Aufzeichnungen nehmen und so tun, als hätten sie etwas abgehört. Ist das die Art, wie die Europäer und die Amerikaner in solchen Fällen umgehen?

Jacques Baud: Man muss verstehen, dass die amerikanischen Nachrichtendienste ein Teil der Verwaltung und sehr präsent in den Medien sind. Auch der Leiter des ONI, der DNI oder der CIA sind sehr präsent in den Medien. Diese Kultur haben wir nicht in Europa. In keinem Land in Europa gibt es diese Öffentlichkeit der Nachrichtendienste. Sie sind nicht unbedingt total geheim, der BND hat ein riesiges Gebäude in Berlin, aber man will sich nicht unbedingt exponieren. Das sind Domänen, die man vertraulich hält. Der Präsident des BND erscheint selten in der Öffentlichkeit. Ob das gut oder schlecht ist, weiß ich nicht, aber das heißt, dass in Europa die Nachrichtendienste viel stärker dem Staat untergeordnet sind als in Amerika. Dort hat man manchmal den Eindruck, dass die Nachrichtendienste ein sehr selbständiges Leben führen. Sie machen Sachen, von denen die Öffentlichkeit und nicht einmal der Staat weiß.

Wir haben immer dieses Problem in Europa, dass, wenn es bekannt wird, dass wir ausspioniert werden, man lieber nichts sagt oder behauptet, dass das nicht der Fall ist, anstatt das zu diskutieren. Das ist eine Art, das Problem zu entsorgen. Solche Fälle zeigen, wie wenig selbstständig wir sind, weil das enorme außenpolitische Auswirkungen haben könnte. Nehmen wir nochmals Nord Stream. Wenn Deutschland wirklich das Problem angehen würde, könnte das bis zu einer Spaltung führen, wenn wir unter Alliierten solche Sachen machen. Es gibt den politische Willen nicht, das Problem zu vergrößern oder zu übertreiben. Das liegt in unserer Mentalität. Die Logik dahinter ist, wie gesagt, dass man lieber Freund der Amerikaner ist als Feind.

Von Jacques Baud erscheint im Juni im Westend Verlag auf deutsch: „Putin – Herrscher des Geschehens?“

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16 Kommentare

  1. „….politische Macht kommt aus den Gewehrläufen“…..meinte einst, sehr zutreffend, Mao Zedong.
    Woher sonst, möchte man fragen, etwa durch Wahlen oder ähnliche Spielchen?

    Wer die Macht hat setzt das Recht.

    Die USA hören weltweit ab, weil sie (noch) die Macht dazu haben. Hätten sie diese Macht nicht mehr, würden sie auch nicht abhören. Das Abhören soll doch ihre Macht sichern.

    Will man also Schluß mit der amerikanischen Bespitzelung machen, muß man mit der amerikanischen Macht brechen,

    Man muß eine Gegenmacht zum amerikanischen Imperium aufbauen!

    Dieser Prozeß wird gerade durch Ukrainekrieg beschleunigt. Die neue Gegenmacht zur USA muß wirtschaftlich UND militärisch stärker sein als die amerikanische Macht. Wirtschaftlich entsteht mit der BRICS und der Shanghai-Organisation eine Gegenmacht. Der Dollar als Weltwährung ist im Sinkflug. Militärisch ist ein de facto Bündnis China/Russland entstanden.
    Da China Go und nicht das unterkomplexe westliche Kriegsspiel Schach spielt, sind die chinesischen Go-Züge für westliche Augen und Ohren schwer verständlich, weil eben der Westen nur dual, nicht dialektisch denken kann, Ausnahmen davon gibt es natürlich.

    Der Weg zur Etablierung einer neuen multipolaren Weltordnung ist lang und schwer, aber unumkehrbar. Der Westen ist in eine Phase spätrömisch-westlicher Dekadenz eingetreten. Im zerfallenden weströmischen Reich regiert zum Schluß Augustulus, das Kind. Im Westen regieren demente Greise wie Biden und unreife Kinder wie Baerbock…..alles Zeichen des Niedergangs..

    Da China, die neue Macht, die Go spielt, komplexer denkt als der Westen, ist es vielleicht möglich den Niedergang der amerikanischen Macht friedlich zu moderieren….

    Das Universum versteht nur, wer in der Lage ist in vielfältigen Grautönen zu denken. Wer nur in Schwarz/Weiß-Kategorien zu denken in der Lage ist, kann das Universum mit einer mehr als winzigen Erde niemals begreifen…

    1. Der Vergleich mit dem römischen Reich ist berechtigt, aber nicht ganz trivial. In welcher Phase sind “Wir” denn jetzt? Punische Kriege? Imperiales Augustus/Nero “Gross”-Rom? Konstantinopoles “Rest”-Rom?
      Mit dem Untergang der letzten Strukturen begann das “finstere Mittelalter”.
      Was erwartet dann uns? Unsere Kinder und Enkel?
      Ich bin sicher, dass ich nicht unsterblich sein möchte…

    2. Der Vergleich Schach – Go hinkt wie jeder Vergleich. Aber der Hinweis auf Poker als typisch amerikanisches Spiel, ist sehr gut. Die Amerikaner sind Spieler, noch unreife Kinder. Ihre Zivilisation ist gerade mal 500 Jahre alt und basiert auf den Blut der Indigenen. Die Gründerväter der USA kamen aus Europa und eroberten brutal ihre „neue Welt“. So sind sie geblieben, immer gewaltbereit.
      Wie lange der Niedergang des Westens dauert und an welcher Stelle der Westen im Vergleich zum Niedergang Westroms steht, kann man nicht so einfach beantworten. Zu fragen wäre, warum Ostrom 1000 Jahre länger überlebte?
      Fakt scheint zu sein, diese westliche Generation lebt noch im Zenit ihres Wohlstandes. Den kommenden westlichen Generationen wird es schlechter gehen.
      Asien, Afrika, Lateinamerika steht am Beginn einer langen Aufschwungperiode. Den Generationen, die dort noch geboren werden, wird es ganz sicher besser gehen. Sie haben ihre Zukunft noch vor sich und entsprechend optimistisch ist man dort, ganz im Gegensatz zur niedergehenden westlichen Welt.
      Sicher wird der Westen in Zukunft einen Preis für 250 Jahre Kolonialismus, Mord, Raub und Barbarei bezahlen müssen. Es wäre deshalb sinnvoll, wenn der Westen die aufstrebenden Nationen nicht weiter beleidigen würde, um den Preis für das Leid der letzten 250 Jahre zu reduzieren……ist doch logisch oder nicht?

    1. Weitaus passender ist das Kissinger-Zitat:
      “It may be dangerous to be America’s enemy, but to be America’s friend is fatal.”

  2. “Das sind Mafia-Managementsysteme … … die es früher nicht gab.”
    Bedauerlich: Wenn der aufgeweckte Staatsbürger sowas formuliert, wird er schnell mundtot gemacht, obwohl es natürlich den Nagel auf den Kopf trifft. Ob es diese Systeme früher nicht gab, kann ich nicht sagen, wenn ja, muss es sehr lange her sein.
    Es wird noch einige Jahre/Jahrzehnte dauern, bis die ehemaligen Ostblockstaaten wie Polen, das Baltikum uam. die wirklichen Absichten und Vorgehensweisen der USA begreifen. Insoweit ist die Aussicht für ein emanzipiertes Europa wirklich düster. Und – die größten Feinde der europäischen Völker sitzen in den eigenen Regierungen. Das gilt in Deutschland nicht nur für die Ampel, sondern jede zur Zeit denkbare Regierungskonstellation. Und bisher ist noch kein nachvollziehbares Rezept vorgelegt worden, wie sich die Völker aus dieser mafiösen Umarmung befreien können.

    Was das Abhören ganzer Gesellschaften betrifft, so wird man, je länger desto weniger dagegen unternehmen können. Aber etwas Entscheidendes könnte man doch tun: die Kräfte, die einen abhören, jede Privatsphäre nehmen und letztlich jederzeit erpressen können, nicht als Freunde und Partner zu verstehn und zu bezeichnen, sondern als größtmögliche Halunken, derer man sich auf allen denkbaren Ebenen (und davon gibt es so einige!!!) zur Wehr setzt.

    1. “das Maffiamanagementsystem”, das es früher nicht gab…
      Ist für mich eine unglaubwürdige Aussage, in den ’70 hatte mein junger ‘Herr’ als Direktor einer Chemischen AG, Kontakte zu all den liebenswürdigen Parteipolitiker um mit ihren Kanälen, eine exportkultur zu ermöglichen mit “Diktaturen”!
      Auch die pharmazeutische Industrie hatte sehr früh erkannt, wie maffiose Geschäfte zu handhaben sind. Das zieht sich bis zum heutigen Tag fort, früher wohl mehr verdeckte Arbeit und heuer über das Netz.
      Das heutige Netz funktioniert bei denen am besten, die mit der gleichen Technologie arbeiten.
      Ein Staat hat jedoch eine merkwürdige ‘Eigenheit’, sie sind in der Lage unterschiedliche Systeme auszuhorchen…

  3. Dickes Lob für diese Interviews mit Jaques Baud, da ist immer sehr viel wertvolle Information drin. Auch bei uns gibt es ja Offiziere, die nach ihrer Pensionierung kritische Standpunkte einnehmen, Erich Vad und Harald Kujat beispielsweise. Aber man merkt, dass ihr Wissen dadurch eingeschränkt ist, dass innerhalb der NATO bestimmte Themen einfach tabu waren. In der Schweiz nicht, sie erlaubt sich die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Wie es der neutrale Status erfordert, den sich Schweden und Finnland eben selbst genommen haben. Damit sind Verluste verbunden. Um etwas zu erfahren, sollte man Schweizer befragen. Da ist die Baudrate einfach höher:)

    Ja nun, das mit der Erpressung: mit außerehelichen Liebesabenteuern ist es wohl seit den frühen 60-ern vorbei. Da sind andere Kaliber im Einsatz. Nehmen wir das Treffen zwischen Biden und Scholz, extrem abgeschirmt, teilweise ohne Dolmetscher, ohne Pressekonferenz. Da drängt sich regelrecht auf, dass Scholz hier gebrieft werden sollte für sein Verhalten in der Nordstream-Affäre und dass er die These von der ukrainisch-russischen Gruppe unterstützen soll, die kurz darauf herauskam. Was, wenn das tatsächlich so war? Dann hat Scholz Hochverrat begangen und ist aus genau diesem Grunde erpressbar.

    So macht man das heutzutage.

  4. “Das sind Mafia-Managementsysteme, die für mich sehr ungesund sind und die es früher nicht gab.”

    Das möchte ich gerne bezweifeln, dass es dieses System früher nicht gab.

    Man denke an Stay-Behind, man denke an den CIA-Anschlag auf die russische Pipeline, die Deutschland und Europa versorgen sollte, man denke an die CIA-Pläne De Gaulle zu ermorden. Henry Kissinger hat dem chilenischen Botschafter seinerzeit mitgeteilt, dass Chile eigentlich vollkommen uninteressant und unbedeutend sei, dass aber das politische Projekt Allendes zum Scheitern gebracht werden müsse, weil es in Italien und Frankreich große kommunistische Parteien gäbe, denen ein Erfolg Chiles zu Wahlsiegen verhelfen könnte.

    In der Regel wurde das System aber nicht sichtbar, weil es nicht eingesetzt werden musste. Dies hat sich geändert, viel mehr Regierungen sind nicht mehr auf Linie zu bringen. Nicht zuletzt Merkel hat unverdrossen, trotz Drohungen und Sanktionen an Nordstream II festgehalten, weil es ein wichtiger Baustein für den deutschen Wohlstand war. Der Gewaltakt ist letztendlich ein Zeichen der Schwäche der USA und nicht Ihrer Stärke.

    1. Spätestens seit der Affäre Dominique Strauss-Kahn muss man davon ausgehen, dass politische Wechsel weitestgehend gesteuert sind, dass zumindest mächtige Personen ausgespäht werden, denen dann ihre kleinen und großen Fehler zum Verhängnis werden, wenn sie nicht so funktionieren, wie gewünscht. So kamen wir zu Hollande statt Strauss-Kahn, Frankreich trat hinter Deutschland zurück. Ich vermute mal, dass Scholz als Bundeskanzler nicht geplant war, sondern schwarz-grün oder gar grün-schwarz. Baerbock ist ja voll auf Blinkens Linie. Zum Glück ist Scholz ja erpressbar. Und die Sache mit Nord-Stream II? Im Zweifel wissen alle Bescheid, nur der deutsche Michel wird an der Nase herumgeführt. Wie soll das sonst sein, wenn die Welt derart überwacht wird. Los kriegen wir das nur durch einen elektromagnetischen Vorfall, der möglichst viele der Anlagen zerstört.

  5. Bei der ganzen Aufklärung, von der Baud uns berichtet, will man uns weißmachen, dass niemand von dem Anschlag auf Nordstream wusste? Das ist ja wohl ein Ammenmärchen. Selbst Hersh mit seiner Analyse scheint nicht voll im Bilde zu sein über Möglichkeiten der Funk- und Signalaufklärung. Ja, und dass Scholz sich mit seinem abstrusen Grinsen äußerst merkwürdig verhält, ist wohl mehr als verdächtig.

    1. Abstrus = nach Duden so viel wie “verworren”.
      Ich muss bei den uns “regierenden” Herren und Dame(n) immer an das politische Produkt “SHB” Anfang der 60er Jahre denken.
      Allerdings ist die heutige Situation für D existentiell.

  6. Es sind pro größere Länder Hunderttausende die da amtlich, dienstlich und beruflich im Internet unterwegs ssind. Aber witzigerweise, wenn man darauf hinweist dass bald mehr als 50% der Äußerungen im Internet fremdbestimmt und gezielt fehlleitend sind, dann wird man dumm angemacht.

    Auch in dem Bereich überwiegt das nicht Wissen- und nicht Wahrhaben-Wollen.

    Aber die Digispähre ist die reinste Verarschungsmaschinerie. Überall wo etwas Wirkung aufgebaut wird sind sofort die Agenten aus NGOs, der staatlichen und EU-Behörden, PR-Agenturen und Nachrichtendienste aktiv und täuschen und vernebeln und zersetzen mittels künstlich aufgebauter Figuren, Übernahme von Plattformen, oder Einsatz eigener Täuschplattformen, Honigtöpfen, …

    Wo digital drauf steht ist Geheimdienst IMMER mit drin. Schon in der Software (Kryptographie, Backdoors, ….), dann in der Infrastruktur (Server, Netzknoten, Backbones, …) … und ebenso als Pseudomenschen, als Figuren, tatsächlich Agenten, die überall aufmischen, fehlsteuern, je nachdem provozieren oder pöbeln, denunzieren, aufstacheln, Hoffnungslosigkeit schüren, oder einfach rumspinnen um Unseriosität einzupflanzen, etwa schwachsinnige, völlig abwegige “Verschwörungstheorien” erzählen, unglaubwürdig machen, … die Manipulations- und Eingreifmethoden sind manigfaltig.

    Bis auf ein paar ganz wenige Ausnahmen sind das Internet und die a-“sozialen Medien”, die Digisphäre, eine einzige Geheimdienst-Veranstaltung. Leider träumen immer noch einige Technikfreaks von einem demokratischen Internet. Der Fehler dabei ist zu glauben, dass die ganze Verwaltung, die ganze Aufrechterhaltung, Infrastruktur, die ganzen Investitionskosten von edlen Gönnern getragen werden würde, die dafür keinen “Return of Invest” erwarten würden. Aber die sorgen schon dafür, dass sich der Aufbau des Internets für sie lohnt. Und bitte, das haben keine Traumtänzer und Spinner gemacht …

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