Israel: Religion als Politikum

Oberrabbiner Jitzchak Josef (2015).  Bild: mercazharav.org.il/CC BY-SA-3.0

 

Der Oberrabiner der sephardischen Juden Israels und der Vorsitzende einer jüdisch- missionarischen Organisation waren in der letzten Woche Träger antisäkularer Agitation in Israel. Das kommt nicht von ungefähr.

 

Nachrichten aus dem Heiligen Land in Sachen Religion:

1) Der sephardische Oberrabbiner des Landes, Jitzchak Josef, hat im Verlauf einer Thora-Stunde säkulare Juden attackiert. Sie seien “arme Menschen, die keine Befriedigung im Leben haben”, und fügte hinzu, dass ein Mensch, der nicht koscher esse, “im Gehirn verblödet, Sachen nicht begreift, nicht versteht”. Er sehe alles, was sich bei den Säkularen zuträgt, “alles nur Begierden, es ist kaum zu fassen… Man sieht die Zügellosigkeit, die bei ihnen vorherrscht, und die verschiedenen Probleme, die sie bewirkt. Sie beneiden uns, das müsst ihr wissen, alles ist nur Neid. Man sieht die orthodoxen Juden, die haben Feiertage, haben Kinder, gehen mit ihnen an den Feiertagen aus… Alles kommt nur vom Neid, und der Neid bewirkt Hass.”

Der Oberrabbiner fuhr fort und erklärte: “Sie sind schon seit Generationen säkular, aber man muss sie der Religion annähern. Das machen, Gott sei dank, verschiedene Organisationen, die sie zum Glauben führen, sie fromm machen.”

Oppositionsführer Yair Lapid attackierte seinerseits Jitzchak Josef: Er sei nicht der Oberrabbiner von Israel, sondern “der Rabbiner einer schreierischen Minderheit, die von den Rängen Millionen von Juden verfluchen, die ihren Militärdienst leisten, ihr Leben riskieren und opfern, arbeiten, und diesen Staat am Leben erhalten.” In einer Sache, fügte er hinzu, habe der Oberrabbiner gleichwohl recht gehabt: Die Säkularen “kamen sich heute Abend ein wenig blöd vor, als sie sich erinnerten, dass sie das Gehalt des Oberrabbiner finanzieren”.

2) Der Publizist Rogel Alper beschrieb vor einigen Tagen ein Event, das sich am Yom Kippur auf dem Dizengoff-Platz im Herzen Tel Avivs zugetragen hat. Israel Zeira sei der Vorsitzende der messianisch-missionarischen Organisation “Rosch Jehudi” (“Jüdischer Kopf”), die sich die religiöse Eroberung des säkularen Tel Avivs zum Ziel gesetzt habe. In einem Interview erklärte er, dass 200.000 im Zentrum Tel Avivs lebende ledige Männer seine Zielgruppe bildeten. Für sie organisierte er am Vorabend von Yom Kippur ein öffentliches Gebet (unter Geschlechtertrennung, die im öffentlichen Raum als widerrechtlich gilt) mit der Begründung “als Menschen, die unweit des Dizengoff-Platzes leben, haben wir eine öffentliche Verantwortung für das Judentum der Umgebung”.

Er will die säkulare Bevölkerung Thora lehren, weil – so erklärte er es im Interview – “es keinen anderen Weg gibt, wenn man will, dass der Tempel wiedererbaut werde”. Das Heranführen der Säkularen an den Glauben sei nicht nur sein Recht, sondern seine Pflicht. Er halte nichts von “live and let live”, und weigere sich, am Unwillen der Säkularen zu verzweifeln.

Es stellt sich heraus, dass Zeira sich dabei auf eine göttliche Berufung bezieht, die Säkularen zu “erlösen”: Er, der nationalreligiöse Siedler, sei in der Nähe von Hebron von Palästinensern angeschossen worden, und nachdem “wir wie im Wunder unbeschadet davongekommen sind, haben wir uns gefragt, was Gott von uns will, und wir entschlossen uns, nach Tel Aviv umzuziehen”.

Rogel Alper beendet seinen Text mit den Worten: “Zeira, deine Religion beleidigt meine Intelligenz. Auch wenn ich als letzter säkulare Mensch in Tel Aviv übrigbliebe, würde ich meinen liberalen Atheismus beibehalten. Es gibt keinen Gott, und er will nichts von dir. Du bist ein halluzinierender Größenwahnsinniger, den Gott von seiner Siedlung am Hebronberg nach Tel Aviv geschickt habe. Deine Wahrnehmung der Realität ist psychotisch. Du bist nicht durch ein Wunder gerettet worden, sondern zufällig. Es handelt sich um eine Ausrede. Du fürchtest Dich, in Hebron zu leben. Du bist nicht der Urvater Abraham. Und selbst er halluzinierte Gott.”

Und weil Zeira alle zu konvertierenden säkularen Juden als seine Brüder ansieht, fügt Alper noch hinzu: “Ich bin nicht dein Bruder. Du bist für mich nicht verantwortlich. Und obwohl du an mir nicht zu verzweifeln bereit bist, ich bin schon längst an dir verzweifelt. Eher will ich sterben, als erlöst zu werden.”

 

Beide hier berichteten Vorfälle dürfen für paradigmatisch erachtet werden. In Israel steigert sich die Spannung zwischen religiösen und säkularen Juden in letzter Zeit derart, dass manche Beobachter von einem angehenden “religiösen Bürgerkrieg” zu reden geneigt sind. Dass der sephardische Oberrabbiner über säkulare Juden in einer solch pejorativen Art und Weise spricht, ist nicht gerade neu; auch der verehrte geistige Vater der Shas-Partei (Partei der orthodoxen orientalischen Juden) Ovadia Josef, bediente sich seinerzeit zuweilen einer krassen Sprache für seine hanebüchenen Thesen und religiös beseelten “Argumente”. Neu ist aber die Selbstverständlichkeit, mit der dies heute praktiziert wird – es handelt sich immerhin um einen der beiden Oberrabbiner Israels – und die Legitimation, die ein solches Geschwafel aus berufenem Mund mittlerweile erfährt.

Im Fall des sepahrdischen Oberrabbiners spielt auch das ethnische Ressentiment eine gewichtige Rolle: orientalische Juden sind zumeist religiös oder zumindest traditionell eingestellt; als Säkulare werden stets die in Tel Aviv lebenden aschkenasischen Juden apostrophiert. Jitzchak Josef weiß genau, was er tut: Er wendet sich an seine base und redet dabei in populistisch-eingängiger Sprache, die ihm die Zustimmung sichert. Die historischen Hintergründe des ethnischen Ressentiment in Israel müssten gesondert erörtert werden. Sein aktueller Bezug widerspiegelt sich in der rechten bzw. rechtsradikalen Regierungskoalition, in dem das Ressentiment gegen das Aschkenasische (= liberal-aufgeklärt oder gar links in der Gesinnung) eine tragende Rolle spielt.

Aber auch die Reaktion des Oppositionsführers ist beredt: Er bedient sich zionistischer Vorhaltungen gegenüber der jüdischen Orthodoxie, bei denen der (von den Orthodoxen verweigerte) Militärdienst eine zentrales Argument bildet.

Auch Israel Zeira – selbst dem nationalreligiösen Lager, also nicht dem orthodoxen nicht- bzw. antizionistischen angehörend – ist wie der sephardische Oberrabbiner missionarisch motiviert. Auffällig ist dabei, wie scheinheilig er von brüderlicher Versöhnung redet, wo die Yom Kippur Aktion nichts anderes war, als eine sozialpolitische Provokation. Tel Aviv gilt als Bastion des israelischen Säkularliberalismus. Der Versuch, gerade diese Stadt mit einem öffentlichen religiösen Akt zu kolonisieren, und dabei auch noch die Geschlechtertrennung zu zelebrieren, musste nicht nur einen Rogel Alper auf die Palme bringen. Dessen Atheismus ist etwas, mit dem ein Zeira nicht umgehen kann; was sollte auch der kommunikative Anknüpfungspunkt zwischen beiden Protagonisten sein? Zeira artikuliert ja sehr deutlich, dass er mit Toleranz nichts am Hut habe. Er setzt auf die Gesamtklerikalisierung des zionistischen Staates – für Alper eine Katastrophe endzeitlichen Ausmaßes.

Aber es handelt sich längst schon nicht nur um abstrakte Postulate: Die Religion gewinnt in Israel immer mehr an Boden, und die Legitimation dieses Prozesses bildet sich nicht nur in der Koalition ab, in der er in bedrohlichem Maß zum politischen Parteiprogramm geronnen ist, sondern auch in der Legitimation des religiös-jüdischen Vorrangs gegen alles Nichtjüdische im Land: Als vor einigen Tagen orthodoxe Juden in der Altstadt Jerusalems armenisch-christliche Teilnehmer an einer Prozession in der Via Dolorosa bespuckten, dauerte es lange, bis sich der israelische Premierminister und der Staatspräsident dazu bequemten, diese widerliche Tat zu verurteilen.

Ob sie an der Sache selbst etwas auszusetzen hatten, ist nicht klar. Eher ist davon auszugehen, dass der zu erwartende internationale Imageschaden für Israels Anspruch, Hüter der heiligen Stätten und der Religionsfreiheit im Heiligen Land zu sein, zu bedrohlich war. Jitzchak Josef und Israel Zeira jedenfalls haben gewiss kein Problem mit besagter Spuckpraxis, im Gegenteil.

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23 Kommentare

  1. OT

    Auf jeden Fall kann die jetzte Israelische Regierung zurück treten, die Hamas hat den wohl größten Angriff gegen Israel begonnen. Und die IDF hat keine Angriffs Vorbereitungen der Hamas aus dem Gazastreifen registriert.

    1. Naja, das kommt doch wieder mal sehr passend. Innenpolitisch ist der Teufel los, da hilft doch ein Krieg, die Reihen wieder zu schließen. Zur Not kann man ja ein bisschen nachhelfen.
      Das wäre ja nicht das erste Mal in der Geschichte.

    2. Die israelische Regierung wird in der Tat zurücktreten. Allerdings in Richtung Gazastreifen.

      Für die nächsten paar Wochen wird es zum täglichen Ukraine-Liveticker nun wieder den „Nahost-Ticker“ geben, zusammen mit reichlich salbungsvollen Worten von EU und Co. KG, jeder Menge emotionsgeladener Bilder und Dutzender authentischer Vorortberichte aus Amman, Kairo und Istanbul. Kurzum, der übliche mediale Zirkus, der den Ursachen wie Opfern des Konflikts (auf beiden Seiten!) keine Unze gerecht wird…

    3. und jetzt tun alle wieder so, als waere diese Eskalation gerade vom Himmel gefallen und selbstverstaendlich stehen sie alle an Israels Seite, der hochgeruestete Staat Israel hat alle Freiheiten der Welt….. !
      Und nutzt diese schamlos aus.
      Und ja, der Angriff der Hamas ist zu verurteilen und nein, das gibt Israel nicht den Freibrief
      « dem Feind eine Antwort zu geben und ihm anzudrohen einen Preis zu zahlen, den er noch nie gesehen hat. «  wie Netanjahu auf X verkuendet hat. Voelkermord ?

  2. OT: Darf man hier mit einem zeitnahen Spezial-Brennpunkt-Special zur „Krise in Nahost“ rechnen? Herr Zuckermann würde immerhin aus einer nicht ganz so trüben Glaskugel lesen, da er mehr oder weniger vor Ort sitzt.

    Und wie werden sich eigentlich die üblichen Verdächtigen positionieren, nachdem sie sich hier vor ein paar Monaten noch so genüsslich darüber lustig gemacht hatten, dass Russland seine Grenze nicht überall schützen könne während anderen Ländern (Stichwort: Israel!) das ja so viel besser gelänge? Hier trudeln im Feed dauernd Mainstream-Medien-Artikel rein, welche davon schwätzen, dass die israelischen Streikräfte so völlig unvorbereitet auf das Ausmaß der Attacken gewesen seien, Stunden gebraucht hätten um zu reagieren, ja, dass sogar israelische Militärbasen gestürmt worden seien. Woran lag’s? Wurden die Israelis alle von Putin persönlich trainiert? Hatten sie alle Waffen an Aserbaidschan abgedrückt? Oder dämmert es einigen so langsam, dass reale Kriegsgeschehnisse und combat missions wenig mit den tasks und quests irgendwelcher Videospiele gemein haben?

    Fragen über Fragen…

    1. Apropos Glaskugel.
      Vladimir Schirinowski hat seine vor einigen Jahren benutzt und Folgendes gesagt:
      Bis 2024 wird der Konflikt im Nahen Osten ausbrechen und Alle werden einfach vergessen, was die Ukraine ist.

      https://www.youtube.com/watch?v=Nmov5dKLbuU

      Schirinowski ist im April 2022 verstorben. Er war für seine Glaskugel berüchtigt gewesen. Es kam oft vor, dass er irgendwas so verrücktes vorhersagte, dass er zunächst belächelt wurde. Aber dann stellten sich seine Vorhersagen immer wieder tatsächlich genauso ein in Allen Details. Auch den Krieg in der Ukraine hatte er schon 12 Jahre vorher vorhergesagt. Hier erzählt er schon vor einigen Jahren in einer Talkshow, von einem Krieg zwischen Israel und Iran, der Alles andere einschließlich die Ukraine in den Schatten stellen würde. Er sagt hier voraus, dass der Dritte Weltkrieg bis 2024 genau dort und nicht in der Ukraine oder Taiwan ausbrechen würde.

      1. Sollte es so kommen, dann hat niemand einen Vorteil daraus, denn der Krieg wäre trotzdem allumfassend! Oder anders gefragt, ist dieser jetzige Ukraine Krieg nicht schon allumfassend?
        Ja natürlich, jeder Mensch auf diesem Globus spürt die Auswirkungen. Europa oder USA werden nicht mehr geschützt sein mit ihren ‘Gamechanger’ Waffensysteme, da einige Kontrahenten auch über Material verfügen, um die Herzen der Atmungswege erheblich zu verletzen.
        Israel ist nicht das Problem, sondern einige Ströme die zurecht gestuzt gehören.

  3. Religion als Politikum oder Politikum als Religion?
    Durchaus ist es möglich das beide wie eine Symbiose sind und agieren, da zu jeder Zeitenwende eine Korrektur innerhalb der Doktrin einhergeht. Das erleben wir seit einigen Jahren in allen monotheistischen Glaubensrichtungen.
    Die Mehrheit der Menschen glauben an ‘Gott’ oder an einem Vertreter von Gott und seine Thesen. Wenn aber eine Mehrheit an etwas glaubt, dann braucht diese Mehrheit eine Richtlinie und da in manchen Staaten das Politikum immer mehr an vertrauen verliert, bemüht sich die ‘re-ligion’ darum, ihre Schäfchen zu sich zu ziehen.
    Der heutige Wandel vom Säkuralismus, Atheismus hin zur Religion, bedeutet das nicht, daß die Halodriezeiten ein Ende hat?

    1. “Der heutige Wandel vom Säkuralismus, Atheismus hin zur Religion, bedeutet das nicht, daß die Halodriezeiten ein Ende hat?”

      Nein, es bedeutet, dass der Westen mit seiner liberalen Ideologie in der Krise steckt, deshalb setzt die Flucht in die Religion ein. Was für die Zukunft des Westens nichts Gutes bedeutet.

      1. Es ist noch keine Flucht in die Religion vorhanden, was vorhanden ist, sind Wortführer und ob diese sich im Westen durchsetzen ist eine andere Frage.
        Was ich beobachte und höre ist, das die vielschichtigen Strömungen existent in einer Religion, von einer bestimmten Richtung aus der ‘Verfälschung’ in eine der ‘Wahrheit’ münden soll. Das kann eben nur die Religion, weil würde das die Politik betreiben, würden möglicherweise eine grosse Menge an Menschen verärgert sein über ihre Politik.

  4. „Als vor einigen Tagen orthodoxe Juden in der Altstadt Jerusalems armenisch-christliche Teilnehmer an einer Prozession in der Via Dolorosa bespuckten, dauerte es lange, bis sich der israelische Premierminister und der Staatspräsident dazu bequemten, diese widerliche Tat zu verurteilen. „

    Netanjahu tut alles, um an der Macht zu bleiben, dazu gehoert auch, auf die “Empfindlichkeiten” der Orthodoxen Ruecksicht zu nehmen.
    Und da im Moment im Innern, dank seiner Justizreform, die Menschen unzufrieden sind und mit Demonstrationen versuchen, sein Vorhaben zu torpedieren, muss ganz schnell ein Konflikt her, der das Volk wieder auf Linie bringt.
    Es ist ganz schwer vorstellbar, dass Schin Beth und Mossad da nicht ihre Finger mit im Spiel haben. Die Hamas ist schon laengst von beiden infiltriert, da hustet keiner, ohne von der Gegenseite gehoert zu werden.

    1. So wird es wahrscheinlich sein. Das Märchen von den Barfuß-Hamas mit ihren selbst gebastelten Raketen aus dem größten Freiluftgefängnis der Erde gegen die überraschte israelische Allmacht ist doch zu schön, um wahr zu sein.

  5. Hamas und der Islamische Jihad verstehen die grosse Geste: Es ist nicht nur ein historisches Datum, es ist auch ein religiöses Datum. Weder Shin Bet noch Mossad haben vor Aktivitäten gewarnt oder wussten etwas.

    Ein guter Zeitpunkt die Bevölkerung Israels nach Jom Kippur an die Vorgänge im April 2021 und 2022 rund um die Al-Aqsa Moschee zu erinnern. In September hatte der UN Koordinator für Friedensprozess in Mittleren Osten noch die Siedlungspolitik (Israeli settlements ‘systematically erode’ viability of Palestinian State) verurteilt, fordert die UN nun Züruckhaltung und verurteilt die Angriffe in Israel.

    Nichts vereint mehr als ein gemeinsamer Feind. Nun können die Othodoxen für den Sieg der Säkularen (Reservisten) beten, die Zivilgesellschaft kann sich hinter Benjamin Netanyahu versammeln. Bibi macht Frieden mit den Arabern und verkauft den Deutschen Raketen für 4 Milliarden Euro.

    Es entbehrt nicht eines gewissen Zynismus wenn westliche Politiker unisono Israels Recht auf Selbstverteidgung bemühen, in einem Gebiet das seit einem Jahrhundert umkämpft ist. Einzig positive Nachricht, Hezbollah möchte sich bisher nicht in diesen Konflikt hineinziehen lassen.

    Religion ist identitätsstiftend, in Israel wie überall auf der Welt.

    TL;DR: Hamas und Islamischer Jihad haben den Zionazis einen Vorwand geliefert die Situation zu eskalieren.

      1. Zwischen unseren (ersten) Kommentaren liegen 16h. Hisbollah feuert (derzeit im Süden von L., seit einigen Stunden) auf von Siedlern besetztes Gebiet, die IDF feuert (im Norden v. I.) mit Artillerie zurück. Beirut hatte beide Parteien (anfangs) zur Mässigung aufgerufen und sah (vermutlich) die Notwendigkeit zu eskalieren. Bedauerlich.

        Die Geste die, die wenigsten Menschen im Westen wahrgenommen haben: Hamas und Islamischer Jihad (IJ) hatten zum Sturm auf Al-Aqsa in Jerusalem aufgerufen. Raketen flogen in Richtung Tel Aviv. Angegriffen werden (mittlerweile und weiterhin) Siedlungen und Grenzanlagen in direkter Umgebung von Gaza. Entweder sind Hamas und IJ brilliant (ECM), hatten Glück oder Israel hat die Situation komplett unterschätzt.

        Wirft man einen Blick auf die Situation in den Siedlungsgebieten bei Gaza: Es werden Siedler entführt oder getötet. Damit sollte klar sein wie aussichtslos (und aufgeladen) die Situation ist. Hamas und IJ rechtfertigen sich damit, dass die Siedler keine Zivilisten sein, weil sie bewaffnet und Besatzer sind. Israel spielt die Terroristenkarte und hat Gaza wie üblich bombardiert. Die Situation ist schwierig, weil die IDF die Siedlungsgebiete nun von Hamas, IJ Milizen wird räumen müssen. Wie es aussieht verfügt Hamas, IJ über ATGMs (russische Modelle). Ein Merkava (Mark 2) wurde bereits zerstört und die Besatzung gefangen genommen/entführt.

        Der Vollständigkeit halber, jeder der beteiligten Parteien legt das Völkerrecht zu ihren Gunsten aus. Sollte es zu einer Koaliation der Zionazis und den säkularen Parteien kommen, stellt sich die Frage: Wäre es nicht auch ohne Blutvergiessen gegangen?

        Die Gesetzesänderungen in Israel sind wohl vom Tisch, wenn es zur Koalition kommt. Ich bleibe gespannt ob Netanyahu dann Ministerpräsident bleibt. Der Werte-Westen betont Israels Verteidigungsrecht (nach VN Charta), das bisher niemand angezweifelt oder abgesprochen hatte. Die reformierte Diaspora im Ausland, hat die Beutungshoheit (weiterhin) fest im Griff.

        Drei abrahamitische Religionen (Christen, Juden, Moslems) streiten seit 1098 um ein Gebiet das tief im Kanon aller drei Religionen verankert ist und produzieren eine Menge Märtyrer. Israel kann aufgrund der von OP beschriebenen Ober-Rabbis und deren Fraktionen kein säkularer Staat werden.

        Der Vollständigkeit halber, es ist nicht meine Hizbollah. Ich beziehe auch keine Stellung, ich ergänze lediglich die Informationen, die ich im Kontext vermisst habe, wer weiterlesen möchte:

        https://www.icrc.org/en/document/israel-and-occupied-territories-facts-and-figures-january-june-2023

        https://news.un.org/en/story/2023/09/1141572 (UN zur Siedlungspolitik)

        https://news.un.org/en/story/2023/10/1142012 (UN zur Lage heute)

        TL;DR: That escalated quickly.

    1. “Religion ist identitätsstiftend, in Israel wie überall auf der Welt.”

      Nur leider lässt die zunehmende Flucht ins Irrationale nichts Gutes befürchten.

  6. Herr Zuckermann, die Goldstücke die Leute wie Sie ja gerne in eine Einstaatenlösung integrieren möchten, die beweisen gerade nachdrücklich, was sie von jenem Staat halten und warum man mit diesen Personen weder in Israel noch in einem Land wie Deutschland friedlich zusammenleben kann und warum dies für Juden real lebensbedrohend ist.

    Ich finde es übrigens sehr bezeichnend, daß zu den aktuellen Geschehnissen in Nahen Osten hier geschwiegen wird. Lieber publiziert man Artikel über Klimanahtoderfahrungen oder läßt Linke über den Wohnungsmarkt schwadronieren. Und die Äußerungen einiger Forenschreiber sind auch sehr demaskierend.

    Hat Israel eigentlich auch Sicherheitsinteressen oder gilt das nur für Länder wie Rußland?

    Und dann habe ich noch eine Frage ans Forum, wo ich jetzt schon weiß, welche Antworten ich erhalten werde.

    Ist man eigentlich nur Nazi, wenn man in der Ukaine irgendwelche blöden Fähnchen schwenkt oder ist man auch Nazi, wenn den Mord an Juden gut heißt? Nach Meinung so mancher Zeitgenossen ist man ja schon Nazi, wenn man den einzigen Staat der Juden eine sichere Heimstatt bietet gut heißt und diesem alles Gute wünscht.

    1. https://de.wikipedia.org/wiki/Palästinensische_Autonomiegebiete erklärt alles wesentliche, wenn noch was fehlt https://de.wikipedia.org/wiki/Israel erklärt den Rest und beantwortet eigentlich alle Fragen. Ein Teil der Fragen lässt auf Unverständnis schließen z.B. die Juden sind wie jede Religionsgemeinschaft nicht homogen, weder im Brauchtum, noch als Diaspora noch in Israel. Die Zusammensetzung des https://de.wikipedia.org/wiki/Knesset zeigt das sehr deutlich.

    2. In den USA leben mehr Juden als in Israel.
      Die liberalen Juden wandern ja bereits in großer Zahl aus dem keilförmigen Kunststaat von 1948 aus.

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