Heimatfront gegen Russland gemeinsam mit der AfD

Mikrofon Deutschlandfunk
Bild: blu-news.org/CC BY-SA-2.0

Der Deutschlandfunk hat schon einmal mit einer Diskussionssendung vorgemacht, wie es aussieht, wenn die AfD mit eingemeindet wird in die deutsche Front gegen Russland und antimilitaristische Positionen einfach nicht mehr vorkommen.

„Was haben wir aus der Zeitenwende gelernt?“ Zu dieser Frage  diskutierten AfD-Bundestagsabgeordnete Rüdiger Lucassen, der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth und der Deutschlandfunk-Militärexperte Marcus Pindur. Auffällig war schon, wie sehr hier der AfD-Politiker schon in die deutsche Kriegsgemeinschaft gegen Russland eingemeindet war.

„Herr Lucassen, Sie waren hoher Offizier der Bundeswehr. Hätten Sie es sich 2024 vorstellen können, dass die Ukraine vier Jahre später noch als souveräner Staat existiert?“, lautete die erste Moderatorenfrage an den Politiker der Rechtspartei. Der zeigte schon mit seiner Antwort, dass er über das Stöckchen sprang, das ihm hingehalten wurde, um sich als seriöser deutscher Oppositionspolitiker zu inszenieren. Er habe sich schon vor vier Jahren vorstellen können, dass die Ukraine überlebt, versicherte er. „Es wurde frühzeitig deutlich, welchen Freiheitswillen das ukrainische Volk hat“, gab er sich als großer Freund der Ukraine, womit natürlich immer der deutschfreundliche Flügel des ukrainischen Nationalismus, der 2014 nach dem Maidan-Umsturz an die Macht gekommen ist, gemeint war.

Deutschlandfunk-Experte als Lautsprecher der militärischen Zeitenwende

Nun hätte man erwarten können, dass zumindest der Experte vom Deutschlandfunk eine sachlichere Ebene in die Sendung gebracht hätte. Schließlich gab es unter den Diskussionsteilnehmern niemanden, der oder die eine kritische Haltung zu der militaristischen Zeitenwende einnahm und auch einmal daran erinnerte, dass sich in diesem Jahr zum 80ten Mal die Niederlage eines Staats jährte, der Russlands Vorgängerstaat Sowjetunion schon einmal die totale Niederlage beibringen wollte.

Diese blutigen deutschen Träume endeten am 2. Mai 1945 mit dem Anbringen der sowjetischen Fahne auf der Ruine des deutschen Reichstags in Berlin. Fotos von dieser Aktion dürfen seit vier Jahren in Deutschland bei Veranstaltungen und  Demonstrationen in Deutschland nicht mehr gezeigt werden, weil sie als Sympathie mit Russland heute gewertet werden könnten.  Doch der Militärexperte des Deutschlandfunk Marcus Pindur dachte gar nicht an objektive Töne. Er erwies sich vielmehr als besonders lauter Verfechter der militärischen Zeitenwende. Auf die Frage, was die Ukraine braucht, erwiderte er: „Jede nur denkbare Unterstützung. Die Ukraine braucht alles. … Die Ukraine hat das Know-how. Sie können das.“

Immerhin ein Sozialdemokrat war Teil des Trios, das im Deutschlandfunk diskutierte. Würde der vielleicht zumindest eine Prise Kritik an der militaristischen Zeitenwende in die Sendung bringen? Doch davon keine Spur. Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth bezeichnete es als Gefahr für die Ukraine, wenn es zu Waffenstillstands- und womöglich gar zu ernsthaften Friedensverhandlungen käme. Aber Roth wollte doch nicht ganz in den großen deutschen Konsens der antirussischen Einheitsfront einstimmen. Warf er doch dem AfD-Vertreter vor, das bürgerliche Feigenblatt einer Partei zu sein, die bis an ihrer Spitze prorussisch sei.  Natürlich hielt der SPD-Politiker Lucassen den Auftritt seines Parteivorsitzenden Chrupalla vor, in dem er bekundete, er sähe Russland nicht als Gefahr für Deutschland. Bald fiel das Wort Vaterlandsverrat. Es wurde Pindur und Roth gebraucht.

„Russland ist der Feind“

 Der SPD-Politiker erwies sich als besonderer Hardliner, da er in Russland nichts anderes sehen will als den Feind. Roth machte gleich noch klar, dass er damit nicht nur das Russland unter Putin meinte. Vielmehr warnte Roth vor Sirenengesängen, dass man mit einem Russland nach Putin wieder zu gedeihlichen zwischenstaatlichen Kontakten kommen könnte. Das lehnte Roth nicht nur  strikt ab. Er warnte zudem davor, bei China jetzt den gleichen Fehler zu machen und sich in zu große Abhängigkeiten zu begeben. Stattdessen skizziert Roth das gesamte Programm des deutschen Imperialismus seit dem Ersten Weltkrieg, in dem er als Ziel nannte, in Osteuropa einen Kreis von antirussischen Staaten aufzubauen. Da ist er im Baltikum und in der Ukraine schon fündig geworden. Hier baut der deutsche Imperialismus auf alte Verbündete, die schon in der NS-Zeit ihre Rolle als Speerspitze gegen die Sowjetunion spielten.

Wie sehr die antirussische Front sich gegen kritische Einwände abschottet. zeigte Roths Tirade gegen russische Lügenkampagnen. Er nannte als Beispiel Vorwürfe, in der Ukraine hätten Nazis wieder mehr Macht und das Land wäre korrupt.  Es gab bei der Deutschfunk-Diskussion niemanden, der daran erinnerte, dass die Denkmäler von Stepan Bandera und anderen antisemitischen ukrainischen Nationalisten in Lwiv und anderen ukrainischen Staaten keine russische Erfindung, sondern traurige Realität in der Ukraine nach 2014 ist. Dass auch die Korruption in der Ukraine keine russische Fakenews-Kampagne, sondern sehr aktuelle Realität ist, dürften alle drei Diskussionspartner bekannt gewesen sein. Doch das ficht alle drei nicht an.

Keine Chance für Diplomatie

Es blieb dem Deutschlandfunk-Experten Pindur vorbehalten, noch einmal deutlich auszusprechen, dass es keine Diplomatie mit Putin geben darf. Solche Töne ermutigten manche Deutschlandfunk-Hörer, deutlich zu machen, dass sie den „Russen“ die Niederlage von Stalingrad nicht verziehen haben und auf Revanche aus sind. „Putin darf nicht nur den Krieg nicht gewinnen, Putin muss den Krieg verlieren“, so lautete die deutsche Botschaft eines Radiohörers. Keiner der drei Diskussionspartner wollte da direkt widersprechen.  Nur Lucassen gab am Ende den Moderateren in dem Trio und wollte Aufrüstung und Diplomatie nicht als Gegensätze sehen.

Michael Roth sprach von den kriegslüsternen Regimen und benannte neben Russland auch den Iran und China. Hier wird einmal mehr deutlich, dass hinter dem ganzen Geschwätz um westliche Werte und Demokratie ein Kampf zwischen einer von Deutschland dominierten EU und den anderen kapitalistischen Konkurrenten auf dem Weltmarkt steht. Nur wurde dieser Aspekt von keinem der drei Diskussionspartner auch nur angedeutet. Denn im Gegensatz zum Titel war überhaupt nichts kontrovers an der Sendung. Auf die Frage: „Was haben wir aus der Zeitenwende gelernt?“, gab es als Fazit der Sendung nur eine Antwort. Dieses Mal muss Russland aber wirklich besiegt werden.

Antimilitarismus diffamiert

Die Sendung zeigt auch, dass die Heimatfront steht und der Nato-Flügel der AfD mit an Bord ist. Stimmen, die Aufrüstung und den Militarismus auf allen Seiten kritisierten, waren in der Sendung nicht zugelassen. Sie waren aber durchaus anwesend als absolute Gegner, an dem man sich abarbeiten kann. Vor allem Marcus Pindur, aber auch Michael Roth zogen einen Bogen vom ehemaligen SPD-Kanzler Schröder über den als SPD-Linken firmierenden Ralf Stegner bis zum sächsischen CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, die sich alle noch nicht genügend eingereiht haben in die antirussische deutsche Heimatfront. Pindur bezeichnete es als skandalös, dass die SPD in einigen Bundesländern mit der Linken und dem BSW kandierten, die beide wohl auch noch nicht in den Kriegschor einstimmen. Selbst die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel bekam Schelte, weil sie in einem Interview die Verantwortung von Polen und den baltischen Staaten für den Konflikt mit Russland benannte,

Die Sendung machte einmal deutlich, wie die vereinte antirussische Heimatfront im Krieg aussehen könnte. Die AfD ist mit im Boot und jede Kritik an der militaristischen Zeitenwende wird in die Nähe des Landesverrats gerückt. Es sind nicht die viel gescholtenen alternativen Medien, sondern es ist der in liberalen Kreisen so hochgelobte  öffentliche-rechtliche Rundfunk, der diese Diskussion noch mit dem Label „kontrovers“ versehen hat. Diese Sendung sollten viele hören, gerade auch die, die sich als Gegenstimme gegen die militärische Zeitenwende verstehen. Denn sie macht deutlich, mit wem wir es  in Zeiten der deutschen Kriegsfähigkeit zu tun haben und bewahrt vor manchen  Illusionen.

Peter Nowak

Peter Nowak ist freier Journalist für verschiedene Zeitungen und dokumentiert sie auf seiner Homepage. Mit Clemens Heni und Gerald Grüneklee gab er im Juni 2022 das Buch „Nie wieder Krieg ohne uns … Deutschland und die Ukraine“ im Critic Verlag heraus.
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17 Kommentare

  1. Soll das eine Kritische Meinung zum Rundfunk Programm sein oder eine Publikumsinformationen für Menschen die, sich den Bullshit des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks schon lange nicht mehr antun?

  2. Bei „Michael Roth“ sollte man eigentlich aufhören, zu lesen. Diese Person ist für mich das personifizierte Unwesen, zusammen mit Netanjahu, Zimmermann und einigen anderen. Sowas sollte man sich nicht reinziehen. Schade ist allerdings, dass es der deep state nun schafft, nach dem BSW auch die AFD zu zerlegen. Chrupalla wird wohl demnächst rausgemobbt, der ist zu vernünftig. Die deutschen Medien und thinktanks können sich auf die Schulter klopfen, sie haben erreicht, was sie wollten. Dumm ist nur, dass dies auch demnächst ihnen selbst die Beine wegschlägt, denn der Rassismus, den Roth und Konsorten verbreiten, hat keine Zukunft. Und die Indoktrination erkennen auch immer mehr und boykottieren solche Medien.

  3. Die sog. „Einbindung“ der AfD durch den „Deutschlandfunk“ dürfte in erster Linie das Ziel haben, einen Spaltkeil in die AFD zu treiben. Herr Nowak irrt, wenn er darüber hinausgehende Dinge spekuliert.

  4. Ein AfD Politiker macht noch keine AfD.
    Bei der Linken hat der Trick ja geklappt den man anwendet, man bietet einen Platz am Katzentisch, wenn man das Spiel mitspielt.

  5. Die AfD ist ähnlich wie in der sozialen Frage in der Thematik Umgang mit Russland und China zutiefst gespalten. Mit dem Herrn Lucassen saß nicht DIE AfD da und mit Herrn Roth auch nicht DIE SPD. Die Auswahl erfolgte gezielt mit Ziel.

    Sicher ist allenfalls dass mit dem Moderator und dem Redaktionsteam des Deutschlandfunks DER ÖRR das Spiel lenkte. Innerhalb des ÖRR ist man deutlich monolithischer in Ideologie, Strategie und Taktik als in den einzelnen Parteien.

    1. Beide Politiker sind in ihren Parteien Aussenseiter. Roth ist schon lange von gestern, wie es bei Lucassens AfD aussieht, weiß ich nicht, da ist eher Chrupalla bestimmend. Es geht dem DLF um Propaganda und M. Pindur ist in dieser Disziplin ganz vorne. Der Mann ist unerträglich.

  6. Zeitenwende zweiter Akt. Es gibt in der AfD zwei Flügel, einen ziemlich erfolglosen revanchistischen im Westen und einen erfolgreichen pazifistischen im Osten, der von Höcke dominiert wird. Die Revanchisten werden auf die Schnauze fallen, wenn Trump mit Russland Frieden schließt, was schon in Kürze passieren wird. Ich gehe davon aus, dass die AfD das Revanchistengesindel rauswirft. Transatlantiker zu sein, bedeutet inzwischen nämlich multipolarer Globalisierungsgegner zu sein, und Trump zu unterstützen.

  7. Der Autor schreibt :
    „Die Sendung zeigt auch, dass die Heimatfront steht und der Nato-Flügel der AfD mit an Bord ist.“

    Wie wäre es mit einer Brandmauer gegen schwarz-rosa-grün-gelb-blau ?

    1. WIe wäre es stattdessen mit einer „Brandmauer“ gegen alle korrupten Vollpfosten, die ‚Politik‘ nur als Austragsposten – und nicht als Verantwortung – ansehen?

    1. Der hat schon vor über 10 Jahren die Kleinen in der Kindersendung Kakadu darüber aufgeklärt, was für ein Schlimmer der Putin ist.

      „„Der russische Präsident Putin führt derzeit zwei Kriege. Einen in der Ukraine und einen in Syrien. Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Hollande wollen Putin dazu bewegen mit beiden Kriegen aufzuhören. Das wird wahrscheinlich nicht funktionieren, weil Putin sich nicht an internationale Regeln hält. Er ist der Ansicht, dass er den russischen Einfluss in der Welt vergrößern muss und das auch mit Krieg.“

      https://publikumskonferenz.de/forum/viewtopic.php?t=1595

  8. Ich erzähle schon ewig und drei Tage, das
    für mich zwischen der AfD und den Parteien der „Mitte“ kein qualitativer Unterschied besteht!
    ALLE sind nur Exponenten der Parteienoligarchie; das Geschwafel über „Brandmauern“ und ähnliches Geseiere hat doch nur die Funktion, die AfD von den Trögen weg zu halten!
    Da aber unsere Regierenden überraschenderweise wohl doch in der Lage sind, Umfragen zu lesen, muss man dann zukunftsorientiert handeln, um an besagten Trögen weiter partizipieren zu können!
    Wenn man dafür an den Zitzen der AfD deren blaue Milch saugen muss, stellt das die oberste Priorität, die da lautet Machterhalt, keineswegs in Frage!
    Wohlklingende Begründungen lassen sich leicht finden, denn wenigstens darin haben die „etablierten“ Parteien Übung!

  9. Putin war unsere beste Chance für „gedeihliche zwischenstaatliche Kontakte“ mit Russland. Die haben wir aber vertändelt und uns den Ball in einem Tritt-vors-Schienbein-Foul von den USA abzocken lassen, weil die keine gleichwertigen Partner auf Augenhöhe akzeptieren können, sondern nur unterwürfige Vasallen. Und weil wir ein Haufen rückgratloser Waschlappen sind. Jetzt wird das Elend noch etliche Generationen weiter gehen… so zumindest mein Kommentar für die Geschichtsbücher.

  10. Es ist doch nicht nur der DLF, der da frisch-fromm-fröhlich-frei hetzt. SpOn war heute abend auch wieder ‚vorbildlich‘:
    Trumps „Friedensplan“: https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-us-friedensplan-sieht-gebietsabtretungen-an-russland-vor-a-26f5fe07-7db3-4ddd-8160-c4e5223ad8d5
    „Sogenannter Friedensplan“: https://www.spiegel.de/ausland/friedensplan-der-usa-ukraine-verliert-laut-selenskyj-entweder-wuerde-oder-partner-a-79162faa-3d08-40f9-9f54-c178bd0de2c7
    Das selbsternannte „Sturmgeschütz der Demokratie“ scheint wohl zu einem Jagdpanzer „Hetzer“ mutiert zu sein. Und für diese Brachialrhetorik verlangen die dort auch noch Geld …

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