Griechenland: Reichtum der Politiker ist keine Privatsache

Griechisches Parlament. Bild: George E. Koronaios/CC BY-SA-4.0

Im Unterschied zu Deutschland sind in Griechenland Beamte, Politiker und Journalisten, die die Politik beeinflussen können, zur jährlichen Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse verpflichtet.

Drei Kandidaten für das Amt des Bundeskanzlers weigern sich, Medienberichten gemäß, ihre Vermögensverhältnisse offenzulegen. „Merz, Habeck und Lindner schweigen zu ihren Finanzen“, titelt der Spiegel online am 28. Januar über einem Bezahlartikel. Die Wähler in Deutschland haben keine Chance zu erfahren, mit welchen Unternehmen ihre Politiker als Anleger oder Mitarbeiter geschäftlich in Verbindung stehen. Sie wissen nicht, mit welchen Vermögenswerten ihre Minister, Abgeordneten, ihre Bürgermeister oder Landräte ihr Amt angetreten haben und mit wie reich oder arm sie abtreten.

Wenn die Vermögensverhältnisse oder die Beziehungen zu Unternehmen thematisiert werden, dann geschieht dies meist durch investigative Reportagen, wie aktuell durch das Medienunternehmen Correctiv. Das beschäftigt sich mit den früheren Lobbyvertretungen des sehr wahrscheinlich nächsten Bundeskanzlers Friedrich Merz.

Die Verpflichtung Firmenbeteiligungen, Kontostände, mobile und immobile Vermögenswerte, sowie den Jahresverdienst samt aller Quellen jährlich offenzulegen ist in Deutschland nicht üblich. In einem anderen EU-Staat gehört es zu den gesetzlichen Pflichten sämtlicher Personen, die in der Öffentlichkeit stehen und die Politik des Landes beeinflussen können. Das betrifft Beamte, Politiker und die sogenannte „vierte Gewalt“, die Journalisten. Sie alle sind in Griechenland, aber auch in Zypern, zur jährlichen Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse verpflichtet.

„Woher hast Du das Geld?“

Entscheidungsträgern, wie Abgeordneten, Parteichefs, Ministern und vor allem dem Premierminister, ist es verboten über eigene Firmen mit der öffentlichen Hand Geschäfte zu machen. Es ist erst recht untersagt, mittelbar oder unmittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung einer ausländischen Firma auszuüben. Aktuell davon betroffen ist der US-Grieche Stefanos Kasselakis. Obwohl Kasselakis auf keinen Parlamentssitz gewählt wurde und auch kein weiteres staatlich bezahltes Amt antrat, muss er sich in den nächsten Monaten vor Gericht verantworten. Während seiner Zeit als Parteichef von SYRIZA, vom 24. September 2023 bis 8. September 2024, war der aus den USA nach Griechenland zurückgekehrte Kasselakis gleichzeitig als Verantwortlicher für seine Firmen in den USA, über deren Erträge er seinen Lebensunterhalt bestreitet, eingetragen.

Kasselakis Versuch, sich mit der Unkenntnis der griechischen Regeln herauszureden, wird von den Strafverfolgern nicht akzeptiert. Jeder Parteichef, aber auch jede Person, die mit den Finanzen einer im nationalen oder europäischen Parlament vertretenen Partei betraut ist, muss alljährlich sein komplettes Vermögen erklären.

Die Vermögensangaben prominenter Politiker werden regelmäßig in der Presse veröffentlicht und durchaus kontrovers diskutiert. Listen mit den Erklärungen sämtlicher dazu verpflichteten Politiker werden auch über die Internetpräsenz des Parlaments veröffentlicht und sind für jeden Bürger einsehbar. Außer den politischen Personen sind auch sämtliche Angehörige ersten Grades zur Abgabe einer Erklärung über das „Pothen“-Portal verpflichtet.

„Pothen Esches“ (Es-ches ausgesprochen) heißt die Regel, die sich auf dem altgriechischen Ausdruck für „Woher hast du es?“ beruht. Die Idee, aus Gründen der Transparenz und zur Eindämmung von Korruption die „gläsernen Politiker“ zu schaffen, wurde bereits in den ersten Jahrzehnten des neugriechischen Staats diskutiert. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte der Reformer Charilaos Trikoupis die Idee zur Sprache, wurde aber rasch von seinen Kollegen zum Rückzug gezwungen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Trikoupis selbst hätte jeder kritischen Überprüfung seiner Finanzen standgehalten. Denn obwohl er hohe Ämter im Staat innehatte, verkaufte er in seinen letzten Lebensjahren den gesamten großen geerbten Immobilienbesitz seines Vaters und starb 1896 mittellos zur Miete.

Mehr als zwei Jahrzehnte nach Trikoupis Tod, 1927, scheiterte ein Gesetzentwurf zur Transparenz des Vermögens von Politikern und Verwaltungsbeamten im Parlament.

Tatsächlich eingeführt wurde die Pothen Esches Gesetzgebung erst viele Jahre später. Im August 1964 war es soweit, Artikel 5 des Gesetzes 4351/1964 führte erstmals „…die unrechtmäßige Erlangung eines materiellen Vorteils (bei der Ausübung ihrer Amtspflichten), die unterlassene Abgabe einer Vermögenserklärung oder die Abgabe einer wissentlich unrichtigen Erklärung“ als schwere Straftat ein. Für Verstöße sieht das Gesetz schwere Strafen vor, wie Zuchthaus, Beschlagnahme von Eigentum, Amtsenthebung, Geldbußen und den Entzug politischer Rechte. Nach dem Tod des Politikers oder Amtsträgers gehen laut Gesetz die nicht deklarierten Vermögenswerte an den griechischen Staat und nicht an die Erben über.

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21 Kommentare

  1. Glasnost und Perestroika
    Vielleicht kommt das ja noch, nach der nächsten Bundestagswahl statt Totalüberwachung und Bargeld Abschaffung mittels KI für den Bürger.

  2. Sorry, ich bin komplett offtopic.
    Aber, ist euch aufgefallen das Telepolis massiv Accounts stillgelegt hat ?
    In den letzten drei Tagen. Das sieht man sogar an den Bewertungen.
    Mir wurde der Account stillgelegt obwohl ich nie vorher eine Sperre hatte, aus heiterem Himmel mit fadenscheinigen Begründungen.
    Ich würde mich gerne mit anderen darüber unterhalten, das das hier nicht der richtige Ort ist, ok.
    Hat jemand einen link ?

    1. Beobachte einfach den Telepolis vom Artikel vom 13.02. „München unter Schock: Auto fährt in eine Demonstration in der Innenstadt“ der ist bis eben gerade schon zweimal geändert worden.

      Das ist die Neue Informationsoffensive oder lebendige Geschichte die immer im Nachhinein Angepasst wird.

    2. @ Name wird geändert „Telepolis“

      Das Thema Telepolis ist doch längst durch; warum beschäftigst Du dich noch damit?

      Wenn es dir um die Artikel geht, bist du ja bereits mit einigen Mainstream Medien besser dran, wie beispielsweise der Berliner Zeitung. Ansonsten hast du je nach eigenem Interesse & Ausrichtung Manova, IPG Journal, GFPolicy, Makroskop, Free21.org, den NachDenkSeiten, AntiSpiegel, Hintergrund, Multipolar, The Cradle, Al Jazeera, um nur einige zu nennen, jede Menge Auswahl.

      Bei den meisten kann man zwar nicht kommentieren, aber das kann auch ein Segen sein: Denn meist hast du es wie beim Mainstream oder noch ärger bei TP mit Zensur zu tun oder wie hier bei Overton im zunehmenden Maß mit Dumpfbacken, die nur rumpöbeln und die immer weniger werdenen Forenten, welche tatsächlich etwas beizutragen haben, quasi in der Masse untergehenlassen, je nach Thema. Zumindest findest du hier aber noch Einige, wie zB den Altlandrebell, dessen Beiträge noch die grauen Zellen anregen und darum sollte es in einem Forum ja eigentlich gehen, oder? Einen recht brauchbaren Kompromiss bieten bislang noch die NachDenkSeiten…

      Der für mich persönlich gangbarste Weg ist Telegram, wo ich Leuten die ich kenne, Artikel welche ich diskutieren möchte oder einfach interessant genug finde, zuschicke – je nachdem entweder einzeln oder in privaten Gruppen. Umgekehrt tun es diese Leute ebenso und am Ende sieht man ja, was man als diskusionswürdig betrachtet oder einfach nur zur Kenntnisnahme.
      Jedenfalls ohne externe Zensur, ohne Pöbeleien, dafür aber mit dem einen oder anderen Erkenntnisgewinn.

      1. Hallo,
        Danke für die Kommentare und links, von denen ich einige schon kannte.
        Eine Anmerkung:
        Ich hatte auf Telepolis niemals eine Schreibsperre, meine Beiträge wurden oft „mitgesperrt“ aber nicht direkt.
        Plötzlich wird mein Account „stillgelegt“, mit der Begründung:
        „nach diversen Ermahnungen haben wir uns dazu entschlossen, Deinen Account stillzulegen und Dir die Schreibrechte für unsere Foren dauerhaft zu entziehen.“
        Auf Nachfrage was das für Ermahnungen seien, Antwort:
        „wir sind bei der Überprüfung potentieller Bewertungsmanipulationen auf Ihren Account aufmerksam geworden und haben uns, unabhängig davon, nach Durchsicht Ihrer vergangenen Sperren entschlossen, Ihnen auf Grundlage unserer Nutzungsbedingungen die Schreibrechte für unsere Foren dauerhaft zu entziehen.“
        So. Auf meine Nachfrage was denn “ potentieller Bewertungsmanipulationen“ seien und was mir konkret vorgeworfen wird – keine Reaktion.
        Das ärgert mich maßlos, man ja hätte ja wenigstens Beiträge von mir sperren können um einen Grund zu haben, gerechtfertigt oder nicht, aber nein, ein Moderator kickt mich mal….
        Und ich scheine bei weitem nicht der Einzige zu sein.
        Das wollte ich mal mitteilen.
        Danke für´s zuhören. :_)

      2. Hier in Oveton kann man ja frei Kommentieren und gleich abschicken. Das tut richtig gut… ist ja auch der Florian Rötzer aus TP mit dabei. Sehr erfreulich finde ich das..

        Was hier fehlt ist eine Benachrichtigung (Registrierung) und Möglichkeit des debatierens, doch dazu muss man die eigenen Kommentare wieder finden und das geht so wie es jetzt ‚funktioniert‘ nicht…

        Aber Overton sonst gefällt mir wirklich gut, interessante Inhalte und Autoren… habe auch schon gespendet. um das mal zu erwähnen.

    3. Ich habe TP schon vor Jahren ‚tschüss‘ gesagt als man mir Beiträge zu Corona und Ukraine löschte, mich anmahnte und schliesslich sperrte… ich weigere mich solche ’sozialen netzwerke‘ und Seiten im Internet weiter zu nutzen. Damals änderten sich auch die Inhalte in TP zu Pro Neoliberal, Globalismus, Transatlantisches, Konzern & Finanzdiktatur sowie Contra Russland…

      Liegt mir viel an dem Medium frage ich eventuell nochmal nach… aber bei TP war Hopfen und Malz verloren. Das war schon damals mit dem neuen Redaktor nichts mehr… mein Konto dort hatte ich um die 20 Jahre und wirklich viele spannende Diskussionen hinter mir.

      Mir ist schon zuviel das man sich Benimm- und Verhaltensregeln sozialer NEtzwerke anbiedern muss um überleben zu können. Ich mag Zensur im Grundsatz nicht egal was jemand äussert. Das hat bei TP wunderbar funktioniert…

      Mit einem von oben verordneten Zensurteufel und garstigen Administatoren die ihre Macht anonym ohne Rechtfertigung ausnutzen können hat man aber keine Chance . Ich denke als letzte Massnahme und zum Selbstschutz auch schon darüber nach mich dem digitalen zu verweigern und wieder einen ‚analoge‘ Welt aufzubauen.

    1. @ lichtenberg
      ❓“ein paar griffige Beispiele zu Präsident,
      Premier, Abgeordneter täten dem Artikel gut“❓

      Zum einen sind doch diverse weiterführende Links zu finden und falls du dich weiter informativ unterfordert fühlst, steht dir doch frei dich weitergehend zu informieren, oder etwa nicht? „Ein paar griffige Beispiele“ wirst du im Netz doch wohl noch selbst zusammentragen können. Oder betrachtest du Overton als eine Art Vollkasko-Informations-Verpflichtung quasi als Ersatz für all jene Infos, welche dir bislang entgangen sind?

      Vorschlag: Du recherchierst jetzt all die dir so wichtigen, aber noch fehlenden Infos und berichtest sie uns dann hier weiter. Dann haben wir alle was davon!

  3. Solange die Reeder, Banker, etc. nicht erfasst werden ist das alles nur Schattenboxen! Man sollte endlich akzeptieren wie kreativ die griechische Elite ist: in der Umkehr von Öffentlichkeit!

  4. Welch dümmlicher Schwachfug…. Wir wissen spätestens seit Varoufakis wie die griechische Realität aussieht. Gegen euch ist sogar habeck ein Ehrenmann!

    Danke, aber verkaufen sie ihren Gut-Menschen Märchen wo anders.

  5. +++Solche Bestimmungen gibt es auch in anderen EU-Ländern+++

    In Polen müssen höher-rangige Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und Politiker – vom Gemeindevertreter bis zum Premier – ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufdecken. Betroffen sind auch bewegliche Vermögensgegenstände wie Autos und das Einkommen und Vermögen des Ehepartners. Geschäftsbeziehungen zu öffentlichen Auftraggebern müssen aufgedeckt bzw. abgebrochen werden. Falschangaben sind mit Haftstrafe ab 6 Monaten strafbewehrt. Die Praxis führt natürlich immer wieder zu Kritik und ironischen Anmerkungen. Trotzdem würde ich behaupten, dass man in Sachen Korruptionsbekämpfung in Polen weiter ist als in Deutschland, wobei gerade die reale Situation auf kommunaler Ebene hier wie dort nicht leicht einsehbar ist. Als ein gutes Zeichen erscheint mir, dass in einem Land über Korruption offen und oft geredet wird und dies im Unterschied zu einem Land, dessen Bevölkerung von der Vorstellung geprägt ist, dass Korruption vor allem ein Problem anderer Länder ist.

    1. Es ist aber immer nur der Staat der offenlegen muss.

      Ich erwarte das gleiche auch von privaten Akteuren die gemeinhin vom Staat geschützt werden. Dazu muss man nur die Steuerregister im ersten Schritt für jedermann auf Anfrage wieder hin zugänglich machen. Das war mal in etlichen Gesellschaften die Norm und hat für sozialen Ausgleich gesorgt und Gier im Zaum gehalten… leider hat sich heute die Strategie der immer noch +40 völlig legalen Steueroasen etabliert die von eben jenen Staaten mit abenteuerlichen legalen Konstruktionen auch noch geschützt werden.

      Es nützt aber nichts nur die Politik unter Druck zu setzen. Auch Lobbyisten, Adlige, Vermögende und Stiftungen sind Teil der Gesellschaft.

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