Goodbye Lenin-Museum

Museumsdirektor Kalle Kallio mit Lenin. Bild: Jens Mattern

Lenin als Wachsfigur im Beiwagen eines Motorrads, auf das sich Besucher draufsetzen können und so symbolisch die Führung übernehmen, daneben steht der wächserne Stalin und schaut ins Leere. Das ist die Hauptattraktion des „Lenin-Museums“, des einzigen seiner Art in der westlichen Welt.

Doch damit ist bald Schluss, das Museum in Tampere wird am 3. November seine Pforten schließen und im Februar mit dem Namen „Notiz. Museum über Ostbeziehungen“ wieder eröffnet werden.

„Es gibt keinen politischen Druck den Namen zu ändern, wir haben dies als Museum entschieden“, sagte Museumsdirektor Kalle Kallio gegenüber dem Autor dieser Zeilen.

Kallio, der selbst ein wenig aussieht wie Rasputin, hat bei der Entscheidung im April, heftige russische Reaktionen erlebt. Es sei dies der zweite unfreundliche Akt von Finnland, nach dem NATO-Beitritt, so ein Politiker der Duma, Helsinki tue nur, was Washington wolle.

Auf der anderen Seite lehne ein Teil der Finnen einen Museumsbesuch ab, auch bei Schulklassen sei dies so gewesen. Auch habe man via Soziale Medien nicht so auftreten können wie ähnliche Institutionen, da es massive Anfeindungen gab, betont der Leiter des Museums. Alles aufgrund des Namens.

Festzustellen ist: Nach dem NATO-Beitritt des Landes im April 2023 werden Lenin-Büsten aus dem öffentlichen Raum abgewrackt und Lenin-Straßen umbenannt.

Wo die Sowjetunion als Idee gegründet worden sein soll

Das Lenin-Museum ist jedoch ein besonderer Ort, dort soll die Sowjetunion 1905 als Idee gegründet worden sein. Erstmals trafen in der damaligen Zentrale der finnischen Arbeiterbewegung die Revolutionäre Wladimir Ilijitsch Lenin und Josef Stalin aufeinander. Finnland war zwar Teil des damaligen Zarenreichs, das Herzogtum hatte jedoch einen Autonomiestatus und erschien den Bolschewisten relativ sicher, was mögliche Verfolgung durch die Behörden betraf. Sie entwarfen dort die Gestalt eines sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaats, ein weiteres Treffen fand ein Jahr später ebenfalls in Tampere statt.

Die zweitgrößte Stadt Finnlands war auch das Zentrum der Roten im finnischen Bürgerkrieg 1917-1918, den die „Weißen“ auch mit Hilfe des Deutschen Kaiserreichs gewannen.

Die finnische Republik wurde dann Ende 1939 von der Roten Armee unter Stalin als Staatschef angegriffen, schloss sich 1941 der deutschen Invasion in die Sowjetunion an, musste im September 1944 Gebietsabtritte zustimmen und andere Zugeständnisse machen, um eine Invasion zu vermeiden. Die Unabhängigkeit  der Republik war nicht wirklich gewährleistet, das Land blieb strikt neutral, war wirtschaftlich an den Nachbarn im Osten eng gebunden.

Schon im Jahr 1946 wurde das Lenin-Museum von der „Finnisch-Sowjetischen Gesellschaft“ eröffnet, ein Verein mit Einflussnahme des Kremls, an dem aber auch die Zentrumspartei mitwirkte, welche in der Nachkriegszeit die finnische Politik bestimmte. Die Ausstellung war in der klassischen Art des Personenkults gehalten, finanzielle Unterstützung und Artefakte erhielt die Institution durch das Lenin Museum in Moskau.

Die Adresse in der Arbeiterstadt Tampere wurde fortan zur Pilgerstätte vieler Sowjetfunktionäre, darunter die Staatschefs Nikita Chruschtschow und Leonid Breschnew und galt als das „am meisten gehasste Museum Finnlands“. Es gab Farbanschläge, Rechtsextreme wollten das ganze Gebäude in den Siebziger Jahren in die Luft sprengen.

In den Neunzigern wurden dann auch Ausstellungen gezeigt, welche sich mit der Sowjetunion kritischer auseinander gesetzt haben. Und man konnte sich als das „einzige Lenin-Museum der Welt“ bewerben, da die Moskauer Variante 1993 vorläufig die Pforten geschlossen hatte.

Bis Ende 2013 stand die Ausstellung unter der unter der Obhut der „Finnisch-Russischen Gesellschaft“, „Nachfolgerin der Sowjetisch-Finnischen Gesellschaft“, in der finnischer und russischer Einfluss zusammen kam.

“Es ist wichtig, über Diktatoren zu lachen”

Mit dem neuen Museumsdirektor Kalle Kallio, welcher auch das Arbeitermuseum der Stadt leitet, folgte ein Wandel, der Personenkult-Charakter der Ausstellung wurde minimalisiert, beziehungsweise ins Lächerliche gezogen – siehe Lenin auf dem Beiwagen eines Motorrads sowjetischer Produktion aus den Siebziger Jahren. Die Besucher sind geladen, hier Selfies zu machen, aus einer Juke Box tönen sowjetische Witze und die Museumsangestellten sind in schrillen Varianten der sowjetischen Pionier-Uniform gekleidet.

„Ich habe immer wieder betont, dass es wichtig ist, über Diktatoren zu lachen“, erklärt Kallio. „Das Lenin-Museum soll Sie wie eine gute Theateraufführung zum Lachen und Weinen bringen“, heißt es in der aktuellen Broschüre.

Das Museum, vornehmlich von der Stadt und dem Staat finanziert, befragt die Besucher regelmäßig, ob der Blick auf die Geschichte ausgewogen sei – 90 Prozent bejahten dies. Allerdings hat sich die Einstellung der Besucher nach Beginn der Invasion geändert, viele empfanden den Humor als unpassend, das Motorrad und die beiden Wachsfiguren werden bei der Neueröffnung nicht mehr dabei sein.

Nach der russischen Invasion in die Ukraine stand die Museumsleitung unter dem Verdacht, auf Seiten des Kremls zu stehen. Sie verurteilte den Angriff, auch spendet das Museum seitdem für ukrainische Kinder in Not. Zudem folgte eine Ausstellung über den Krieg in der Ukraine. Dennoch – der Name „Lenin“ scheint im heutigen Finnland als Aushängeschild nicht mehr tragbar.

Diesen April, ein Jahr nach dem NATO-Beitritt, wurde dann die Schließung bekannt gegeben, und aus Russland gab es wie bereits erwähnt heftige Reaktionen von wegen westlicher Einflussnahme und „Dekommunisierungsvirus“. Finnland war in den russischen Medien längst zum Feind mutiert, im vergangenen Herbst schickte die Führung im Kreml Migranten an die finnisch-russische Landgrenze, welche seit Dezember geschlossen ist.

Umstrittene Themen

Das neue Museum wird im Februar eröffnet und soll die Geschichte der beiden Nachbarländer zum Hauptthema haben. Dabei wird sich gar nicht so viel in der Ausstellung ändern. Gezeigt werden bereits die Schrecken der Lager sowie die finnisch-sowjetischen Schlachten während des Zweiten Weltkriegs. Hinzu kommt Finnlands Weg zur NATO.

Darauf wird der Kreml sein Augenmerk haben, auch auf die Darstellung von drei weiteren geschichtlichen Ereignissen.

Zum einen sind dies die sogenannten „Stammverwandtschaftskriege“ 1918 – 1920, bei denen die junge Republik Finnland versuchte, das Land nach Osten hin zu erweitern, und sich erhoffte, die dortige karelische Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen. Die Kämpfe endeten 1920 mit einem Friedensschluss.

Des Weiteren wird die „Waffenbrüderschaft“ zwischen Finnland und NS-Deutschland interessieren. Die finnische Armee holte sich die verlorenen Gebiete beim deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 wieder zurück, stieß aber über diese Territorien hinaus. Damit verbunden sind die hohen Todesraten unter den sowjetischen Kriegsgefangen, Schätzungen gehen von einem Drittel der Inhaftierten aus. Nach dem Krieg wurden einige der Verantwortlichen in Finnland verurteilt.

Sollten diese Bereiche nicht dem russischen Narrativ entsprechen, werden sich dort die Sozialen Medien, Medien und Politiker mit dem neuen Museum befassen. Anlässe wird es genug geben.

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37 Kommentare

  1. “Auf der anderen Seite lehne ein Teil der Finnen einen Museumsbesuch ab, auch bei Schulklassen sei dies so gewesen. Auch habe man via Soziale Medien nicht so auftreten können wie ähnliche Institutionen, da es massive Anfeindungen gab, betont der Leiter des Museums. Alles aufgrund des Namens.”

    Ein gutes Beispiel. Sie Hassen die Russkis aber wissen nicht genau wieso Sie die Russkis hassen.

    Operation 20 jährige Gehirnamputation mittels Softpower, Hollywood und unterschwelliger Antirussischer Geheimdienstpropaganda über die Mainstreammedien scheint bei diesen Menschen geglückt zu sein.

    1. Das Bildungsniveau in Finnland ist sehr hoch, dementsprechend groß sind die Erwartungen der Menschen. Diese hohen Erwartungen werden in für die Mittelschicht zum Teil nicht erfüllt, das erzeugt Frust und Komplexe.
      Es ist ein Zusammenhang zwischen dem Bildungsniveau und der Empathiefähigkeit und nicht zu übersehen. Die bestimmende Bevölkerung für unsere Begriffe kühl und berechnend.
      Außerdem:
      Die Finnen träumen von Mannerheim und Karelien. Von glorreichen Kriegen gegen die Roten. Das lernen sie im Schulunterricht. Sie fühlen sich “unter Wert geschlagen” und verachten die russischen Bevölkerung in “ihrem Karelien”. Es besteht eine sorgsam gepflegte Sympathie mit Lettland. Wenn die Letten schreien, und die schreien oft, würden die Finnen gerne helfen.
      Der nächste Konflikt gefällig 🙂
      Gibt natürlich auch andere Finnen, die sind aber anscheinend in der Minderheit 🙂 🙂

      1. “Von glorreichen Kriegen gegen die Roten.”

        Viele Winterkrieg aber nicht bis ins Jahr ’40.

        Das Bürgertum klopft die Narrative fest und es hasst nichts mehr als Kommunisten.

  2. Finnische Ostkriegszüge 1918/20,
    Finnland war ja auch kein guter Verlierer im Zweiten Weltkrieg, siehe Wikipedia :

    “Der endgültige Frieden von 1947 mit der UdSSR und dem Vereinigten Königreich wurde nach der Pariser Friedenskonferenz 1946 zu noch härteren Bedingungen geschlossen als nach dem Winterkrieg. Zu diesen Bedingungen zählte unter anderem die Abtretung des Gebietes um Petsamo mit dem einzigen eisfreien Nordmeerhafen des Landes. Dafür blieb Finnland allerdings die Besetzung durch sowjetische Truppen erspart, und das Land konnte im Unterschied zu den baltischen Staaten seine Unabhängigkeit bewahren”

    Interessant, da ja Suomi mal ein Russisches Fürstentum war. Vielleicht stehen bald Nuklearbestückte MRBMs und SRBMs an der direkten Grenze zur Eurasischen Welt!

  3. Die Finnen sollen ja angeblich das glücklichste Volk der Welt sein, wie auch immer dies gemessen werden kann, ein Rätsel.
    Eine mögliche Erklärung für den Zustand mag neben dem weitverbreiteten Suff die Ahnungslosigkeit sein.
    Selig sind die Bekloppten, denn sie brauchen keinen Hammer.

  4. Angesichts des schlechten Endergebnisses für Finnland verstehe ich die Legendenbildung rund um die Kriege gegen die Sowjetunion als Bewältigung des Verlustes besten Ackerlandes im Süden und des Hafens im Norden und Zugang zum Nordmeer. Okay Finnland blieben die Segnungen von Stalinismus und Sowjetkommunismus erspart. Das war aber auch das Einzige. Hatte sich Finnland nicht auch zu Neutralität im Friedensvertrag verpflichtet?

  5. jetzt weiß ich mal, was das is/war, bin “aus allen wolken gefallen” im ansichtigwerden…..dacht, s wär n denkmal, leninstatue draußen, ja, schräg, wie bei “luis und die kohlköpfe”, nur kein zaun drum…..naja, vor bald 20 jahren….das einzige mal, wo ich (einmal hin, einmal zurück = !nie wieder!) geflogen bin…

    1. “die finnen” 🙄 :no: …..

      -es gibt/gab auch “antifa” in finnland, russophil (zumindest seit etwa 15 jahren, wo ichn bissel “einblick” bekam) mit spätestens “ostukraine” arg auf “heiland putin” setzend (wie ihr hier…… ) , antifaschistische/-militaristische aktionen tatsächlich va wohl gegen den ganzen fliegerkram+dessen verehrung gerichtet…

      -als ich 15/16/17, ka mehr genau, versuchte, ösis klarzumachen, was die dort angebahnte “hartz”-einführung “heißt” für die derart “beglückten” , gabs in finnland -ja, nur ums regierungsviertel rum- streik…..die “dienstleister” (öffi-angestellte, aber auch cafe-/restaurant-/bäcker…..usw….angestellten) legten den gesamten drumrumbetrieb lahm mit dem “nein!” zu “fordern und fördern”, was dort ebenfalls eingeführt werden sollt….heißt, arbeitslose – im gros in der finnischen (wunderschönen!) “wallachei” verstreut sollten “integriert” werden, also antanzen in der stadt und n paar stunden ackern für ihre arbeitslosenkohle und dann wieder verschwinden, regelmäßig, daß sie`s “arbeiten” nich verlernen 🙄 und “struktur” usw…. also die begründungen/verlautbarungen zur (spontanen) flächigen arbeitsverweigerung klangen mir “paradiesisch” zum zeitpunkt 😉 ……da streikt der “in-arbeit”-teil für den “reserveteil”, also irgendwie tatsächlich was wie “klassenbewußtsein”…..naja, war nur kurz mal ne art dpa-meldung und ich fand sonst drumrum nichts weiteres dazu, nur daß da zum zeitpunkt die hartz-einführung scheiterte 🙂 …..

      ….

  6. Finnland…. Ist das nicht das Land, das erst vor wenigen Jahren das Hakenkreuz als offizielles Emblem der Luftwaffe abgeschafft hat?

    Frage für einen Freund….

    1. Finnland ist auch das Land, daß ein Hakenkreuz für die Luftwaffe vor Hitler benutzt hat. Außerdem sieht die von Finnland benutze Form anders aus mit verkürzten Haken. Der Hitler hat wie alles andere in seinem Nationalsozialismus überall plagiiert und einen Ideologieeintopf gekocht.

      Das Hakenkreuz war auf das erste von Eric von Rosen 1918 geschenkte Flugzeug gemalt worden. Nach dem zweiten Weltkrieg wechselte Finnland zu der weiß-blau-weißen Kokarde wegen der Nazis und das Kreuz fand noch Verwendung auf Wappen und Truppenfahnen.

    1. Das ungefähr habe ich auch gedacht. Was wäre es schön, wenn der Umbenennungs – und Schließungsanfall der Finnen die größte oder auch überhaupt eine Sorge wäre.

  7. Das Bildungsniveau in Finnland ist sehr hoch, dementsprechend groß sind die Erwartungen der Menschen. Diese hohen Erwartungen werden in für die Mittelschicht zum Teil nicht erfüllt, das erzeugt Frust und Komplexe.
    Es ist ein Zusammenhang zwischen dem Bildungsniveau und der Empathiefähigkeit und nicht zu übersehen. Die bestimmende Bevölkerung für unsere Begriffe kühl und berechnend.
    Außerdem:
    Die Finnen träumen von Mannerheim und Karelien. Von glorreichen Kriegen gegen die Roten. Das lernen sie im Schulunterricht. Sie fühlen sich “unter Wert geschlagen” und verachten die russischen Bevölkerung in “ihrem Karelien”. Es besteht eine sorgsam gepflegte Sympathie mit Lettland. Wenn die Letten schreien, und die schreien oft, würden die Finnen gerne helfen.
    Der nächste Konflikt gefällig 🙂
    Gibt natürlich auch andere Finnen, die sind aber anscheinend in der Minderheit 🙂 🙂

    1. Früher hat man in Leningrad und auch in Tallin regelmäßig Männergruppen (ev. waren auch Frauen dabei, aber Männer dominierten auf jeden Fall) aus Finnland gesehen, die sich mit preiswertem russ. Wodka vollgepumpt haben.

  8. Im „Fortsetzungskrieg“ haben die Finnen/die finnische Regierung auf dem eroberten sowjetischen Territorium Konzentrationslager für die Zivilbevölkerung eingerichtet. Ob diese Tatsache und der Mord an den ethnischen Russen in diesen Lagern auch im „neuen“ Museum thematisiert wird? Und die Tatsache, das Finnland am Völkermord an der Bevölkerung Leningrads beteiligt war, dürfte vermutlich auch keine Erwähnung finden…

  9. Bei deepstatemap.live sind die Gebiete, die Finnland 1944 abgetreten hat als “okkupierte Gebiete” gekennzeichnet, analog dazu auch auch die Kaliningrader Oblast. Finde ich schon fast lustig. Die Gebiete, die bis 1939 zu Polen gehörten, jetzt aber zur Ukraine, haben keine entsprechende Kennzeichnung.

  10. “Sollten diese Bereiche nicht dem russischen Narrativ entsprechen, werden sich dort die Sozialen Medien, Medien und Politiker mit dem neuen Museum befassen. Anlässe wird es genug geben.”

    …und sollten diese Bereiche auch nur einen gefühlten Hauch zu sehr dem russischen Narrativ entsprechen, dann werden die *hiesigen* (a)sozialen Medien, Medien und Politiker einen derartigen Shitstorm entfachen, dass das Lenin-Museum in den Pyhäjärvi oder gleich in die finnische Taiga hinweggefegt wird.

    1. P.S.: Wenngleich mir seine Entscheidung, sich dem nicht vorhandenen Druck zu beugen, nicht gefällt, war mir Kalle Kallio (geiler Name!;-) auf den ersten Blick sympathisch – könnte glatt ein Brüderchen von mir sein, zumindest was Haar- und Bartlänge und Kleidung (old-fashioned man in black) betrifft.

      Letztlich hat jeder und alles seine sympathischen und antipathischen Aspekte, und es liegt an uns zu entscheiden, welche davon wir sehen und spiegeln wollen. Leider ist der heutige Diskurs nicht mehr fähig und/oder willens, das unter einen Hut zu bekommen.
      Und apropos Hut: gerne schwarz á la Leonard Cohen – würde ich drauf wetten, dass Kalle auch einen hat.;-)

      1. Kultismus
        Nach der Leserumfrage ist Overton wohl tatsächlich ein Lifestyle und Fashion Magazin (Shave Room) für die älteren Bärtigen-Bildungsbobos.

            1. Nun gut, wenn Sie sich selber in Ihren Schmäh mit einbeziehen, klingt es schon anders. Das war aus Ihrem ersten Kommentar nicht herauszulesen.

              Übrigens, ohne Kult(-ismus) gäbe es weder Kult(-uren) noch Kult(-uhren), wobei eine Welt ohne Rolex, Breitling etc. durchaus lebenswert sein könnte, im Gegensatz zur anderen Variante.

              1. Ja, wenn ich Armbanduhr tragen müsste, dann natürlich zwei Rolexuhren gleichzeitig, eine Grünerolex und eine Roterolex. Aber als Dandy braucht man eine Schildkröte und einen tiefschwarzen Ebenholz-Gehstock zum schlendern.

  11. Des Weiteren wird die „Waffenbrüderschaft“ zwischen Finnland und NS-Deutschland interessieren. Die finnische Armee holte sich die verlorenen Gebiete beim deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 wieder zurück, stieß aber über diese Territorien hinaus. Damit verbunden sind die hohen Todesraten unter den sowjetischen Kriegsgefangen,

    Zunächst einmal sind “damit verbunden” die hohen Todesraten unter den Bewohnern Leningrads. Die Finnen steckten auch nicht nur die sowjetischen Kriegsgefangenen in Lager, sondern ebenso die russischsprachige Bevölkerung der von ihnen eroberten Gebiete.
    Was die bis heute aufrechterhaltene finnische Legende vom “Fortsetzungskrieg” anbetrifft:
    In den ersten Kriegsmonaten 1941 versuchte die SU Finnland aus dem Krieg zu nehmen, indem die Rückgabe der 1939 eroberten Gebiete angeboten wurde – über diplomatische Kanäle in den USA, Schweden und dem Vereinigten Königreich.
    Die britische Regierung wandelte das sowjetische Angebot in ein Ultimatum an Finnland um: Entweder wird das sowjetische Angebot angenommen oder es folgt eine britische Kriegserklärung. So kam es dann auch: Anfang Dezember 1941 erklärte Großbritannien Finnland den Krieg.

      1. Nochmal: Finnland war der größte deutsche Verbündete bei “Operation Barbarossa”. Finnland war nicht nur einer der beiden Waffenbrüder (neben Rumänien), die ausdrücklich bereits im Operationsbefehl genannt wurden, nein Finnland mit seinen damals nur 3,6 Mio Einwohnern stellte auch die größte Unterstützungsstreitmacht. 700.000 Mann (finnische Angaben) warfen die Finnen für den Vernichtungskrieg an die Front, also fast 40% der männlichen Bevölkerung!
        Und das taten sie natürlich nicht, um ein paar Quadratmeter karelischen Waldes zu erobern, sondern beispielsweise um 300.000 Rotarmisten an der finnisch-sowjetischen Front zu töten.

        Aber trotzdem suhlen sich die finnischen Geschichtsklitterer, darunter ihr gegenwärtiger Präsident, bis heute in einer Opferrolle.

  12. Muss weg! Jede Erinnerung daran, dass es eine Bewegung für eine klassenlose Gesellschaft gab. Völkerfreundschaft? Schon gar nicht.

    Und die Erinnerung daran, dass Politik nicht immer nur bürgerliches Gegacker sein muss. Es gab Zeiten, in denen das richtig Niveau hatte. Wobei dieser Lenin eine Mitverantwortung trug.

  13. Lenins Name zieht keine Besucher an. Er hat einen schlechten Ruf. Dieser Ruf wurde nicht von der NATO geschaffen, er ist das Ergebnis seiner Taten.

    1. Albert Einstein, 6. Januar 1929 (fünf Jahre nach Lenins Tod)
      “Zu Lenins Todestag
      Ich verehre in Lenin einen Mann, der seine ganze Kraft unter völliger Aufopferung seiner Person für die Realisierung sozialer Gerechtigkeit eingesetzt hat. Seine Methode halte ich nicht für zweckmäßig. Aber eines ist sicher: Männer wie er sind die Hüter und Erneuerer der Gewissens der Menschheit.”

      Quelle: Albert-Einstein-Archive, Archivnummer 34-439
      https://ein-web.adlibhosting.com/aea/Details/archive/110014817

      Natürlich wurde Lenins “schlecher Ruf” von seinen politischen Gegnern geschaffen.

      1. A. Einstein war ein berühmter Experte für das Leben und Werk von W. I. Lenin. Genau aus diesem Grund kam dieser große Freund der Sowjetunion nie in die UdSSR.

        1. Albert Einstein hat eine bis heute existende Sozialistische Zeitschrift (Monthly Review)
          https://monthlyreview.org/
          mitgegründet und in der ersten Ausgabe 1949 seine Gedanken zu Sozialismus geäußert
          https://archive.org/details/AlbertEinsteinWhySocialism
          Deutsche Fassung
          https://www.oekologische-plattform.de/wp-content/uploads/2019/08/Einstein-Warum-Sozialismus.pdf

          “Ich bin davon überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, dieses Übel loszuwerden, nämlich den, ein sozialistisches Wirtschaftssystem zu etablieren, begleitet von einem Bildungssystem, das sich an sozialen Zielsetzungen orientiert. In solch einer Wirtschaft gehören die Produktionsmittel der Gesellschaft selbst und ihr Gebrauch wird geplant. Eine Planwirtschaft, die die Produktion auf den Bedarf der Gemeinschaft einstellt, würde die durchzuführende Arbeit unter all denjenigen verteilen, die in der Lage sind zu arbeiten und sie würde jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind einen Lebensunterhalt garantieren. Die Bildung hätte zum Ziel, dass die Individuen zusätzlich zur Förderung ihrer eigenen angeborenen Fähigkeiten einen Verantwortungssinn für die Mitmenschen entwickeln anstelle der Verherrlichung von Macht und Erfolg in unserer gegenwärtigen Gesellschaft. Dennoch ist es notwendig festzuhalten, dass eine Planwirtschaft noch kein Sozialismus ist. Eine Planwirtschaft als solche kann mit der totalen Versklavung des Individuums einhergehen. Sozialismus erfordert die Lösung einiger äußerst schwieriger sozio – politischer Probleme: Wie ist es angesichts
          weitreichender Zentralisierung politischer und ökonomischer Kräfte möglich, eine Bürokratie daran zu hindern, allmächtig und maßlos zu werden? Wie können die Rechte des Einzelnen geschützt und dadurch ein demokratisches Gegengewicht zur Bürokratie gesichert werden?
          In unserem Zeitalter des Wandels ist Klarheit über die Ziele und Probleme des Sozialismus von
          größter Bedeutung. Da unter den gegenwärtigen Umständen die offene und ungehinderte Diskussion dieser Probleme einem allgegenwärtigen Tabu unterliegt halte ich die Gründung dieser Zeitschrift für ausgesprochen wichtig.”

  14. Lenin hatte dem zuvor von den russischen Zaren eroberten Finnland nach 1917 zur Unabhängigkeit verholfen. Das hatte ihm lange die Freundschaft der Finnen eingebracht und war ein Grund dafür, dass das Lenin-Museum in Tampere bestehen blieb als das in Moskau geschlossen wurde…

  15. In dem Museum war zumindest noch 2014 sogar die Urkunde aus dem November 1917 zu sehen, mit der die neue Sowjetmacht als erste außenpolitische Aktivität durch Entscheidung des Rates der Volkskommissare Finnland, das bis dahin Bestandteil des alten Zarenreichs war, in die staatliche Souveränität entlassen hat. Aber das will heute natürlich keiner mehr wissen.

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