Fortsetzung, Fortsetzung, noch eine Fortsetzung!

Jurassic Park, Eingangstor
Jun Maegawa, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Vor 32 Jahren kamen die Dinosaurier zurück auf die Erde. 2025 folgte der siebte Teil der Saga. Man kann nur hoffen, dass die Viecher bald aussterben.

Dinomania! So nannte man den Hype, der 1993 entstanden war, als Steven Spielbergs Jurassic Park in die Kinos kam. Nie zuvor waren die Echsen aus der Urzeit so realistisch in einem Hollywood-Film zu sehen gewesen. Möglich machte es eine Mischung aus computergenerierten Szenen und hydraulischen Dinosaurier-Nachbauten. Die deutsche Öffentlichkeit stand Kopf, man wollte mehr erfahren über die ausgestorbenen Wesen. Spielberg arbeitete da bereits an einem zweiten Teil, der dann 1997 in die Kinos kam. Dieser war weniger erfolgreich. Er spielte weltweit nur um die 620 Millionen Dollar ein. Der erste Teil generierte 1,1 Milliarden Dollar.

Die Dinosaurier leben noch immer. Derzeit läuft der siebte Teil der Saga im Kino. Die Echsen wollen einfach nicht eingehen. Schade.

Urzeit-Bullshit

Der aktuelle Teil nennt sich Jurrasic World: Die Wiedergeburt. Gleich vorweg: Nach wenigen Wochen im Kino hat er weltweit bereits 580 Millionen Euro eingespielt. Der vierte Teil dieses Franchises hat Universal Pictures im Jahr 2015 mehr als 1,6 Milliarden Euro eingebracht. Die Zahlen stehen in keiner Relation zur Qualität. Was das Problem nicht nur dieser Reihe sichtbar macht. Das Fortsetzungskino ist seit Jahren außer Rand und Band. Was pekuniär erfolgreich ist, wird neu aufgelegt. Man schämt sich dabei nicht, Wiederholungen in neuem Gewand zu präsentieren.

Darunter leidet der siebte Jurassic World auch. Er wirkt wie eine Collage aus den ersten drei Filmen der Reihe, die bis heute die künstlerisch wertvollsten sind. Die Effekte wirken erstaunlich grob und lieblos für dieses KI-Zeitalter. Der erste Teil war ein Phänomen der 1990er-Jahre. Gerade weil seine Spezialeffekte so bahnbrechend waren für die Zeit, war der Film ein solches Ereignis. Die Echsen aus dem 32 Jahre alten Film sehen bis heute realistischer aus, als die aus dem aktuellen Film. Um die schlechte Umsetzung etwas auszublenden, haben sich die Macher der letzten beiden Teile dazu entschlossen, dem Publikum nur noch genmanipulierte Dinosaurier vorzusetzen. Die Kreaturen sollen bewusst unwirklich vorgestellt werden, damit überspielt man, dass sie sich nicht täuschend echt in die Bildkomposition einfügen. Diese godzillaesken Wesen sind grobkörnig und werden bevorzugt bei Nacht oder im Nebel gezeigt.

Das Drehbuch weiß zu überraschen. Durch größtmögliche Langeweile. Einen Film über mörderische Großbestien zu drehen, in dem die Langeweile am Ende die größte und brutalste Bestie ist, muss einem Autor erstmal gelingen.

Pharmavertreter schmecken besser

Viele Szenen hat man ohnehin schon mal gesehen. In einen der Teile vorher. Jurassic World: Die Wiedergeburt ist wie all die Teile vorher. Als habe man die Szenen, die den Kreativköpfen der Produktion am liebsten waren in den vorhergehenden Filmen der Reihe, einfach nochmal abgedreht. Nur diesmal liebloser und mit schlechteren Darstellern ausgestattet. Die Dialoge sind dabei schauderhaft wie eh und je. Und es ist kein Spoiler, wenn man verrät, dass der skrupellose Geschäftshai und Pharmareferent am Ende von einem Dinosaurier mit mRNA-Modifikation vertilgt wird. Denn so war es noch in jedem Teil.

Eine Moral bietet der Film auch. Es ist dieselbe, die nun Freunden des urzeitlichen Horrors seit drei Jahrzehnten serviert wird: Der Mensch hat einen Frevel begangen, weil er die ausgestorbenen Riesen wiederbelebte. Die Dinosaurier sind Frankensteins Monster, die Schöpfung eines denkenden Primaten, der seinem Monster unterlegen ist. Deshalb halten sich die Menschen in der Jurassic World-Welt von den Riesen fern. Außer man will Geschäfte machen mit den Dinos. So auch im aktuellen Teil. Man lernt: Drei Sorten Dinosaurier-Blut ergeben ein Herzmittel, das das Leben von Herzpatienten um 20 Jahre verlängert. Alle Teilnehmer der mörderischen Expedition, die auf eine Insel geht, auf der die Kreaturen sich noch fröhlich fortpflanzen, wissen ganz genau, dass ihre Blutentnahme-Safari ganz sicher der Menschheit diesen Segen bringen wird. Follow the Science. Oder besser gesagt: Sei folgsam, wenn ein Pharmavertreter Gesundheitsversprechungen von phantastischer Güte macht.

Spannung kommt selbstverständlich nicht auf. Alles, was Regisseur Gareth Edwards seinen Zuschauern auftischt, hat man bereits gesehen. Überraschend ist nur die Chuzpe, mit der man diese alte Plörre aufwärmt und dafür auch noch Geld nimmt.

Second-Hand-Blockbuster

Das Jurassic-Park/World-Franchise ist so antiquiert, es müsste ausgestorben sein wie die Monster aus der Urzeitsuppe. Leider sind die Viecher hartnäckig. Und das trifft für viele Fortsetzungsreihen zu. So gut wie für alle. Kinos sind heute mehr als je zuvor Wiederholungs- und Aufwärmanstalten. Es fehlt der Mut der Produzenten und Studios, Projekte zu befördern, die auf den ersten Blick nicht wie ein einträgliches Geschäft aussehen. Lieber reitet man tote Pferde, die aber immer noch Gewinngelder einstreichen, weil die anderen Pferde längst vergraben sind. Und so setzt man auf Fortsetzungen von der Fortsetzung von der Fortsetzungsfortsetzung.

Nur noch die eigene Ikonographie wird wieder und wieder bedient. Der T-Rex brüllt, der Soundtrack von John Williams wird als Erkennungshymne eingebaut und natürlich vibriert irgendwo ein Glas Wasser, wenn sich ein Koloss nähert. Längst bekannt, längst zum Meme geworden. Alles nur Interpretationen des ursprünglichen Filmes von 1993. Fortsetzungen sind, bis auf wenige Ausnahmen, immer Kino aus zweiter Hand, Second-Hand-Blockbuster. Das Recycling von längst abgenutztem Schund.

Der aktuelle Jurassic World ist dabei nur Spiegelbild des Verfalles der Kinobranche. Sie hat sich einst selbst erfunden. Erfindet jetzt aber nichts mehr. Um Geld ging es den Filmschaffenden immer. Um großes Geld sogar. Doch nie war das Kino dergestalt monotonisiert weil monetarisiert wie in dieser Zeit. Das Kino ist der eigentliche Dinosaurier.

Henryk Gondorff

Henryk Gondorff
Cineast der ersten und letzten Stunde. Viel gesehen und viel sehr schnell wieder vergessen. Wer wissen will woran eine Gesellschaft krankt, geht in deren Kinos. Dort erhält man die Diagnose.
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9 Kommentare

  1. Eine Kumpel hatte ne Kopie vom aktuellen Teil. Stinklangweilig.
    Manche, insbesondere 1 und 2 waren ja unterhaltsam, aber es ist ausgelutscht.
    Allerdings wird das mit allem so gemacht. Selbst mit Terminator sollte längst mal Schluss sein.

    1. Wenn s dann im Kino keiner mehr sehen will, wirds 13894 mal in den einschlägigen streaming Kanälen der Glotze in den Bildschirm eingebrannt.

  2. Es wird seit geraumer Zeit gelutscht und zwar lange über den Zeitpunkt hinaus, daß da noch etwas wäre was Geschmack hätte oder einer Erkenntnis diente. Ist bei Streamingdiensten nicht anders, die weitgehend Kino (als gemeinsames Erlebnis), und klassisches Fernsehen ersetzt haben. Die Bilder und unterschwellig gestreuten Botschaften sind Fortsetzung und Abbild der Zerschlagung, Fragmentierung der Gesellschaft als Ganzes, dem Rückzug in’s Private wie das von einer der Protagonistinnen des Polittheaters im letzten Jahrhundert verkündet wurde, „TINA“ und „There’s No Such Thing as Society.“ Anstatt zueinander zu finden, soll man sich hinwenden zu z.B. den Tony Starks, also „Tech-Philantropen“ wie Elon. Der dann auch schon mal in Filmen wie Moonfall, namentlich zweimal, in einem kurzen Dankgebet bedacht wird.

    Ja, das haben sie fein hinbekommen. Eingepfercht in die eigenen vier Wände, maximal mit der eigenen anwesenden Familie (insofern (noch) vorhanden), ist der Höhepunkt des Hamstertages, der x-te Aufguß der Formatierung, von was auch immer gerade von oben erwünscht ist.

  3. Jurassic Park war damals einer der ersten Kinofilme, die ich als junger Kerl zu Gesicht bekam. In Begleitung meiner Eltern, obwohl ich altermäßig noch unter der FSK12-Grenze lag. Bei aus der Sicht eines Kindes blutrünstigsten Szenen habe ich auch noch nicht so genau hingesehen, in späteren Jahren dann schon. Und es stimmt: für die damaligen Verhältnisse war das, was man zu sehen bekam, wirklich neu und ist nach wie vor künstlerisch gut gemacht. Auch die Geschichte um die Effekte war weitestgehend gut erzählt, sie basierte aber auch auf einer guten Vorlage von Michael Crichton und der Roman ist gerade wegen seines Umfangs auch heute noch lesenswert. Und, was noch bemerkenswert ist: für ein Hollywood-Werk hatte der erste Film an mancher Stelle noch einen erstaunlich kritischen intellektuellen Tiefgang. Gerade mit der Figur des Ian Malcolm, der nicht nur im Vorbeigehen ethisch-moralische Fragen stellt, die damals wie heute nicht gehört werden möchten, und das als Mathematiker und nicht Philosoph (den wusste schon ein Hammond lieber nicht ins Boot für eine Expertise zu holen). Kurzum: Es ist ein, betrachtet für die Zeit, mehr oder weniger gelungenes Original. Der zweite Teil knüpft daran an, hat aber schon deutlich mehr Schwächen. Die anderen Teile habe ich mir nie angetan, da schon beim dritten Teil abzusehen war, dass sowohl die Erzählung wie auch das Künstlerische auf der Strecke bleibt. Aprops Schwächen: im Nachhinein betrachtet habe ich beim ersten Teil nie begriffen, wie ein Park dieser Größe – wir sprechen hier immerhin von einer ganzen Insel – nur von einer handvoll Menschen betrieben werden soll. Mehr als die Charaktere, die wir im Film zu Gesicht bekommen, sieht man abgesehen von etwas Personal zu Beginn nicht. Bis auf die Protagonisten haben alle scheinbar die Insel vor dem Sturm schon verlassen. Das ist allerdings höchst unrealistisch, trotz aller noch so hoch gepriesenen Automatisierung. Das Risiko bei Ausfällen wäre viel zu hoch und selbst Investoren, die in der Regel keine Ahnung haben, sollten sowas erahnen können und auf eine angemessene Absicherung wert legen. So ist der Film im Hauptteil erstaunlicherweise ziemlich menschenleer. Es handelt sich hier aber nicht um ein Bürogebäude eines Großkonzerns, bei dem alle Feierabend gemacht haben. Und selbst hier dürfte es noch Wachpersonal geben, dass in Anzahl jenes im Jurassic Park noch überschreiten dürfte.

  4. Bitte nicht. Ich fand schon den ersten Teil verzichtbar.
    Spielberg steht eben für kommerziell erfolgreiches Kino ohne Sinn.
    Ich kann seine Filme durch die Bank nicht ausstehen, angefangen beim Weißen Hai.

  5. Wenn schon Fortsetzung dann Graboiden und Arschknaller, die Tremors – Im Land der Raketenwürmer die sind schon bei dem achten Teil angekommen.

  6. Der Roman der die Basis des 1. Teiles bildet ist um Längen besser als jede Verfilmung. Vor allem das erste Kapitel eher ein Vorwort in dem der Autor kurz die Geschichte der Gentechnik rekapituliert und der Besorgnis Ausdruck verleiht man würde aus kurzlebigen Modegründen in langfristige natürliche Prozesse wie die Evolution eingreifen um eine Modeprodukt eben einen Kunstdino in einem Vergnügungspark schaffen. Aus der Luft gegriffen war das alles nicht 1993 befand sich das Human Genetic Project auf der Zielgeraden und in der Hannoverschen Kirchlichen Berufsausbildungseinrichtung an der ich damals war machte man sich ernsthaft sorgen wie denn in der Zukunft mit Behinderten wohl verfahren würde, wenn alle Blond, Blauäugig und den Verstand von Einstein hätten. Heute mag man darüber lächeln aber solche Besorgnis gab es damals, Das Wort von den Babys per Katalog machte damals die Runde.

    Die Botschaft von Michael Chrichton das ein solches Projekt nicht möglich ist und im Chaos enden muß wurde in allen Verfilmungen und erst recht nach dem Neustart der Reihe als „Jurassic World“ ins Gegenteil verkehrt. Erst recht mit dem Vorletzten Teil der zu Corona-Zeiten gedreht wurde in dem Gentechnik plötzlich zu Medikentenzwecken gutgehießen würde (Es bedanken sich Pfizer, BionTech, Moderna, Curevac, Johnson+Johnson, und die Bill und Melinda Gates Foundation für die kostenlose Schleichwerbung für mRNA-Impfstoffe)

    Das mag daran liegen das Michael Chrichton inzwischen gestorben ist und an allen Filmen nach Teil 2 nicht mehr beteiligt war. Genial bleibt seine Benennung der Gentechnikentwicklerfirma als „Ingen“ als Vorbild diente Intel und deren Gebaren bei der Durchsetzung des Wintel-PC-Monopols mit Microsoft in den 1990er Jahren.

    Die Romane „Jurassic Park“ und „Verlorene Welt“ sind lesenswert, viel ausführlicher und weichen teilweise von den Filmen ab.

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