Eiszeit? Boris Pistorius musste in Warschau ein einsames Zeichen der Einigkeit setzen

Nach dem Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen Mariusz Blaszczak musste Boris Pistorius alleine an die Öffentlichkeit treten. Auf der Website des Verteidigungsministeriums gab es nicht einmal einen Hinweis auf das Treffen. Bild: Jens Mattern

Der deutsche Verteidigungsminister traf sich mit seinem polnischen Kollegen, der ihn aber schnell alleine zurückließ.

„Es war ein sehr, sehr offenes und ehrliches Gespräch“, betonte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius am Mittwoch in Warschau gleich zweimal. Der SPD-Politiker hatte sich dort mit seinem polnischen Amtskollegen Mariusz Blaszczak getroffen, am Tag zuvor war Pistorius kurzfristig nach Kiew gereist, wo er die Lieferung der Leopard 1-Panzer versprach.

In Warschau sei mit Blasczak ein gemeinsames Projekt vereinbart worden – Polen werde den Panzer Leopard 2A4 in die Ukraine liefern, Deutschland den neueren Leopard 2 A6. Zudem sei mit Blaszczak und dem ukrainischen Verteidigungsminister Oleksij Resnikow ein Treffen für nächste Woche anberaumt worden, zu dem die Länder eingeladen werden, welche Leopard 2-Panzer in die Ukraine liefern wollen.

Mit dem Besuch in Warschau wollte der Verteidigungsminister, der gerade drei Wochen im Amt ist, „ein Zeichen setzen“, schließlich gebe es eine „deutsch-polnische Interessengemeinschaft“. Ihm und seinem polnischen Amtskollegen sei es wichtig gewesen, trotz aller Differenzen, „die Einigkeit zu betonen“.

Boris Pistorius stand jedoch mit seinem Statement alleine vor den Mikrophonen und den Tonangeln in der Kälte. Hinter ihm erhob sich stumm das Jozef-Pilsudski-Denkmal. Der frühere Staatschef der Zweiten Polnischen Republik ist ein großes Vorbild der nationalkonservativen Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS).

Sein voriger Gesprächspartner Mariusz Blaszczak, den Pistorius bereits im Januar in während des Treffens in Ramstein kennen gelernt hatte, hatte anscheinend keine Zeit für einen gemeinsamen Auftritt mit dem deutschen Gast. Er habe zur Abstimmung in den polnischen Sejm müssen. Vor dem Besuch hatte der polnische Verteidigungsminister die geplante deutsche Panzerlieferung in die Ukraine als ungenügend kritisiert.

Und das sonstige Besuchsprogramm musste der deutsche Politiker ohne Begleitung eines polnischen Politikers absolvieren. So legte der SPD-Politiker  am Grab des Unbekannten Soldaten einen Kranz nieder, Blumen wurden vor den Denkmälern zum Warschauer Aufstand (1944) und zum Ghetto-Aufstand (1943) abgelegt, welche deutsche Politiker in den Neunziger und den Nuller Jahren gerne verwechselten.

Der Besuch des deutschen Politikers fand auch keinen großen Widerhall in den Medien, auch nicht bei den liberalen. Immerhin gab es ein Shake-Hand-Foto mit Blaszczak im Staatssender TVP Info.

Zwei Strategien der polnischen Regierung gegenüber Deutschland

Es scheint zwei Strategien zu geben, die derzeit die nationalkonservative Führung unter Regierungschef Mateusz Morawiecki und dem einflussreichen Parteichef Jaroslaw Kaczynski bezüglich dem westlichen Nachbarn fährt.

Da ist zum einen die pragmatische – Polen und Deutschland  wollen miteinander kooperieren, um der Ukraine gegen die russischen Invasoren zu helfen. Zu erwähnen sind auch drei Patriot-Staffeln aus den Beständen der Bundeswehr, die seit Ende Januar bei dem ostpolnischen Ort Zamosc samt Personal stationiert sind. Um Polens Außengrenze wie die Ostflanke gegen Angriffe der NATO zu schützen.

Die bereits vorhandenen Patriot-Systeme aus polnischem Bestand sind nun in einem Außenbereich Warschaus aufgestellt, um einen eventuellen Luftschlag gegen die Hauptstadt abzuwehren.

Ende des vergangenen Jahres hatte die damalige deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht Polen angeboten, Patriot-Raketen auszuleihen, um die Luftverteidigung zu verbessern. Anlass war am 15. November der Einschlag einer ukrainischen Flugabwehr-Rakete in Ostpolen nahe der ukrainischen Grenze, bei dem zwei polnische Staatsbürger zu Tode kamen.

Angesichts der ungeschickten Vorgängerin wird Boris Pistorius sicherlich mehr Befähigung zugetraut. Allgemein haben es SPD-Politiker in Polen jedoch schwerer. Dies liegt an der generell eher Moskau-freundlichen Politik der Partei, die nicht allein dem Putin-Freund Gerhard Schröder, sondern auch Helmut Schmidt und Willy Brandt mit ihrer Ostpolitik angelastet wird.

Bekannt wurde in Polen auch, dass Pistorius 2018 als Innenminister Niedersachsens die Sanktionen gegen Russland aufgrund der Krim-Annexion angezweifelt hatte.

Und grundsätzlich ist man in Warschau der Meinung, dass Berlin nicht genügend gegen die russische Invasion unternimmt. Vor allem das lange Zögern von Olaf Scholz bezüglich der Lieferung der Leopard 2 Panzer wurde nicht allein im Regierungslager schlecht aufgefasst.

Und diese Kritik an Deutschland, verbunden mit Unterstellungen, immer noch auf der Seite Moskaus zu sein, ist Teil der zweiten Strategie. In Polen herrscht Wahlkampf, die Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) und ihr Chef Jaroslaw Kaczynski wollen im kommenden Herbst zum dritten Mal gewinnen. Dabei gilt übrigens Blaszczak als einer seiner engsten Vertrauten.

Deutschland wird derzeit als ein verdächtiges, womöglich feindliches Nachbarland dargestellt. Dies wird vor allem in dem Staatssender TVP Info verbreitet, wobei immer wieder die deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg belebt werden.

Zudem steht das Thema Reparationsforderungen im Raum, mit umgerechnet 1,3 Billionen Euro soll Deutschland für die Schäden und Verbrechen in Polen während des Zweiten Weltkriegs aufkommen. Der stellvertretende Außenminister Arkadiusz Mularczyk war in den USA unterwegs, um im Kongress sowie in der UNO in Sachen Reparationsforderungen für Beistand in zu werben. Polens Bevölkerung leidet unter der Inflation, die derzeit bei 17 Prozent liegt. Das Versprechen, von Deutschland erfolgreich eine hohe Summe einzutreiben, wäre ein Argument, der Regierungspartei wieder die Stimme zu geben.

Der Besuch von Pistorius zeigt, wie das bilaterale Verhältnis bis zu den Parlamentswahlen aussehen könnte  – Distanz und Kritik auf der Regierungsebene und bei den regierungsnahen Medien, weiterhin  bedingte Kooperation auf militärischer Ebene, beim Grenzschutz und in der regionalen Zusammenarbeit.

Als neuer Konfliktpunkt zwischen Warschau und Berlin zeichnet sich Morawieckis Forderung nach Kampfjets für die Ukraine sein, was Scholz vehement ablehnt.

Ähnliche Beiträge:

14 Kommentare

  1. „Forderung nach Kampfjets für die Ukraine sein, was Scholz vehement ablehnt.“

    Abgesehen von der grammatikalischen Struktur des Satzes, die keinen Sinn ergibt –
    Wenn Schloz jetzt Kampfjet-Lieferungen an die Ukros ablehnt, heißt das nur, wie die Erfahrung gelehrt hat, dass bald Kampfjets geliefert werden. Fällt noch irgendwer auf dieses Geblubber rein? Nein. Das ist nix anderes als das Kursieren von Sprechblasen zwischen Regierungssprechern und von der Regierung bezahlter Medien, lauwarme Luft,, Hohlheiten, die vorgetragen werden, in der irrigen Annahme, dass damit ein „Stimmungsumschwung“ in der Bevölkerung einher gehen könnte. Dummbatzen bestätigen sich gegenseitig, dass ihre Dummbatzerei ein geschicktes Manöver darstelle. Blöder geht es nicht (obwohl, denen fallen bestimmt noch blödere Sachen ein).
    Blöd-Regierung und Blödmedien haben sich blöderweise vom Blödvolk entkoppelt und schwadronieren nun nur noch in ihrer eigenen Blödblase herum. So blöd und schlicht und einfach ist das. Die werden mit ihren Blödheiten so weitermachen, bis alle blöd aus der Wäsche gucken.
    Tut mir leid (oder auch nicht), weder mit Blödregierung, Blödmedien noch Blödvolk will ich mich weiter befassen. Dazu ist das Leben zu kurz. Denen wird es gelingen, sämtliche menschlichen Errungenschaften zu vernichten und den Planeten zu zerstören. Die werden alle ausrauben, foltern, zu Tode quälen. Das ist offensichtlich, aber dem Blödvolk egal, weil es sich mit blödem Blöken zufrieden gibt. „Mähmähmäh, bitte schlachtet mich.“, so das Blödvolk.
    Die paar Jahre, die ich möglicherweise noch unbeschadet überstehen kann, verbringe ich lieber in Geselligkeit mit mir lieben Menschen und widme mich schönen Dingen. Klar murksen die mich genauso ab, wie alle anderen hier. Aber was zählt, sind die guten Erinnerungen.

    Was für ein jämmerliches Bild der pervertierte Affe, der selbsternannte homo sapiens, abgibt!
    Wie erbärmlich diese Hanseln sind, vor denen die deutsche Bevölkerung kriecht. Und wie brav sich das Blödvolk ausplündern lässt. Nur nicht aufmucken, es könnte böse enden, wenn man sich der Schlachtbank entzieht.
    In der Beschreibung der Erbärmlichkeit dieser Regierung, dieser Medien und dieser Bevölkerung gehen selbst mir die Schmähbezeichnungen aus.

    1. Im Allgemeinen bin ich gerne bereit, unsere Deepfails zu schmähen aber in diesem einen Punkt habe ich Verständnis für den Bundesschlumpf und das deutsche Volk.
      Der Bundesschlumpf hat die Biographien von Salvador Allende und Olof Palme gelesen, weiß daher, was einem passieren kann, wenn man der staatlich organisierten Kriminalität (z.B. der Criminal Intrigues Agency) lästig wird und hat verständlicherweise keine Lust, deren Schicksal zu teilen.
      Das einfache Volk hingegen hat keine Chance sich unabhängig zu informieren. Die deutschsprachigen Müllstream-Medien einschließlich NZZ sind allesamt CFR-gesteuert, die englischsprachige Presse ist verseucht mit Floskeln und Abkürzungen, die ohne jahrelange Übung unverständlich sind (z.B. “kinetic war” = aktive Kriegsführung) und „Feindsender“ wie RT sind gesperrt. Ok, die Sperrungen sind leicht zu umgehen, wenn man weiß wie, aber Otto und Anna Normalverbraucher wissen eben nicht wie.

  2. Dazu scheint mir ein Interview mit Gilbert Doctorow* und Elijah Magnier wichtig, obwohl bzw. gerade weil es darin um Chinas Rolle geht. (verlinkt in Doctorows Blog)
    Denn der Ukraine-Krieg mit Polens Rolle Konkurrenz mit D) darin ist nur Vorspiel für die westliche „Auseinandersetzung“ mit China (und dem globalen Süden).

    Doctorow: „The NATO is completely subservient to the United States, Europe is subservient to the United States“
    Magnier: „When NATO is moving around, NATO ist not an independent organisation. Nato is made of 30 nations lead by the US“

    Demgegenüber wird hier im Forum immer wieder unwidersprochen behauptet, die NATO sei eigenständig und fähig/willens, sich gegen die US-Regierung zu stellen.
    Wie wär’s mit offener (anstatt durch verbale Aggression unterdrückter) Diskussion darüber?

    *kein „russischer Troll“, sondern Harvard magna cum laude, Columbia Ph.D with honors.
    Seitdem in Sowjetunion und anschließend Russland tätig

    1. Magnier wurde irgendwann früher, bei Telepolis oder auf seinem Blog von ihm als CIA Asset bezeichnet, wenn ich mich recht erinnere. Da wirst du mit deinem Interview (gern gesehen, auch wenn es frustriert) keinen Eindruck hinterlassen. Mehr will ich dazu nicht sagen, ist ja zu sehr offtopic.

  3. Der (ehemalige) Schauspieler in Kiew schafft es, die EU zu sprengen. Gerne kann er dann später als einziges Mitglied fungieren. Wenn kein sofortiger Reset der Kriegspolitik in der EU stattfindet, dürfte sich das mit Europa bald erledigt haben. Das Lachen von USA und China übertönt bereits die mediale Berieselung bei uns.

    1. “ Wenn kein sofortiger Reset der Kriegspolitik in der EU stattfindet…..“

      Daran hat man (nicht nur) in Polen ganz offensichtlich nicht das geringste Interesse:

      „Russland sei ein terroristischer Staat, mit dem man nicht verhandeln dürfe. Man müsse ihn besiegen, sagt Polens Regierungschef in einem Interview für die italienische Tageszeitung „Corriere della Sera“. “

      https://www.polskieradio.pl/400/7764/Artykul/3116786,regierungschef-morawiecki-in-corriere-della-sera-mit-russland-gibt-es-nichts-zu-besprechen

  4. Das Motto heißt eben mitmachen oder abgetreten werden.
    Wer glaubt ernsthaft, dass das Abhören von „Freunden“, die Sprengung von Pipelines von „Verbündeten“ oder der Tod eines Einzelnen (https://www.globalresearch.ca/when-globalists-crossed-rubicon-assassination-shinzo-abe/5786559) nicht die Bildsprache ist, die vollkommen schnörkellos zeigt, dass niemand den Interessen weniger dauerhaft im Wege stehen wird?
    Deshalb ist das Ergebnis von Wahlen auch vollkommen irrelevant für die Zukunft eines Landes. Diese ist bereits skizziert und wird nach Möglichkeit – früher oder später – so umgesetzt, wie geplant.
    -> Keine menschliche Tätigkeit ist stärker vom Zufall geprägt als der Krieg… Krieg ist niemals Selbstzweck, sondern Mittel zur Erreichung eines politischen Ziels. <- v. Clausewitz
    Unsere politischen Statisten werden daran allesamt nichts ändern, da braucht es wohl dann doch den III.WK um die Karten grundlegend neu zu mischen. Tolle Aussichten. Diese Politik hat längst fertig.

  5. 1) Die USA verleitet die EU, russische Energie zu boykottieren
    2) Die USA und Norwegen sprengen Nord Stream
    3) Die _Immobilienpreis_ in Deutschland sind am Sinken, denn BASF steht vor der Zerschlagung und viel andere Industrie hier wird wegen steigenden Energiepreisen schrumpfen oder Europa verlassen.

    Alles Kuscheln unserer Regierung wird den Niedergang nur beschleunigen. Sie könnten für Deutschlands Interessen kämpfen, aber dann bläst ihnen scharfer der Wind aus Westen ins Gesicht und dafür sind die begabten Karrieristen über alle Parteien hinweg, die „regierungsfähig“ sind und das künftige Personal stellen könnten, nicht gemacht.

    1. So sieht das aus. Oskar Lafontaine hat das heute sehr schön auf den Punkt gebracht: „Wer sich selbst nicht achtet, wer die Selbstachtung verliert, wird verachtet.“ (https://www.nachdenkseiten.de/?p=93602) Und schlichte Vasallen werden halt früher oder später gnadenlos ausgeweidet. Es ist durchaus erstaunlich, wie so etwas passieren kann, ohne dass die Bevölkerung aufmuckt. Wahrscheinlich geht das nur durch umfassende Medienzensur, wie z.B. inzwischen auch bei heise.

      Gruß,
      ein ebenfalls Heise-Vertriebener.

      1. Einen Punkt muss ich korrigieren. Pistorius (und Konsorten) werden nicht ausgeweidet, sie lassen nur das Volk ausweiden. Auf das sie einen Meineid geschworen haben.

  6. Wieder einmal wird über Kriegsspielzeug gesprochen, das hin und hergeschoben werden soll und heidenmäßig Geld kostet. Aber DARÜBER kein Wort. Über den schlechten Stil des Polen sollte sich SPD-Pistorius nicht beschweren. Wenn er es immer noch nicht begriffen hat, hat er es nicht anders verdient.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert