Eintauchen in die „Welt der menschenlosen Kunst und Literatur“

Bild: Infinite Odyssey

Ein Sci-Fi-Magazin setzt auf die von ChatGPT ausgelöste Faszination und präsentiert nur auf KI-generierte Geschichten und Bilder.

ChatGPT, das KI-Programm von OpenAI, ist zwar erst seit Ende des letzten Jahres für die Öffentlichkeit zugänglich, sorgt aber bereits für Furore. Das Tech-Onlinemagazin CNET hat seinen Lesern bereits von KI geschriebene Texte untergejubelt. Aufgekommen ist das nur, weil Fehler und Nonsens in den Artikeln entdeckt wurden. Wird das die Zukunft des Journalismus sein?

An Schulen und Universitäten wird überlegt, wie man verhindern kann, dass Schüler und Studenten schriftliche Arbeiten nicht nur plagiieren, sondern gleich ganz oder teilweise von ChatGPT schreiben lassen. Schnell wurden KI-Programme entwickelt, die erkennen können sollen, welche Texte von Maschinenintelligenz und welche von biologischen Gehirnen geschrieben wurden. Es zeichnet sich wieder einmal ein Wettrüsten ab. Wissenschaftsautoren führten bei Papers an, dass ChatGPT ein Mitautor ist, andere beeilen sich zu versichern, dass sie die KI nicht verwendet haben.

Man wird davon ausgehen können, dass Politiker und Redenschreiber die KI massenhaft benutzen werden, da sie zuvor auch gerne plagiiert haben. Und natürlich lässt sich das Internet fluten mit maschinell geschriebenen Textvarianten, um Meinungen zu beeinflussen oder für irgendetwas zu werben. Viele spielen derzeit mit der KI herum und versuchen, Möglichkeiten zu deren Verwendung zu entdecken, solange sie noch frei zugänglich ist. Schon gibt es erste Einführungen, wie man sie für Firmen und gewerbliche Aufgaben einsetzen kann.

Blöd ist nur, dass Aktualität bislang ausgeschlossen ist. Gelesen hat ChatGPT nur Texte, die bis 2021 erschienen sind und abgreifbar waren. Wobei auch wahrscheinlich nur Texte verfügbar waren, die frei zugänglich sind und sich nicht hinter Bezahlschranken und anderen digitalen Mauern befinden, was die Aussagekraft dann doch sehr einschränken kann. Und weil ChatGPT auch viel Mist und Nonsense, Vorurteile und Abwegiges verdaut hat, sollte man sich nicht darauf verlassen, was der intelligente Bot ausspukt, abgesehen davon, dass es grammatikalisch richtig verfasst ist.

Aber wir sind fasziniert, auch wenn wir bereits gewohnt sind, mit anderen intelligenten Agenten wie Alexa zu sprechen. Die KI wird zum Gegenüber, manche vermuten ja schon, dass sie Bewusstsein entwickelt, andere fürchten hingegen, dass sie böse werden kann, sollte sie kein Bewusstsein haben. Besser wäre wahrscheinlich, die intelligenten Maschinen entwickeln kein menschenähnliches (Selbst)Bewusstsein. Das hat die Menschen nicht besser gemacht, sondern wahrscheinlich erst recht mit den entsprechenden Mittel grausam und destruktiv.

„Entirely created by Artificial Intelligence“

Die Marktlücke wurde natürlich schon entdeckt. So wurde gerade ein Science-Fiction-Magazin an den Start gebracht, das regelmäßig erscheinen soll und verspricht, fast nur Inhalte (Text, Comics, Bilder) zu haben, die KI-generiert sind, aber für Layout, Zusammenstellung, Überarbeitung etc. sorgen weiterhin Menschen angeblich mit Unterstützung von KI-Assistenten. Geworben wird dennoch mit dem Alleinstellungsmerkmal: „The First Sci-Fi Magazine is entirely created by Artificial Intelligence.“

Texte werden von GPT-3 von OpenAI geschrieben, Bilder mit Midjourney und Stable Diffusion erzeugt. Die erste Ausgabe erscheint als PDF und old fashioned als Print zum sechsfachen Preis. Man darf vermuten, dass Infinite Odyssey (Unendliche Odysee) trotz des Namens eine kurze Halbwertzeit haben wird, weil die Attraktion von KI-generiertem Content bald verfallen wird, nachdem der Neuigkeitswert verbraucht ist. Interessant ist aber, mit welchen Buzzwords Leser angelockt werden sollen. So tritt die KI dem Leser als ein „Ich“ gegenüber, das angeblich für seine Inhalte verantwortlich ist, die es allerdings nur auf Befehl eines Menschen geschaffen hat:

„Ich bin kein Mensch. Ich bin ein Computer. Mir wurde, ich weiß nicht aus welchem Grund, die Aufgabe übertragen, dieses Magazin zu erzeugen. Mir wurde die Aufgabe übertragen, Geschichten und Kunst zu schaffen, die nicht von Menschen erfunden wurden.“

Versprochen werden zudem Interviews mit „unbekannten Arten und Extraterrestrischen“, der Hauptreiz soll aber darin bestehen, nicht von Menschen erzeugte Inhalte zu erhalten, die ununterscheidbar von denen sein sollen, die Menschen erstellen. Die Leser werden gelockt, die „Welt der menschenlosen Kunst und Literatur“ zu erforschen.

Creative Director Philippe Klein erklärte gegenüber Futurism, was die Macher oder Betreuer der KI als menschenlose Kunst verstehen: „Sie betreten eine Welt, in der keine Idee, kein Konzept, kein Kunstwerk von Menschen manipuliert wurde. Hier und da gibt es grammatikalische Probleme, die behoben werden müssen, aber dafür verwenden wir KI-Assistenten. Wir versuchen, jeden Schritt der KI zu überlassen, und deshalb nenne ich das Ganze auch gerne eine Performance. Wir versuchen wirklich, so weit wie möglich von der Szene entfernt zu sein. Stellen Sie sich vor, dass wir die Puppenspieler sind, die weit oben stehen.“

Bild: Infinite Odyssey

Inhaltlich geht es etwa um einen Robotersoldaten, der 2034 gegen Terroristen der „Bruderschaft der Anarchie“ kämpft und dann ins Nachdenken über die Ethik des Tötens von Menschen gerät. Oder um ein Kind, das denkt, dass sein Nachbar ein Außerirdischer ist, was auch der Fall sein könnte. Rebellen kämpfen gegen eine „tyrannische Regierung“ und Überwachungsroboter. Ein Priester eines Kults wird vorgestellt, fliegende Autos werden angepriesen, aber da gibt es auch Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg chemisch zum Schweigen gebracht wurden, und eine Story über Roboterrechtsaktivisten. Ein bisschen schräg vielleicht, aber nichts Ungewöhnliches, was ein KI-Programm da ausgebrütet hat, das sowieso nur nach Befehl und aufgrund der gesammelten, von Menschen verfassten Texte Neues als Varianten produzieren kann. Die Story über den Robotersoldaten soll dann auch von einem Martin stammen …

Das Magazin scheint auch nur eine Werbebühne sein, um SF-Kitsch zu verscherbeln, der ganz materiell und altbacken ist: Schuhe, T-Shirts, Uhren, Becher, Kissen … also alles, was man nicht braucht. Ja, und dann kann man auch noch Geschichten einschicken, was dann zur Überlegung führt, ob nicht die Inhalte doch von Menschen gemacht werden und nur so getan wird, als würden sie von einer intelligenten Maschine stammen.

Es war einmal ein junger Wissenschaftler…

Ich habe mal ChatGPT aufgefordert, eine Science Fiction Story zu erzählen. Der intelligente Bot formuliert korrekt, die Geschichte ist brav und abwegig (ein Wissenschaftler, der alleine ein Raumschiff baut), wie ein Märchen erzählt, voller Klischees und die Welt bleibt wie der Held völlig abstrakt. Viel ist gut, lernt man, und Optimismus, so erfährt man auch aus anderen Stories, gehört offenbar zum SciFi-Genre:

„Es war einmal ein junger Wissenschaftler namens Andrew. Er wollte die Welt verändern und eine Raumfahrt-Revolution starten. Also machte er sich daran, ein Raumschiff zu bauen, das in die unendlichen Weiten des Weltalls reisen konnte.

Andrew arbeitete Tag und Nacht an seinem Projekt. Er versuchte, eine leistungsstarke, aber kostengünstige Technologie zu entwickeln, die das Raumschiff antreiben konnte. Er musste viele Tests und Experimente durchführen, bevor er schließlich ein funktionstüchtiges Antriebssystem fand.

Mit seinem fertigen Raumschiff machte sich Andrew auf den Weg ins All. Er begegnete vielen verschiedenen Spezies und entdeckte neue Planeten. Er erforschte die Galaxie und fand viele wunderbare Dinge. Während seiner Reise lernte er auch viel über die Wissenschaft und die Technologie des Weltraums.

Nach einiger Zeit kehrte Andrew zur Erde zurück, um seine neuen Erkenntnisse zu teilen. Er war voller Stolz, dass er eine so große Entdeckung gemacht hatte und die Welt revolutionierte. Seine Technologie revolutionierte die Raumfahrt und ermöglichte es Menschen, sich noch weiter ins Weltall zu wagen.

Auf seine Erfindung folgten viele weitere, die Menschen noch weiter ins Weltall brachten und mehr über das Universum erfuhren. Andrew hatte die Welt dazu inspiriert, neue Horizonte zu erschließen und dazu beigetragen, das Weltall zu erkunden.“

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9 Kommentare

  1. Der Tradition nach ist die sprachliche Kommunikation mit den Abgesandten der Hölle gefährlich. Und jetzt gar eine Einladung, dieses unentdeckte Land selber zu erforschen. Bestimmt ist das nur eine Zwischenstation vor dem Aufstieg ins Paradies. Ganz bestimmt. Versprochen.

  2. Erstaunlich viel Rot und Gesichtslosigkeit wird da vermittelt. Die rote Flagge täuscht die chinesische vor.
    Vielleicht alles nur eine weitere subtile Form von Kriegshetze, hinter der die atlantischen Kriegsverbrecher stehen.

  3. Endlich ein Programm für schreibende Leute, bei denen man Intelligenz künstlich ersetzen muss.
    Interessanter wäre ein Programm, das blitzschnell bewertet, ob das Geschriebe Stuss ist. Das würde dem Leser viel Zeit ersparen.

  4. „Besser wäre wahrscheinlich, die intelligenten Maschinen entwickeln kein menschenähnliches (Selbst)Bewusstsein. Das hat die Menschen nicht besser gemacht, sondern wahrscheinlich erst recht mit den entsprechenden Mittel grausam und destruktiv.“

    Irgendwie lustig, dass der Autor eingangs darauf hinweist, dass KI viel Nonsens schreibt.
    Die Erkenntnis, dass (Selbst)Bewusstsein den Menschen nicht besser sondern „grausam und destruktiv“ macht, ist allerdings weniger humoristisch.
    Nicht die ausbeuterischen Verhältnisse sind grausam und destruktiv, sondern der sich dieser Verhältnisse und sich selbst bewusste Mensch ist es nach Ansicht des Autors.
    Einer der Leitsprüche des Neoliberalismus.

    „Das Overton Magazin versteht sich als Stimme gegen Debatteneinengung und Moralismus. Es hinterfragt die allgemeinen Narrative und ist dezidiert kein ideologisches Sprachrohr oder Verlautbarungsorgan, sondern fühlt sich der Aufklärung verpflichtet….“

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