
Der Planet ist Schauplatz der Entfaltung von technisch geprägten Umwelt-Systemen. Diese sind immer besser voraussagbar und bestimmen das Leben der Menschen immer weitgehender. Zu einer Buchveröffentlichung mit dem Thema „Planeten Denken“
Der Medientheoretiker Armen Avanessian und der Lyriker Daniel Falb konzipieren in ihrem gemeinsam verfassten Buch „Planeten Denken“ gewissermaßen die zeitgemäße Version einer „Bedienungsanleitung“ des Raumschiffs Erde, die Richard Buckminster Fuller Ende der sechziger Jahre formuliert hat. Mit der ikonografisch gewordenen Fotografie des ganzen Planeten von außen durch Apollo 8 1968 trat der Diskurs des planetarischen Denkens in eine neue Phase. Was vorher abstrakte Weltanschauung war, wurde nun im wahrsten Sinne des Wortes anschaulich durch ein massenmedial vermitteltes Ereignis (Die fotografische Serie „Pale Blue Dot“ von 1990 zeigte eine Außenperspektive des Planeten aus noch größerer Entfernung).
Fuller benutzte die Metapher des Raumschiffs, um das ganze System der Beziehungen zu erfassen, das die Erde darstellt. Sie bedeutet auch, dass die Bedingungen dieses Raumschiffs zum Teil von ihren mit Intelligenz begabten Passagieren gesteuert werden können. Sein Diskurs hatte sowohl ökologische als auch kosmomologische Dimensionen – zum Beispiel darin, dass die Erde nur in ihrer Beziehung zum „Mutterschiff“ Sonne existiere. Fuller betonte die Notwendigkeit „zu antizipieren, welche Konsequenzen sich aus einer steigenden Zahl von Alternativen ergeben“ und brachte das Thema der „Vorschau-Fähigkeiten“ auf – ein Thema, dem Avanessian / Falb mit dem Begriff der „Hyper-Antizipation“ einen weiteren Dreh geben. Auch die Rückwirkung von Entwicklungen der Gesellschaft auf individuelle Lebensumstände war schon ein Anliegen bei Fuller. Ohne den Begriff zu gebrauchen war er ein Vordenker des „Anthropozäns“, der die ganze Planetenoberfläche einbeziehenden Gestaltungsmacht der Menschheit. Damit eröffnete Fuller auch eine neue Perspektive in der Debatte um den Stellenwert der Natur, zu der auch Avanessian / Falb mit ihrer Version einer „Naturphilosophie 4.0“ beitragen wollen.
Die beiden Autoren bringen weitere konzeptionelle Gesichtspunkte in die Diskussion um das Planetarische, in dem sie den Anspruch stellen, „eine erdumspannende Geschichte der Gegenwart zu beschreiben, die nichtmenschliche Akteure und Materialien – Handlungsträger von anderer Größenordnung und Ontologie als Menschen – einbezieht“. Sie gehen über die jetztzeitgebundene Orientierung des planetarischen Denkens hinaus. Sie öffnen den Blick auf die vergangene Geschichte der Erde und fordern den Einbezug der „Astrobiologie“: „der jungen Wissenschaft, die das Leben auf der Erde als bloß einen Beispielfall von Leben im Universum begreift und als verallgemeinerte Lebenswissenschaft über Entstehungsbedingungen sowie evolutionäre Verläufe von Leben auf habitablen Planeten nachdenkt“.
Und sie kommen zu einem neuen Verständnis von Zukunft, in dem sich mittels Computersimulationen in der „Hyper-Antizipation“ immer größere Potenziale für Lebenschancen vorhersagen lassen. Sie verbinden ferner diese Idee mit der Vorstellung einer „biografischen Tiefenzeit“ – siehe den Untertitel des Buches –, da die Biografien der Subjekte sich immer mehr mit diesen technokulturellen Potenzialen vernetzen und durch sie bereichert werden – in einem Ausmaß, das in früheren Zeiten nicht möglich war. In gewisser Weise gewinnen sie damit den Zukunftsbegriff zurück und sprengen die Vorstellung einer „breiten Gegenwart“ zwischen einer in der Wahrnehmung „blockierten“ Zukunft und einer übermäßig präsenten Vergangenheit (so der Literaturwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht).
Einen Planeten bewohnen
Auf Planeten leben und diese bewohnen ist für die Autoren nicht dasselbe. Die Menschheit nähert sich erst noch dem zweiten, sie war bisher nicht informiert genug, um sich als Bewohner bezeichnen und verstehen zu können. In der jüngsten Geschichte hat sich das geändert. Über Jahrtausende konnte die Menschheit nichts an den planetarischen Verhältnissen ändern, schon aus dem Grund, dass sie diese nicht verstanden haben. Dann kam es zur technischen „Explosion“ im seitdem anhaltenden Prozess der Industrialisierung. Eine immer umfassendere Manipulation von Umwelt-Bedingungen war zu beobachten, wenn auch in ihren negativen Folgen nicht intendiert, was in der Folge eine neue ökologische Sicht auf den Planeten erzeugte.
Avanessian / Falb haben aber nicht nur eine Perspektive von außen nach innen auf das Erdsystem, sondern auch eine Perspektive nach außen – aber auf eigentümliche Art. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich auf die vermutete Menge habitabler Planeten, auf denen Leben entstehen kann oder die von Menschen bewohnt werden können (wenn man von den heutigen Bedürfnissen von Humanoiden ausgeht). Der Wert ihres Planetendenkens ist, das gesamte evolutionär-transitorische Geschehen zum Thema zu machen. Aber letztenendes sie sind nicht konsequent genug, was die Implikationen betrifft.
Die Ausweitung der Biografie
Avanessian / Falb machen einen Aspekt stark, die bisher in der Diskussion zu wenig berücksichtigt wurde. Wenn ein Planet aus ihrer Sicht „bewohnbar“ wird, hat dieser Prozess auch eine neue biografische Qualität. Planetarische Gesetzmäßigkeiten und Biografie kann man nicht länger parallel denken, sondern sie sind zunehmend als miteinander vernetzt zu begreifen. „Naturgeschichte entfaltet sich heute in der temporalen Größenordnung einer einzelnen Biografie, vorangetrieben und beschleunigt von der Entbiologisierung der kollektiven Intelligenz.“ Wegen der Beschleunigung der technosystemischen Entwicklungen wird die Zukunft auch des eigenen Lebens immer transparenter und damit auch ihr möglicher Verlust deutlicher. Wie schon gesagt, verweist der Untertitel des Buches darauf, dass die Zukunft immer besser und immer umfangreicher vorhersagbar wird. Durch diese Hyper-Antizipation wissen die Menschen immer besser, was es in Zukunft an Möglichkeiten und Problemen geben wird (und was sie im Falle des individuellen Todes ab einem bestimmten Zeitpunkt verpassen werden). Die jeweils nachrückenden Generationen haben größere Potenziale zur Verfügung, die immer besser bestimmbar sind.
Doch warum nennen Avanessian / Falb diese abzusehende Bereicherung der Lebensgeschichte „Tiefenzeit“? Der Begriff stammt eigentlich aus der Geologie und bezieht sich auf die langen Zeiträume der Erdgeschichte. Tiefenzeit weist bei ihnen in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit. In einem Telepolis-Interview („Zukunftstüchtig? Was wir bei Konflikten sehen müssen“) redet Avanessian selbst „von zwei exorbitant unterschiedlichen Zeitdimensionen“. Geht es nicht eher um die Latenz von Entwicklungen, die sich in der aktuellen Gegenwart abzuzeichnen beginnen und die ihren Einfluss auf das Leben der Menschen entfalten werden? Die Frage bleibt auch, warum die Menschen sich immer besser ihrer Chancen bewusst werden können, es aber kaum tun. Vielleicht überwiegt heute allgemein bzw. in der westlichen Welt ein ökologischer Pessimismus, der ein positives Zukunftsdenken überlagert, wie es noch in den sechziger Jahren bestand.
Avanessian / Falb sind jedenfalls der Meinung, dass die Menschen durch diese Potenzialisierung in den äußeren Umständen immer mehr ein Produkt derselben werden, was sie „radikaler Externalismus“ nennen; die Techniken bestimmten die Subjekt-Geschichte, ja, das Subjekt selbst, was wohl einen Prozess darstellt, der sich hinter ihrem Rücken vollzieht. Wenn die Naturgeschichte aber immer stärker die Subjekt-Geschichte bestimmen soll, besteht nicht die Gefahr der Manipulation? Avanessian / Falb vergessen nicht politische Aspekte. Sie stellen die Frage: „welche Planeten-Zukunft soll zu wessen Gunsten wirklich werden?“ Und sie hoffen, dass „der Naturgeschichte dieses Planeten gemeinsam eine bestimmte Richtung“ gegeben werden kann. An einer Stelle führen sie eine „intelligente Planwirtschaftlichkeit“ an – als „Entlastung“ von (kultur)evolutionären Prozessen und „Schutz“ vor naturgeschichtlicher Entfaltung. Über die „Subjekte“ einer solchen politischen Transformation äußern sie sich aber nicht.
Was heißt „Naturphilosophie 4.0?“
Kommen wir nochmal auf die Doppelbedeutung des Titels zurück: das Nachdenken über Planeten steht neben dem „Denken“ der Planeten selbst. In einer Modellvorstellung den Planeten zu subjektivieren, wäre ein Versuch, überraschende Perspektiven auf den Gegenstand zu gewinnen. Avanessian / Falb wollen den Planeten als eigenständige Entität sehen, nicht nur als Naturobjekt. Der Planet ist in ihrem Sinne nicht nur tote Materie, sondern er ist das unbelebte Lebendige. Man kann den Planeten folglich als großes Subjekt betrachten, das der Menschheit in der Evolution gegenübertritt. Und die planetarische Natur wird zur großen Erzeugerin erklärt, die alle Artefakte der technischen Zivilisation hervorbringt. CERN oder Tinder werden zu neuen Naturphänomenen erklärt. Der Planet wird damit zu einer „Wunschmaschine“ gemacht, die weit über das hinausgeht, was Fuller mit dem Wort Raumschiff meinte.
Ihre Antwort ist ein weiterer Versuch im ewigen philosophischen Ringen, die Subjekt / Objekt-Beziehung aufzuheben: Mensch hier – Natur dort. Die Bezeichnung 4.0 bezieht sich auf verschiedene kulturhistorische Stadien des Denkens über Natur (2.0 meint ihre anvisierte Beherrschung durch die Subjekte im Zuge des wissenschaftlich-technischen Fortschritts seit der Renaissance; 3.0 die Entstehung neuer Wissenschaften wie Biologie oder Geologie ab 1800). In der Konsequenz ihrer eigenen Naturphilosophie übertreiben sie aber die Einbettung von Subjekten in die Umwelt, sie betonen den Wert des Planeten zu stark. Avanessian / Falb liefern Schaubilder zu diversen Transitionen, evolutionären Phasen, durch die der Planet mit teils enormen Auswirkungen gegangen ist. Das ist eindrucksvolles Material. Aber die weitere Naturaneignung durch die menschlichen Subjekte und durch ihre Artefakte ist nicht vorhersagbar; eine Dominanz des Planeten über die Subjekte ist so nicht gegeben. Indem sie die Natur des Planeten verabsolutieren, umgehen sie zwar die Dichotomie Natur / Kultur, aber sie können das Spezifische der menschlichen (und damit der zukünftigen maschinellen) Einwirkung an der aktuellen Transition nicht erfassen. Zudem geraten sie in einen Zirkel, wenn sie fragen: „Sind erdähnliche Planeten nicht genau die Orte im Universum (…), die geradezu bereit sind für die Intervention der intelligenten Zivilisationen, die sie erzeugt haben?“
Wie ist das zu erklären? Erst auf der letzten Seite des Buches taucht – etwas überraschend für uns – der Lacansche Begriff des Begehrens auf. Das Begehren ist etwas, das antreibt, aber subjektiv unerfüllbar ist. Es gäbe mit Avanessian / Falb den Wunsch, also das Begehren, die planetarische Zukunft zu sehen. Wenn diese nur durch das große Subjekt Planet realisiert werden kann, geht das Wünschen durch die einzelnen Subjekte und auch die in Objekten verwirklichte kollektive Intelligenz hindurch. Was wird aber begehrt? Die reale Zukunft oder nicht doch nur die symbolische Ordnung der Hyper-Antizipation? Es existiert hier eine Spannung zur Doppelbedeutung des Titels; dieser könnte auch heißen „Planeten Begehren“.
Die Zufallsserie bei der Erdentstehung
Es ist plausibel, um jede Sonne eine habitable Zone anzunehmen. Daraus folgt für Avanessian / Falb die Annahme einer großen Serie von Planeten im Universum, die in dieser um ihren Stern kreisen müssen. Aber auf einem habitablen Planeten existieren zu können, ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Entstehung von Leben. Es mussten im Falle der Erde weitere Rahmenbedingungen dazukommen, um nicht nur den genetischen Code, sondern auch – Milliarden Jahre später – die menschliche Selbstreflexion hervorzubringen. Dass diese Rahmenbedingungen gegeben waren, ist das Resultat einer kosmischen Zufallsserie: die Autoren erwähnen selbst, dass „Stabilisationsfaktoren im Fall der Erde: Mond, Plattentektonik, keine häufigen Asteroideneinschläge“ ein Faktor waren.
Einen Planeten, der sowohl über eine äonenalte Biosphäre als auch über selbstreflexive Wesen verfügt, kann man ob seiner Seltenheit exzentrisch nennen. Ihr Diktum, man müsse allein das planetarische Potenzial „voll ausschöpfen“, ist merkwürdig planetenfixiert. Warum den Planeten nicht verlassen? Wenn die Realisation der Potenziale DIESES Planeten so wichtig ist, warum dann überhaupt die Serie von habitablen Planeten? Diese Serie ist irrelevant, da sie nur vereinzelt den Biosphären- und Intelligenzprozess in Gang setzen kann.
Entbiologisierung der Intelligenz
Eine weitere interessante Idee von Avanessian / Falb ist die „Entbiologisierung kollektiver Intelligenz“. Sie geben als Beispiel den Buchdruck an, der einen Quantensprung in der Informationsspeicherung darstelle. Nach dem Buchdruck sei der Computer gekommen. Der nächste Sprung sei nun Künstliche Intelligenz als „Eingriff in Denkprozesse“, was sie als Ersetzung menschlicher Fähigkeiten verstehen. Die Entbiologisierung bringe zudem neue Potenziale mit sich, die sich verstärkt mit den individuellen Lebensgeschichten verbinden können. Die beiden Autoren gehen allerdings nicht darauf ein, ob die Entbiologisierung eine intelligente künstliche Entität hervorbringt, mit eigener „Biografie“ gewissermaßen. Die abzusehende Autonomisierung des Maschinensystems wird von ihnen nicht berücksichtigt, obwohl sie nicht-menschliche Akteure mit einer anderen Ontologie anerkennen und an einer Stelle beispielsweise von „KI-Weltkriegen“ schreiben.
Die Entbiologisierung der kollektiven Intelligenz bedeutet aus unserer Sicht zudem eine Entplanetarisierung und eine Entmaterialisierung. Die Ausweitung der Technosphäre ins Kosmische erfolgt seit über hundert Jahren schon mittels elektromagnetischer Wellen. Das Raumschiff Erde stellt einen großen Sender von Radio- und Fernsehwellen dar. Buckminster Fuller hatte schon darauf hingewiesen, dass „sich die wachsende Akzeleration der physischen Umweltveränderungen (…) zu 99,9 Prozent in Realitätsbereichen des elektromagnetischen Spektrums, die nicht direkt von den menschlichen Sinnen wahrgenommen werden können“, vollziehe. Diese Dimension findet bei Avanessian / Falb seltsamerweise keine Erwähnung.
Gegen die Idee, dass postbiologische intelligente Entitäten die Galaxien über eine Reproduktion von Sonden kolonisieren, wenden sie ein, dass damit die Ausdehnung des Universums unterschätzt werde, was die Reisedauer der Sonden betrifft. Diese veralteten angesichts der parallel stattfindenden Entwicklung kollektiver Intelligenz auf der Erde. Das kann sein, schließt aber die spekulative Möglichkeit aus, dass solche von Neumann-Sonden während ihres Fluges auch einer Evolution unterliegen können. Es stimmt, dass bessere Technologien der Raumfahrt auf der Erde erfunden werden können nach dem Start der Sonden; diese können die ausgesendeten Artefakte in den kosmischen Weiten jedoch „überholen“ – ein Paradox, was schon in der Science Fiction-Literatur ausgemalt wurde. Das Potenzial liegt nicht im Planeten, sondern in dem sich in Zukunft bildendenden Netz von Planeten und ihren Technosphären, an denen Maschinen und Menschen beteiligt sind, in den Sonnensystemen der Galaxis.
Armen Avanessian / Daniel Falb: Planeten Denken. Hyper-Antizipation und Biografische Tiefenzeit, Merve Verlag, Leipzig 2024
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Für mich ist die Erde ein Lebewesen in Lebensfeindlicher Umgebung : https://de.m.wikipedia.org/wiki/Gaia-Hypothese und wie es aussieht ist der Vorgang einzigartig.
Jaja, und wir sind die Flöhe in Gaias Pelz.
Was würde wohl mit der Erde passieren wenn ein Floh davon König Midas wäre?
Mal rein Wissenschaftlich betrachtet.
https://youtu.be/9sf-3Q8EcAE
PS. Kauft Gold!
Kauft Popcorn 🍿
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Goldverbot
Wie verbietet man Gold?
Frage für einen Freund der von solchen Sachen keine Ahnung hat.
Willst du ein Gesetz schreiben du Clown?
Der Barfuß Guru Cody Lundin, hat ein Buch (When All Hell Breaks Lose) geschrieben, da beschreibt er wie nutzlos das Gold ist wenn es kein Markt mehr gibt!
Oder wolltest du dir Softeis und Liebesperlen dafür kaufen wenn der Nukleare Winter in dein Vorratskeller zieht?
In den USA wurde 1933 im „Emergency Banking Act“ der private Goldbesitz verboten.
Kauft Klo-Papier! Bei so viel Scheiß was auf der Erde geschieht,
Gold kann man auch nicht essen!
Wieder so ein kapitalistischer Einwand von Jemand, der gar nichts kapiert hat.
Man kann es aber gegen Lebensmittel eintauschen. Bedrucktes Papier NICHT!
Aus irgend einem Grund habe ich mich beim Lesen des Textes gefragt, ob die beiden Naturphilosophen 4.0 und Bedienungsanleitungs-Spezialisten wohl wissen, wie man einen Kompost aufsetzt oder eine rechte Mischkultur anlegt. Sei`s drum.
Morgen ist Wurzeltag, da kommen Pastinaken und Möhren in den Boden. Die haben mehr Nährwert und Mehrwert als die neoliberalen Philosophenschnacker, die das äonenweite planetarische Potenzial „voll ausschöpfen“ und das auch noch planetenfixiert. Was für postbiologische hyperintelligente Entitätentröten. 🙂
Für Heise-Nostalgiker: Und jetzt macht mich rot!!!1!11
Die Erde braucht uns nicht, aber wir die Erde mit all den unglaublichen Dingen, von denen wir leben: Eine Atmosphäre, die uns vor der tödlichen UV-Strahlung der Sonne schützt, Luft zum Atmen, ein Klima, das die meisten Regionen lebenswert macht, dadurch die Möglichkeit, Gemüse, Obst anzubauen, Viehzucht zu betreiben etc., alles aufzuzählen würde jeglichen Rahmen sprengen!
Und ich gehöre nicht zu den Personen, die faseln: „DER“ Mensch macht alles kaputt, nein, es sind insbesondere die nimmersatten Kapitalisten-Schweine, die Clique der Reichen, die primär für soziale Schweinereien, Klimawandel, Kriege und allgemeine Umweltzerstörung verantwortlich sind, das muss einem immer bewusst sein!
Und wenn man’s doch mal verallgemeinern will, folgender Uralt-Kalauer. Treffen sich zwei Planeten, sagt der eine: „Meine Güte, Du siehst ja echt übel aus, was ist los?“, sagt der andere: “ Ich hab‘ Mensch!“, antwortet der erste: „Ach, kein Problem, das geht von selbst vorbei!“
In diesem Sinne!
Es gibt keinen Klimawandel nur Wetter das wir durch Geoengineering verändern.
Ersetze Klimawandel durch Umweltschutz.
Nur, das ergibt Sinn!
Bei der Anzahl von Planeten alleine in unserer Galaxy, halte ich es für typisch menschlich selbstherrlich, von Einzigartigkeit zu reden.
Man merkt es auch, wenn man über UFOs redet. Kommen die von außerhalb der Erde? Woher denn sonst??
Nein die Mehrheit der Menschen sind völlig pathologisch selbstvergötternd. Da kommen auch die Kriege her.
Was für ein Geschwulst.
Man kann jedes Thema verbalisieren und das kommt dann dabei heraus.
Rob Kenius https://kritlit.de
Ah, hier kommen wieder die Technokraten, die sich für die transhumanistische Agenda stark machen und diese mir ihrem Unsinn bewerben.
Danke, dachte ich auch, das ist ein ziemlich lebensfeindliches Gefasel, das dafür wirbt, wir müssten das bisher gut funktionierende natürliche System durch reine Technologie ersetzen, als gebe es kein morgen und unendlich Ressourcen und am Ende müssen wir dann für die Luft zum Atmen bezahlen, weil die Algen, die das umsonst machen, durch Roboter ersetzt wurden.
Klingt wie die Hölle, ein Planet mit nur einer einzigen Lebensform.
Würde allerdings nicht funktionieren, also feuchte Technokratenträume.
Es gab 2013 eine tolle Ausstellung in Berlin, „The Whole Earth. Kalifornien und das Verschwinden des Außen“. Auch der Katalog dazu ist sehr zu empfehlen: Es wird die Verbindung aufgezeigt zwischen Kybernetik, Popkultur der späten 60er bis hin zum Versuch technokratischer World-Governance-Ansätze, ausgehend aus Nordkalifornien (Silicon Valley), im Geiste der sog. „Kalifornischen Ideologie“.
Wenn ich mehr als zehn Jahre später darüber lese und recherchiere, denke ich unwillkürlich: Oh je, damit fing also alles an…
Typisch auch der abstrakte Blick von ganz weit oben, welcher, zumindest für mich, an Faszination verloren hat. Man möchte zurück zu den konkreten Dingen vor Ort, im Sinne von „Clean your room“ eines Jordan Peterson. Insofern wird auch klar: Der abstrakte, traumtänzerische Blick von oben, während man Konkretes nicht in den Griff bekommt, ist geradezu zu einer Kerneigenschaft der Neulinken nach ’68 geworden – im Gegensatz zu Neukonservativen wie eben Peterson (über die man natürlich genauso Schmunzeln darf).
Da auch Overton vermehrt in die planetarische Abstraktion flüchtet, muss ich davon ausgehen, dass das Magazin ein entsprechendes Publikum bedienen möchte.
Egal ob man sie nun akzelerationistische- oder transhumanistische Technokraten nennt, denn das gehört wohl zusammen, … es wurde bereits entsprechend kommentiert:
Leserbriefe zu “Postfeministisches Kaffeekränzchen”
21. April 2025 um 14:00 Ein Artikel von: Redaktion
Es gibt Ereignisse, die es trotz ihrer Absurdität in die Tagesthemen schaffen. Man angle sich einen Milliardär, lasse sich ins Weltall schießen und verkaufe das als „feministisches Signal“ unter dem Deckmantel der Welten- und Klimarettung. Jens Berger kam nicht umhin, zu dieser „Kirmesveranstaltung“ eine Glosse zu verfassen. Herzlichen Dank für Ihre Zuschriften, zusammengestellt von Ala Goldbrunner.
1. Leserbrief
Liebe NDS,
Jens Berger bringt es wieder einmal auf den Punkt – bravo.
Die Erklärung liefert er allerdings schon am Beginn des Artikels, indem er auf den ersten Affen im Weltall verweist.
Nach Lektüre des gesamten Artikels war mit dann klar, dass sich die meisten Affen von vielen Menschen wohl nur durch die Behaarung unterscheiden.
Das Gute an den behaarten Affen ist jedoch, dass sie nicht massenweise Geld zum Fenster rauswerfen und unsere Umwelt ruinieren.
Mein Vorschlag: würde man Affen trainieren, mit einem Zeigestock auf alternative politische Entscheidungen auf einer Tafel zu zeigen – weitaus weniger kompliziert und viel transparenter, als das Orakel von Delphi (das u.a. im Oval Office arbeitet) – hätten wir eine durchaus tragfähige Alternative zu Pseudodemokratie und Autokratie zur Verfügung.
Damit Dank und Grüße,
H. Rudolf
2. Leserbrief
… eine Posse, ich hätte nie gedacht, dass Frauenrechte zu so etwas verkommen könnten. Aber seit Annalena und Kaja, Uschi &Co …. was soll man da erwarten.
“Abheben” – wie wär’s mal mit einer harten Landung für diese Vorreiterinnnen phallisch verzückter Mutterschaft?
Oder gar grünen “Freiwilligen”-Einsatz an einer beliebigen Front?
Ich staune nur noch über die Möglichkeiten, die diese Welt bietet zwischen Armut und Reichtum, Tod und ewigem, transhumanen Leben. Ist das realer Wahnsinn?
Schön, dass es die NDS gibt, es hilft, nicht so allein zu sein.
Christa D.
(…)
https://www.nachdenkseiten.de/?p=131820
Die Leserbriefe beziehen sich auf folgende Veröffentlichung:
Postfeministisches Kaffeekränzchen im All
16. April 2025 um 12:01
Sechs schwerreiche Amerikanerinnen werden ins „All“ geschossen und diese Kirmesveranstaltung, die sich selbst als „feministisches Signal“ verkauft, schafft es sogar bis in die deutschen Tagesthemen. Mit an Bord waren nämlich die Popsängerin Katy Perry und eine gewisse Lauren Sánchez, bekannt als Verlobte des je nach Börsenkurs reichsten, zweitreichsten oder drittreichsten Mann der Welt, dem Amazon-Gründer Jeff Bezos, dessen Weltraum-Touristik-Unternehmen „Blue Origin“ die postfeministische Sause veranstaltet hat. Nach dem Flug schwärmte Sánchez von einer „Pionierleistung von Frauen und Müttern, die alles erreichen können“. Ob das die Arbeiterinnen bei Amazon, die letztlich den mehrere Millionen Dollar teuren dekadenten Ausflug mit ihren Hungerlöhnen erst ermöglicht haben, auch so sehen? Willkommen in der Endzeit. Eine Glosse von Jens Berger.
https://www.nachdenkseiten.de/?p=131690
Es geht um das immer weiter so, wie gehabt:
Grenzenloses Wachstum im All: Obsessionen reicher Männer
01. Juni 2021 Christopher Stark
Bezos, Branson, Musk: Turbokapitalistischer Größenwahn und die journalistische Verehrung seiner Agenda am Beispiel eines öffentlich-rechtlichen Radiosenders. Ein Kommentar
(…)
Ökonomie im Weltall?
Die Behauptungen der „Weltraum Ökonomen“ werden in diesem Beitrag als tatsächliche, alternativlose Perspektive für die Zukunft des Wirtschaftens der Menschheit insgesamt dargestellt. Dies wird mit der Bestimmtheit und vermeintlichen Sicherheit von Apologeten des Weltraum-Kommerzes untermauert, beziehungsweise mit Aussagen von Wirtschaftsakteuren, die offenbar von Profitinteressen geleitet werden.
Die Erde sei endlich, wenn also die Weltwirtschaft und die Bevölkerung wachse, sei das Weltall die einzige Möglichkeit, wo es hingehen könne, sagt in dem Beitrag Amazon-Gründer Jeff Bezos, dem das Weltraum-Unternehmen Blue Origin gehört. Dafür habe er bereits eine „radikale Idee“, heißt es in dem Beitrag:
„Jegliche Schwerindustrie wird von der Erde ausgelagert. Die Erde selber wird als raumplanerisch als Wohngebiet und für leichte Industrie ausgewiesen werden.“
Der Amazon-Gründer besitzt bereits ein obszönes Vermögen von rund 145 Milliarden Euro. Und er will mehr, wie er es hier offen ausspricht. Natürlich schiebt er andere Gründe vor. Vermutlich, weil es nicht gut ankäme, wenn er sagen würde, er wolle ins All expandieren, um persönlich noch reicher und mächtiger zu werden.
Die Idee, die Schwerindustrie in All zu verlagern wird von Bezos dargestellt, als wäre die Planung dafür lange bekannt, unumstritten und quasi schon unter Dach und Fach. Natürlich handelt es sich nach heutigem Stand hingegen um reine Science-Fiction. Ob das jemals klappen kann und ob das sinnvoll ist, sei mal dahin gestellt. Derzeit ist es weder möglich noch realistisch.
Es verwundert auch nicht, dass der Gründer des Unternehmens Amazon, in dem täglich tonnenweise fabrikneuer Artikel vernichtet werden, einen unbegrenzten Anspruch auf den Verbrauch von weiteren Ressourcen, nun auch extraterrestrischen, erhebt.
(…)
Was aber sehr wohl ein Wachstumsmarkt ist, ist der Markt für Raketen- und Satellitenanbieter, in dem sich inzwischen auch viele sogenannte Startups tummeln – auch hierzulande
Allerdings ist hier auch wieder fraglich, wie viele dieser Unternehmen, die mit Wagniskapital hochgejazzt werden, am Ende überleben. Praktisch alle dieser Unternehmen sind im Bereich von Satelliten oder Raketenstarts aktiv, also realen Branchen, in denen schon seit Jahrzehnten Umsätze und Gewinne generiert werden, und deren Produktion von Technologie auf der Erde stattfindet. Zum Thema der privaten Satellitenanbieter kommt in dem Beitrag der frühere Nasa-Chef Jim Bridenstine zu Wort: „Wir wollen auch eine Vielzahl von Anbietern, die miteinander im Preiswettbewerb stehen, im Bereich von Innovationen und im Bereich von Sicherheit“, sagt er.
Erläutert wird das in dem Beitrag so:
Dahinter steckt ein strategisches Ziel: in den Anfängen war Raumfahrt ein staatliches Monopol, das in erster Linie Kosten verursachte. Die Rolle des Staates soll jetzt sein, die Strukturen und Bedingungen zu schaffen, dass sich ein Markt entwickeln kann.
(Bayern 2 / Breitengrad)
„Unser Gesamtziel ist unsere Aktivitäten im erdnahen Orbit zu kommerzialisieren.“
(Ex-Nasa-Chef Jim Bridenstine)
An dieser Stelle wird auch die durch und durch kapitalistische Doktrin deutlich, die vor allem von den zitierten US-Weltraum-Apologeten gepredigt wird. Alles und jeder muss in diesem Weltbild dem Primat des menschengemachten Marktes unterworfen werden. Auch das Weltall soll sich dem nicht entziehen können. Hier scheint es sich um eine Art religiöses Prinzip zu handeln, dass den „freien Markt“ und den Profit als zentrale Säulen des Glaubens definiert.
Im Rahmen dieses Glaubens ist all das, was vom Staat kommt, ineffizient und all das, was privat gemacht wird, effizient und visionär. Eine binäre Weltsicht, die natürlich so nicht der Realität entspricht. Das „staatliche Monopol“ bei der Raumfahrt habe in erster Linie nur Kosten verursacht; aber Forschung und Wissenschaft sollen doch kein Geld einspielen! Die Politische Sichtweise des Autors scheint zu sein, dass alle menschlichen Aktivitäten auch Geld generieren müssten, um Sinn zu ergeben. Ganz im Sinne aktueller neoliberaler Wissenschaftspolitik, welche die Universitäten zu einer Vorstufe des Marktes, zu Spinoff-Agenturen degradieren möchte.
(…)
Kapitalistischer Expansionszwang
Es gehe auch gar nicht darum, heute zu sagen, was man im All tun will, und dann die Infrastruktur dafür zu bauen, drängt Jeff Bezos:
„Die Aufgabe unserer, meiner Generation ist es, die Infrastruktur zu bauen. So dass die Möglichkeiten geschaffen werden. Wir werden eine Straße ins All bauen.“
(Jeff Bezos / Bayern 2 / Breitengrad)
Diese Aussage sollte bei Betrachtung ihrer Konsequenzen fassungslos machen. Hunderte Milliarden oder gar Billionen sollen laut Bezos auf gut Glück investiert werden, mit allen katastrophalen Folgen für Umwelt und Klima. Und dann wollen wir mal sehen, was man mit dieser Infrastruktur so anfangen kann. Das ist fataler Fortschritts- und Größenwahn. Herrn Bezos mit diesen Worten unkommentiert zu zitieren ist mindestens unkritischer Journalismus.
(…)
Was will man auf dem Mond? Was auf dem Mars? Nicht zuletzt glaubt man, dass es dort große Mengen wertvoller Metalle und die für die Elektronikindustrie so wichtigen seltenen Erden gibt.Statt erst mal ein vernünftiges Recycling für Lithium-Ionen-Akkus und Smartphones auf der Erde einzuführen, verschwendet man lieber mit ungezügeltem Konsumwahn alle knappen Ressourcen unseres Planeten und wendet noch mehr Ressourcen auf, um vielleicht irgendwann weitere Ressourcen von einem andern Planeten beziehen zu können.
Das ergibt einfach keinen Sinn. Man macht hier drei Schritte vor dem ersten und könnte sich zwei Schritte sparen, wenn man das Ressourcenthema gleich richtig angehen würde und zwar ohne Wachstumsideologie, sondern mit der Einsicht, dass Recycling und Sparsamkeit, vielleicht sogar Verzicht ein Fortschritt sein kann.
(…)
Aber die Problematik von Ressourcenverbrauch und Umweltschutz auf der Erde für die angeblich nahende Weltraum-Expansion wird vollständig ausgeblendet. Was definitiv nicht stimmt, ist die Aussage, dass nationale Eitelkeiten und Geopolitik beim „Rennen ins All“ heutzutage keine Rolle spielen würden. China etwa sieht sich mit seinem autoritären Turbo-Kapitalismus mit kommunistischem Deckmantel sehr wohl als Gegenentwurf zu westlichen Gesellschaften und zum liberalen oder rheinisch geprägten Kapitalismus. Und im Westen sieht sich die Mehrheit ebenfalls als Gegenentwurf zu den autokratisch-staatsinterventionistischen Marktwirtschaften.
Auch in Russland sieht man das eigene Land als Machtblock, der im Wettbewerb zum Westen, insbesondere den USA steht. Im Beitrag wird es aber so dargestellt, als würde jene vermutete „neue Dimension de Globalisierung“ zu einer Welt führen, in der alle Interessen ähnlich seien, in der alles zu einem großen Marktplatz würde. Ganz so, als führe die Globalisierung die Menschheit zusammen, wohingegen sie in Wirklichkeit mit brachialer Ungerechtigkeit und Härte die Menschheit spaltet.
Narzissten mit ökonomischer Macht
Wer sind diese Milliardäre, die das Thema der ökonomischen „Eroberung“ des Alls so vehement vorantreiben? Und steckt neben der kapitalistischen Logik nicht auch eine psychologische Komponente in ihrem Engagement? Und welche Psychologie steckt dahinter? Es ist schon auffällig, dass man bei den drei Protagonisten ähnliche Persönlichkeitsmuster erkennen kann. Vor allem sind es Elon Musk mit SpaceX („Wenn die Regeln so sind, dass du nicht vorankommst, dann musst du gegen die Regeln kämpfen“), Jeff Bezos mit Blue Origin („Das Leben ist zu kurz, um sich mit Leuten abzugeben, die nicht einfallsreich sind“) und Richard Branson mit Virgin Galactic („Wenn dir deine Träume keine Angst machen, sind sie zu klein“).
Es liegt der Verdacht nahe, es könnte sich bei diesen Herren um Größenwahnsinnige, medizinisch ausgedrückt um Narzissten grandioser Ausprägung handeln. Viele Persönlichkeiten dieser Art streben an, in Gesellschaft und Beruf an hohe, einflussreiche Positionen zu gelangen – und nicht wenige von ihnen schaffen dies auch. Dies wird von Seiten der Wissenschaft als sehr problematisch angesehen:
„Narzissten grandioser Ausprägung sind über-selbstbewusst und verlassen sich häufig auf ihre eigene Intuition, wenn sie Entscheidungen treffen. (…) Sie übernehmen in Organisationen häufig Führungspositionen. Diese Tendenzen können Organisationen, die sie leiten, einem Risiko aussetzen.“
(Charles A. O’Reilly / Nicholas Hall, Ökonomen der Stanford University)
Es klingt also fast, als solle die Menschheit in ein wahnwitziges Abenteuer von Ressourcenverschwendung und Umweltkatastrophe hineingezwungen werden, das maßgeblich von wenigen reichen Männern mit Persönlichkeitsstörung vorangetrieben wird.
(…)
Ihr Traum würde bestehende Probleme dramatisch verschärfen
Fassen wir also zusammen: Derzeit gibt es einen Hype um die Expansion kapitalistischen Gewinnstrebens ins All. Dieser Hype wird unter anderem maßgeblich von einigen „charismatischen Führungspersönlichkeiten“ vorangetrieben, die nicht frei sind von Eitelkeit und Geltungssucht, um es mal freundlich auszudrücken. Die Menschheit soll mit hohem Ressourcenaufwand in ein Abenteuer gezwungen werden, das bestehende Umwelt- und Ressourcenprobleme verschärfen würde. Insbesondere in Bezug auf Klimawandel und soziale Ungerechtigkeit.
Die Gläubigen eines angeblich goldenen Zeitalters im Weltall sind entweder Handlanger oder direkte Profiteure, wie eben die genannten Silicon-Valley-Ideologen und Multimilliardäre. Sie gedenken ihr futuristisches Süppchen auf dem Rücken der Menschheit zu kochen und sich ganz nebenbei einen Platz in den Geschichtsbüchern zu erkaufen. Auch die US-Raumfahrtbehörde Nasa spielt mit ihrem Fokus auf den Mars und außerirdischen Welten dieses Spiel mit. Dass es auch anders geht, zeigt der Fokus der europäischen Raumfahrtbehörde Esa, der vornehmlich auf Erdbeobachtung und Analyse von Umweltproblemen und Klima auf unserem Planeten liegt.
Es fällt den Weltraum-Kapitalisten offenbar leicht, von den Problemen und Herkulesaufgaben abzulenken, die auf der Erde gelöst werden müssen, wenn sie vermeintliche Lösungen gedanklich „einfach“ ins All verlagern. Vielleicht auch, weil große Teile der medialen Öffentlichkeit die technokratische Fortschrittsideologie teilen und in ihrem Denken sehr stark von Science-Fiction-Literatur und -Filmen beeinflusst sind.
https://www.telepolis.de/features/Grenzenloses-Wachstum-im-All-Obsessionen-reicher-Maenner-6059615.html?seite=all
Ein Jammer daß Menschen im All nicht überleben können, weshalb ja in aktueller popkultureller Science Fiction auch die Anpassung des Menschen dafür propagiert wird.
Wenn einen das eigene Denken zu sehr fortträgt …
Zu philosophisch, zu spekulativ.
Es hört sich vordergründig sehr positiv an: Chancen, Potentiale… Das klingt bei den Neoliberalen auch immer an: Krisen bieten Chancen…
Ich kann den ideologisch verbrämten Endzeitpropheten nichts abgewinnen, den Technikoptimisten schon gar nicht. Und wenn man systemische Aspekte komplett vernachlässigt, wird die Zukunft bloß ein Sci-Fi-Roman ohne Tiefe. Wir müssen die Systemfrage stellen, ansonsten ist der Kampf der Systeme unsere Zukunft.
Ich sag’s jetzt mal ganz platt : was für ein pseudo-intellektuelles und technokratisches Geschwafel.
“ Sie öffnen den Blick auf die vergangene Geschichte der Erde und fordern den Einbezug der „Astrobiologie“: „der jungen Wissenschaft, die das Leben auf der Erde als bloß einen Beispielfall von Leben im Universum begreift und als verallgemeinerte Lebenswissenschaft über Entstehungsbedingungen sowie evolutionäre Verläufe von Leben auf habitablen Planeten nachdenkt“. Mit anderen Worten : Spekulation. Wäre da ein Science-fiction-Roman nicht angebrachter ?
„Und sie kommen zu einem neuen Verständnis von Zukunft, in dem sich mittels Computersimulationen in der „Hyper-Antizipation“ immer größere Potenziale für Lebenschancen vorhersagen lassen“. Ach ja, die lieben Computer-Simulationen. Die haben uns ja gerade in der jüngeren Vergangenheit soviel Freude bereitet. Und der Rest des Satzes klingt wie von der Werbebranche-Resterampe.
„Über Jahrtausende konnte die Menschheit nichts an den planetarischen Verhältnissen ändern, schon aus dem Grund, dass sie diese nicht verstanden haben“. Wieder mal ein hübsches Beispiel für die so weitverbreitete Arroganz sich selbst wahrscheinlich als intelligent Einordnender, die sich nicht entblöden, das übliche Pauschal-Urteil abzugeben : daß es sich bei den Menschen aus früheren Zeiten grundsätzlich überwiegend um naive/primitive Dummerchen gehandelt haben muss, die i.d.R. geistig einfach etwas eingeschränkt waren.
Schon mal auf die Idee gekommen, daß es Menschen gibt, die „an den planetarischen Verhältnissen“ gar nichts ändern wollen, weil sie nicht der gleichen Hybris anheimfallen wie die Autoren bzw. deutlich mehr Weltverständnis/-nähe zeigen ?
Vielleicht sollte man die Autoren dieses Buches auch einfach mal einem Turing-Test unterziehen…
Die habitable Zone in einem Sonnensystem ist übrigens nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich beschränkt, zumindest dann, wenn es sich bei den Bewohnern um Zivilisationen handelt, die sich zu 100% von Mikroelektronik und Digitalisierung abhängig gemacht haben.
Siehe dazu z.B.
Vasilyev et al., Sun-like stars produce superflares roughly once per century, Science 2024
Usoskin et al., Extreme Solar Events: Setting up a Paradigm, Space Science Reviews (2023), 219:73
Die Artikel sind Open Access bzw. bei arXiv auffindbar.
Bis zum nächsten „Miyake-Ereignis“ bleibt der Menschheit aber vielleicht noch etwas Zeit, um zur Besinnung zu kommen und wichtigere Probleme zu lösen.
Wider den anthropischen Exzeptionalismus!
Paul Nucleus