Eben noch schnell den Kriegsdienst verweigern?

Bild: Connection e.V.

Die Wehrpflicht ist eine verfassungsrechtlich in Art. 12a GG geregelte Grundpflicht deutscher Bürger (nicht Bürgerinnen). Sie wurde im Jahre 2011 einfachgesetzlich ausgesetzt (§ 2 WPflG), lebt im Spannungs- und Verteidigungsfall (Art. 80a u. 115a GG) aber automatisch wieder auf. Seit Russland Krieg gegen die Ukraine führt und Expert*innen annehmen, dass ein militärischer Test der NATO durch Russland in naher Zukunft bevorsteht, will Deutschland wieder wehrhaft werden.

Im Koalitionsvertrag steht nun ein Modell für den Wehrdienst. Die jungen Menschen in Deutschland lehnen den Wehrdienst aber mehrheitlich ab. Sie haben ein zum Teil sehr transaktionales Verständnis von der Wehrpflicht: Tut Deutschland nichts Spezielles für mich, tue ich auch nichts für Deutschland. Die Pflicht der Bürger, ihren Staat zu schützen, beruht zwar auf Gegenseitigkeit, sie ist aber weniger ichbezogen als vielmehr gemeinschaftsbezogen konzipiert: Der Staat schützt die Freiheit und die Würde seiner Bürger*innen. Wird er von außen angegriffen, kann er als Schutzmacht nur überleben, wenn seine Bürger*innen mit Waffengewalt für seinen Bestand kämpfen. Und deshalb darf er seine männlichen Bürger zum Wehrdienst verpflichten.

Wehrpflichtige dürfen im Gegenzug den Kriegsdienst verweigern, wenn es sie in arge Gewissensnot bringt, andere Menschen im Krieg töten zu müssen (Art. 4 Abs. 3 GG). Die deutsche Verfassung hat mit dem Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung eine selbst für demokratische Rechtsstaaten außergewöhnlich starke Exit-Option für die Wehrpflichtigen geschaffen. Es verwundert nicht, dass nun, da das deutsche Narrativ vom ewigen Frieden hin zur drohenden Kriegsgefahr verschoben wird, die Axt an das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung gelegt wird. Wird es halten, was es verspricht, oder wird es fallen, weil Not letztlich doch kein Gebot kennt, moderne Kriege auch konventionell geführt werden und Masse brauchen? Sollte man noch eben schnell verweigern?

„Zunächst“ das schwedische Modell

Die Koalitionspartner CDU/CSU und SPD hatten sich während der Koalitionsverhandlungen schwer beharkt und ihre Vorstellungen von einer neuen Wehrpflicht wechselseitig als halbgar, unausgegoren oder als Stückwerk attackiert. Im Koalitionsvertrag steht deshalb jetzt ein dilatorischer Formelkompromiss. Die Koalitionsfraktionen „schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert“ (Zeile 4149).

Die Wehrtüchtigkeit Deutschlands wird also erst einmal langsam hochgefahren mit einer abgespeckten Variante der schwedischen Värnplikt. Das ist klug, denn für eine allgemeine Wehrpflicht ist eine entsprechende Infrastruktur – Wehrerfassung, Wehrüberwachung, Kasernen, Übungsplätze, Ausbilder*innen, Material – erforderlich. Sie muss sukzessive aufgebaut werden. Der neue Wehrdienst geht auf einen Gesetzesentwurf aus dem BMVg aus der letzten Legislaturperiode zurück. Er verfolgt mehrere Ziele. Das wichtigste Ziel ist, durch eine bei der Bundeswehr automatisierte Wehrerfassung und Wehrüberwachung eine belastbare Datengrundlage zu allen wehrpflichtigen Männern und wehrwilligen Frauen zu erhalten. Alle Männer und Frauen ab einem bestimmten Jahrgang werden daher kontaktiert. Die Männer müssen verpflichtend einen Fragebogen ausfüllen und signalisieren, was sie können und ob sie bereit sind, zu dienen – entweder als Berufs- oder Zeitsoldat oder als Freiwillig Wehrdienstleistender. Gemustert und eingezogen wird dann ausschließlich auf freiwilliger Basis. Der im Gesetzesentwurf so genannte Basiswehrdienst soll zwischen sechs und 23 Monaten dauern. Die Frauen füllen den Bogen nur aus, wenn sie das wollen.

Diese Unterscheidung nach Geschlechtern orientiert sich am geltenden Recht. Die Wehrpflicht kombiniert nämlich mehrere Rechtspflichten miteinander (§ 3 Abs. 1 WPflG). Zu ihrem Kern gehören die Pflichten, sich mustern und einziehen zu lassen. In ihren Randbereich fällt die Pflicht, sich erfassen zu lassen. Da die Wehrerfassung also Teil der Wehrpflicht ist, und diese Pflicht Frauen insgesamt nicht adressiert, verzichtet der Gesetzgeber ihnen gegenüber auch auf die Pflicht, den Erfassungsbogen ausfüllen zu müssen. Zweites Ziel der Wehrerfassung ist es, mehr Freiwillige für den Bund zu gewinnen. Zielgröße sind zunächst 5.000 Freiwillige mehr pro Jahr. Eine schrittweise Erhöhung dieser Zahl ist in dem Gesetzesentwurf eingepreist. Verfassungsrechtliche Probleme mit dieser deutschen Variante der Värnplikt gibt es nicht. Die Frage ist eher ob das Modell funktionieren wird, oder ob die Bundeswehr die Quote derer, die sich freiwillig verpflichten wollen, nicht längst ausgeschöpft hat.

Plan für eine Kontingentwehrpflicht

Die CDU/CSU favorisiert deshalb eine „richtige Wehrpflicht“ für den schnelleren Aufbau einer größeren Armee mit einer hohen Aufwuchsfähigkeit aus der Reserve. Ihre Lösung ist die Kontingentwehrpflicht. Das Kontingent der einzuziehenden Soldaten orientiert sich dabei ausschließlich am Bedarf der Bundeswehr. Es soll eine Bestenauslese unter allen Wehrpflichtigen stattfinden. Die Kontingentwehrpflicht setzt die Aufhebung der Aussetzung der Wehrpflicht aus § 2 WPflG voraus. Deckt das Kontingent an freiwilligen Besten den Bedarf der Bundeswehr nämlich nicht, wird zwangsweise rekrutiert. Das Modell ist nicht neu. Bereits im Jahr 2000 schlug die Kommission zur Strukturreform der Bundeswehr eine juristisch stark umstrittene Auswahlwehrpflicht vor. Die Kontingent- oder Auswahlwehrpflicht widerspricht in ihren Zwangskomponenten nämlich dem Verfassungsgrundsatz der Wehrgerechtigkeit. Sie verfassungskonform auszugestalten, wird schwierig sein.

Die Wehrgerechtigkeit ist eine Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG in der Sonderform der allgemeinen Lastengleichheit Alle wehrpflichtigen Männer sollen gleichermaßen die Last tragen müssen, sich durch den Wehrdienst darauf vorzubereiten, das Vaterland mit Waffen zu verteidigen. Im Frieden werden nie alle jungen Männer eingezogen. Das erscheint nicht gerecht. Berechnet wird die Wehrgerechtigkeit, indem man die Zahl aller aus einem Jahrgang zwangsverpflichteten Männer ins Verhältnis setzt zu der Zahl aller Männer aus einem Jahrgang, die der Bundeswehr tatsächlich zur Verfügung stehen. Tatsächlich stehen der Bundeswehr nur diejenigen Männer zur Verfügung, die keine der vielen Wehrdienstausnahmen in den §§ 9 bis 13a WPflG für sich reklamieren können; also weder untauglich, ausgeschlossen, befreit, zurück- noch unabkömmlich gestellt sind. Die Zahl der zwangsweise zum Wehrdienst Verpflichteten muss der Zahl der tatsächlich zur Verfügung stehenden Wehrpflichtigen zumindest nahekommen (BVerwG 6 C 9.04). Mit anderen Worten: Es darf keine allzu große Lücke entstehen zwischen denen, die nach den festgelegten Kriterien im WPflG theoretisch eingezogen werden müssten, und denen, die faktisch eingezogen werden. Das gilt auch für den Fall, dass der Personalbedarf der Streitkräfte mit wenigen Zwangsrekrutierten schon gedeckt ist. Von 1991 bis 2009 sank die Zahl der Grundwehrdienstleistenden in Deutschland von 210.981 auf 68.304 Mann. Wie von Zauberhand sank die Zahl der tatsächlich zur Verfügung stehenden jungen Männer in diesem Zeitraum gleich mit. Der Gesetzgeber hob nämlich die Tauglichkeitsschwelle für den Dienst an und erweiterte das Set an Kriterien für Wehrdienstausnahmen.

Die Zahl der zwangsweise zu rekrutierenden Wehrpflichtigen orientiert sich selbstverständlich immer am Personalbedarf der Streitkräfte. Denn deren Funktionsfähigkeit hat Verfassungsrang (BVerfGE 69, 1). Entsteht eine zu große Lücke zwischen den Eingezogenen und den Nichteingezogenen, weil der Personalbedarf gering, die Jahrgangsstärke aber hoch ist, kann der Gesetzgeber durch eine Vermehrung der Wehrdienstausnahmen diese Lücke stopfen. Der Personalbedarf der Streitkräfte allein darf aber nicht über die Menge der Zwangsrekrutierungen entscheiden. Die Wehrgerechtigkeit ist als zweiter Verfassungsgrundsatz zu berücksichtigen. Obwohl der Gesetzgeber im Wehrpflichtgesetz über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügt, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG von ihm deshalb eine „enge und überschaubare, normative Ausgestaltung der Ausnahmen von der Wehrpflicht“. Die allgemeine Wehrpflicht nach Art. 12a Abs. 1 GG muss also vor allem eins bleiben: allgemein. Will der Gesetzgeber eine Kontingentwehrpflicht mit Bestenauslese regeln, kann er dies nicht ohne Weiteres tun, indem er z.B. die Tauglichkeitskriterien auf T1 anhebt oder – je nach Verwendungsprofil, das die Bundeswehr benötigt – differenziert. Damit würde er die allgemeine Wehrpflicht in eine individuelle Wehrpflicht verwandeln, die ein Sonderopfer von den je bereichsspezifisch Besten abverlangt. Das wäre ein Verfassungsverstoß. Deshalb muss die CDU/CSU ihre Kontingentwehrpflicht auch in eine allgemeine Dienstpflicht einbetten, um die tiefen Grundrechtseingriffe in die Berufsfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit der jungen Männer auf alle gleichermaßen zu verteilen.

Eben noch schnell den Kriegsdienst verweigern?

Trotz hoher Kosten ist nicht klar, ob und wann die Wehrpflicht wieder auflebt, wen sie trifft, oder ob und wann unter einem russischen Angriff auf NATO-Gebiet der Spannungs- und Verteidigungsfall eintritt. Es könnte deshalb taktisch klug sein, unter den bislang unverändert geltenden, großzügigen rechtlichen Bedingungen schnell noch den Kriegsdienst zu verweigern. Das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 3 GG schützt den Wehrpflichtigen vor der Not seines Gewissens, im Kriegsfall selbst töten oder einen unmittelbaren Beitrag zum Töten leisten zu müssen. Der BGH hält es in einem Beschluss zur Auslieferung eines ukrainischen Kriegsdienstverweigerers für möglich, dass dieses Grundrecht im Kriegsfall wesentlich entkernt wird.

Ein Grundrecht ist ein Grundrecht ist ein Grundrecht

In Krisenzeiten flirren regelmäßig Begriffe wie Ausnahmezustand oder Staatsnotstand durch die Medien. Sie bedeuten für ein antidemokratisches Mindset à la Carl Schmitt, dass sich die Geltungskraft von Normen auf die Normalität beschränkt. Im Ausnahmezustand dürfen Normen dagegen außer Kraft gesetzt werden, um den Bestand des Staates zu retten. Das ist nicht das Staatsverständnis des Grundgesetzes und gilt erst recht nicht für den Verteidigungsfall. Das Grundgesetz hat sich bewusst gegen eine systemsprengende Generalklausel entschieden, mit der Grundrechte zur Bekämpfung von Notständen suspendiert werden dürften. Und es hat sich durch die Einfügung der Notstandsverfassung von 1968, zu der die Art. 80a und 115a ff. GG für den äußeren Notstand gehören, auch explizit gegen einen Rückgriff auf ungeschriebenes Notstandsrecht in Kriegszeiten ausgesprochen.

Genauso wenig wird die verfassungsrechtliche Grundpflicht aus Art. 12a Abs. 1 GG, die ihr Pendant in der Verweigerung des Kriegsdienstes aus Gewissensgründen findet, von ungeschriebenen und damit für das Verfassungsrecht nicht relevanten besonderen Treuepflichten des Bürgers überlagert (BVerfGE 12, 45 [57 f.]; BGH Beschl. v. 16.1.2025 – ARs 11/24 Rn. 38). Ohne eine eher unwahrscheinliche Verfassungsänderung gilt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung gerade im äußeren Staatsnotstand. Krisenzeiten verführen allerdings dazu, die Gesetzesvorbehalte von Grundrechten umfassender auszunutzen, ihre abwehrrechtlichen Dimensionen stärker einzuschränken und die Gemeinschaftsbezogenheit von Freiheit intensiver zu betonen. Das kann auch dem Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung passieren – entweder durch eine gesetzliche Verschärfung des Anerkennungsverfahrens oder durch eine Beschränkung der Anerkennungspraxis. Die aktuelle Anerkennungsquote von Kriegsdienstverweigerern ist nämlich hoch.

Kriegsdienstverweigerung im Kalten Krieg

Das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung ist vorbehaltlos garantiert und kann in seinem Kernbereich – der Gewissensentscheidung – auch durch die kollidierenden Verfassungsgüter der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr und der effektiven Landesverteidigung nicht eingeschränkt werden (BVerfGE 69, 1 [54 f.]). Nach Art. 4 Abs. 3 S. 2 GG darf der einfache Gesetzgeber allerdings „das Nähere“ regeln. Diese Regelungsbefugnis stellt keinen klassischen Gesetzesvorbehalt dar, über den der Inhalt des Grundrechts eingeschränkt werden könnte. Sie ist nur ein Verfahrensvorbehalt. Der einfache Gesetzgeber darf Vorgaben für das Verfahren zur Prüfung der Glaubhaftigkeit einer Gewissensentscheidung machen (§§ 5 bis 8 KDVG). Er darf ferner das Antragsverfahren ausgestalten, die Zuständigkeiten regeln und normieren, welche Rechtswirkungen die Antragstellung, die Ablehnung eines Antrags und die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer haben.

Im Kalten Krieg hatte die Bundeswehr einen hohen Personalbedarf. Die Deutschen hatten den Alliierten ein Massenheer von einer halben Million Soldaten versprochen. Die Politik sorgte sich deshalb, dass sie wegen eines zu laxen Anerkennungsverfahrens für Kriegsdienstverweigerer der NATO nicht genügend Masse liefern könnte. Entsprechend rigide war die Gewissensprüfung von 1956 bis 1983 ausgestaltet. Jeder einzelne Verweigerer wurde vor einen Prüfungsausschuss zitiert, der im Geschäftsbereich des BMVg angesiedelt war. Sein Gewissen wurde unter dem Vorsitz eines Mitarbeiters aus dem BMVg inquisitorisch ausgeforscht. Die Szenarien, die das BMVg ihn mündlich durchspielen ließ, waren kreativ. Die Prüfungsausschüsse fragten z.B. nach seiner Einstellung zum Tyrannenmord, zum passiven Widerstand gegen eine Besatzungsmacht, die seinen Widerstand durch die Erschießung von Geiseln brechen wolle, nach seiner Bereitschaft, die Ehre seiner Freundin mit Gewalt zu verteidigen, oder warum er Auto fahre, wenn Autounfälle doch Menschenleben forderten. Die behördliche Gewissensprüfung bestanden zeitweise mehr als 40 % der Antragsteller nicht. Die Gegenreaktion der heute als „Boomer“ bekannten Generation war nicht weniger drastisch, um wenigstens als untauglich ausgemustert zu werden. Sie rauchten wochenlang Kette und nahmen Drogen, um ihre Belastbarkeit auf Null zu reduzieren, liefen unaufhörlich mit einem Fuß auf dem Bordstein und dem anderen in der Gosse, um sich manifestes Humpeln anzutrainieren – oder sie flohen nach Westberlin, wo die Wehrpflicht im Kalten Krieg nicht galt.

Als die Zahl der Kriegsdienstverweigerer mit den 1968ern sprunghaft anstieg, kam das inquisitorische Verweigerungsverfahren an die Grenzen seiner Überbürokratisierung. Es musste entschlackt werden. Die SPD schlug eine „Postkartenlösung“ vor. Sie wollte künftig auf eine mündliche Anhörung verzichten. Ihr reichte es aus, wenn der Kriegsdienstverweigerer beim Kreiswehrersatzamt schriftlich anzeigte, dass ihm sein Gewissen verbiete, Wehrdienst zu leisten. Das BVerfG kippte diese Wehrpflichtnovelle (BVerfGE 48, 127): Die Verfassung sehe kein einfaches Wahlrecht zwischen Wehr- und Ersatzdienst vor. Die bewaffnete Landesverteidigung habe als verfassungsrechtliche Grundpflicht Vorrang vor einem zivilen Ersatzdienst für Kriegsdienstverweigerer. Der Gesetzgeber habe zwar einen weiten Gestaltungsspielraum, wie er die Feststellung der Gewissensentscheidung organisiere. Er müsse aber „ausschließen, daß der wehrpflichtige Bürger den Wehrdienst nach Belieben verweigern kann“ (BVerfGE 48, 127 [168 f.]). Der Wehrdienst mit der Waffe muss also der Regelfall sein, die Verweigerung die lästige Ausnahme bleiben. Das Verfahren zur Prüfung des Gewissens muss dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis widerspiegeln. Im Klartext: Den Verweigerern darf ihr Ausstieg aus der bewaffneten Landesverteidigung nicht zu leicht gemacht werden.

Kriegsdienstverweigerung heute

Seit 1983 ist das schriftliche Anerkennungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer die Regel. Es wird vom Bundesamt für zivilgesellschaftliche Aufgaben, einer zivilen Behörde im Geschäftsbereich des Bundesfamilienministeriums, durchgeführt. Das Verfahren auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen läuft seit 2003 für alle Statusgruppen – aktive Soldat*innen, Reservist*innen und ungediente Wehrpflichtige – gleich. Eine Gewissensentscheidung ist dem (Wahrheits-)Beweis zwar nicht zugänglich. Trotzdem ist der Antragsteller in der Beweispflicht. Er muss jegliche Zweifel des Bundesamtes an der Ernsthaftigkeit seiner Gewissensentscheidung und an der Glaubwürdigkeit seiner Person aus dem Wege räumen. Das BVerwG verlangt, dass Kriegsdienstverweigerer ihre persönliche Entwicklung, ihre Lebensführung und ihre Motive darlegen und aufdecken, wer oder was ihre Entscheidung beeinflusst hat (BVerwG 6 B 55.20). Der Begründungsaufwand für gediente Soldat*innen ist hier höher, denn sie haben mit ihrem Dienst an der Waffe bereits signalisiert, dass sie eigentlich kein Gewissensproblem damit haben, andere Menschen im Krieg zu töten. Sie müssen deshalb darlegen, welches Schlüsselereignis ihre innere Umkehr ausgelöst hat. Das gilt auch für Reservist*innen. Bleiben im schriftlichen Verfahren Zweifel, können die Antragsteller*innen mündlich angehört werden. Können sie die Zweifel nicht ausräumen, wird ihr Antrag abgelehnt (§§ 5-8 KDVG).

Eine wiederbelebte Wehrpflicht trifft deutsche Männer zwischen dem 18. und dem 60. Lebensjahr (§ 3 Abs. 5 WPflG). Für ungediente und noch nicht gemusterte Wehrpflichtige gilt für eine Verweigerung des Wehrdienstes nach Art. 4 Abs. 3 GG folgender Verfahrensablauf: In der Regel können sie ein halbes Jahr vor ihrem 18. Geburtstag einen Antrag stellen (§ 2 Abs. 4 KDVG), danach jederzeit. Die Antragstellung hindert nach § 3 Abs. 1 KDVG weder die Erfassung des Wehrpflichtigen noch seine Musterung. Im Gegenteil. Auf die Antragstellung folgt die Musterung. Das für die Verweigerung zuständige Bundesamt wird aus ökonomischen Gründen nämlich erst tätig, wenn feststeht, dass der Antragsteller für den Wehrdienst überhaupt zur Verfügung steht, vor allem also tauglich ist. Deswegen muss der Antrag auch beim Karrierecenter der Bundeswehr gestellt werden. Die Bundeswehr leitet den Antrag an das Bundesamt erst weiter, wenn der (notwendig positive) Musterungsbescheid unanfechtbar geworden ist (§ 2 Abs. 6 S. 2 KDVG). Wird der Antrag auf Verweigerung seinerseits dann unanfechtbar abgelehnt, schickt das Bundesamt die Personalakte des Antragstellers an das Karrierecenter der Bundeswehr zurück. Dort verbleibt sie für einen schnellen Zugriff auf ihn im Spannungs- und Verteidigungsfall so lange, bis die Wehrpflicht des Betreffenden endet (§ 12 Abs. 3 KDVG). Nicht jeder potentielle Kriegsdienstverweigerer möchte ohne derzeit dringende Not „im System“ bereits als tauglich gespeichert sein.

Den Ball flach halten

Selbst wenn ein Krieg mit Russland wahrscheinlich sein sollte, steht Deutschland nicht alleine da. Die gesamte NATO wird Europa verteidigen. Zählt man Reserve und paramilitärische Einheiten zu den aktiven Soldat*innen hinzu, ist die NATO mit 8,7 Millionen Soldat*innen aktuell besser aufgestellt als Russland. Dass die alte Massenwehrpflicht wiederkommen wird, ist deshalb unwahrscheinlich. Pläne zur Änderung des WPflG und des KDVG sind derzeit nicht bekannt. Die Fülle an Wehrdienstausnahmen und das schriftliche Regelverfahren nach dem KDVG mit seiner hohen Anerkennungsquote sind also erst einmal auch für den Spannungs- und Verteidigungsfall sicher.

 

Der Artikel ist  zuerst im Verfassungsblog veröffentlicht worden und steht unter der Lizenz CC BY-SA-4.0.

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26 Kommentare

  1. Ich würde ja gern Kriegsdienst leisten aber irgendwas brachte mich zur Ausmusterung….
    Ich lasse mich nicht zwingen im Auftrag zu töten.

  2. Inzwischen sollte klar sein, dass keinerlei Grundrechte sicher sind. Zumindest im Westen treten wir ein in eine Phase dynamischer Rechtsauffassung, neuerdings auch mit der Forderung nach dynamischerer Religionsauslegung.

    Wer nicht die letzten 5 Jahre abseits der Zivilisation gelebt hat, kann das erkennen.
    Es ist nachvollziehbar, dass sich so viele an die altbekannte Vorstellung eines weitgehend konsistenten Rechtssystems halten, weil einfach die offenkundigen Tatsachen so inakzeptabel sind.
    Aber angesichts der „Narrative“, die anstelle von Fakten inzwischen die Maßgaben der Politik begründen -und besonders deren unterkomplexe Logik – sollte man sich an Dantes Zitat halten und für die nahe Zukunft alle Hoffnung fahren lassen.
    Wenn es opportun erscheint, wird kein Grundrecht sakrosankt sein. Die Einsicht in die Nützlichkeit unverletzlicher Rechte schwindet. Die Verlockung, einfache Wege zu gehen, ist groß. Zu viele Entscheider sind nicht nur bereit, sondern geradezu gierig danach, sogenannte „schwere Entscheidungen“ zu treffen. Selbstverständlich nur vordergründig für irgendwelche angeblichen Belange der Bevölkerung, tatsächlich aber meist um ihre Selbstwahrnehmung zu steigern.

    Das alte Paradoxon wirkt dieser Tage besonders intensiv: Je mehr und dringender jemand Macht will, desto weniger ist er dafür geeignet….und die Ausnahmen von dieser Regel sind zur Zeit besonders selten.
    In Deutschland hatten wir schon lange keine mehr.

  3. o.t.
    abgesehen, daß ich neuber und konsorten für antisozial halte(abwesenheit + aktives zerstören von sozialem), was haltet ihr vom abschalten von archiv.org? geht ganz einfach. kommt mal ein trump oder antitrump daher und die geschichte löst sich in nichts auf.

    1. „Was haltet ihr vom Abschalten von Archive.org?“
      es wird nicht abgeschaltet, nur bombardiert.
      Was ich von Neuber und seiner Abschaltung des TP-Archivs halte kann ich hier nicht Schreiben, Obzönitäten sind kein guter Stil.
      Was Webachive.org betritrifft: muss man schauen wie es sich entwickelt.

  4. Nun, sofern man ein bestimmtes Alter überschritten, gesundheitlich nicht mehr ganz fit und/oder nicht gedient hat, sollte man „sicher“ sein. Meine Sorgen gelten eher der jüngeren Generation. Schul-Absolventen sollten zum Studium möglichst ins Ausland gehen und versuchen, eine dortige Staatsbürgerschaft zu bekommen. Heutzutage ist es relativ einfach und man kann in vielen Berufen sogar remote arbeiten. Wer jung ist und in Deutschland bleibt, könnte bald die A-Karte ziehen. Deutsche Eltern mit (zunächst männlichen) Kindern zwischen 10 und 30 (und erst recht die besagten Kinder) sind jedenfalls nicht zu beneiden.

  5. Ein dt. Gericht hat doch mittlerweile beschlossen, daß eine Wehrdienstverweigerung im Ernstfall keinerlei Bestand hat. Von daher, kalter Kaffee ….
    Ein Regierung, die seine Bürger zum Sterben und Töten zwingen kann/will, ist definitiv keine Demokratie, sondern eine Diktatur.

    1. Ich kenne nur einen BGH-Beschluss, der für Aufsehen sorgte und den man irrtümlicherweise so auffassen könnte. Dabei ging es aber um einen Ukrainer, der nicht in sein Heimatland ausliefert werden wollte. Auch wenn die Begründung des Gerichts etwas merkwürdig ist, hat es im Kern entschieden, dass Kriegsdienstverweigerung allein nicht als Asylgrund ausreicht. Der Beschluss lässt sich nicht auf deutsche Staatsbürger, die zur BW eingezogen werden sollen übertragen. Für Artikel 4 Abs. 3 GG gilt zudem Ewigkeitsvorbehalt. Da kann auch ein Gericht nichts dran ändern.

      1. @b_s:
        a.) Der Ewigkeitsvorbehalt gilt nur für die GG Art.1 und 20… Nicht 1 bis 20!

        GG Art. 79(3)
        Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

        b.) Wird doch sowieso aufs GG geschissen! Spätestens seit der „Pandemie“ sollte das jedem klar sein. Arbeitslosen schon viel früher…

          1. „Dieses Grundrecht gehört zum Schutzbereich der Menschenwürde“ also ungefähr so wie die Grundrechte bei Corona respektiert wurden. Ich lach mich schlapp

  6. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Russland die Nato angreift. Sollte allerdings seitens der Nato oder der kriegsgeilen revisionistischen deutschen „Eliten“ etwas „konstruiert“ werden und es wird zur „Verteidigung“ geblasen, werden die Russen angesichts des konventionellen Ungleichgewichts nicht lange fackeln und atomar antworten müssen. Dann hat sich das mit der Wehrpflicht sowieso erledigt. Schütze A… im letzten Glied kann dann nach Hause gehen – wenn er es dann noch findet.

  7. Besser ist das Modell „Freiheitsdienst“ der Grünen
    Gilt bis 67 und (so wie das früher beim normalen Wehrdienst war) kann das dann als Instrument benutzt werden, um die Arbeitslosen dann dort sinnvoll einzusetzen

    „Eine Pflicht, aber viele Möglichkeiten: Jeder zwischen 18 und 67 Jahren in Deutschland soll sich nach dem Willen der bayerischen Grünen-Landtagsfraktion in irgendeiner Weise ein halbes Jahr lang für die Gesellschaft engagieren: „Ob das jetzt der Wehrdienst ist, ob das der Bevölkerungsschutz bei Feuerwehr oder THW oder das Engagieren in der Gesellschaft, in der Jugendarbeit, als Vorlesepatin oder ein FSJ ist – ist den Bürgerinnen und Bürgern dann selbst freigestellt“, erläutert Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze auf BR-Anfrage. “

    Man sollte ganze aber besser das auf ein Jahr erweitern

    1. … und wenn ich mit achtzehn Jahren meinen Wehrdienst für 18 Monate bereits absolviert habe (1982-1984); muss ich dann nochmal den „Freiheitsdienst“ der Grünen machen, oder wird das angerechnet?

    2. Besser ist das Modell „Freiheitsdienst“ der Grünen

      Bei den Grünen wär’ ich vorsichtig: Haben Sie mal nachgefragt, für wessen Freiheit wir einen Diener machen sollen?

  8. Kurz zusammengefasst: Man (m/f/d) sollte verweigern, solange es noch relativ einfach geht. Die vielen Paragraphen verwirren nur, denn – das führt der Artikel korrekt aus – der Staat knetet sich die Ausführung eh so zurecht, wie er gerade (kriegs-)lustig ist. Deshalb ist jeder Verweigerungswillige gut beraten, zur DFG-VK oder ähnlichen Vereinen zu gehen, um sich erklären zu lassen, mit welcher Art von Gewissen man – je nach Weltlage – die besten Erfolgschancen hat.

    Politisch darf man ohnehin nicht argumentieren, wer also die Landesverteidigung für sinnvoll hält, Angriffskriege dagegen nicht vom Grundgesetz gedeckt sieht, sollte solche Feinheiten für sich behalten: Hier wird immer nur verteidigt, egal ob in Jugoslawien, Estland oder am Hindukusch. Nicht mal das Völkerrecht zählt, dafür haben wir gottlob ein „Verteidigungs“-Bündnis:

    Selbst wenn ein Krieg mit Russland wahrscheinlich sein sollte, steht Deutschland nicht alleine da. Die gesamte NATO wird Europa verteidigen.

    Da bin ich ja beruhigt! Wenn also von NATO-Anrainerstaaten „russische“ Öltanker in der Ostsee gekapert werden, wenn deutsche Panzer an einer von NATO-Stäben geplanten Invasion Russlands in Kursk beteiligt waren, verteidigen wir uns lediglich gegen einen Angreifer… ja wo ist er denn? Die Russische Föderation macht keinerlei Anstalten, uns oder unsere „Verbündeten“ zu erobern, gefragt, wann er bis zum Atlantik vorstoßen wolle, winkt Putin nur müde ab.

    Zumindest tun wir alles, um die Russen für einen Angriff zu motivieren. Wenn wir sie dann endlich überredet haben, müssen wir wieder „kriegstüchtig“ sein – so redet der für „Verteidigung“ zuständige Minister, und die Politiker aller Couleur beteuern im Chor ihren glühenden Friedenswillen. Das alles sind gute Gründe, jetzt Nein zu sagen, auch wenn man sich für den Erfolg ein spezielles Paragraphengewissen zulegen muss. Anschließend darf man mit höchstrichterlicher Genehmigung den Tucholsky zitieren: Soldaten sind Mörder!

  9. Dieser Beitrag strotzt bereits in den ersten paar Absätzen von so viel etatistischer, männerhassender, anti-russistischer wie belliphiler Propaganda, Elfenbeinturmsprech, unbegründeten Prämissen und Genderismus, dass man ihn nur als unverdaulich bewerten kann.

    Zur Sache: Ich bin Wehrdienstverweigerer und schwerbehindert. Weder das eine noch das andere Zettelchen wird mich im ominösen „Ernstfall“ vor den Krallen der Trommler und Körperdiebe der Herrschenden schützen. Es ist nur bedrucktes Papier. Papier, das überschrieben, zerrissen und / oder durch andere Zettelchen ersetzt werden kann. Schützen können einen nur zwei gesunde Beine, Geld, Beziehungen, oder massenhafte Verweigerung, deren Eintreten freilich mehr als zweifelhaft erscheint.

    Und noch kurz zu dem Sager:

    Die Szenarien, die das BMVg ihn mündlich durchspielen ließ, waren kreativ.

    Dieses „Durchspielen“ war abscheulich, widerwärtig, männerfeindlich bzw. -beschämend, schlicht dummdeutsch und von den normopathischen Gewaltfantasien dieser Zwangsdienstfanatiker und Lebensverachter geprägt. Wahrscheinlich muss man aber eine Beamtin – also eine Frau, die nie von solchen „rigiden Prüfungen“ betroffen war – sein, um diese Prüfungen heute noch mit dem Gütesiegel „kreativ“ bewerten zu können.

    1. Danke, Altlandrebell! Ich bin einfach nur noch baff ob der Empathielosigkeit und Monströsität. Der Artikel ist schlicht unmenschlich und, wie Sie sagen, unverdaulich: wichtigtuerische Beamtengrosstüterei. Nun, offensichtlich ein Zeitzeugendokument. Was für eine Motivation hätte OT sonst (neben der Provokation seiner Leser)?

      1. Danke für Ihre Rückemeldung!

        Was für eine Motivation hätte OT sonst (neben der Provokation seiner Leser)?

        Manche provoziert es vielleicht nicht, die wollen so etwas hören. Kein Plan. 🤷‍♂️

    2. Noch ein paar Groschen…

      Ich bin jetzt auf rund 30 [sic!] Stellen bekommen, die jede einen eigenständigen Kommentar an und für sich wert wäre. Da das jedes Zeitbudget sprengte, gibt’s jetzt etwas Stakkato zu ein paar von denen, denn bei diesem Artikel reicht mir kein Eimer, keine Wanne, da braucht es schon ein schwarzes Loch.

      Die Wehrpflicht ist eine verfassungsrechtlich in Art. 12a GG geregelte Grundpflicht deutscher Bürger (nicht Bürgerinnen).

      Toll, weil’s in der Verfassung steht, ist’s wohl so und ist’s wohl obendrein auch noch „billig und gerecht“. Der Gesetzgeber hat‘s entschieden (nachts, um halb Elf in der Pause vor dem Fußballelfmeterschießen)! Befehl ist Befehl, Gesetz ist Gesetz und Not kennt kein Gebot.

      Die Autorin adelt die Wehrpflicht zur „Grundpflicht“ und „notwendigen Schutzfunktion“ des Staates – und propagiert nebenbei die Annahme, dass Gewalt die einzige oder beste Lösung für Konflikte sei. Kritik an Zwangsdiensten oder an Gewalt als Lösungsmittel? Fehlanzeige. Dass es andere Wege gäbe, Krisen beizulegen oder ein Gemeinwesen zu organisieren, statt junge Menschen in eine militärische Logik oder sonst irgendeinen Zwangsdienst zu pressen? Ach, egal…

      lebt im Spannungs- und Verteidigungsfall (Art. 80a u. 115a GG) aber automatisch wieder auf.

      Woher stammt denn der Automatismus? Ist der serienmäßig mit eingebaut?

      Er beißt sich auch mit der Aussage weiter unten: „Das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung ist vorbehaltlos garantiert“.

      Entweder ist es vorbehaltlos garantiert oder eben umstritten. You can’t have your cake and eat it. 🤷‍♂️

      Sie haben ein zum Teil sehr transaktionales Verständnis von der Wehrpflicht

      Ich will gar nicht abstreiten, dass die jungen Menschen, die von der neoliberalisierten Nachwendengesellschaft geprägt wurden, bloß in einer Kosten-Nutzen-Form denken. Aber nicht mal die anderen Teile zu thematisieren oder – wenn man schon Nymoen verlinkt – festzuhalten, dass diese Haltung auch schlicht Ausdruck eines antimilitaristischen oder gar pazifistischen Bewusstseins sein könnte, ist schon stark. Stattdessen verfestigt man so das Bild von „der“ Jugend als Bande von Egoisten. Das wird ja ohnehin gerne aufgebaut und abgespielt.

      seit Russland Krieg gegen die Ukraine führt

      Dazu ist nichts weiter zu sagen. Das Geschwätz von Russlands Krieg gegen die Ukraine ist – Geschwätz. Und Propaganda. Wer über 2004, 2014 etc. nicht reden will – der manipuliert.

      und Expert*innen annehmen

      Und die Genderei nervt nicht nur, sie zeigt auch wohin die ach so tolle feministische Außen- und Hochschulpolitik führt: virtue signalling mit jeder Menge radikalisierten Feministinnen, die sich hinter ihrem Schreibtisch verschanzen, Männer als Raubtiere und Monster schmähen, aber diese Raubtiere und Monster gerne sofort auf Pfiff antreten lassen, wenn sie für ihre Interessen irgendwo Kopf und Kragen riskieren und sie „verteidigen“ sollen. Gott, ekelt mich diese Bande an.

      Überhaupt: Der Beitrag ignoriert völlig, dass Männer, die sich der Wehrpflicht entziehen als „feige“ oder „unpatriotisch“ stigmatisiert werden. Ist das nicht eine „Reproduktion toxischer Männlichkeit“? Oder „toxischer Misandrie“? Aber Hauptsache gegenderte Reproduktion!

      dass ein militärischer Test der NATO

      Krieg als „militärischen Test“ zu bezeichnen ist auch ein neues Level für Neusprech.

      will Deutschland wieder wehrhaft werden.

      Wessen Kriegsbudget ist zwischen 2000 und 2022 bereits um 40 % inflationsbereinigt angestiegen? Ich komme nicht auf den Namen des Landes. Es fing mit D an und hörte mit eutschland auf. Vielleicht wissen Sie’s.

      Ich betone es nochmals: Die Mär, die Bundeswehr sei kaputtgespart worden und Deutschland irgendwie kriegsunfähig / -unwillig, ist eine Propaganda-Trope, um mehr Geld und Materialien für den militärisch-industriellen Teil des herrschenden Systems zu generieren.

      Die Pflicht der Bürger, ihren Staat zu schützen, beruht zwar auf Gegenseitigkeit, sie ist aber weniger ichbezogen als vielmehr gemeinschaftsbezogen konzipiert: Der Staat schützt die Freiheit und die Würde seiner Bürger*innen.

      Zwangsdienste sind eine der schlimmsten Formen staatlicher Unterdrückung. Mit ihnen wird die Selbstbestimmung des freien Einzelnen direkt angegriffen, seine Würde geplättet. Hier werden Menschen zu Bürgern und Untertanen gemacht. Zu Sklaven. Die Wehrpflicht – egal ob freiwillig oder zwangsweise – ist ein Werkzeug des Staates, um Machtstrukturen aufrechtzuerhalten und die Bevölkerung in Hierarchien zu pressen.

      Und der Staat schützt gar nichts, am allerwenigsten die Freiheit. Er raubt. Die Freiheit, die Körper, die Häuser, das Geld, die Würde seiner Untertanen. Tag für Tag für Tag.

      Dieser Beitrag legitimiert bloß Zwang durch irgendein Geschwätz von „Gemeinschaftsbezogenheit“ oder die „Notwendigkeit des Staatsschutzes“. Dass hier Menschen versklavt und dazu gezwungen werden für Interessen zu kämpfen, die nicht ihre eigenen sind, wird nicht mal angerissen. Dass es eine erhebliche Geschlechtskomponente gibt – juckt kein Schwein. Doch es sind Männer, deren Leben, Körper und Würde hier geraubt wird. Hier geht es vor allem um männliche Opfer. Also wohl die falschen Opfer.

      Und deshalb darf er seine männlichen Bürger zum Wehrdienst verpflichten.

      Nein, darf er nicht. Der Staat hat kein Anrecht auf meinen Körper. Überhaupt geht mir diese Misandrie auf den Zeiger.

      Die Verfasserin reproduziert unreflektiert die Geschlechterdichotomie des Kriegsdiensts, wonach Männer wohl „natürliche Krieger“ und Frauen (wohl gerade solche hinter dem Schreibtisch) so hilfsbedürftige wie schutzlose Individuen sind. Nebenbei wird Gewalt als männliche Tugend glorifiziert, zumindest die Grundlage für gelegt.

      Mit Sagern wie die Wehrpflicht als „Grundpflicht deutscher Bürger (nicht Bürgerinnen)“ wird die alte Annahme perpetuiert, wonach Männer automatisch die Last des Krieges zu tragen hätten – und wie üblich natürlich ohne diesen Schmu zu hinterfragen. Das ist nicht feministisch, das stärkt einfach nur Geschlechterhierarchien und vor allem stärkt es die Idee, dass Männer entbehrlich seien und ihre Körper irgendwie dem Staat gehörten. Doch nochmals: Der Staat hat kein Anrecht auf meinen Körper! Und ich bin gegen jeden Zwangsdienst – ob für Männer, für Frauen, für Inter, für Männer, Frauen und Inter.

      Die deutsche Verfassung hat mit dem Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung eine selbst für demokratische Rechtsstaaten außergewöhnlich starke Exit-Option für die Wehrpflichtigen geschaffen.

      Da antworte ich nur mit:

      Wir ha’m ein Grundgesetz, das soll den Rechtsstaat garantieren.
      Was hilft’s, wenn sie nach Lust und Laune dran manipulieren,
      Die Scharfmacher, die immer von der Friedensmission quasseln
      Und unterm Tisch schon emsig mit dem Säbel rasseln?
      Der alte Glanz in ihren Augen beim großen Zapfenstreich,
      Abteilung kehrt, im Gleichschritt marsch, ein Lied und heim ins Reich!
      „Nie wieder soll von diesem Land Gewalt ausgehen!“
      „Wir müssen Flagge zeigen, dürfen nicht beiseite stehen!“
      „Rein humanitär natürlich und ganz ohne Blutvergießen!“
      „Kampfeinsätze sind jetzt nicht mehr so ganz auszuschließen.“
      Sie zieh’n uns immer tiefer rein, Stück für Stück,
      Und seit heute früh um fünf Uhr schießen wir wieder zurück!

      Quelle zum Nachhören: hier

      Die Koalitionspartner CDU/CSU und SPD hatten sich während der Koalitionsverhandlungen schwer beharkt

      Spiegelfechterei, die.

      Die Koalitionsfraktionen „schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert“

      Und das Geschwätz von der „Freiwilligkeit“ verschleiert zudem, dass auch – oder: gerade – solche Systeme jede Menge soziale und wirtschaftliche Zwänge nutzen, um Menschen in den Dienst zu pressen. Noch ein Punkt, der im Beitrag unbeleuchtet bleibt.

      Die Wehrtüchtigkeit Deutschlands wird also erst einmal langsam hochgefahren

      Langsam, wenn man dreistellige Milliardenbeiträge bereitstellt. Interessant. Was ist dann „schnell“? Die Billionen-Bazooka? VdL hat übrigens 2014 im Bundestag verkündet, die Bundeswehr sei wehrtüchtig und einsatzbereit. Link kann nachgereicht werden. Oder suchen Sie ihn sich selbst – war in der Haushaltsdebatte im September jenen Jahres, wenn ich mich nicht irre.

      Das ist klug, denn für eine allgemeine Wehrpflicht ist eine entsprechende Infrastruktur – Wehrerfassung, Wehrüberwachung, Kasernen, Übungsplätze, Ausbilder*innen, Material – erforderlich

      Ich brauch noch mehr Eimer!!

      Warum ein Staat überhaupt das Recht haben sollte, Menschen zum Kriegsdienst zu zwingen und für die ganze Infrastruktur drumherum auch noch Milliarden an Geldern und jede Menge sonstige Ressourcen zu verschwenden – ja, das wäre mal eine Frage gewesen, die die Autorin hätte erörtern können.

      zu allen wehrpflichtigen Männern und wehrwilligen Frauen zu erhalten. Alle Männer und Frauen ab einem bestimmten Jahrgang werden daher kontaktiert. Die Frauen füllen den Bogen nur aus, wenn sie das wollen.

      Nur, wenn sie wollen. Muss ist nicht. Nicht, dass beim Nägellackieren noch ein Zacken abbricht… Gott, diese Misandrie ist wirklich nicht auszuhalten.

      Diese Unterscheidung nach Geschlechtern orientiert sich am geltenden Recht.

      Wieder der Rechtssabbel. Nur weil irgendwer irgendeinen Sabbel in Gesetzesform gegossen hat, besagt das gar nicht. Man könnte wenigstens die Rechtsdiskussion aufgreifen oder – wenn man schon der bürgerlichen Logik verhaftet ist – mit anderen Gütern und Paragraphen abwägen. Aber nein, die Unterscheidung orientiert sich am gelten Recht. Das mag so sein oder nicht – aber hinterfragen, könnte man es! Wenigstens eine Unze.

      Es soll eine Bestenauslese unter allen Wehrpflichtigen stattfinden.

      Toll. Das heißt noch mehr Elitenbildung innerhalb eines ohnehin ungerechten Systems. Damit werden die Kosten und Lasten des Krieges noch selektiver verteilt. Geil, geil, supergeil.

      Alle wehrpflichtigen Männer sollen gleichermaßen die Last tragen müssen, sich durch den Wehrdienst darauf vorzubereiten, das Vaterland mit Waffen zu verteidigen.

      Das teutsche Vaterland – wie wäre es noch mit etwas „Die Wacht am Rhein“? Neuauflage: „Die Wacht an der Oder“ (Baerbock‘s-Grampa-Remix).

      Der Russe ist nicht mein Feind, Deutschland weder mein Vater noch mein Land und ich sehe keine Veranlassung hier irgendetwas für die Interessen der Mächtigen zu „verteidigen“. Da ist Nymoen recht zu geben.

      Im Frieden werden nie alle jungen Männer eingezogen. Das erscheint nicht gerecht.

      Alle ranführen, alle verheizen, alle!1!!

      Und ansonsten – warum denn nicht die Damen der Schöpfung? Weil sie ja durch ihre Mutterschaft bereits „Dienst am Volke“ leisteten? Jedes Kind eine Schlacht oder wie?

      Entsprechend rigide war die Gewissensprüfung von 1956 bis 1983 ausgestaltet.

      Hinweis: Es ist absolut entmündigend, wenn Staatsbüttel darüber entscheiden, welche Überzeugungen „glaubwürdig“ sind. Damit ist man auf Gedeih und Verderb dem Staat ausgeliefert. Kriegsdienstverweigerung ist kein bürokratisches Privileg, sondern ein universelles Recht, das keiner staatlichen Prüfung unterliegt. Mein Körper ist kein Auto, das ein TÜV-Siegel braucht.

      Es könnte deshalb taktisch klug sein, unter den bislang unverändert geltenden, großzügigen rechtlichen Bedingungen schnell noch den Kriegsdienst zu verweigern.

      Nochmals: Ich bin Wehrdienstverweigerer und schwerbehindert. Weder das eine noch das andere Zettelchen wird mich im ominösen „Ernstfall“ vor den Krallen der Trommler und Körperdiebe der Herrschenden schützen. Es ist nur bedrucktes Papier. Papier, das überschrieben, zerrissen und / oder durch andere Zettelchen ersetzt werden kann. Schützen können einen nur zwei gesunde Beine, Geld, Beziehungen, oder massenhafte Verweigerung.

      Im Ausnahmezustand dürfen Normen dagegen außer Kraft gesetzt werden, um den Bestand des Staates zu retten.

      Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet. Und wie schnell im Ausnahmezustand, die „Privilegien“ den Bürgern entzogen werden, hat das Pandemieregime gezeigt.

      Und es hat sich durch die Einfügung der Notstandsverfassung von 1968, zu der die Art. 80a und 115a ff. GG für den äußeren Notstand gehören, auch explizit gegen einen Rückgriff auf ungeschriebenes Notstandsrecht in Kriegszeiten ausgesprochen.

      🍿😂🤣

      Wurde das auch Kriegs- und Notzeiten getestet oder ist das Wunschdenken von Paragraphenfummlern?

      Die Verfasserin deutete selbst mehrfach an, dass dieses Recht im Kriegsfall ausgehöhlt und abgeschafft werden kann. Jeder weiß wie schnell Recht bürokratisch eingeschränkt oder umgedeutet wird und nun soll man sich ausgerechnet auf die Notstandsgesetze verlassen, gegen die Zehntausende demonstrierten?!

      Ohne eine eher unwahrscheinliche Verfassungsänderung gilt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung gerade im äußeren Staatsnotstand.

      Nein, tut es nicht. Wie schnell sich ein Parlament selbst entmächtigt oder „unwahrscheinliche Verfassungsänderungen“ wahrscheinlich werden – zeigten die „Lockdowns“.

      Das BVerfG kippte diese Wehrpflichtnovelle (BVerfGE 48, 127): Die Verfassung sehe kein einfaches Wahlrecht zwischen Wehr- und Ersatzdienst vor. Die bewaffnete Landesverteidigung habe als verfassungsrechtliche Grundpflicht Vorrang vor einem zivilen Ersatzdienst für Kriegsdienstverweigerer.

      Da sieht man die Essenz von Jus. Der eine legt die Paragraphen so aus, der andere so und der dritte sagt: „Hier sind meine Paragraphen. Jetzt machen wir’s so.“ Toll.

      Der Wehrdienst mit der Waffe muss also der Regelfall sein, die Verweigerung die lästige Ausnahme bleiben.

      Hierzu vielleicht ein Fünkchen Kritik? Nein?

      Den Verweigerern darf ihr Ausstieg aus der bewaffneten Landesverteidigung nicht zu leicht gemacht werden.

      Bloß keinen entwischen lassen! Bloß nicht!

      Selbst wenn ein Krieg mit Russland wahrscheinlich sein sollte, steht Deutschland nicht alleine da. Die gesamte NATO wird Europa verteidigen. Zählt man Reserve und paramilitärische Einheiten zu den aktiven Soldat*innen hinzu, ist die NATO mit 8,7 Millionen Soldat*innen aktuell besser aufgestellt als Russland.

      Toll! Na, dann kann der kommende Großkrieg ja kommen. Alle Wege führen nach Moskau…

  10. „Selbst wenn ein Krieg mit Russland wahrscheinlich sein sollte, steht Deutschland nicht alleine da. Die gesamte NATO wird Europa verteidigen. Zählt man Reserve und paramilitärische Einheiten zu den aktiven Soldat*innen hinzu, ist die NATO mit 8,7 Millionen Soldat*innen aktuell besser aufgestellt als Russland.“
    Die Ukraine war 2022 vermutlich die stärkste Armee der NATO nach der US Army.
    Hatte ihr nicht viel geholfen. Nach aktuellen Daten sind die Todesraten inzwischen bei 10:1 zu ungunsten der Ukraine. Die Autorin sollte sich mit ihren Zahlenspielen also nicht zu sicher sein.
    Mal ganz davon abgesehen, würden im Fall der Fälle wohl ein paar europäische NATO Länder – ganz im Rahmen von §5 – sehr individuell entscheidene welcher Hilfe sie leisten würden, nämlich bestenfalls ein paar warme Worte.
    Und dafür kann man die Bevölkerung dieser Länder nur beglückten!
    Dem steht der antirussische Fanatismus von UK, F und D entgegen und als wehrfähiger Mann in diesen Länder besteht damit keine Garantie, dass die Machthaber nicht wieder Massen als Kanonenfutter verheizen werden, sollte sie ernsthaft einen Krieg mit Russland beginnen.

  11. Carlo Masala und Kathrin Groh lehren an der gleichen Bundeswehr Universität, nur wo kommt die Zahl 8,7 Millionen NATO-Soldat*Innen her?

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