
Russland und die Ukraine greifen sich gegenseitig mit Hunderten von Drohnen an. Kiew versucht, damit den Krieg nach Moskau und ins russische Hinterland zu bringen, um die Luftabwehrsysteme zu schwächen und Moskau dazu zu bringen, einen Waffenstillstand einzugehen. Der wäre sicherlich für die Ukraine von Vorteil, weil die russischen Truppen an der Front auch durch neue Taktiken weiter vordringen. Noch will die Selenskij-Regierung, unterstützt von europäischen Regierungen und der EU, nicht über territoriale Zugeständnisse verhandeln. Man darf aber davon ausgehen, dass auch in der Ukraine die Bereitschaft dazu wächst, weil eine Fortführung des Kriegs höchstwahrscheinlich bedeutet, dass die Ausgangslage für Friedensverhandlungen noch schlechter werden, zumindest solange Washington nicht wieder massiv die Ukraine unterstützt.
Russland soll zunehmend neue Kamikaze-Drohnen einsetzen, deren Reichweite bereits um die 100 km beträgt. Bislang waren sie auf 30 km beschränkt. Aber es ist nicht nur die Reichweite, die die neuen Drohnen gefährlich macht, sondern auch, dass sie mit maschinellem Sehen autonom auch im Schwarm fliegen, Ziele finden und angreifen können, ohne von Drohnen-Jammern abgewehrt werden zu können.
Allerdings experimentieren die Russen ebenso wie die Ukrainer mit der Drohnentechnik und testen im Krieg real auch Prototypen und halbfertige Flugkörper, berichtet Defense Express: „Das Hin und Her zwischen der fortschreitenden Drohnenkriegsführung und den elektronischen Gegenmaßnahmen spiegelt die allgemeine Dynamik des modernen Schlachtfelds wider, auf dem Software, Sensoren und Signalstörung genauso wichtig werden wie Feuerkraft.“
Der britische Telegraph berichtet von einer neuen Angriffstaktik der Russen in drei Stufen (triple chokehold – dreifacher Würgegriff). Sie soll die ukrainischen Streitkräfte dezimieren und erschöpfen. In der ersten Phase werden Bodenangriffe, neuerdings mit wendigen Motorrädern ausgeführt, Artillerie und Drohnen eingesetzt, um die ukrainischen Truppen in der Abwehr zu binden. Dann werden die Stellungen, in die sich die Soldaten verschanzt haben, mit Drohnen erkundet, Kamikazedrohnen greifen sie an, werfen Minen auf Fluchtwege ab und feuert Artillerie auf ihre Stellungen, um deren Bewegung zu verhindern, um dann als dritten Schritt Gleitbomben mit hoher Sprengkraft einzusetzen, um sie und ihre Stellungen zu vernichten.
„Sich einzugraben und all diese Schutzmaßnahmen sind hervorragend geeignet, um die Zermürbung durch Artillerie oder FPVs zu verringern, doch Gleitbomben werden diese Befestigungen zerstören und die Menschen unter sich begraben“, sagt Nick Reynolds vom Royal United Services Institute (RUSI). Die Soldaten werden in ein Dilemma getrieben, „entweder ihre Stellungen zu halten – und dabei schwere Verluste und die Erschöpfung der Ressourcen zu riskieren – oder mobil zu bleiben, was ihre Gefährdung durch Drohnenangriffe und isolierte Angriffe erhöht“. Die ukrainischen Streitkräfte hätten sich angepasst und würden permanent ihre Position wechseln, was sie allerdings für Drohnenangriffe verletzlicher macht. Der Telegraph meint, dass die russischen Soldaten wenig ausgebildet sind und die Gleitbomben eine hohe Fehlerrate hätten.
Angriff mit Gleitbomben auf Stepnohirsk in der Region Saporischschja.
Interessant ist, was das ukrainische Oppositionsmedium Strana von Soldaten erfahren hat, die an der Front kämpfen und den Drohnenkrieg erfahren. Das unterscheidet sich von der Darstellung des Telegraph, der davon ausgeht, dass die russischen Truppen bei Angriffen große Verluste erleiden:
„Fleischangriffe, bei denen die Russen ihre eigenen Truppen ohne Drohnenunterstützung frontal unsere Stellungen angreifen lassen, kommen zwar immer noch vor, aber immer seltener. Heute beginnen die Angriffe meist anders. Zuerst starten die Russen Aufklärungsdrohnen. Dann werden unsere Stellungen mit KABs (Gleitbomben) beschossen und dicht mit Artillerie gedeckt. Anschließend starten die Russen sofort FPV-Angriffsdrohnen, die alles, was sich nach dem Beschuss noch bewegt, präzise zerstören. Sie verfügen über immer mehr Angriffsdrohnen mit Glasfaser, die durch keine Drohnenabwehr behindert werden. Erst danach schicken sie Angriffsgruppen von 4-5 Soldaten auf Motorrädern, Geländefahrzeugen oder einfach zu Fuß ins Feld, deren Aufgabe es ist, zu unseren Stützpunkten vorzudringen und die Stellungen zu räumen. Hatten wir vor einem Jahr noch einen klaren Vorteil bei den Drohnen, so haben wir jetzt zumindest Parität, und in einigen Bereichen hat die Russische Föderation sogar einen deutlichen Vorteil. Besonders besorgniserregend ist die zunehmende Reichweite der Angriffe. Drohnen schlagen bereits in mehreren Dutzend Kilometern Entfernung zu und zerstören unsere Logistik in alle Richtungen“, sagte ein Feldwebel.
Bekämpft werden nicht nur die Drohnen, die Drohnenpiloten, die relativ nahe an der Front sein müssen, sind bevorzugte Ziele. Daher werden wohl auch Rekruten dringend benötigt, auch vom Ausland (Junge Gamer als Drohnenpiloten gesucht):
„Unsere Drohnenpiloten sind ein vorrangiges Ziel für russische Drohnen. Die meisten Frontdrohnen operieren im Hinterland. Die Russen identifizieren Kommandoposten mit Aufklärungsdrohnen und greifen sie mit CAB-, Artillerie- oder Angriffsdrohnen an. Daher hat sich die Suchzeit unserer Piloten im Vergleich zum Vorjahr um ein Vielfaches verkürzt. Jetzt identifizieren die Russen den Startort schnell. Daher sind Drohnenteams auf Geschwindigkeit und Genauigkeit angewiesen, da ein längerer Aufenthalt am Startort lebensgefährlich ist. Wir jagen auch russische Drohnenbesatzungen, sind der Russischen Föderation aber in Bezug auf die Feuerkraft unterlegen“, berichtete ein Unteroffizier.
Einblick in die Wirklichkeit des „modernen“ Kriegs, den auch zahlreiche Videos von den FPV- und Aufklärungsdrohen vermitteln, dürfte in Europa dazu führen, dass junge Menschen vermeiden, Soldaten und Soldatinnen zu werden, um nicht hilfloses Opfer von „Fleischangriffen“ zu werden. Da aber massiv aufgerüstet wird und noch immer Menschen gebraucht werden, wird das zwingend zu einer Zwangsrekrutierung führen – und dazu, die Entwicklung autonomer Waffensysteme voranzutreiben.
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>Kiew versucht, damit den Krieg nach Moskau und ins russische Hinterland zu bringen, um die Luftabwehrsysteme zu schwächen und Moskau dazu zu bringen, einen Waffenstillstand einzugehen.
Welcher verquirlten Logik entspringt den das?
Wenn man Moskau angreift bekommt man wahrscheinlich die passende Antwort, aber bestimmt keinen Waffenstillstand.
Und dann die Rede vom „Fleischangriff“. Will Overton Veganer verschrecken oder ist man inzwischen schon zum Kriegszyniker verkommen?
Was den „Fleischangriff“ angeht, da wird ja nur ein ukrainischer Soldat zitiert.
Das kann man jetzt Rötzer nicht anlasten.
Allerdings wirkt der kurze Artikel auch sehr wie mit heißer Nadel gestrickt.
Vieles ist zu ungenau und zu kurz erklärt. Besonders dieses Drohnenthema bedarf größerer Ausführlichkeit, damit man versteht, was da wirklich passiert.
Lars Lange auf Telepolis macht sowas für gewöhnlich ganz gut. Aber er ist auch fast der letzte Autor, den man auf dieser zugrunde gerichteten Plattform noch lesen kann.
Wenn der Ukrainekrieg technologisch eines gezeigt hat, dann dieses: Der Panzer – das Arbeitspferd der Kriege des 20. Jahrhunderts – ist von der Drohne vom Thron gestoßen worden und mag sich nimmermehr erheben. Wie anachronistisch wirkt es da, dass Merz allen Ernstes die deutschen Brücken und Autobahnen panzertauglich machen und Deutschland in eine Panzerdrehscheibe für einen Panzerkrieg verwandeln will?
Sunzi über die Kriegskunst
Der gesamte Krieg setzt menschliche Schwäche voraus, und gegen sie ist er gerichtet, kein Kriegsplan überlebt den ersten Zusammenstoß mit dem Feind*
*von Helmut Clausewitz und Claus Moltke
Unsere Sandkasten Generäle sinieren ja auch über offene Mail-Kanäle über
Angriffstaktiken auf die Krim Brücke. Vermutlich würden sie auch noch gern
die Kavallerie einsetzen. Merz wird Deutschland nicht zur Drehscheibe für
einen Panzerkrieg verwandeln, sondern zu einer Zielscheibe für ein fröhliches
Panzerknacken. In den Köpfen der US Millitärs ist längst angekommen, das
es einen „herkömmlichen“ Krieg nicht mehr geben wird. Seit der Oroschnik
Vorführung der Russen scheint in den USA die Einsicht angekommen zu sein,
dass man von Russland im Moment doch lieber die Finger lassen sollte.
Und dann deckt sich Deutschland auch noch mit der ach so tollen F 35 ein.
4 mal so teuer wie der US Listenpreis und so flugtauglich wie eine Tiefkühltruhe.
Wenigstens sind dann die Leute der Wartung erst einmal gut beschäftigt.
In der EU peilen es die Holzköpfe nicht, dass ihre auf den Messen so schön
glänzenden Waffen nur noch für das Kriegspielen auf Übungsplätzen taugen.
Und noch einmal zu den Brücken: Statt panzertauglich sollte man sie endlich einmal
streusalzresistent bauen. Und wenn man dann auch noch von den superschlanken,
von Architekten gestilten, Spannbetonbrücken wieder zu massiven Konstruktionen
zurück kehrt, muß man die Brücken nicht schon nach 30 Jahren wieder abreißen.
In einigen Städten rollt der Verkehr immer noch über gut 2.000 Jahre alte Brücken
aus der Römerzeit.
Panzer sind rollender Schrott, das zeigt sich in diesem Krieg.
Deshalb wird sich die NATO mit sehr vielen davon eindecken, besonders den ganz teuren Kampfpanzern.
Und dann in zehn Jahren wieder behaupten, sie wären blank.
Mit den Flugzeugen das gleiche. Die fliegen derzeit immer hübsch bis an die Grenzen der Boden-Luft-Raketen und keinen Zentimenter weiter. Jagdflugzeuge taugen eh nur soviel, wie ihre Luft-Luft-Raketen. Die haben den
Vorteil, dass sie noch mehr kosten, man kann also noch mehr Geld damit vernichten.
Aber was solls. Krieg ist wie ein Mahlstrom. Ein Strom, der alles Lebende verschlingt und alles Tote zermalmt. Aber einen Panzer kann man nicht essen und in einer Kanone kann man nicht wohnen. Nicht mal den Acker umgraben kann man damit.
Die Militaristen dieser Welt glauben, dass man mit Gewalt nützlichze Ziele erreichen kann und dass sich der ganze Aufwand lohnt. Die Deutschen haben das vor dem ersten Weltkrieg geglaubt und vor dem Zweiten. Wir können in den Geschichtesbüchern nachlesen, was dabei rausgekommen ist: Bis Moskau und wieder zurück. Aber von den Russen fühlen wir uns seit Jahrhunderten bedroht. Für mich ist das total irre! Die Russen sind nach Berlin gekommen, weil der deutsche Versuch, die Russen auszurotten, nicht von Erfolg gekrönt war.
Die Amis haben den Korea- und Vietnamkrieg geführt und seitdem viele, viele mehr, die meisten, um die „kommunistische Gefahr“ zu beseitigen. Die sich dann selbst abgeschafft hat, ist einfach implodiert.
Aber das lag nur daran, dass wir sie so unter Druck gesetzt haben, mit unserem Militär… Jaja, klar. Und deswegen müssen wir seitdem Kriege gegen all die anderen führen, die Nicht-Kommunisten. Die „chinesische Gefahr“ oder die „islamistische Gefahr“ usw. Es wimmelt eben vor lauter Gefahren. Und wenn wir keine mehr finden, bauen wir uns selbst welche.
Und was haben wir mit all diesen Kriegen geschaffen? Eine Weltordnung, die immer mehr von Krieg und Gewalt beherrscht wird und die immer mehr Gewalt braucht, um sie aufrechtzuerhalten. Die freilich den Interessen „des Westens“ dient und vor allem den USA. Und was macht man mit dem Vorteil? Man steckt ihn in den Gewaltapparat und führt neue Kriege, um damit die Menschen in anderen Weltgegenden weiter ausbeuten zu können. …
Aber das ist eben total irre.
Aber ich habe sowieso das Gefühl, dass die Evolution gerade dabei ist, die Menschheit als völlig untauglich zu überwinden. Krieg ist da nur eine Methode. Und es ist kein Zufall, dass das Militär in keiner CO2 Klimabilanz auftaucht.
Werter „Trux“;
Ich denke „Zynismus“ trifft es sehr gut!!!
Leider werden „Messerstechereien“, scheinbar(!!!) zu einem ‚TRAUMA‘- jedenfalls in Deutschland!?!
Ich will jedoch auch auf etwas anderes, in diesem Artikel, hinweisen!!!
„Gamer zu Drohnenpiloten“.
SCHEINBAR, kennt und macht „das Morden“, das REKRUTIEREN,
keinen Halt mehr vor dem Alter!!!
Frage: Seit wann gibt es diese UNSÄGLICHEN Spiele mit „Panzerschlachten“, „Kampfschiffe“ oder die „Ego- Shooter“!?
Wer in dieser, weltweit verknüpften „Traum- Schlachtfeld- Welt“ lebt, hat keinen Bezug zum ‚wahren Leben‘, keinen Bezug zum Leben und Sterben. Sie LASSEN STERBEN!!!
DAS ist leider auch hier so!
„!n der ersten Phase werden Bodenangriffe, neuerdings mit wendigen Motorrädern ausgeführt….“
Der war gut. Neuerdings! Sehr lustig.
Und treuherzig zu referieren, was der britische „Telegraph“ so von den Russen hält, sorgt bei mir auch für Heiterkeit. Ganz gewiss besiegen die Russen den NATO-Proxy im Zustand der Volltrunkenheit mit Klappspaten, Dummheit, „Fleischangriffen“ und totaler Inkompetenz. Geht gar nicht anders.