
Vor dem Kapitol im US-Bundesstaat Texas stehen sie schon, nun sollen die Zehn Gebote auch in jeder staatlichen Schule ausgehängt werden. Weitere US-Bundesstaaten wollen folgen. Bürgerrechtsgruppen halten das für verfassungswidrig und gehen rechtlich dagegen vor.
Einzelne Gebote kennen viele noch aus dem Religionsunterricht: „Du sollst nicht töten“. Oder: „Du sollst Vater und Mutter ehren“. Nach biblischer Überlieferung hat Gott die Zehn Gebote dem Propheten Mose vor grauer Vorzeit auf zwei Steintafeln am Berg Sinai übergeben. Im Alten Testament wird die Geschichte überliefert, deren Gehalt nicht mit historischer Wirklichkeit gleichzusetzen ist. Bis heute sollen die Gebote die Haltung des gläubigen Menschen zu Gott und zu den Mitmenschen regeln. Wer daran glaubt, darf sich selig fühlen. Der Rechtsstaat setzt auf Gesetze und Verantwortung statt Gottvertrauen und Verdammnis. In Demokratien gilt: erst der Bürger, dann der Gläubige. Glaube ist Privatsache. In Deutschland ist die Trennung von Republik und Religion ein Verfassungsgebot. Eigentlich,
Denn das Neutralitätsgebot des Staats gegenüber Weltanschauungen wird konsequent ignoriert. Die Kirche beansprucht – und bekommt – Sonderrechte: fiskalisch, politisch, juristisch. Privilegien, die von den klerikalen Advokaten so leidenschaftlich verteidigt und von konservativen Polit-Funktionären ebenso großzügig gewährt werden – von kirchlichen Bekenntnissendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bis zu Millionen-Subventionierungen von Kirchentagen, dem Bildungsbereich und vielem mehr. Ein permanenter Verstoß gegen die Verfassung, den Kritiker als Ergebnis eines „klerikalen Kartells“ brandmarken.
Beispiel: Am Religionsunterricht in staatlichen Schulen und an Kruzifixen im Klassenzimmer wird in Österreich und Deutschland festgehalten – trotz eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts, das 1995 feststellte, es dürfe keine Pflicht zur Aufhängung von Kruzifixen in Klassenräumen geben. Das Urteil löste besonders in Bayern größte Wut aus. „Das Kreuz ist das Ur-Symbol der Toleranz und Nächstenliebe. Wir werden das Kruzifix und die christlichen Wurzeln unserer Heimat verteidigen, wo immer sie vom Zeitgeist oder linken Ideologen angegriffen werden“, hieß es aus der CSU-Staatskanzlei. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Die sichtbare Präsenz christlicher Symbolik gilt es weiterhin zu verteidigen.
Mit Gottes Segen – unterstützt vom Staat und großzügig bezuschusst aus öffentlichen Steuertöpfen, in die alle einzahlen, auch jene, die der Kirche den Rücken gekehrt haben. Wie gesagt, es geht um die „christlichen Wurzeln“ – und die wollen beständig bewässert werden. In Österreich ist die Situation ähnlich: In den Klassenräumen ist nach wie vor zwingend ein Kreuz anzubringen, wenn mehr als der Hälfte der Kinder von den Eltern ein christliches Bekenntnis zugewiesen wurde. Dass es im Umkehrschluss von den Wänden auch abgenommen werden soll, wenn dieses Quorum nicht erfüllt ist, wird mit ähnlichen Argumenten der Dominanz und Bewahrung christlicher Kultur zurückgewiesen.
Gold-Plating made in America
Anregungen für den christlichen Verteidigungs- und Kulturkampf kommen jetzt aus den USA. In Texas, einem Bundesstaat, der sich besonders dem Gebot „Du sollst nicht töten“ verpflichtet fühlt, trotzdem aber die Todesstrafe noch immer vollstreckt – allein in diesem Jahr wurden bereits sechs Menschen hingerichtet – hat Gouverneur Greg Abbott gerade ein neues Gesetz unterzeichnet, das bibeltreue Politiker begeistert und Bürgerrechtsgruppen empört. Es sieht vor, dass in allen Klassenräumen öffentlicher Schulen des Bundesstaats demnächst eine gerahmte Kopie der Zehn Gebote in einer bestimmten englischen Textfassung mit den Maßen 41 mal 51 Zentimeter aufgehängt wird. Zudem unterzeichnete Abbott einen weiteren Gesetzentwurf, der es Schulbezirken erlaubt, Schülern und Lehrkräften täglich eine freiwillige Gebetszeit oder Zeit zum Lesen religiöser Texte während des Unterrichts zu gewähren.
Das Gesetz setzt damit eine umstrittene politische Linie fort, in der vor allem konservative US-Bundesstaaten die Rolle der Religion im öffentlichen Schulwesen stärken wollen. Kritiker, darunter zahlreiche Vertreter anderer Religionen, befürchten eine Verletzung der Religionsfreiheit und eine indirekte Benachteiligung von Schülern anderer Glaubensrichtungen. Texas hat rund 6 Millionen Schüler an etwa 9.100 öffentlichen Schulen, die vielfältigen religiösen Hintergründen angehören. In einem gemeinsamen Schreiben warnten die Unterzeichner vor den rechtlichen und gesellschaftlichen Folgen einer solchen Maßnahme.
Die Befürworter des Gesetzes dagegen argumentieren, dass die Zehn Gebote einen historischen und rechtlichen Grundstein der amerikanischen Nation darstellen und daher zum Bildungsauftrag gehören. Und deshalb sollen Schulen in Texas künftig zusätzliches Geld bekommen, wenn sie einem biblisch geprägten Lehrplan folgen. Die dortige, mehrheitlich von Republikanern geführte Bildungsbehörde genehmigte ein Curriculum, mit dem biblische Inhalte in den Lese- und Schreibunterricht von Grundschülern einbezogen werden. Für die Schulen gibt es dafür finanzielle Anreize von bis zu 60 Dollar pro Schüler und Jahr.
Auch in anderen Staaten im Süden der USA versuchten Republikaner zuletzt, der Religion in öffentlichen Schulen mehr Gewicht zu geben. So sollen in Louisiana in Klassenzimmern und Hörsälen staatlicher Schulen und Universitäten die Zehn Gebote angebracht werden. Bürgerrechtsgruppen halten das für verfassungswidrig und gehen rechtlich dagegen vor. Die texanische Generalstaatsanwältin Liz Murrell jedenfalls kündigte an, das Gesetz kippen zu wollen und den Fall notfalls bis zum Obersten Gerichtshof der USA zu bringen. Gouverneur Abbott selbst hat bereits im Jahr 2005 als Generalstaatsanwalt erfolgreich vor dem Obersten Gerichtshof vertreten, dass ein Denkmal mit den Zehn Geboten auf dem Gelände des texanischen Kapitols bleiben darf. Er ist guter Dinge, dass er auch diesmal im Kampf um die Rettung des christlichen amerikanischen Abendlands als Sieger hervorgehen wird.
Und in Deutschland? Die Abschaffung des Religionsunterrichts an staatlichen Schulen und das Abhängen von Kruzifixen in Klassenzimmern steht nirgendwo auf der politischen Agenda.
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Lesetipp:
Helmut Ortner
DAS KLERIKALE KARTELL
Warum die Trennung von Staat und Kirche überfällig ist
Nomen Verlag Frankfurt, 2024
Herr Ortner, über die Kirche zu lästern, ist einfach. Das Christentum gibt es seit 2k Jahren und wird das auch überstehen. Wie wäre es denn mal mit einem Statement zu einem das Christentum hassenden Todeskult, der von Schicklgruber sehr geschätzt wurde? Bei Himmler lag dessen Giftpamphlet auf dem Nachtschrank. Und dann bitte noch einen Artikel über Kopftücher in der Schule und Pädofilen-Sex.
Verstehe ich richtig, die death-row zu Huntsville/Texas ist ab sofort geschlossen? Nee, nech?
Von den speziellen Gottglaubensgeboten abgesehen finde ich nichts, was den moralischen Leitfaden der 10 Gebote irgendwie beeinträchtigen sollte:
4. Du sollst Vater und Mutter ehren.
5. Du sollst nicht töten.
6. Du sollst nicht ehebrechen.
7. Du sollst nicht stehlen.
8. Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.
9. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau.
10. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut.
Kürzer kann man nicht zusammenfassen, was in irgndwelchen staatlichen Gesetzen zu finden ist.
Man könnte natürlich auch einfach die universelle goldene Regel aufhängen im Sinne von:
Was du nicht willst das man dir tut … oder Kants kategorische Imperativ.
So ganz ohne kurz und knackige, jedem einleuchtende Verhaltensregel, sollte die Menschheit nicht nach gutdünken leben. Im Übrigen gilt: Jedem das Seine!
„Jedem das Seine“ stand in Buchenwald über dem Lagertor.
Cicero ( suum cuique )hat da die älteren Rechte dran, deshalb ist die Nazikeule hier und meist auch generell völlig verfehlt und nur ein Mittel zum Zweck. Sowas sollte man nicht tun, es sei denn man will schäbig „argumentieren“.
Wollte man die Nazis kritisieren, dann darin, daß sie das was in Auschwitz getan wurde als mit dem Zitat über dem Tor als „Gerechtigkeit“ bezeichneten.
Pardon, Buchenwald.
Du sollst in der Schule nicht Amok laufen.
Du sollst Deinen Arbeitern genug Lohn zahlen, sodass sie anständig davon leben können.
Du sollst nicht begehren den Thron des Stalin und sollst nicht 2% der Bevölkerung in den Knast stecken.
Du sollst Deine 2% der Menschen aus der Obdachlosigkeit holen.
Du sollst Deine 700.000 Kinder aus der Obdachlosigkeit holen.
Du sollst nicht den Rest der Welt durch Sanktionen aushungern.
Die zehn Gebote sollten im Kapitiol direkt gegenüber des Präsidentenschreibtisches
aufgehängt werden. Am besten noch in eine Steinplatte gemeißelt in der Wand
vermauert werden. Vielleicht schafft es die USA dann endlich einmal die restliche
Welt nicht mehr mit Kriegen, Mord und Drohungen zu überziehen.
Bigott, wie eben weite Teile der USA sind. Religion muss Privatsache sein, keine Frage. Und wenn man erkannt hat, was Bigotterie alles anrichten und wie sie Menschen kaputt machen kann, sollte die Trennung von Staat und Kirche schnellstens und rigoros durchgesetzt werden.
Ich bin wirklich verblüfft.
Wie kann man denn auf den Gedanken kommen, sich an den Zehn Geboten zu stören???
Wer das tut, der stellt sich doch selbst auf groteske Weise ins Abseits!
Sie weiterhin zu propagieren und ernst zu nehmen, beeinträchtigt überhaupt nicht die trotzdem gegebene Trennung von Kirche und Staat.
Andererseits gehört etwas so Elementares wie die Zehn Gebote, die untrennbar mit der Kultur, Geschichte und Tradition nicht nur des christlich (gewesenen) Westens, des Judentums und auch der islamischen Welt verbunden sind, unbedingt zum absoluten Kernbereich der schützenswerten Kulturgüter. Hieran auch nur eine Spur von Zweifel aufkommen zu lassen, halte ich für wirklich verhängnisvoll.
Ansonsten kann man doch froh sein, dass zumindest Texas bei der ansonsten schon fast global zu beobachtenden Zurückdrängung, Verächtlichmachung, teils auch Diskriminierung und Bekämpfung des Christentums nicht mitmacht. Wie problematisch, ja teils regelrecht bedrohlich die Situation für Christen inzwischen geworden ist, hat übrigens gerade Roland Rottenfußer bei „Manova“ beschrieben:
https://www.manova.news/artikel/nach-christus
„Der Rechtsstaat setzt auf Gesetze und Verantwortung statt Gottvertrauen und Verdammnis. In Demokratien gilt: erst der Bürger, dann der Gläubige. Glaube ist Privatsache. In Deutschland ist die Trennung von Republik und Religion ein Verfassungsgebot. Eigentlich,“
Wo gibt es den zitierten Rechtsstaat? Ich würde sofort umziehen, wenn möglich. Auch wo es eine Demokratie gibt, wüsste ich gerne. Oder ist so eine Demokratiesimulation wie in Europa gemeint?
„Die Befürworter des Gesetzes dagegen argumentieren, dass die Zehn Gebote einen historischen und rechtlichen Grundstein der amerikanischen Nation darstellen und daher zum Bildungsauftrag gehören. Und deshalb sollen Schulen in Texas künftig zusätzliches Geld bekommen, wenn sie einem biblisch geprägten Lehrplan folgen. “
Da fehlen nur noch die allseits beliebten Bücherverbrennungen und öffentlichen Events mit Hexenverbrennungen auf dem Scheiterhaufen.
Salem forever ……………
Religion‘ ist ein Wort, dessen Bedeutung so verfälscht wurde, dass unsere Wahrnehmung zum ursprünglichen Sinn kaum durchdringt.
Menschen, die im Namen von Religion Unrecht erlitten haben, reagieren empfindlich und wenden sich gleich ab, wenn sie das Wort ‚Religion’ nur hören. Andere verbinden das Wort ‚Religion’ mit einer bloßen Institution, einem Gebäude, einer Repräsentationsfigur, einer Reihe von Idealbildern, Geboten oder Glaubenssätzen und können damit nichts anfangen.
All das hat jedoch mit der wahren Bedeutung von Religion nichts zu tun.
Das Wort ‚Religion‘ beschreibt ursprünglich die Beziehung zu sich SELBST.
Zugrunde liegt dem Wort ‚Religion‘ (religio = Rückverbindung) dass wir alle von und durch den einen Gott oder die eine Gottheit erschaffen und daher in unserer Essenz eins mit ihm/ihr sind. Damit führt der Weg zurück zu Gott über die Rückverbindung zu unserem Innersten, unserer Essenz, niemals aber über eine Suche in der äußeren Welt.
Und so hat jeder seine ganz persönliche und direkte Verbindung zu dieser ihm innewohnenden Göttlichkeit und kann, kraft dieser Rückverbindung (religio), sich selbst, einander, die Natur, Gott und das Universum tiefer verstehen.
In dieser Rückverbindung (religio) sind wir dann im Kontakt mit einem universellen, allumfassenden Wissen, das sich von keinem Ideal, keinen Glaubenssätzen oder den Absichten anderer kontrollieren lässt. Durch die Rückverbindung zu diesem EINEN universellen Wissen sind wir alle miteinander vereint und verbunden. Es gibt in dieser Rückverbindung keinen Drang, andere zu kontrollieren und wahre Harmonie kann gelebt werden. Würden wir ‚Religion‘ auf diese Weise leben, wäre die Welt völlig anders als heute.
https://de.unimedliving.com/unimedpedia/wahrheit-in-worten/das-bel-hinter-der-verf-lschung-von-worten.html
Viele Leute übersehen heute, dass vieles, was wir heute als kulturelle und ethische Errungenschaften betrachten und feiern, in Europa überhaupt nur auf der jüdisch-christlichen Grundlage möglich war.
Oder glaubt etwa allen ernstes jemand, das Konzept der Menschenrechte, die zumindest teilweise gegebene Anteilnahme für die Schwachen, das Menschenbild mit dem Gedanken einer zumindest vor Gott bestehenden Gleichheit der Menschen, die Trennung von Staat und Kirche und selbst noch unser heutiges lineares Zeitverständnis hätten sich auf der Grundlage des griechisch-römischen Polytheismus entwickeln können?? – Nein!
Eine Moderne, die sich ihrer christlichen Wurzeln schämt und sie bekämpft, beschädigt sich selbst.
Andererseits gehört natürlich auch das Christentum zu jenen konservativen Kulturgütern, die dem hemmungslosen Transformations- und Verwertungswahn unserer neoliberalen Mächtigen ein Dorn im Auge ist … Nun ja, dem realexistierenden Sozialismus und der Linken war und ist es ebenso ein Ärgernis.
Da zeigt sich wieder einmal die geistige Nähe von Neoliberalen und Linken, wenn es darum geht, Tradition und Kultur zu zerstören.