Die polnisch-weißrussische Grenze wird zum Pulverfass

Bild der belarussischen Nachrichtenagentur Belta.by zur Ausbildung von belarussischen Truppen durch Wagner-Söldner.

Die Tatsache, dass keine der beiden Seiten ein Interesse daran hat, den ersten Schritt zu tun, scheint das einzig Gute zu sein. Aber die Spannungen nehmen trotzdem auf absurd Weise zu.

Abgesehen von den schrecklichen Verlusten an Leib, Leben und Land war die größte Gefahr des Krieges in der Ukraine die Bedrohung durch Atomwaffen und das Risiko, dass die NATO in einen Dritten Weltkrieg hineingezogen werden könnte. Präsident Joe Biden hat – wiederholt – versprochen, dass dies nicht geschehen wird.

Doch während die NATO bisher einen Krieg mit Russland und einen Dritten Weltkrieg an der russisch-ukrainischen Grenze vermieden hat, drohen die Dinge an der polnisch-weißrussischen Grenze gerade aus dem Ruder zu laufen (siehe dazu auch Wagner in Belarus: Polen schürt die Angst vor einer Eskalation, um die Nato in den Konflikt zu ziehen).

Auf der weißrussischen Seite hat das Militär mit Übungen entlang der Grenze zu den NATO-Mitgliedern Polen und Litauen begonnen. Darüber hinaus wurden Berichten zufolge im Juli mehr als 10.000 Soldaten der russischen Wagner-Gruppe nach Weißrussland entsandt (nach Angaben eines Wagner-Kommandeurs), und ihre Söldner bilden nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt weißrussische Spezialeinheiten aus. Auf polnischer Seite werden als Reaktion darauf Truppen zusammengezogen, und Regierungsmitglieder in Warschau haben Weißrussland beschuldigt, die Wagner-Truppen “an die Ostflanke der NATO verlegt” zu haben, “um diese zu destabilisieren”.

Unterdessen bezichtigte Polen weißrussische Militärhubschrauber, letzte Woche den polnischen Luftraum verletzt zu haben. Weißrussland bestritt dies und beschuldigte Polen, den Vorfall erfunden zu haben, um die Aufstockung der polnischen Truppen an der Grenze zu rechtfertigen. “Wir fordern die polnische Seite auf, die Situation nicht zu eskalieren und sie nicht dazu zu nutzen, das Grenzgebiet zu militarisieren”, sagte der Sprecher des belarussischen Ministeriums, Anatoli Glaz, damals.

Die Spannungen steigen so stark an, dass ein einziges Streichholz das Pulverfass in Flammen setzen könnte.

“Unsere Antwort auf die Provokation ist die Aufstockung der polnischen Armee an der Ostgrenze des Landes durch die Verlegung von Truppen aus dem Westen”, sagte Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak am vergangenen Donnerstag. “Nach geltendem Recht können die Soldaten in einer bestimmten Situation Waffen einsetzen. Sie sind nicht wehrlos.”

Polen erwägt nun, seine Grenze zu Weißrussland zu schließen, auch aus Sorge, dass Wagner-Kämpfer als Einwanderer getarnt nach Polen einreisen oder Flüchtlinge für Provokationen nutzen könnten. Russland warnt seinerseits vor polnischen Angriffen unter dem Vorwand einer weißrussischen Provokation. Der russische Präsident Putin warnte: “Eine Aggression gegen Weißrussland zu beginnen, würde bedeuten, eine Aggression gegen die Russische Föderation zu beginnen. Darauf werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln reagieren.”

Eine solche russische Antwort könnte die Verpflichtungen des Bündnisses nach Artikel 5 auslösen.

Experten glauben jedoch nicht, dass eine der beiden Seiten den ersten Schritt machen will. Alexander Hill, Professor für Militärgeschichte an der Universität von Calgary, erklärte gegenüber RS, dass es aufgrund der begrenzten verfügbaren Informationen „höchst unwahrscheinlich ist, dass Wagner an irgendeinem Vordringen … in polnisches Gebiet aus Belarus beteiligt sein wird“.

Anatol Lieven, Direktor des eurasischen Programms am Quincy Institute, sagte, dass Polen wahrscheinlich nicht den ersten Schritt machen würde, da dies bei den meisten anderen NATO-Ländern sehr unpopulär wäre.

Geoffrey Roberts, emeritierter Geschichtsprofessor am University College Cork, erklärte gegenüber RS, es sei schwer vorstellbar, dass “Polen irgendetwas ohne die volle Unterstützung und das Einverständnis der USA unternimmt. Ein polnischer Schritt gegen Weißrussland würde einen Krieg mit Russland bedeuten, und das wird nicht die Absicht von Warschau sein.”

Da es für beide Seiten keinen Anreiz gibt, zuerst zuzuschlagen, besteht die Möglichkeit, dass die Truppenbewegungen, die militärischen Übungen und die öffentlichen Erklärungen als Abschreckung gedacht sind. Wir können nur hoffen, dass nicht eine Fehlkommunikation, ein Unfall oder ein anderer Anlass eine Aktion zwischen diesen beiden bewaffneten Kontingenten auslöst, die jetzt über eine kilometerlange Grenze hinweg aufeinander zielen.

Der Artikel ist im englischen Original auf Responsible Statecraft erschienen. Wir danken dafür, eine Übersetzung veröffentlichen zu können.

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21 Kommentare

  1. Es ist doch seit langer Zeit offensichtlich, wer an der Westgrenze Weißrusslands zündelt: es ist das polnische Regime. Ebenso, wie es seit langem den Ukrainekonflikt befeuert, den Hass gegen Russland anstachelt uam. Es ist schon seltsam, dass ständige Natomanöver an den Grenzen zu Russland/Weißrussland hingenommen werden sollen, aber die Anwesenheit einiger Wagnertruppen dort angeblich so gefährlich ist.
    Man würde sich krümmen vor Lachen, wenn Polen einen Krieg an der Grenze heraufbeschwören und dann die Natostaaten aus offensichtlichen Gründen den Beistand verweigern würden. Zumundest Deutschland täte gut daran,, sich herauszuhalten, wenn ja wenn es einen Kanzler hätte, der diesen Namen verdient.

    1. Im November , als eine Rakete auf Polen fiel und der Bündnisfall vor der Tür stand, waren die Polen plötzlich sehr zurückhaltend, und es kam ganz schnell raus, dass es eine ukrainische Rakete war.

  2. ‘Pulverfass’, ist jeder Ort an dem eine amerikanische Basis oder CIA vertreten ist und andere Geheimdienste sogleich.
    Heute verkündete rtde das Fr Kneissel aus ihrem Exil Libanon in ein kleines russisches Dorf umgezogen ist!
    Das hat was, in Form der Lage in der Levante.
    Aber Polen ist wie ‘reudiger Hund’, erst lautstark Bellen (viel mitnehmen) und am Ende kurz vor den ‘Wahlen’ einen Stunt zu bringen a la 007.
    Polen ist das Land, das die Ukraine heftig unterstützte und nun sind sie auf die NATO angewiesen, im Falle eines Falles! Da stellt sich die Frage, welchen theoretischen Beistand kann die NATO tatsächlich garantieren?
    Ich meine NULL. Und die Damen und Herren wissen das auch…

  3. Der alarmistische Artikel ist schon längst von der Realität überholt worden. Die Musikanten werden gerade wieder nach Russland gekarrt, weil Luke nicht bereit ist, ihnen dauerhaft Kost und Logis zu gewähren. Ein paar Ausbilder bleiben, das ist alles.

    phz

        1. Das kann jeder nachvollziehen!
          Aber, kann jeder die ‘richtige’ Antwort darauf geben?
          Meine Antwort sollte nicht zu kritisch gelesen werden, aber zur Äußerungen führen.
          Danke wschira!

        1. Kuddel die Leuts warten schon viele Monate, aber, was haben sie verbracht?
          Nichts, ausser Nihilismus!
          Jeder Nihilismus kostet den Bürgern einen großen Groschen!
          Ist es das was man möchte?

  4. “…und Regierungsmitglieder in Warschau haben Weißrussland beschuldigt, die Wagner-Truppen „an die Ostflanke der NATO verlegt“ zu haben, „um diese zu destabilisieren“.”

    Nachdem die NATO seit Jahren an ihrer (aktuellen) Ostgrenze und darüber hinaus (in der Ukraine zB) ganz konkret gegen die östlichen Nachbarn Russland und Belarus gerichtete Manöver abhält. Kommen die Sender-Gleiwitz-Märchen jetzt aus Polen?

  5. Die Polen stehen im Schmarotzen und Dummschwätzen den Ukrainern
    nicht nach. Die Gefahr die von ihnen ausgeht ist durch die Mitgliedschaft
    in Nato und EU jedoch erheblich größer. Da sie in den letzten Jahren gut
    mit EU geldern gefüttert wurden und nichts einzahlen mußten, können sie
    sich jetzt mit Waffen eindecken und die größte Armee in Europa aufbauen.
    Durch die Hilfe der USA, die ja dort gerne einen größeren Stützpunkt
    errichten möchte, wird die Lage noch gefährlicher. Deutschland ist längst
    abgeschrieben und dient nur noch als Gelddruckmaschine. Und wenn
    Polen die Westukraine übernimmt, kann es sich mit dem gerade von Habeck
    erteilten Zahlungs- Freifahrtschein wohlig einrichten.

    1. Um In deinem Nazi-Jargon zu bleiben, die “polnischen Schmarotzer” haben sich Jahrzehnte lang in der EU als unterzahlte Arbeiter in Handwerk, Pflege und Dienstleistung verdingt. Sie haben ein verdammten Recht darauf, von der EU mi viel Geld beim Wiederaufbau ihres Landes unterstützt zu werden. Es gibt kaum ein Volk, das emsiger und arbeitssamer ist.

      phz

      1. Bei Dir ist irgendwie das Rohr krumm. Du ballerst heftig daneben.
        Was hat mein Kommentar jetzt von Nazi-Jargon? Wenn sich hier
        Menschen aus anderen Ländern verdingt haben, waren es Griechen,
        Jugoslawen und Türken. Polen sind in der Autobranche recht negativ
        aufgefallen. Wieso muß Polen wieder aufgebaut werden? Vielleicht
        solltest Du einmal auf Karten vor 1945 und nach 1945 ansehen
        wo Polen lag und jetzt liegt. Die Polen haben sich nach Ende der
        Sowjetzeit ganz freiwillig ihre neuen Besatzer ins Land geholt.
        Die USA mit der Nato! Von Deutschland sind sie immer nur am fordern.
        Und wenn sich neben der Ukraine Nazis breit gemacht haben, dann
        in Polen. Sie verdrängen ja sogar die Bandera Gräultaten in ihrem Land.

  6. Im Gegensatz zu Snider würde ich sagen, dass Russland, nicht die nato, es bisher vermieden hat, den Krieg zu eskalieren, obwohl die nato nahezu täglich Anlass dazu gibt. Es ist z. B. nicht unwahrscheinlich, dass die Trägerflugzeuge, die Krimbrücken mit britischen Marschflugkörpern angriffen, von Polen aus gestartet sind. Ukrainische Militärflughäfen sind nach Angriffen Russlands weitgehend dysfunktional.

    1. “Es ist z. B. nicht unwahrscheinlich, dass die Trägerflugzeuge, die Krimbrücken mit britischen Marschflugkörpern angriffen, von Polen aus gestartet sind.”
      Aus welcher Quelle kommt das Gerücht?

  7. Interessant ist es zu beobachten, wie sich das Bild der polnischen PiS – Regierung in unseren offiziell Iizensierten Wahrheitsmedien veränderte. Vor rund einem halben Jahrzehnt konnte man hier lesen und hören, wie abgrundtief böse und verachtenswert die wären. Im Mittelpunkt der Kritik stand die Justizreform. Aber auch die Verschärfung des Abtreibungsverbotes, die Gleichschaltung der Medien und die Schwulen – und Transenfeindlichkeit waren häufiges Thema.
    Ist es nicht schön, dass sich polnisches Regierungshandeln so sehr zum Guten wendete ? Aus einer geradezu präfaschistischen Administration wurde die Vorhut des demokratischen Wertewestens. Ist doch schön zu erleben, wie sich alles zum Guten wendet.
    Die medialen Bemühungen zur Erziehung der polnischen Regierung hatten offensichtlich Erfolg. Und ich -mea culpa- habe die oft als Journaille oder Presstituierte geschmäht. Ich hätte das nicht tun sollen. Schließlich haben sie nicht nur die polnische Regierung gebessert sondern auch aus der faschistischen Hegemonie in der Ukraine was anderes, was besseres gemacht. Irgendwas mit Demokratie und Freiheit und so. Auch nett.

    1. Ist doch bei der Ukraine ähnlich. Diejenigen, die jetzt die Ukraine in den Himmel heben und als arme Opfer darstellen, und das ist das gesamte MSM-Geschmeiss, haben sich vor ein paar Jahren noch höchst empört gezeigt über die korrupte Ukronazibande.

  8. Ob die polnische Seite tatsächlich kein interesse hat, den ersten Schritt zu machen, halte ich nicht für sicher. Egal, ob noch 10.000 Wagner- Infanteristen im Land sind oder nur noch 100 Ausbilder, eine ernsthafte Bedrohung für die NATO sind die nicht. Egal, welche Szenarien man sich ausdenken mag. Das ist einfach lächerlich.
    Vielleicht will Polen den Bündnisfall inszenieren. Vielleicht wollen sie die sich abzeichnende Invasion der Westukraine sichern. Vielleicht sind die PIS-Bonzen genau die Bande paranoider, präfaschistischer Irrer, als die sie noch vor Jahren in unseren wokeschistischen offiziell lizenzierten Wahrheitsmedien beschrieben wurden. Natürlich ist auch eine Melange aus diesen Gründen und weiteren, von mir nicht bedachten, denkbar. Nur Spuren von Restvernunft vermag ich nicht mehr zu erkennen.
    Aber es gibt auch einen positiven Aspekt. Gemessen am polnischen Agieren steht unsere eigene Regierung gar nicht mehr so schlecht da. Über die vermag ich zwar auch kein einziges gutes war Wort verlieren, ohne zu lügen und böse Warte hat sie uns verboten , weil wir sie nicht delegitimieren dürfen, aber im Vergleich zur PiS ….

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