
Das FBI beschlagnahmt Geheimdokumente von Trump und Biden, in Deutschland drücken Justiz und Kanzleramt bei Unterlagen der Kanzler die Augen zu.
Im August 2022 hatte das FBI das Anwesen von Donald Trump durchsucht und kistenweise Geheimdokumente beschlagnahmt. Später wiederholt sich das Spektakel im Anwesen des amtierenden Präsidenten in Delaware. Der Prozess gegen Trump wird im kommenden Mai stattfinden, er stellt seine Kandidatur in Frage.
Natürlich berichten auch deutsche TV-Journalisten über den Skandal und befragen ihre Korrespondenten. Aber sie stellen nicht die naheliegende Frage, wo bei uns die Unterlagen der Bundeskanzler landen. Im Bundesarchiv in Koblenz, wo sie laut Gesetz hingehören? Nein, sie werden illegal von Kohls Witwe im Keller verwahrt, und Justiz und Kanzleramt finden das in Ordnung.
Helmut Kohl hatte 1998 das Kanzleramt verlassen. Statt seine Unterlagen seinem Nachfolger zu hinterlassen oder dem Bundesarchiv zu übergeben, packte er sie in Umzugskartons und schickte sie an die CDU-nahe Konrad Adenauer-Stiftung in Sankt Augustin. Von dort wurden sie später in sein Wohnhaus nach Oggersheim geschickt, wo sie sein Biograph auswerten durfte.
„Es gibt einfach Unrechtszustände, die sich in der BRD eingeschliffen haben, die sind unerträglich und eines Rechtsstaates unwürdig“, sagt der Jurist Christoph Partsch, Kommentator des Bundesarchivgesetzes, in dem es heißt: „Das Fortschaffen oder Nicht-Herausgeben amtlicher Unterlagen sind strafrechtlicher Natur. Die Scheu, einen Altkanzler oder seine Familie wegen unterschlagener Unterlagen strafrechtlich zu verfolgen, ist befremdlich.“
Ich habe die Witwe bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und das Kanzleramt auf Wiederbeschaffung dieser Akten verklagt. Ohne Erfolg. Die Strafanzeige wurde von der Staatsanwaltschaft wegen „mangelnden Anfangsverdachts“ eingestellt; auch ein gerichtliches Klageerzwingungsverfahren wurde abgewiesen. Diese Sache wartet auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
Das Bundesarchiv meckert ab und zu, doch es untersteht der Staatsministerin für Kultur – der Grünen Claudia Roth – und die dem Kanzleramt. So schließt sich der Kreis.
Ich hatte zu Hans Globke recherchiert, den Kommentator der Nürnberger Rassengesetze und nach 1945 rechte Hand von Kanzler Konrad Adenauer. In Koblenz hatte ich zu seiner Person kaum etwas gefunden. Diese Akten würden leider bei der Adenauer-Stiftung liegen, wurde mir erklärt. Doch in Sankt Augustin wurden mir nur wenige Akten vorgelegt, während andere Journalisten dort umfangreich versorgt worden sind, wie ich dem Deckblatt entnehmen konnte. Ich reichte im Mai 2011 Klage gegen das Bundesarchiv wegen Untätigkeit ein. Und sechs Jahre später entschied das Verfassungsgericht: „Es stellte fest, dass diese Akten nach wie vor im Eigentum des Bundes stehen“ – so mein Rechtsanwalt Raphael Thomas.
Nach dem Karlsruher Urteil musste ich von vorne anfangen und erneut Klage einreichen, diesmal gegen das Kanzleramt, Eigentümer der Akten. Aber ich verlor in allen Instanzen. Der Streit über die Globke-Akten liegt inzwischen beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg. Und solange darf die Adenauer-Stiftung diese Unterlagen verwalten – obwohl der vom Gesetz vorgeschriebene Ort das Bundesarchiv ist.
Dort lagen auch die Kohlakten. Zitat aus der Pressemitteilung der Stiftung: „Der ehemalige Bundeskanzler hat dem Archiv der KAS 1998 Unterlagen zur Verwahrung überlassen. Diese befinden sich seit 2010 einvernehmlich bei Bundeskanzler a.D. Dr. Helmut Kohl, um dort für persönliche Arbeiten zur Verfügung zu stehen“.
Kohls Biograph, der Journalist Heribert Schwan, hatte, bis er sich später mit der Witwe zerstritten hatte, im Keller des Altkanzlers diese Akten auswerten dürfen. Auch das Institut für Zeitgeschichte durfte die Mitterand-Protokolle in Oggersheim kopieren. Gnädigerweise.
Schwan verfasste mehrere Bücher über seinen Auftraggeber, stets aus dessen selbstgerechten Perspektive. Wer wollte auch widersprechen? Die Dokumente, die seine Version widerlegen konnten, lagen ja im Oggersheimer Keller, unerreichbar für kritische Geister. „Das ist ein großer ökonomischer Vorteil. Man nützt ein Monopol auf diese Dokumente 30 Jahre lang aus und bekommt sehr hoch bezahlte Verlagsverträge, bei Herrn Kohl war es eine halbe Million, und davon lebt es sich hervorragend“, so Partsch.
Auch meine Klage gegen das Kanzleramt wurde im März dieses Jahres vom Bundesverwaltungsgericht verworfen. Der Gesetzgeber habe auf eine Wiederbeschaffungspflicht verzichtet und damit sei das Kanzleramt nicht gezwungen, die entwendeten Akten – ihr Eigentum – wiederzubeschaffen. „Das BVerwG sagt, das ist nun mal nicht zu ändern, wenn nun der Besitz abhandengekommen ist, kann man nix machen“ – so Rechtsanwalt Thomas. Er hat jetzt für mich in dieser Sache Verfassungsbeschwerde eingelegt.
Meine Klagen auf Aktenzugang finanziere ich mit Spenden. War es ein Zufall, dass Paypal mein Konto sperrte, als ich im letzten Jahr gerade den Prozess vor dem Oberverwaltungsgericht verloren hatte? Irgendjemand muss mich bei Paypal denunziert haben. Wer? Jemand aus dem Kanzleramt? Aus Oggersheim? Ich weiß es nicht, protestierte bei Paypal und schickte den Spiegel-Artikel über meinen Prozess mit der Bemerkung, dass das, wofür ich prozessiere, in den USA das FBI erledigt. Am nächsten Tag war das Konto wieder frei. Ohne Kommentar.
Spendenmöglichkeiten: Paypal: gaby.weber@gmx.net oder per Überweisung, Comdirect: DE53200411550192074300
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Sind Sie BIO-Deutsche ? Wenn ja, dann kämpfen Sie gegen die Mehrheit Ihres eigenen Volkes ! Für diese Mehrheit ist Helmut Kohl ein großer Mann, dessen Andenken Nichts und Niemand mit Wahrheit “beschmutzen” darf.
Ich persönlich war froh als er abgewählt wurde, und noch froher als er starb !
Darf ich Ihnen nach diesem Geständnis noch was spenden ?
Geht mir genauso. Ich kann die Kohl-Verklärung, oder auch nur die Teilabsolution, nicht nachvollziehen. Aus heutiger Perspektive mag er vielleicht weniger schlimm als zeitgenössische PolitikerInnen erscheinen, war außenpolitisch vielleicht noch realistischer. Aber unter ihm wurde dieses Land für den Neoliberalismus zugerichtet. Die Ergebnisse können wir überall “bewundern”. Der Vorgang um die Kohlakten zeigt einmal mehr, in welchem Land wir leben. Recht und Gesetz stehen zur Disposition bestimmter Kreise.
Ohne Kohl in Schutz zu nehmen:der Neoliberalismus wurde erst vollumfänglich mit Rot/Grün 1998 in Deutschland zur Staatsdoktrin.
Kohl versuchte,die „Deutschland AG“ zu erhalten und eine realitätsbasierte Außenpolitik zu gestalten.Dabei wurde er auch aus dem eigenen Lager behindert(z.B.V.Rühe)….Dass Kohl seine Ziele nicht unbedingt sauber verwirklichte und durchaus viel kritikwürdiges zu erzählen wäre,da stimme ich ihnen zu.
Ich erinnere an den Beginn der neoliberalen Machtübernahme unter dem Propagandatitel “Aufschwung” Anfang der 1980er. Fest verknüpft mit diesem kohlschen “Aufschwung” war der Abschwung des sozialen Netzes. Interessanterweise fallen mir grob in diesem Zeitrahmen Namen wie Flick und Schreiber ein, ein Herr Schäuble hatte schon damals “Scholzheimer” also Zweckamnesie….
Sie schreiben :
“Aber unter ihm wurde dieses Land für den Neoliberalismus zugerichtet. ”
Ja genau : Kohl war der endgültige Einstieg in den moralisch-sozialen Abstieg; sehe ich genau so wie sie .
Sein Abgeordneten-JA zum Krieg gegen Jugoslawien hat nochmal – sozusagen auf der Abstiegs-Zielgeraden – gezeigt wie er im Innersten tickt.
@ B.Hohl
Kohl hat sich meiner Meinung nach immer als der neue Bismarck inszeniert. Bis auf den verfetteten, verfressenen, großgewachsenen Körper gab es allerdings keine Ähnlichkeit, geistig war er eher auf Gnom-Scholz-Niveau. Zur Erinnerung: deutsche Einheit, Kanzler aller Deutschen, Platz in der Geschichte, blühende Landschaften (Unkraut auf den Industrieruinen)…blablabla. Eine durch und durch korrupte, geltungssüchtige, habgierige Gestalt deren Charakteristik durch den Begriff Pfälzer Sau-Magen definiert werden kann. Naja, wobei es für eine rechte Sau eine Beleidigung ist mit diesem pfälzischen Bio-Muell verglichen zu werden
Die Frau Weber ist im Übrigen im Südwesten geboren und sozialisiert worden, das erklärt meiner Meinung nach evtl. ihre Interessen an Lug und Trug der moralisch verwahrlosten Politik- und Wirtschaftskasten.
Südwesten? Ist man denn in BW oder RLP so sehr am Lug und Trug der moralisch verwahrlosten Politik- und Wirtschaftskaste interessiert?
@ Naturzucker
Keine Ahnung.
Pietismus???
Treu und Redlichkeit? Ehrbarkeit?
Altbackene Werte?
Gabs da nicht mal einen Ministerpräsident (?) Roland Koch der ihm unbequeme Staatsanwälte zur Freundlichkeit motivierte bis endlich die Verjährung seiner Auffälligkeiten griff ?
Die “Männerfreundschaft” von Leo Kirch und Helmut Kohl war legendär zum Schaden Deutschlands: Verhinderung des Glasfaserausbaus in Deutschland. Man darf durchaus das Ganze als ein Rechtsgeschäft zu Lasten Dritter bezeichnen – also als Korruption.
Dass die CDU nichts hier aufarbeitet, spricht Bände…
Danke an Gaby für Ihre Ausdauer.
PS: In Deutschland mangelt es sonst an investigativem Journalismus. Mir dem Whistleblowerschutz ist es auch nicht gerade gut bestellt.
Das mit der Glasfaser wird immer wieder gerne erzählt, aber bei den französischen Nachbarn hatte man js sehr frûh ein Glasfasernetz gebsit, welches dann wegen Veralten und technischer Probleme komplett neu bauen musste. Da war man etwas zu Avantgarde. Was heute in der BRD zu kritisieren ist wie bei jedem Großprojekt der letzten drei Jahrzehnte die Unfähigkeit zügig und vernünftig umzusetzen. Es kommt immer zu spät, viel zu teuer und unnötig verkompliziert. Das fing unter Kohl schon an, aber das hat sich dann verstetigt und alles ist nur noch verheddert.
Sie schreiben :
“Kohl hat sich meiner Meinung nach immer als der neue Bismarck inszeniert. ”
Das habe ich auch so empfunden :
Größenwahn und Eitelkeit waren wohl die Haupt-Triebfedern seines politischen Wirkens.
Was dürfen Jupiter?
“Quod licet Jovi non licet bovi”
und Untertanen staunt trotzdem!
Trotz seines Körperumfanges war Kohl kein Planet und erst recht kein Gott. Eigentlich soll es ja so dein, daß den Politikern besonders auf die Finger geguckt wird Als Bundeskanzler ist man ja Teil und oberster Chef der Exekutive und hat dann natürlich entsprechend Archivierungspflichten.
Die gelebte Praxis sieht dann natürlich so aus, daß deutsche Politiker selbstherrlich tun was sie wollen trotz entsprechender Gesetze, die natürlich nicht durchgesetzt werden weil zufällig die Parteien auch über Richter, Staatsanwälteund Polizeipräsidenten bestimmen und diese auch meistens auch Parteimiglieder. Ist halt eine Partikratie mit Demokratietheater ohne Gewaltenteilung.
Hab die Antwort gerade erst gelesen, danke für den Vergleich von Planeten und Politikern! Vielleicht besteht doch ein Zusammenhang daß Macht und Gravitation immer ein Zentrum bilden.
Die einen die dürfen und die anderen die das nicht dürfen.
Die USA wird gerne als ein freies Land dargestellt, dabei dieser gesamte Kontinent vom Norden bis in den tiefen Süden, ein Projekt der Landannektierung europäischer Könige mit ihren Soldaten und das benötigte Kapital dazu. Wer letztendlich was an sich aneignete ist bis heute nicht wirklich klar, ob Politik, Kapital oder Religion, eine Symbiose ist gut möglich. Wobei intern auch noch heftig gestritten wurde und finden diese Streitigkeiten nicht bis heute statt?
Deutschland hat es besonders schwer seit ’45, da zuviele mitreden dürfen und notfalls auch eingreifen! Das bedeutet, wer was ändern möchte an diesem Status, darf nicht auf die Politik warten, sondern muss selbst aktiv werden.
Schaffen das die Bürger?
Ich habe mir erst jetzt das Video angeschaut. Es ist sicherlich eines der Besten, das Frau Weber erstellt hat oder hat lassen. Ist auch der Schnitt besser geworden?
Ich habe immer wieder gestoppt, um die Texte zu lesen.
1. Die Leuna-Affäre habe ich noch in Erinnerung und andere Vorkommnisse um Korruption. Den Spendenskandal hätte sie unbedingt noch erwähnen müssen.
2. Das Protokoll zu dem Gespräch mit Mitterand ist sehr interessant und zeigt tatsächlich wie wichtig es wäre, wenn wir mehr solche Akten einsehen könnten. Da wird ganz anders geschrieben als sie sonst so zum dummen Wahlvieh sprechen.
3. Brachte das Video sehr gut rüber wie abfällig Kohl als Patriarch oft über seine Kollegen oder “Untergebenen” und den Pöbel redete. Der Autorin ging es sicher ähnlich: Das war schon eine lange Zeit sich dieses SCHWEIN 16 Jahre lang in den Medien mit dieser Ausdrucksweise, dem fehlenden Unrechtsbewusstsein und der ganzen Arroganz ertragen zu müssen. Ich fand auch schon immer seine beste Szene damals war mit den Eierwerfern von Halle. Auch da zeigte er sein wahres Gesicht.
https://www.youtube.com/watch?v=ZgVwMa4hmXg
4. Die Briefe, die Frau Weber schrieb, waren mir teilweise zu aggressiv und kompromisslos, aber nicht beleidigend (gut), formuliert. Sie will ja was haben. Natürlich ist sie im Recht. Nur hätte ich mich mehr an die Formalitäten gehalten. Diese Leute sind vielleicht doch von Äußerlichkeiten beeinflussbar. Es sei denn, es ist klar, wo man steht und hat sich schon in der Vergangenheit gegenseitig angefeindet oder gar beleidigt. Selbst dann würde ich möglichst formal bleiben, möglichst weg von (persönlich) wertenden Attributen. Das schätzen auch Richter.
5. Was ist über den Lebenslauf der Witwe bekannt?
https://de.wikipedia.org/wiki/Maike_Kohl-Richter
Die hat, bei flüchtiger Betrachtung des Lebenslaufes, doch recht eng mit ihm zusammengearbeitet und wer weiß, viel von der Korruption, die sich da abspielte, hatte sie selbst was mit zu tun. Meiner Meinung nach sitzt da eine Täterin auf den Beweisen, nicht nur gegen ihren Mann, sondern gegen sie selbst. Und sie hatte genug Zeit Beweise zu vernichten …
6. Eine Bitte hätte ich noch: Diese dramatische Musik am Ende ist gar nicht nötig. Ich würde mich auf Inhalte und auch Umgebungsgeräusche, Aufnahmen wie das auch im Film zu sehen war, oder Interviews beschränken. Ich mag diese Unsitte wie man sie auch von den ÖR mit ihrer Propaganda kennt immer weniger.
Großes Dankeschön an Frau Weber für die Arbeit. Es stellt sich tatsächlich die Frage nach Kontrolle und die ist natürlich bei den meisten Regierungen der Welt absichtlich mangelhaft bis überhaupt nicht vorhanden, weil sie eben durch und durch korrupt sind und für geldwerte Interessen arbeiten. Deshalb nenne ich diese “Demokratien”, wie eben auch Deutschland, nur formal so. In Wirklichkeit ist das keine Demokratie. Das ist technisch und als vielerlei anderen Gründen nicht möglich und wird entsprechend ausgenützt. Kohl war dafür ein Paradebeispiel. Er lies seine Wähler gerne über sein Lieblingsessen Schweinebauch wissen, aber nichts darüber wie er Politik machte in Hinterzimmern.