„Der Widerstand gegen Unrecht erfordert unkonventionelle Methoden“

Protestaktion am 26.10. Wissenschaftler:innen blockieren die Brienner Str. beim Odeonsplatz neben Mercedes-Benz und fordern eine Dekarbonisierung des Verkehrssektors. Bild: Letzte Generation

 

„Stoppt den Mord an den Armen!“: Lina Johnsen von der „Letzten Generation“ kritisiert im Interview mit Marcel Malachowski die „Lebensvernichtung“ durch Rot-Grün, erklärt die „Pflicht zum Widerstand“ und fordert kostenlosen ÖPNV für Arme nach dem Vorbild Spaniens: „Warum können wir das in Deutschland nicht?“

 

„Das ist kein Spaß mehr: Die soziale Ordnung wird kollabieren.“ Das sagt Lina Johnsen von der Aktivist*innen-Gruppe „Letzte Generation“ im krass&konkret-Interview. Ihre Aktionen erregen zur Zeit europaweit wieder sehr viel Aufmerksamkeit und führen zu heftigen Diskussionen in der Gesellschaft, im Netz und den Sozialen Medien und sie fordern auch eine ernsthafte Umverteilung von Privilegien: „Alle Schulden sollten erlassen werden. Schäden, die wir verursacht haben, sollten entschädigt werden.“ Gestartet sind sie mit dem Hungerstreik vor dem Bundeskanzleramt zur Wahl 2021 und erreichten damit ein Gespräch mit dem jetzigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Im Gegensatz zur oft gerühmten kollektiv orientierten und monolithischen „Konsens-Gesellschaft“ Deutschlands, die schon André Gorz beschrieb, genießen individualistisch-libertäre, partikularistisch anti-autoritäre und aus dem philosophischen Situationismus geprägte militante Protestformen des zivilen Widerstands gegen den „Leviathan Staat“ (Johannes Agnoli) und die „verwaltete Welt“ (Adorno/Horkheimer) in den USA, in Frankreich, in Südamerika, in Israel oder in Südeuropa immer noch hohen Respekt quer durch die Gesellschaft.

Organisatorische und finanzielle Unterstützung erhält die „Letzte Generation“ unter anderem durch den politisch, gesellschaftlich und global sehr gut vernetzten Climate Emergency Fund aus Kalifornien, das als traditionell „berüchtigter“ links-liberaler und jüdisch geprägter „progressive state“ nicht erst seit Gouverneur Arnold Schwarzenegger der politische Hot Spot der globalen Klimabewegungen und der US-Organic-Szene ist. Aus der „Letzten Generation“ ist nun auch die Gruppe „Scientists Rebellion“ entstanden.

Innerhalb der Bundesregierung und der Ampel-Parteien gibt es sowohl Kritiker*innen als auch Befürworter*innen der Aktionen wie Grünen-Chefin Ricarda Lang. Im Interview aber sagt Lina Johnsen nun: „Die Bundesregierung akzeptiert Polizeigewalt an friedlich Protestierenden.“

„Wie viele Menschen müssen noch fliehen und sterben?“

Warum macht Ihr Eure neuen und stark ausgeweiteten Aktionen gerade jetzt in diesen Wochen, nun auch gegen Luxus-Geschäfte?

Lina Johnsen: Ziviler Widerstand gegen den lebensvernichtenden Kurs, auf dem wir uns gerade bewegen, ist jetzt so wichtig wie nie! Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Dass die Klimakatastrophe mittlerweile auch bei uns zu Hause vor der Tür steht, haben wir spätestens letzten Sommer bemerkt. Tausende Hitzetote in Europa, ein Fischsterben und ein ausgetrockneter Rhein sowie Ernteausfälle, das sind nur wenige von vielen humanitären Katastrophen, die sich schon jetzt gerade überall abspielen. Und es wird immer schlimmer.

Wie viele Menschen müssen noch fliehen und sterben, bis angemessen gehandelt wird? Wir müssen jetzt die Notbremse ziehen! Die UN-Klimakonferenz COP27 steht am 7. November an. Wir hoffen, dass die üblichen politischen Interessen wie Macht und Privilegien-Verteidigung des globalen Nordens dieses Mal endlich zurückgesteckt werden.

KlimaaktivistInnen attackierten vor kurzem auch mit Tomatensoße und Kartoffelbrei mehrere Gemälde, was viel diskutiert wurde. Viele fanden das übertrieben.

Lina Johnsen: Der Widerstand gegen absolutes Unrecht erfordert manchmal unkonventionelle Methoden. Was zum Beispiel hat die Zerstörung von Privateigentum mit dem erkämpften Frauenwahlrecht in England zu tun? Die Bedrohung unserer Lebensgrundlagen für den Profit einiger weniger ist ein ebenso gigantisches Unrecht, dem sich entschlossen in den Weg gestellt werden muss. Wie kann es sein, dass tausende Hitze- und Flut-Tote weniger Aufschrei hervorrufen als Tomatensoße und Kartoffelbrei auf einem Gemälde? Wollen wir die Schönheit von Natur bald nur noch auf Bildern betrachten oder endlich anfangen, unsere echte Umwelt zu beschützen?

Die Bundesregierung hatte im letzten Jahr in Sachen Klimaschutz viel versprochen. Glaubt ihr, die Ampel ist immer noch auf dem richtigen Weg – oder vom Weg der ökologischen Transformation, sozial gerecht, abgekommen?

Lina Johnsen: Wenn wir die Forderungen des letzten Klimaberichts betrachten, war die Regierung von Anfang an nicht auf der richtigen Zielgerade. Die festgesetzten Maßnahmen waren schwach. Und die Quittung haben wir jetzt sicher: die 1,5 Grad sind nicht mehr einzuhalten, die Regierung hat das erste Klimaziel krachend verfehlt. Und durch unseren Protest wird deutlich, dass die Bundesregierung nicht einmal in der Lage ist, auch nur einfachste Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen. Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen sowie das 9-Euro-Ticket lassen sich umgehend umsetzen, sind sozial gerecht und sofort wirksam. Die Bundesregierung akzeptiert lieber Polizeigewalt an friedlich Protestierenden, als die einfachsten Sicherheitsmaßnahmen einzuleiten, für die es eine Mehrheit in der Bevölkerung gibt.

Museumsaktion in Potsdam. Bild: Letzte Generation

„Müsste der ÖPNV nicht kostenfrei sein – besonders für Arme? JA!“

Die Bundesregierung plant ja keinerlei Weiterführung des sozial gerechten, aber immer noch zu teuren 9-Euro-Tickets. Ist das einfach nicht finanzierbar? Ihr fordert aber weiter eines?

Lina Johnsen: In Spanien wird kostenloser ÖPNV mit einer Reichensteuer finanziert. Warum können wir das hier nicht auch? Müsste der ÖPNV nicht generell kostenfrei sein – besonders für Arme? JA! Es wäre eine sozial gerechte Lösung. Es kann nicht sein, dass die, die es sich leisten können, in Sportwagen über die Autobahnen heizen, während die Menschen, die es sich gar nicht leisten können, wegen des Fahrens ohne Fahrschein im Gefängnis sitzen.

Im Land Berlin votierten innerhalb der Rot-Rot-Grün-Regierung SPD und Grüne sogar gegen den Vorschlag der Linkspartei, das 9-Euro-Ticket zumindest für Ärmere weiterzuführen, was ja schließlich auch keine nennenswerten Kosten für den reichen Rest der Bevölkerung verursachen würde. Wie erklärt Ihr Euch diese Scheiß-Egal-Haltung von Rot-Grün?

Lina Johnsen: Wir verstehen auch nicht, wie sich nicht auf sozialgerechte Lösungen geeinigt werden kann. Wir brauchen ein Miteinander anstatt ein ständiges Gegeneinander. Je früher wir das erkennen und dafür in den Widerstand gehen, desto schneller können wir eine sozialökologische Transformation anstoßen, die so dringend notwendig ist.

Aus der CDU gibt es nun ernsthafte Forderungen, Euch als „kriminelle Vereinigung“ zu verbieten, wodurch man euch in vorsorgenden Gewahrsam zur sogenannten Gefahrenabwehr nehmen könnte … Hand auf´s Herz und „Zwinkersmiley“ (Martin Sonneborn): Seid Ihr eine kriminelle Vereinigung wie die Camorra in Neapel oder weite Teile des hessischen Großunternehmens AWO aus der Sozialindustrie, die nun strafrechtlich verfolgt werden, da es laut Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main eine „stillschweigende Vereinbarung“ in Camorra-typischer Wortwahl per SMSen mit den SPD-Eliten im Land gab? Bei der Deutschen Bank ist ja auch regelmäßig die Polizei zu Gast zwecks Hausdurchsuchungen. Ist es nicht immer nur eine Definition des Zeitgeistes, wen man „kriminell“ nennt?

Lina Johnsen: Eine CDU-Politikerin sagte als Reaktion auf unsere Proteste vor dem und im Ministerium: „Das ist kein Spaß mehr.“ Sie hat absolut Recht. Hunderte Menschen, die in den Fluten sterben, Tausende Hitzetote, Millionen von Klimageflüchteten, Milliarden an Schadenszahlungen, das ist kein Spaß mehr! Das ist bittere Realität und wird immer schlimmer! Die soziale Ordnung wird unter den Folgen kollabieren, wenn die Regierung weiter versagt zu handeln – „Dieser Verzicht auf Führung ist kriminell“, sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres dazu.

Wir achten die Demokratie, wir wollen sie beschützen. Und die Freiheit in einem demokratischen Staat unterliegt demokratisch-moralischen Pflichten. Friedlicher ziviler Widerstand ist angemessen als demokratisches Mittel bei moralischen Konflikten und humanitären Krisen. Daher ist es eigentlich unsere moralisch-demokratische Pflicht, Widerstand zu leisten, gegen ein Regierungshandeln, was nach wie vor Milliarden in todbringende fossile Energien steckt. Bertolt Brecht sagte auch einmal: „Wenn Unrecht zu Recht wird, dann wird Widerstand zur Pflicht.“

„Die Klimakatastrophe ist schwer von sozialen Krisen zu trennen“

Greta Thunberg sprach nun davon, man hätte sich zulange auf die potentiellen Opfer der Zukunft konzentriert, man müsse jetzt aber vor allem den von Ungerechtigkeit Betroffenen hier und jetzt Aufmerksamkeit schenken. Stimmt das?

Lina Johnsen: Die Klimakatastrophe ist jetzt, schauen wir nur auf Pakistan, wo dieses Jahr ein Drittel des gesamten Landes unter Wasser stand! Oder nach Ostafrika, wo letztes Jahr 250.000 Kinder unter fünf Jahren in Folge der Dürre verhungerten. 10.000 Hitzetote in Europa und die Sächsische Schweiz hat dieses Jahr gebrannt! Und das passiert alles jetzt bei einer nur 1,2 Grad heißeren Welt.

Milliarden von Menschen werden bald in Zonen der Erde leben, die unbewohnbar sein werden! Wir dürfen das nicht zulassen, die Klimakatastrophe auf die Zukunft zu verschieben. Deutschland hat sich beim Pariser Abkommen dazu verpflichtet, 2045 klimaneutral zu werden, dabei erreichen wir wissenschaftlich prognostiziert 1,5 Grad spätestens 2030: Das ist ein verantwortungsloses Verhalten, welches zerstörerischen Industrien und Groß-Konzernen viel zu viel Spielraum gibt, weiterhin C02 zu emittieren. Es gibt schlichtweg keine CO2- Budgets mehr. Dass wir uns jetzt dem größten Problem unserer Zeit stellen, heißt nicht, dass wir nicht darauf blicken sollten, was uns alles noch erwartet und in was für einer ungerechten Welt wir leben werden, wir nicht rasant umlenken.

Ist eine menschliche Gesellschaft im Kapitalismus denn überhaupt umzusetzen? Ist es nicht realistischer, dass es den Weihnachtsmann wirklich gibt?

Lina Johnsen: Es ist offensichtlich, dass grenzenloser Wachstum auf einem begrenzten Planeten nicht möglich ist und man Geld nicht essen kann. Vor allem müssen wir daher die Verbrennung fossiler Energien schnellstmöglich beenden. Wir wollen auf eine lebenswertere, sozial gerechtere Welt zusteuern, in der erneuerbare Energien – die einzigen Friedenstechnologien – Ressourcenkriege verhindern! Die Klimakatastrophe ist schwer von anderen sozialen, historisch verankerten Krisen zu trennen. Die Geschichte hat gezeigt, dass soziale Krisen überwunden werden können. In Bezug auf den drohenden Klimakollaps, ist jedoch ein angemessener politischer Horizont nötig, welcher nicht-ausbeuterische Beziehungen zu Mensch und Mitwelt fördert. Ein gesellschaftlicher Wandel in diese Richtung ist daher ebenso realisierbar wie absolut dringlich.

„Was, wenn Schilder hochhalten auf Demos nichts mehr bringt?“

Laut vieler seriöser Umfragen der großen Institute in Deutschland, Frankreich und den USA geht das Vertrauen in die Politik immer weiter zurück. Ist das nicht eine Demokratiekrise im Westen?

Lina Johnsen: Dass immer mehr Menschen enttäuscht von den Wahlprogrammen und der Nichteinhaltung von Abmachungen sind, ist in der Tat ein großes Problem. Was jedoch ein noch viel größeres Problem ist, dass die Stimmen der Bevölkerung und der Wissenschaft, die auf die Notwendigkeit der Einhaltung von Klimazielen drängen und verzweifelt über ein verfassungswidriges Klimapaket aufschreien, einfach ignoriert werden!

Wie viel mehr Millionen Menschen müssen denn noch auf die Straße gehen, damit sich etwas ändert? Wie lange sollen wir noch warten, bis unsere Regierung ihrer Pflicht nachkommt und das tut, was absolut notwendig und schon längst überfällig ist? Was wenn es nicht ausreicht, alle vier Jahre ein Kreuz zu setzten? Was, wenn Schilder hochhalten auf Demos und Petitionen unterschreiben nichts mehr bringt? Lasst uns Lösungen zusammen ausdiskutieren, wie zum Beispiel in Bürger:innenräten: Was wir brauchen, ist mehr Demokratie!

Schon jetzt haben ja Millionen Menschen in Deutschland zu wenig zu essen, nicht erst seit der Mega-Inflation … Gäbe es nicht sogar eine ganz simple Methode, die Gesellschaft in Deutschland innerhalb von Tagen etwas menschlicher zu gestalten: Massive Erhöhungen der Gelder für Hartz IV-Bezieher*innen, Mindestlöhner*innen, Geflüchtete und viele andere – sofort? Im Vergleich mit anderen Ausgaben würde das den Bundeshaushalt nur lächerliche Peanuts kosten … Solch eine Maßnahme der Ampel wäre zwar nur ein kleiner Unterschied, aber für die Leidenden einer um´s Ganze …

Lina Johnsen: Ich stimme zu, dass es ganz simple Maßnahmen gibt, welche die Regierung von heute auf morgen umsetzen könnte und die den Menschen direkt zu Gute kommen würden. Dazu gehört beispielsweise die Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets. Es ist absurd, dass selbst die einfachsten Maßnahmen nicht umgesetzt werden. Die Regierung zeigt damit, dass sie die Krisen und Katastrophen nicht erst nimmt und vor allem diejenigen, die Hilfe am dringendsten bräuchten, nicht im Blick hat.

Funktionierende Systeme anderer Länder wie zum Beispiel ein Bildungssystem, ein Rentensystem et cetera bräuchten wir nur zu adaptieren. Wie kann es sein, dass wir das einzige europäische Land ohne ein Tempolimit sind? Eine gerechtere Gesellschaft, in der wir zusammenkommen und Seite an Seite stehen, ist möglich. Es liegt aber eben an unserer Regierung, so etwas umzusetzen. Wenn die Regierung es aber nicht im Griff hat, selbst die kleinsten Schritte in diese Richtung einzuleiten, müssen wir es als Zivilgesellschaft selbst in die Hand nehmen. Deshalb ist jetzt die Zeit, zivilen Widerstand zu leisten.

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55 Kommentare

  1. Wirksamer Klimaschutz kann nur durch globale Kooperation erreicht werden – insbesondere mit dem globalen Süden, der einerseits am meisten leidet, aber sich andererseits seine Entwicklungschancen nicht von westlichen Klimaschutz-Diktaten verbieten lassen will.

    Solange die US-Regierung die Weltbevölkerung spaltet und den Krieg der „Demokratien“ gegen die „Autokratien“ befiehlt, steht Klimaschutz nur noch auf dem Papier und wird gerade von den USA faktisch sabotiert.

    Warum wird im obigen Interview eigentlich nicht die gigantische Klima-(und Umwelt-)Belastung durch die gigantische US-Militärmaschinerie mit ihren weltweiten Manövern, Atomversuchen im Pazifik etc. erwähnt? – Vielleicht, weil die USA darauf insistieren, das dürfe bei ihrer Klima-Bilanz nicht mitgezählt werden, und weil theatralische Selbstdarsteller wie „Die letzte Generation“ von Kalifornien aus organisiert und finanziert werden?

    Jedenfalls glaube ich, der wirksamste Einsatz für Klimaschutz besteht jetzt darin, gegen die hybride Kriegsführung der USA, der die deutsche Regierung sich angeschlossen hat, Widerstand zu leisten.

    Um meinen winzigen Teil zum Widerstand beizutragen, muss ich keine Kunstwerke mit Lebensmitteln beschmeißen und meine Pfoten nicht irgendwo festkleben, sondern komme mit sachlichen Argumenten weiter.

  2. Wie meine Vorkommentatorin Schulz hat mir im Interview jeglicher Hinweis auf die um sich greifende Militarisierung und täglich steigende Weltkriegsgefahr gefehlt. Kurzfristig ist der Atomkrieg die grösste Gefahr für die Menschheit und selbstverständlich ist der Bellizismus praktisch des gesamten politischen Spektrums in Europa das antiökologische Programm par excellence. Und es gibt kaum zivilen Protest dagegen.

    Das globale Kapital steckt in einer potentiell terminalen Krise und sucht sein Heil wie immer in solchen Situationen im Grosskrieg – der aber beim heutigen Stand der Waffentechnik bei konsequenter Führung nicht mehr von nacktem Nihilismus zu unterscheiden ist. Der gewissermassen bekleidete Nihilsmus des courant normal, der kapitalistischen Machtambitionen die nur als Mittel zum Zweck wahrgenommene Erde opfert – da ein Berg, dort ein Dschungel, hier ein See, dort ein Fluss – wirkt langsamer, aber kommt auch an – die Lebensgrundlagen nicht nur der Menschen verschwinden. Aber wie der langsam gekochte Frosch wird die Gefahr von den Einflusshabern nicht oder zu spät wahrgenommen.

    Ich zweifle an der Wirkmächtigkeit ‚origineller‘ Protestformen, die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass sich die Kriminalisierungswilligen schliesslich durchsetzen. Aber wer sie kritisiert, hat offensichtlich nichts verstanden und sich wahrscheinlich den Weitermachern verschrieben, ergeben. Eine noch so kleine Chance, in die Phalanx eine Bresche zu schlagen, muss ergriffen werden.

  3. Zu „Wie meine Vorkommentatorin Schulz“ und „Eine noch so kleine Chance, in die Phalanx eine Bresche zu schlagen, muss ergriffen werden.“:

    Zu Letzterem versuche ich jetzt trotz meiner Unbeholfenheit (Pieps-Stimme, Schüchternheit und politische Unerfahrenheit) beizutragen und habe dabei für mich selbst überraschend Erfolg, u. a. indem ich nach einem anti-russisch bellizistischem Vortrag eines langjährigen Polit-Profis der Links-Partei vom dazu konformen Publikum wiederholt Zwischenapplaus für meine Gegenrede bekam.
    Das schreibe ich nicht, um anzugeben, sondern um zu motivieren, denn ihr hier könntet euch doch viel besser einbringen als ich – bitte tut es!!!

  4. Dass der Aktivismus, den ich nicht vollumfänglich verdammen möchte, viel zu kurz greift, beweist wieder diese Nachricht von vorgestern über die historischen Profiten von Exxon Mobile, Chevron, Shell:

    https://truthout.org/articles/this-is-what-price-gouging-looks-like-exxon-profits-break-all-time-records/

    „Exxon posted the highest quarterly profits ever posted by any U.S. oil company.“
    „Chevron posted its highest ever profits of $11.2 billion, nearly doubling profits“
    „Shell’s net income also multiplied from last year, reaching $9.45 billion“
    „These profits come as gas prices have skyrocketed over the past two years“
    „Experts agree that current gas prices are greed-driven“

    Die von Extinction Rebellion offenbar für voneinander trennbar geltenden Sphären Ukraine-Krieg, China-Konfrontation und Klimkrise (die 3 „K“s), bedingen und durchdringen einander in Wahrheit vollkommen.

    Die Informationsstelle für Militarisierung hatte bereits vor 2 Wochen den Kalauer vom „grünen“ umweltfreundlichen Panzer gebracht.

    Zwar wird von den Aktivisten ganzheitliches Denken gefordert, aber dieses muss in einer universell konzipierten Politik und Aktivismusstrategie seine Entsprechung finden.

    Was nicht der Fall ist und ärgerlicherweise im Interview auch keinen Jota eingefordert wird.
    Es wirkt wie misslungene Satire.

    Mag sein, dass der 70er Jahre-Radikalismus mit seiner Theorie-Avantgarde die Masse nicht erreicht hat. (im Forum immer wieder angesprochen)

    Aber er war ja im Grunde nur das Resultat einer viel ultimativeren Gesellschaftsanalyse die weit über die nur sektierisch operierenden Splitter ihre Spuren hinterlassen hat in Parteien, Bewegungen, Milieus, Gesetzen, Alltag, Individuen.

    Diese Spuren haben sich erst verloren als Universität, Gewerkschaft und Partei den Protest, den sie nie getragen aber in der Öffentlichtkeit formal gerahmt und wohlwollend legitimiert haben, sich fast vollständig vom Territorium zurückgezogen haben.

    Und damit den Diskurs der Gier Silicon Valleys auslieferten.

    Das beste Beispiel für die resultierende Maskerade ist die Identität der Finanziers wichtiger Anti-Abtreibungsbewegungen in den USA: Google, Amazon, Facebook, wie von The Intercept berichtet.

    Sie bezahlen die Republikaner gegen ihre eigene, politische private Überzeugung, um die entsprechenden Staaten von vorteilhafter Finanz-und Wirtschaftspolitik für eben jene Konzerne zu überzeugen.

    In den eigenen social media Kanälen wiederum wird nur die 2. Geschichte verbreitet: Google, Amazon, Facebook zahlen großzügig für ihre eigene Belegschaft ggf. die Abtreibung. Privatisierung par excellence.

    „Mani pulite“.

    Extinction Rebellion scheint diesen Widerpruch nicht auflösen zu können, was nicht wundern darf, denn sie sind erst aus ihm hervorgegangen.

    Weshalb es trotz aller Unnachgiebigkeit von Seiten ERs die Unterstützung traditioneller, helfender und wohl auch „älterer“ Köpfe und Hände braucht.

    Reiner Braun vom Peace Bureau wirkte im Frühsommer noch wenig offen für eine Kooperation. Zu tief sind die Gräben die die NATO-PR gerissen hat mitten in das Herz der Linken.

    Aber ich nehme an, auch Braun wird wissen, dass die Vereinzelung nicht von Dauer sein darf.

  5. Wer Angst vorm Monatsende hat, hat keine Angst mehr vorm Ende der Welt.

    „Vielleicht also könnte ein Teil der Bewegung mal für die überforderten Tafeln kochen und mit Menschen über den Zusammenhang zwischen Armut, gleichzeitiger Überproduktion und Naturzerstörung reden.“ TAZ, siehe link.

    https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/co2-top-10-der-umweltsuender
    https://www.tenoftheday.de/die-10-groessten-umweltverschmutzer-der-welt/
    https://taz.de/Juengste-Aktionen-der-Klimabewegung/!5891170/

    1. Wer Angst vorm Monatsende hat, hat keine Angst mehr vorm Ende der Welt.

      Ich teile deine Meinung. Das trifft es. Das ist das Problem mit diesen Bewegungen. Von unten kommen sie nicht. Andererseits: Besser als gar nichts.

  6. Die Herrschenden setzen die Grenzen dort, wo bestimmte Formen des Widerstandes ihnen schaden könnten oder Angst machen. Ihr politisches Personal erweist sich dabei als Komplizen. Ihre Definitionsmacht zeigt sich in der Aussage: „Gewaltfreier Widerstand ist Gewalt!“.

    Auf der anderen Seite ist zu hören: „Wenn Scheiben klirren, schreit Ihr, wenn Flüchtlinge brenne oder ertrinken, schweigt Ihr!“

    Ich beobachte die Radikalisierung der Klimaschutzbewegung von Anfang an und begrüße es, dass die Aktionen riskanter werden. Leider bin ich zu alt, um da noch mitzumachen. Allerdings stelle ih mir unter historischen Gesichtspunkten immer wieder die Frage, was wohl geschieht, wenn die staatliche Repression alle Widerstandsformen erstickt und der Rückhalt der Bevölkerungsmehrheit ausbleibt. Führt das zur Resignation der Akteure? Oder in die Militanz? Dazu empfehle ich die Geschichte der RAF und der des „17. Juni“. Als Mittelweg könnten sich die militanten gegen Sachen gerichteten Widerstandsformen der RZ und der Roten Zora anbieten (PDF zum Herunterladen des gesamten Buches: https://de.scribd.com/document/22408464/Die-Fruchte-des-Zorns).

    Leider sind sie alle gescheitert, bzw. landeten im Knast, weil sie nicht die Unterstützung des deutschen Michels und der Medien hatten.

    1. @Anna Log

      vielleicht ist es hilfreich jenseits der archaischen Dichotomie von Scheitern vs. Nichtscheitern zu urteilen.

      Fest steht, dass sich Vieles zum Positiven geändert hat.

      Dass die „Macht“ nicht untätig bleibt, liegt in ihrer Natur.

      Wie es im Einzelnen um die Gewaltfrage bestellt ist, denn ich glaube die Beispiels RAF, 17. Juni usw., beantworten die Lösung dieser Frage auf unterschiedlichem Eskalationsniveau.

      Mike Davis hat in seinem letzten Interview (von dem ich weiß) noch im August an den „Weathermen“ kein gutes Haar gelassen („those assholes“).

      Ich selber will den Stab nicht brechen. Liest man die Kanzleramtsprotokolle und registriert die bellizistische Unnachgiebigkeit des Kabinett Schmidt, dann hat sich der Manichäismus beider Seiten umeinander verdient gemacht.

      Wobei man niemals vergessen darf: Die im Schatten haben ihr komplettes Leben in den Dienst gestellt. Die, die man sah und sehen sollte als demokratische Vertreter ihres sie wählenden Volkes, haben darauf ihre Karrieren und Posten und Rentenansprüche aufgebaut. Wem also gehört unsere moralisch Anerkennung?

      Die Opfer und die Selbstlosigkeit, wird heute vollkommen vergessen.
      Das macht falsche Methoden u.U. nicht richtiger, aber die VErhältnismäßigkeit und die Verhältnisse als solche sollten diese Schicksale, dann doch uns in Frage zu stellen animieren.

      Zur Frage der Macht, die zurückschlägt, eine kurze Rückschau im neuesten Gespräch Chris Hedges / Noam Chomsky:

      https://scheerpost.com/2022/10/30/the-chris-hedges-report-noam-chomsky-pt-2/

      siehe 2. Hälfte bzgl. Eisenhower, und Jimmy Carters „Verrat“ als „Wendepunkt“.

  7. Weltfremd, oberflächlich und auch nicht sonderlich glaubwürdig. Da sitzen gut bestallte Universitätsangehörige, die sich locker ihr e-car (gerne als Zweitwagen neben dem Benziner) leisten können. Und daneben Studenten, die sich weder das eine noch das andere leisten können und in der Stadt auch nicht benötigen. Da ist es leicht, für Dekarbonisierung zu sein. Ich habe – damals als Großstädter – meinen ersten PKW mit 28 Jahren besessen.

    Über das Fehlen jeden Bezuges zu Militär und Krieg und dessen ungeheure Belastung der Umwelt wurde weiter oben schon gesprochen. Auch andere menschgemachte Erscheinungen wie die Vermüllung der Ozeane, die Vergiftung der Böden, die Vermüllung des erdnahen Raums, die Verschwendung von Energie durch sog. „soziale“ Medien uvam bleiben ohne Erwähnung.

    Das 9-Euro-Ticket hört sich gut an, aber Menschen, die auf dem Dorfe leben, wo der Bus bestenfalls 1x in der Stunde fährt und ab 19 Uhr in der Garage steht, können damit nichts anfangen. Ein Besuch im Krankenhaus würde mit diesen Mitteln leicht 4 Stunden dauern. Das genannte Ticket war also ein reines, kurzfristiges Privileg/Schaustück für Städter, das von der Landbevölkerung mitfinanziert wurde.

    Dieser ganzen Aktion mit ihren Ideologie-Blasen wäre „auf dem Land“ kein Erfolg beschieden. Haben uns diese Leute in den letzten Monaten nicht genug Unheil gebracht?

    1. Dass die Menschen auf dem Land nicht vom 9 Euro Ticket profitieren, ist doch aber kein Argument dagegen, Hartzer in der Stadt finanziell zu entlasten. Dass der ÖPNV überall verbessert werden muss ist doch logisch zum Beispiel in Meck-Pom damit alle Benachteiligten profitieren. Die meisten mit wenig Geld leben aber auch in Städten wie Bremen, Dortmund, Ruhrgebiet, Hamburg, Frankfurt, Berlin. Arme Bauern gibt es weniger.

      Aber mit sozialen Medien hast du völlig recht. Absurd diese ganzen Spardiskussionen. Ans Eingemachte geht es nicht. Arbeitslose sollen kalt duschen aber Instagram läuft weiter wie immer.

  8. Ein oberflächlicher Artikel passenden zu einer sich zu wichtig nehhmenden Protestbewegung mit oberflächlichen und vor alem zu kurz greifenden Forderungen. Weil diese Protestbewegung dem kapitalistischen System nicht weh tut, wird sie auch aus dem kapitalistischen System als Möglichkeit einer systemerhaltenden Oppositionsbewegung gefördert (Organisatorische und finanzielle Unterstützung von Climate Emergency Fund aus Kalifornien).

    Jetzt stelle sich mal jemand vor, diese betuchten Aktivisten würden den größten Klimakiller auf der Welt benennen, welches sind:
    + militärische Aufrüstung (Wer hat den höchsten Rüstungetat plus versteckte Ausgaben?)
    + Kriege (Wer führt die meisten Kriege?)
    + aggressive Außenpolitik, welches den angegriffenen Ländern eine Umverteilung der staatlichen Mittel zu Verteidigungszwecken (Wer mischt sich überall ein? Wer macht Regimechance? Wer ermordet weltweit mittels Drohnen „politische Gegner“? usw.)
    Das würde als Konsequenz daraus zu solchen Forderungen führen wie:
    + konstruktive Abrüstungsverhandlungen
    + Verbot, Vernichtung aller Atomaren- und Angriffswaffen
    + reduzieren der Militärausgaben auf deutlich unter 50%
    + Abschaffung der NATO und anderer agressiver militärischer Verbindungen
    + Stärkung der UN als demokratische Organisation bei Verbot von staatlichen Lobbyismus und Erpressung/ Bedrohung der Mitgliedstaaten

    Hier fallen bestimmt manchen Mitkommentatoren noch mehr Punkte ein.
    Und wenn diese Punkte realisiert sind, dann kann man bestimmt auch sehr sinnvolle Sachen im Umwelt- und Klimaschutz in Angriff nehmen.

    Worauf ich als Lesetipp verweisen möchte, ist eine sehr detaillierte Zusammenfassung der Ereignisse des Euromaidans von Thomas Röper auf Anti-Spiegel.
    https://www.anti-spiegel.ru/2022/steinmeiers-kriegsrede-im-vergleich-zu-putins-ausgestreckter-hand/

    Und vielleicht könnte ein Autor vom overton-magazin die heuchlerische Rede von BP Steinmeier ( https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2022/10/221028-Alles-staerken-was-uns-verbindet.html ) mal kommentieren. Diese Rede ist unterwürfig, falsch und gleichzeitig voller Kriegshetze. Sie baut auf Emotionen, bringt Halbwahrheiten und besticht durch weg lassen. Dabei drückt der BP allen Protest in die undemokratische Richtung und fordert den „widerstandskräftige Bürger“. Bei gleichzeitigem Hochjubeln der Bundeswehr, die es so nicht gibt und in der Bevölkerung so auch nicht wahrgenommen wird.
    Steinmeier benutzt in dieser doch wichtigen Rede nicht einmal die Wörter Diplomatie, Krieg beenden, Frieden mit Russland. Es passiert sogar das Gegenteil, er dämonisiert die Russländische Förderation und ihre Bevölkerung und stimmt die deutsche Bevölkerung auf die Ausweitung des Konfliktes auf China ein. Gleichzeitig suggeriert oder verspricht die Rede eine großartige Zukunft in 5 oder 10 Jahren für die Bevölkerung, wenn sie dieser Politik der Bundesregierung weiter vertrauen und bedingungslos folgen.
    Steinmeiers Appell an die deutsche Bevölkerung ist eine Kriegsrede. Das ist die eigentliche Zeitenwende. Wir können, wollen dürfen nicht mehr ein Volk der guten Nachbarn sein. Dafür sollen wir uns in Verzicht und Mehranstrengung üben, um einen in dieser Rede nicht genannten Konflikt USA, NATO, EU und Stellvertreter Ukraine auf der einen Seite gegen Russland und den Unterstützern einer multipolaren Welt, ohne Dollardominanz und deren negativen Folgen auf der anderen Seite nicht zu verlieren.

    Wir machen als Staat und deutsches Volk in einem Konflikt mit, der nicht unser Konflikt ist! Leider vertritt diese Bundespräsident nicht die Interessen des Volkes, wie Steinmeier sich schon als Lakai der Washingtoner Interessen im Euromaidan 2014 benutzen lies. Er ist so falsch wie die Politik der Bundesregierung für uns als Volk schädlich ist.

  9. Ob es einen sog. „Klimawandel“ gibt; und ob der „menschengemacht“ aufgrund von CO2-Abgasen ist, kann ich nicht richtig beurteilen. Das dürfte für die meisten Beteiligten gelten, obwohl diese meinen, das genau zu „wissen“. Dass aber „die Wissenschaft“ mit ihren Simulationsmodellen bisweilen völlig daneben liegt und auch der Propaganda und Interessen dienen kann, das haben wir in den Corona-Jahren x-fach erleben müssen.

    Wenn ich diese „Aktivisten“ mit ihren Aktionen betrachte, so kann ich hier nur maßlose Hysterie erkennen. Man bedenke einfach, mit welchen CO2-Anteilen Deutschland beteiligt ist; und wie hoch davon wiederum der Anteil der motorisierten Individualmobilität ist. Dass diese hysterischen Blockade-Aktionen wenig polizeiliche Repression hier in Berlin erfahren, dürfte wohl regierungsbedingt sein. Und angesichts der Kriegsgefahren und der militärischen Aufrüstungen möchte ich auch vermuten: diese Aktionen sind (oder dienen als) Ablenkungsmanöver.

    1. Ob es einen sog. „Klimawandel“ gibt; und ob der „menschengemacht“ aufgrund von CO2-Abgasen ist, kann ich nicht richtig beurteilen.

      Ich auch nicht, jedenfalls nicht mit ausreichend statistisch-wissenschaftlicher Tiefe. Deswegen höre ich auf die über die ganze Welt verteilten, unzähligen Experten, die große Teile ihres Lebens einzig der Erforschung des Klimas gewidmet haben, im Gegensatz zu mir. Diese Experten kommen im Grunde einhellig zum Schluss, dass es einen menschengemachten Klimawandel gibt und verwenden diese Worte ohne Anführungseichen. Da ich nicht denke, dass sich tausende Wissenschaftler zu einem gemeinsamen Komplott gegen die Menschheit verschworen habe und ich zudem als studierter Techniker wissenschaftliche Methodik als geeignetes Mittel zum Zweck von Erkenntnisgewinn betrachte, ist für mich der menschengemachte Klimawandel aufgrund CO2-Emissionen ein Faktum.

      Welchen Sinn nun Festklebe-Aktionen und Kunstbeschmutzungen machen, steht auf einem anderen Blatt. Diese halten ich allerdings nicht für hysterisch, sondern für ungeeignet. Da regt sich der deutsche Autofahrer eher über die Verkehrsbehinderungen auf und der intellektuelle Kunstliebhaber schüttelt mit dem Kopf. Wenn alles dann am Ende in eine Forderung nach einem 9-Euro-Tickets mündet, dann wirkt das auch mich fast schon ein wenig hilflos bis knapp amüsant, wenn das Thema nicht so ernst und wichtig wäre. Solche günstigen Tickets sind in vielerlei Hinsicht sinnvoll, bezogen auf den Klimawandel aber wohl nicht viel mehr als ein klitzekleiner Tropfen auf den sich immer mehr erhitzenden Stein.

      1. „Deswegen höre ich auf die über die ganze Welt verteilten, unzähligen Experten, die große Teile ihres Lebens einzig der Erforschung des Klimas gewidmet haben, im Gegensatz zu mir“

        Auch hier gilt:
        Folge der Spur des Geldes“.

  10. Zur Frage, ob „wir“ den jugendlichen Klima-Aktivismus „vollumfänglich verdammen“ können/sollen:
    Nein, natürlich nicht „verdammen“, aber darauf hinweisen, wozu sich diese jungen Menschen einspannen lassen.

    Im obigen Interview klingt zwar Kritik an der Regierungspolitik der Grünen an, aber wer hat denn dafür gesorgt, dass die grüne Kriegspartei in die Regierung kam, um Außen- und Wirtschaftsministerium zu besetzen?
    Wodurch sind die Grünen denn ganz plötzlich von 8,7% auf „zukünftige Kanzler-Partei“ gekommen?
    Das kam durch die „Fridays for Future“, die dazu von den kollektiven transatlantischen Medien gehypt wurden bis zum geht-nicht-mehr.
    Tagtäglich waren damals z. B. die Hambi-Aktivisten als jugendliche Helden der Nation in den Schlagzeilen genau der Medien, von denen sie zuvor jahrelang totgeschwiegen und kriminalisiert worden waren.

    Es ging den Medien darum, die GroKo mit ihrem Festhalten an Nord Stream 2, am EU-Handelsabkommen mit China usw. zu Fall zu bringen. Dazu haben sie u. a. das „Zerstörung der CDU“-Video eines völlig unpolitischen jungen Bloggers lanciert und gehypt.

    Der jugendliche Klimaschutz-Aktivismus ist zum Vehikel dazu geworden, eine Politik an die Macht zu bringen, die jetzt das genaue Gegenteil tut: Förderung des Kohleabbaus, vermehrter Import von Kohle und irreversible Festlegung auf maximal Klima-schädlichen Gas-Import mit Bevorzugung von Fracking-Gas made in USA.
    Dazu, Klima-schädliche Politik durchzusetzen, eignen sich die Grünen mit ihrem Klimaschutz-Deckmäntelchen besonders gut.

    Das kann man den Jugendlichen selbst natürlich nicht zum Vorwurf machen – sondern ihren Lehrern, Eltern und vor allem den Medienschaffenden.

    Aus diesen Gründen halte ich es für so wichtig, JETZT möglichst viele junge und alte Menschen darauf hinzuweisen, dass die bellizistische Spaltung der Welt in „die Guten“ und „die Bösen“ hehre Ziele wie wirksame Klimaschutz-Abkommen am effizientesten verhindert.

    John Pilger: „THE MOST LETHAL VIRUS IS NOT COVID. IT IS WAR.“

    1. Hallo Sabine Schulz,

      sehr gute Ergänzung/ Klarstellung zu meinem obrigen Kommentar. Ich möchte diese jungen Menschen nicht den Protest verbieten, sondern sie darauf hinweisen, dass sie in ihrer normalen jugendlichen Naivität benutzt werden, so wie sie ihren Protest formulieren. Ich werfe ihnen auch ihre soziale und politische Leichtgläubigkeit nicht vor, denn Perfektion kann man an der Schwelle des Erwachsenen seins nicht umfänglich besitzen. (Diese besitzt auch kein reifer Erwachsener.)

      Ich glaube zu recht behaupten zu können, dass auch unsere Ablehnung und Veränderungsforderungen nicht am ersten Tag vollumfänglich und perfekt war. Auch unser Protest hat sich sowie wird sich weiter entwickeln und ist nicht frei von Irrungen.

      Nochmal kein Vorwurf gegen junge Menschen, die sich in Bewegungen angagieren oder an Protest teilnehmen. Mein starkes Mißfallen richte sich gegen die applaudierenden Zuschauer, die im System gehaltenen Journalisten und vor alem gegen die Elithen, welche das Arrangement der Menschen benutzen, um sie wegzuleiten von den Ursachen der Probleme unserer Zeit – all umfassender, ungezügelter Kapitalismus. Früher nannte man das Klassenkampf.

      Wo ich nur meine Zweifel habe, so wie viele junge Menschen heute sozialisiert sind, dass die jugendlichen Klima-Aktivisten gewillt sind, sich mit diesen Gedankenanstößen auseinandnerzusetzen. Schön wäre es, wenn dies eine meiner Irrungen wäre.

      Leider gibt es oder kenne ich in unserer Zeit und Gegend keine wirkliche attraktive Organisation in einer relevanten Größenordnung, welche diese Aktivisten aufnehmen und entwickeln kann, bei gleichzeitiger Gewährung für die gewünschten Freiräume der Jugendlichen.

      1. Hallo Mengel,
        Ihren Kommentar hatte ich nicht gemeint und wüsste auch nicht, warum er eine „Klarstellung“ brauchen würde, sondern finde völlig richtig, was Sie schreiben.
        (Und wenn ich an meine Jugend denke, au weia, war ich naiv…..)

        Wie Sie ja schreiben, ist es das Recht der Jugend, zu pubertieren und dabei radikale Forderungen zu stellen, aber nicht die Aufgabe der Erwachsenen, unreife Vorstellungen auch noch zu fördern und sogar Kindern einzureden, sie allein müssten die gesellschaftlichen Entscheidungen übernehmen, deren Tragweite sie noch gar nicht überblicken können.

        Nach meinem Empfinden wurde den jungen Menschen dabei eine moralische Selbstüberhöhung beigebracht, bei der inzwischen jedes sachliche Gegenargument am Virtue-Signaling abprallt.
        Das zeigt sich jetzt gerade beim Thema Ukraine-Krieg, wo es vielen überhaupt nicht mehr um sachliche Diskussion, sondern nur noch um „Wir sind die Guten und wer anders denkt, gehört zu den Bösen“ geht.

        1. Ich stimme ebenfalls zu, dass die jungen Leute instrumentalisiert werden, bzw. sich instrumentalisieren lassen. Einer 13-Jährigen kann man dabei natürlich keinen Vorwurf machen, einer 26-Jährigen, die schon ein paar Jahre dabei ist, allerdings schon.

          2010 gab es sogar eine Absichtserklärung, eine ökologische Bewegung zu instrumentalisieren, und zwar, um die Demokratie zu zurückzustutzen und dem chinesischen Beispiel zu folgen. Der bekannte Politikprofessor Herfried Münkler hat seinerzeit darüber geschrieben, offenbar angeregt, durch Diskussionen innerhalb elitärer Kreise: https://internationalepolitik.de/de/lahme-dame-demokratie

          Ulrich Rippert hatte dazu auf wsws einen Artikel verfasst, auch gfp hatte seinerzeit berichtet.

          https://www.wsws.org/de/articles/2010/07/muen-j10.html

          ZITAT:
          Einige politische Theoretiker hätten „gelegentlich Kriege zur Revitalisierung der politischen Ordnung vorgeschlagen“, doch solche Vorschläge hätten „heute keine Überzeugungskraft mehr“, fährt er fort. Eine andere Möglichkeit sei die „Ankündigung drohenden Unheils“. Diese bedürfe heute keines biblischen Propheten mehr, sondern könne „durch den Hinweis auf die Natur“, durch „ökologische Einwände gegen Wachstumsökonomien“ abgelöst werden. Offenbar denkt Münkler hier an den aufgeklärten, gebildeten Bürger, der sich über die drohende Umweltkatastrophe und die natürliche Begrenzung fossiler Brennstoffe und Energiequellen Sorgen macht und ein starkes Eingreifen des Staates für unverzichtbar hält.

          „Was aber passiert, wenn das Volk nicht hören will?“, fragt er dann und antwortet: „Dann taucht die Idee einer Ökodiktatur auf.“ Schon Plato habe seine „demokratiekritische Rechtfertigung der Philosophenherrschaft“ damit begründet, dass „das unvernünftige Volk, das immer nach den Zuckerbäckern ruft, von klugen Ärzten auf Diät gesetzt werden“ müsse.
          ZITAT ENDE

          Ich kann nur allen empfehlen, sich den Original-Artikel GRÜNDLICH durchzulesen. Link HIER:
          https://internationalepolitik.de/de/lahme-dame-demokratie

          Im Artikel gibt es Hinweise, nicht nur Greta Thunberg, sondern auch Thilo Sarrazin könnten Funktionen als „Propheten“ haen, um ganz andere, als die vorgeblichen Ziele zu verfolgen. Beide verdanken ihre Popularität vor allem den Medien.

          1. Hallo Bernd,
            vielen Dank für den Hinweis.
            Ich persönlich würde sogar noch viel weiter (zurück) gehen, denn ich frage mich, welche Funktion die Ökobewegung schon in den 1970ern tatsächlich hatte.
            Stichpunkte:
            – Entfremdung der „progressiven Linken“ vom Interesse der Arbeiterklasse, die natürlich Lohnerhöhungen forderte, um den Konsum zu erlangen, der von „progressiven“ Gymnasiasten, Studenten usw. plötzlich verpönt wurde
            – Whitewashing der kapitalistischen Industrie durch Schuldzuweisung an die Konsumenten, deren individuellem Verhalten die Verantwortung für die Umweltzerstörung zugeschoben wurde
            (Beispiel: Mit dem TV-Clip „The Crying Indian“ schaffte es die US-Getränkeindustrie, davon abzulenken, dass der Übergang zu Dosen und Plastik ja ihre eigene Entscheidung war)

  11. Bemerkenswert ist, wie Lina Johnsen die (im Interview dankenswerterweise gestellte) Gretchenfrage („Wie hälst Du’s mit dem Kapitalimus?“) NICHT, bzw. ausweichend und unklar beantwortet.

    Diese eigentlich sehr notwendige Bewegung wird also genauso vom System/Establishment einverleibt werden, wie es mit FFF geschah.

    Komisch, dass es immer noch Leute gibt, die denken, sie könnten beides haben: Klimaschutz UND Kapitalismus. Statt endlich zu begreifen, dass das Eine die Ursache für das Andere ist (und nicht nur dafür; wie in einigen Kommentaren hier vollkommen richtig angemerkt wird). So verplempert man genau die Zeit, deren Verplempern man der (vermeintlichen) Gegenseite vorwirft.

  12. ….ich kann nicht anders.
    Ich kann die Widersprüche einfach nicht glätten. Mir kommt es fast, als sei alles in einem entsprechenden Thing Tank geschrieben worden. So stößt mir auf: „Stoppt den Mord an den Armen!“ nicht das die Armen hier lediglich benutzt werden, denn sie sollen auch noch den Verursacher ihres Elends um Besserung anbetteln. Aber zurück. Es wird kein Leben vernichtet.es werden die Grundlagen des menschlichen Lebens vernichtet und das lassen die Grünen zu. Die Vernichter sind die Warenproduzenten.
    Die Pflicht zum Widerstand erschöpft sich gegen den ÖVPN, um gerettet zu werden? Da muss sich dann nur die Armut kümmern, damit sie dahin fahren kann, um den Sonnenaufgang zu erleben?
    Warum wird nicht aufgerufen das alle Schwarzfahren sollen.so können Obdachlose im Winter warm übernachten und satt werden. Andere komme dann mal mit denen zusammen, von denen sie reden.
    Wüste ich nur, wessen Schulden erlassen werden sollen und wer die WIR sind, die Schäden verursacht haben. Dann könnte ich mich dazu verhalten.
    Die schlauen der Welt, bei denen jedes Wort fast ein System ist, überspringe ich, um sie bei der Schwarzfahren-Strafe zu debattieren.
    Unsinn ist auch das „Die Bundesregierung akzeptiert Polizeigewalt an friedlich Protestierenden.“ Bisher hat es immer geklappt das die Herrschenden es hinbekommen haben, das alles was gegen sie gerichtet ist als Strafbewehrt zu konstruieren.
    Na klar muss sein insektenvernichtender Kurs sein, nicht etwa eine vernichtende Ökonomie. Das eine kann bleiben braucht lediglich eine Kursänderung? Wie kann Warengesellschaft noch funktionieren?
    Da kommt dann auch zupass „üblichen politischen Interessen wie Macht und Privilegien…“ Es geht also nicht um Profit? Es geht nur um Gerechtigkeit, Pelzmäntel für alle?
    Es scheint übersehen zu sein, Flüchtlinge zu 100000tsde gibt schon seit Jahrzehnte und die Todesraten auch. Richtig ist es das, die weit weg waren. Die Ungarn haben nicht mit gespielt und die Menschen aufgehalten, da war, Erdogan verbindlicher für ein paar Milliarden Dollar hat er die Leute behalten und sich das Recht erkämpft Dritte Länder Bombardieren zu dürfen ohne Kritik.
    Was „Absolutes Unrecht“ sein gegen Unrecht?
    „Wie kann es sein, dass tausende Hitze- und Flut-Tote weniger Aufschrei hervorrufen…“weil es Sichtweisen wie im Artikel gibt. Da wird Ausbeutung als ungerecht angesehen, dabei sind dort nur zwei Parteien, die ein Geschäft aushandeln. Das ist gerecht nach den Vorstellungen das Grundgesetz. Von der Menge der Profiteure wird nichts gesagt.
    Hier wird es interessant. Wie soll die zukünftige Gesellschaft aussehen? Da schweigt des Sängers….
    Nicht fehlen darf das „Miteinander“, wofür wäre interessant, das zu debattieren. Klimaschutz ist gestorben, das zeigt auch die Bilderstürmerei. Es muss um die Armen gehen, wo können die gehört werden? Es wird schon viel gemacht, die ganzen sozialen Bewegungen wie Tafeln werden ehrenamtlich gemacht. Bei Covid sind die Masken mit ordentlichem Profit von Apotheken verteilt worden, nicht von Tafeln.
    Ja, es wird im Interview einiges angesprochen. Ich meine sehr akademisch, dass immer wieder verlangt wird, dass von den Verursachern die Lösung kommen soll, scheint mir sehr schlicht.
    Es kommt darauf an, selbst Alternativen zu entwickeln.
    https://docplayer.org/77700791-Beitragen-statt-tauschen.html

    1. Danke an Marcel Malachowski und Peter, du schreibst mir aus meinem Denken in deinen Worten.

      Auch an die Kommentatoren denen ich der Meinung anschliessen das es nichts bringt Sachen zu beschaedigen oder in einer Art sich oeffentlich als Poebel darzustellen.

      Kluger Wiederstand wiedersetzt sich in erster Linie dem was man selbst ablehnt.

  13. Telepolis zum Thema Umweltschutz, Tempolimit, Atomkraft usw.
    am 17.10. 22

    https://www.heise.de/tp/features/Ineffizienter-Wasserstoff-Klimaschutzeffekt-eines-Tempolimits-und-Atomkraft-statt-Kohle-7310984.html?seite=all

    kurz:

    1. „Laut Umweltbundesamt betrugen die CO2-Emissionen im Jahr 2021 in Deutschland 762 Millionen Tonnen“

    2. „Laut Umweltbundesamt würde ein Tempolimit von 100 auf deutschen Autobahnen die jährlichen CO2-Emissionen um 5,4 Millionen Tonnen reduzieren“

    3. „9-Euro-Ticket… 8 Millionen Tonnen CO2 im Jahr“

    4. „Einsparungen durch ein Tempolimit 100 beliefen sich also auf 0,71%“
    folglich „9-Euro-Ticket knapp 1,05% der CO2-Emissionen Deutschlands einsparen“

    5. die Abschaltung der „Kohlekraftwerke Neurath, Weisweiler und Niederaußem würde rund 70 Millionen Tonnen CO2 im Jahr einsparen, also rund 9,19 Prozent“

    6. ließe sich z.B. auffangen wenn man „Die verbleibenden sechs deutschen Kernkraftwerke (mit einer) einer Leistung von 8,5 GW“ weiterlaufen ließe

    -was den ÖV betrifft geht es aber natürlich auch um den „Individualverkehr“ der in dieser Form nicht funktioniert.
    Egal ob die Fahrzeuge fliegen, mit Strom fahren oder mit Bier.

    Das Verkehrskonzept an sich ist entstanden auf der Grundlage von Lobby-Arbeit für die Fahrzeugindustrie nach dem 1. (siehe USA) bzw. 2. WK.
    War damals schon Schwachsinn aber die Konzerne hatten unglaublichen Einfluss und Geld.
    Einer der Gründe, weshalb in den USA trotz guter Anfänge, ein ÖV sich nicht etablieren konnte.
    Er wurde schlicht sabotiert.

    Städteplaner wurden unter Druck gesetzt die Verkehrsprobleme auf ganz bestimmte Weise zu lösen.

    Das Aussehen unserer Städte heute ist ja kein Zufall oder keine Laune.

  14. Apropos „Stoppt den Mord an den Armen!“:
    Gestern gab es Drohnenangriffe auf russische Schiffe, die bei der durch das UN-Abkommen ermöglichten Verschiffung ukrainischen Getreides eingesetzt wurden, woraufhin Russland sich aus dem Abkommen zurückgezogen hat. Inzwischen vermutet das russische Verteidigungsministerium auch, eine der Drohnen könnte von einem Frachtschiff mit ukrainischem Getreide abgeschickt worden sein.
    Auf diese Weise wird aktuell „Mord an den Armen“, nämlich den in Afrika, Jemen und Afghanistan Verhungernden ausgeübt.

    Unser EU-Außenbeauftragter, der Spanier Josep Borrell, empörte sich heute nicht etwa über diesen Anschlag auf die laut ihm „wichtigste Exportroute für dringend benötigtes Getreide und Düngemittel zur Bewältigung der durch den Krieg gegen die Ukraine verursachten weltweiten Nahrungsmittelkrise“ – sondern er empört sich natürlich über Russlands Rückzug.

    Ein Blick auf die UN-Website zum Getreideabkommen zeigt:
    Rein zufällig ist Spanien das Land, in dem mit Abstand am meisten ukrainisches Getreide gelandet ist.
    Und insgesamt ist nicht etwa in den unter Hungersnöten leidenden globalen Süden, sondern in die EU das meiste ukrainische Getreide durch das UN-Abkommen verschifft worden.
    Länder, in denen die schlimmste Not herrscht, haben im Vergleich dazu verschwindend wenig bekommen.

    In diesem Zusammenhang ist Josep Borrells kürzliche Bemerkung, Europa sei ein Garten, der vor dem Rest der Welt geschützt werden müsse, besonders sympathisch.

    https://www.un.org/en/black-sea-grain-initiative/vessel-movements

      1. Hallo xyz,
        zu „p.s. vielleicht noch die Quelle für den Drohnenangriff?“:
        Dazu habe ich seit gestern mehrere Artikel auf der englischsprachigen Seite der Tass (tass.com) gesehen, auch was die möglichen Täter angeht.

        Falls Sie „xyz“ sind, der/die sich über Mitmenschen ärgert, die glauben, D/EU stelle sich durch bedingungslose Hingabe an die US-Kriegspolitik auf die Seite der „Guten“ und die Gegenargumente dazu kämen nur von „russischen Propaganda-Bots“:

        Dann muss auch der EU-Außenbeauftragte Borrell ein „russischer Bot“ sein, denn er sagte in seiner Rede am 10.10. über „a messy multipolarity“:
        „…on our side, there are a lot of authoritarian regimes. We cannot say “we are the democracies”, and the ones which follow us are also democracies – that is not true. That is not true.“

        Borrell benannte darin auch ganz klar, welche Besorgnisse die EU-Außenpolitik tatsächlich hat, z. B. mit:
        „You can imagine the situation in which our critical dependency from LNG coming from the United States could also be in crisis. Or that, tomorrow we do not have the cobalt, we do not have the rare materials that [come from] the DRC, South America, Afghanistan – they are [as] critical for us as oil and gas.“

        Jedenfalls finde ich diese Rede, mit der Borrell sich nicht an die breite Öffentlichkeit, sondern den erlauchten Kreis der EU-Botschafter wandte, so aufschlussreich, dass ich nur empfehlen kann, sie ganz zu lesen (auch wenn’s weh tut) und die wesentlichen Punkte möglichst vielen Mitmenschen mitzuteilen.

        https://www.eeas.europa.eu/eeas/eu-ambassadors-annual-conference-2022-opening-speech-high-representative-josep-borrell_en

        1. ja, sehr gut, danke, ich hatte besagte Rede Borrells schon gesucht.

          i.d.R. sind es immer die „intern“ gehaltenen Reden oder publizierten Studien, die man berücksichtigen sollte.

  15. Ich finde es ja richtig lustig, wie sich NGO’s aus „Gods own Fracking-Country“ Sorgen um Europas Umweltschutz machen.
    Klar, nachdem NordStream verunfallt ist, wollen wir doch nicht, dass Europa selber anfängt, Fracking zu betreiben.
    Das bedeutet nicht, dass ich irgendwas für Fracking übrig habe, ganz im Gegenteil. Aber wenn der Umwelt-Verpester Nr. 1, die USA, anderenorts die Umweltbewegten finanziert, statt im eigenen Land das Drecksgeschäft abzustellen, dann schrillen bei mir die Alarmglocken.
    Genau die USA, die sich bei der UNO sämtlichen Verbrauch und Emissionen ihrer schimmernden Wehr aus allen Umweltabkommen haben raus rechnen lassen.
    Warum schmiert keiner im „Museum of Modern Art“ oder bei „Guggenheim“ die Bilder voll, wo sind die Demonstranten an Alaskas Pipelines, warum klebt sich niemand an das George-Washington-Memorial?

  16. Die Klima-Aktivisten werden von der Polizei vor den wütenden Autofahrern geschützt. So sieht das aus. Die Autofahrer und die meisten Nutzer des ÖPNV würden ihnen liebend gern die angeklebten Hände vom Asphalt reißen. So sieht es (leider) aus. Die Aktivisten können froh sein, dass die Polizei sich um sie kümmert und nicht der Mob.

    1. „Der Mob“! Ich kenne einen Notfalleinsatzsanitäter, der mir seine Wut schilderte, als sein Einsatzwagen an der Seestrasse/Berlin nicht zum nahegelegenen Krankenhaus fahren konnte. Statt dessen Umwege suchen musste.

      Aber klar doch: diese Hysteriker retten den Planeten.

  17. Ich müsste Romane schreiben, wenn ich hier etwas wirklich Sinnvolles beisteuern wollte.
    Daher nur einige wenige Anmerkungen zum Artikel und den gelesenen Kommentaren…
    Ja, ich bin längst der Ansicht, dass der Widerstand gegen Unrecht unkonventionelle Methoden erfordert. Ich bin allerdings auch der Ansicht, dass es nix bringen wird.
    Das meine ich in Bezug auf völlig desaströse und selbstzerstörerische Umwelt- und nicht nur Klimaverhältnisse, in die wir uns sehenden Auges und weiter mit rasanter Geschwindigkeit vorbewegen, ohne auch nur den allergeringsten Grund zur Hoffnung zu haben. Die Grünen waren vor zig Jahren mal ein Hoffnungsschimmer, sind aber längst zu etwas geworden, was ich mit den mir hierzu einfallenden Worten an dieser Stelle lieber nicht beschreiben möchte. Also inakzeptabel in jeder Hinsicht. Was ich bedaure, denn ansonsten gibt es auch anderswo keinerlei Hoffnungsschimmer. Sämtliche Aktionen von Aktivisten aller Art sind Verzweiflungstaten. Die Verzweiflung teile ich.

    Und ich teile die Verzweiflung, was den ganzen Ukrainekrieg und all seine unfassbaren Folgeerscheinungen angeht, ich teile die Verzweiflung, was unsere „Leit“medien angeht, …….., und wenn ich es genau überlege, gibt es wenig, worüber man derzeit NICHT verzweifeln muss. Man mag es depressiv nennen, aber ich denke, dass auch hier alles Aufbegehren nix bringen wird. Unkonventionelle Methoden eingeschlossen.

    Windräder, 9 Euro-Tickets und E-Autos werdens jedenfalls nicht reißen.
    Ein bisschen Demonstrieren gegen Inflation, Energiekatastrophe, Sanktionspolitik (welche Politik?), ein bisschen Werben für eine schnelle „Verhandlungslösung“ (was eigentlich sonst?!) in Sachen Krieg (den hiesigen, meine ich) etc., ja auch hier bin ich der Ansicht, dass es nix bringen wird. Dennoch bin ich zutiefst der Meinung, dass es unkonventioneller Methoden bedarf, um überhaupt ein Fünkchen Bewegung in die Sache zu bringen. Wenn überhaupt.

    All das klingt schwer defätistisch. Ist es auch. Dennoch tue ich persönlich Alles, um in den Spiegel schauen zu können, heißt, so viel „Widerstand“ (ist wahrscheinlich das falsche Wort…) und Wehrhaftigkeit zu zeigen wie ich kann, gegen Dinge, die mich verzweifeln lassen.
    Ich denke, zumindest Einige der Foristen tun das auch.

    1. Mein Fazit zu Deinem Kommentar: „Wenn wir die Revolution nicht vorantreiben, kommt der Faschismus als Strafe!“
      (Zit.: Ulrike Meinhof)

  18. Bei der Beurteilung der Protestaktionen gilt es zu differenzieren.

    Blockade von Straßen ist etwas anderes als das Bewerfen von Gemälden.

    Ersteres entspricht eher dem klassischen Protest. Letzteres ist an sich eine Kunstaktion.

    Schlussendlich stellt sich jedesmal die Frage, schadet die Aktion der polit. Sache mehr als dass es sie befördert?

    Eine Rolle dabei spielt nicht zuletzt das Milieu der Adressaten.

    Ich weiß nicht, wie wieviele Schritte die Aktivisten jeweils antizipieren.

    Was schafft es warum auf welche Medienplattform?
    Erreicht es dort die richtigen Rezipienten?
    Und kann es diese positiv beeinflussen?
    Oder eher nicht?

    Das alles sollte man bei der Kritik stets berücksichtigen.

    Zu Erinnerung: die Entführungen und Attentate durch z.B. die RAF wurden von zahlreichen Sympathisanten die sich selbst nicht daran beteiligen würden, dennoch verteidigt.

    Stichpunkt: Dritte Welt, Ausbeutung usw.

    Damals war vielen vieles neu, wie etwa die Erkenntnis, dass der Wohlstand der BRD auch auf dem Rücken jener erbaut war, die die dt. Bevölkerung idR niemals zu Gesicht bekam.

    Gleiches gilt natürlich für unseren Wohlstand heute. Bis auf die GRÜNEN wissen das inzwischen die meisten Menschen.
    Das ist auch der Aufklärungsarbeit seit den 60ern geschuldet.

    Im Vergleich zur Erschießung eines BDI-Präsidenten ist die Verwendung von Klebstoff doch eher harmlos.

    p.s. im Kern hat sich nichts geändert. Gegenstand des gesellschaftlichen Großkonflikts ist immer noch die Dritte Welt und die Folgen ihrer Ausbeutung.

    Mit dem Unterschied, dass die Einschüsse näher kommen.

  19. „Im Gegensatz zur oft gerühmten kollektiv orientierten und monolithischen „Konsens-Gesellschaft“ Deutschlands, die schon André Gorz beschrieb, genießen individualistisch-libertäre, partikularistisch anti-autoritäre und aus dem philosophischen Situationismus geprägte militante Protestformen des zivilen Widerstands gegen den „Leviathan Staat“ (Johannes Agnoli) und die „verwaltete Welt“ (Adorno/Horkheimer) in den USA, in Frankreich, in Südamerika, in Israel oder in Südeuropa immer noch hohen Respekt quer durch die Gesellschaft.“

    Später noch Sympathisanten namentlich Arnold Schwarzenegger und Ricarda Lang.

    Und dann:
    „Was, wenn Schilder hochhalten auf Demos und Petitionen unterschreiben nichts mehr bringt?“

    Ein naiv-hohles Phrasengedresche sondergleichen.
    Eingangs zitierte Anspruchshaltung – in Verbindung mit letztzitierter Fragestellung?
    Hoffnungslos…..

    1. Die erste Passage ist doch die Antwort auf die Frage, die du zitierst. Wenn Demos nicht mehr ausreichen, dann muss es zu anderen Aktionen kommen.

      1. Das ist die Denkweise amerikanischer Abtreibungsgegner: Wenn Demos nicht helfen, dann muss es eben zu Brandanschlägen auf Abtreibungskliniken und Mordanschlägen auf deren medizinisches Personal kommen.
        Die „Logik“ von Fanatikern.

        1. Was ist fanatisch in dieser Welt? Es ist nicht nur deren Logik, es ist die allgemeine Logik der Gesellschaft, von der auch du profitierst: Wenn deutsche Arbeitskräfte nicht helfen, dann wird nach Bangladesh ausgelagert. Und ob dort die Fabrik abbrennt, ist egal. Das ist nicht die Logik von Fanatikern, das ist die Logik, von der du selber profitierst.

            1. Aber was sind die französische Revolution, die Revolution unter Castro oder andere Umwälzungen für dich? War das nach dieser Definition reiner Fanatismus oder berechtigte Anwendung von Gewalt, um Fortschritt zu erreichen? Und sind nicht die Aktionen der Letzten Generation in diesem Sinne auch berechtigte Anwendung ungewöhnlicher Mittel?

  20. Diese „Aktivisten“ gehören wegen Eigen- und Fremdgefährdung psychiatrisch untersucht und, das höchstwahrscheinliche Ergebnis vorweg genommen, anschließend medikamentös ruhig gestellt.
    Desweiteren sollten die Fachbereiche, an denen solche „Wissenschaftler“ herangebildet werden, ersatzlos geschlossen werden.

  21. @Not Element Of: Aus welchem Jahrhundert stammst du denn? Ist das dein Ernst alle wegzusperren die sich anders verhalten oder zu provokativen Methoden greifen um aufzurütteln? Anstatt dich inhaltlich mit den Aussagen der Gruppe auseinanderzusetzen forderst du staatliche Maßnahmen wie sie heute Gott sei Dank verboten sind? Meinungsfreiheit heißt Differenzen auszuhalten. Ich bin sicherlich kein Fan von Rosa Luxemburg aber wo sie Recht hatte mit der Freiheit. Eigen- und Fremdgefährdung geht eher von Leuten mit solchen Forderungen wie deinen aus. Nicht zufällig waren Ärzte und verwandte Leute in der Geschichte der Menschheit an vielen Untaten beteiligt, um Konflikte „ruhigzustellen“, ob unter Stalin, in der DDR, unter Pinochet. Widersprüche muss man aushalten, nicht ruhigstellen.

  22. @Anti-Querdenker: Ich stamme aus einem Jahrhundert, in dem kleine Mädchen, die ausgebildeten Naturwissenschaftlern die Welt erklären wollten, mitleidig angeschaut und auf ihr Zimmer geschickt wurden und ich möchte nicht grundsätzlich alle, die sich anders verhalten, wegsperren. Aber jene die, wegen ihrer absurden Weltuntergangsphantasien sich selbst und andere gefährden untersuchen und ggf. wegsperren. Was dabei rauskommt, wenn man solche Leute machen lässt, zeigt z.B. der Massenselbstmord in Waco.

    Was das Inhaltliche angeht: Ich bin Biologe und Mathematiker, Spezialgebiet Numerik, und als Letzteres kann ich, im Gegensatz zu den „Aktivisten“, deren Inhalte kompetent beurteilen.

    Wir sind uns einig darin, dass Meinungsfreiheit bedeutet Differenzen auszuhalten. Ich halte auch gerne die Meinungen aus, die Mondlandung sei ein Hoax, die Erde sei eine Scheibe, Stammzellenforschung sei eine Sünde gegen bronzezeitliche Vorstellungen eines allmächtigen Gottes oder die Erde werde sich in eine zweite Venus verwandeln. Wenn aber die Vertreter solcher Meinungen meinen, ihre Wahnvorstellungen mit physischen Aktionen untermalen zu müssen, dann hat das mit Meinungsfreiheit nichts mehr zu tun. Ob die einen Religioten mir mit Kreuzen in der Hand und „vade retro“-Rufen (gemäß Exorzismus-Ritual) den Zutritt zum Institut verwehren wollen (in Cambridge so passiert) oder die anderen Religioten sich auf der Straße festkleben und mir die Fahrt zur Arbeit verwehren – das ist beides mindestens Nötigung (wenn es jemand in großer Münze braucht: Verstoß gegen die Grundrechte Freiheit der Forschung bzw. Freiheit der Wahl des Aufenthaltsorts) und ich erwarte, dass gegen die Täter vorgegangen wird. Dabei bevorzuge ich die psychiatrische Untersuchung vor der strafrechtlichen Verfolgung, weil sie erstens die deutlich Angemessenere ist und zweitens die Spinner höchstwahrscheinlich länger weggesperrt bleiben.

  23. @Not Element Of: Du meinst offenbar, Meinungsfreiheit gilt nur für die die deiner Meinung sind und die deine Überzeugungen angeblicher „Wissenschaft“ nicht in Frage stellen. Nach deinem letzten Satz habe ich eher den Eindruck, dich müsste man mal untersuchen, ob du noch auf dem Boden des Gesetzes und der Aufklärung stehst. Und von Medizin, Psychologie, Jura, Rechtsstaat und Neurologie hast du offenbar nicht die geringste Ahnung. Willkommen im Mittelalter! Wie wärs gleich mit Hexenverbrennung? Damit du wieder in Ruhe zur Arbeit fahren kannst.

  24. Auf jeden Fall ein sehr großes Danke für dieses außergewöhnliche und inspirierende Interview, dass diese Aktionen mal vor einem anderen Hintergrund betrachtet und in dem Fragen gestellt werden, die anderswo nicht zu lesen oder zu hören waren, vor allem zur sozialen Gerechtigkeit und der Armut. Das finde ich an Overton und krass und konkret insgesamt sehr gut, dass ihr eine unkonventionelle und fast immer kritische Herangehensweise an Themen pflegt wie auch bei den NSU-Artikeln und eurer Afghanistan-Berichterstattung, dass Leute mit interessanten Meinungen zu Wort kommen und ihr die Themen hinter den Nachrichtenmeldungen betrachtet. Früher war das auch bei taz oder Zeit oder Spiegel der Fall. Jetzt gibt es viele andere Medien im Netz aber die meisten sind mir zu rechts. Eine wirklich linke und liberale Perspektive fehlt mir die auch selbstkritisch ist. In letzter Zeit habe ich mich immer öfter auf eure Seite verirrt und werde dies jetzt wohl regelmäßig tun. Bitte weiter so! Auch wenn ich nicht alle Meinungen aller Artikel teile, einen neuen Leser habt ihr.

  25. Anti-Querdenker: Wer meint, Meinungsfreiheit erlaube physische Aktionen zur Durchsetzung seiner Meinung, hat etwas ganz grundsätzlich missverstanden. Nochmal: Die Meinungsfreiheit garantiert, dass Hüpfkinder und die diversen Geschwätzwissenschaftler meinen dürfen, was immer sie wollen – Sie gibt kein Recht mir den Weg zu versperren. Deswegen heißt sie ja Meinungsfreiheit und nicht Blockierfreiheit.
    Was meine naturwissenschaftlichen Kompetenzen angeht, habe ich ganz schlechte Nachrichten für dich: Ich habe einen PhD in Biologie und einen Master in Mathematik und arbeite als Neurobiologe an einer europäische Uni.
    Von Jura habe ich in der Tat nicht sonderlich viel Ahnung, aber die braucht man auch nicht, um zu wissen, das anderen den Weg zu versperren, Nötigung ist.

  26. @Not Element Of: Dann haben wir eine Diskussionsgrundlage: Wenn du Neurobiologe bist wundert es mich aber umso mehr dass du abweichendes Verhalten aussondern möchtest. Ist nicht sogenanntes Abnormales Grundlage evolutionärer Veränderung – und auch revolutionärer Veränderung?

  27. @Anti-Querdenker: Ich denke nicht, dass wir eine Diskussionsgrundlage haben. U.a. habe ich bereits drei Mal klar gestellt, dass NICHT abweichendes Verhalten aussondern möchte und trotzdem kommst du immer wieder damit an.

  28. @Not Element Of: Aber zuvor schriebst du, „länger wegsperren“ sei eine gerechtfertigte Antwort auf die Blockade-Aktionen. Das hat ja wenig mit Rechtsstaat zu tun.

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