Der Krieg und die Linken

Marinka, Oblast Donezk, vor wenigen Tagen. Screenshot

Der Krieg in der Ukraine hat die gesellschaftliche Linke tief gespalten. Inzwischen hat der neue Krieg im Nahen Osten weitere Bruchlinien hervorgerufen, z.T. quer zu jenen beim Ukraine-Krieg. Das trifft die Linke in einer Situation, in der sie ohnehin schon in der Krise steckt. Der Niedergang und die Spaltung der Partei DIE LINKE sind nur die Spitze des Eisbergs. Vieles davon findet sich auch in der außerparlamentarischen Linken.

Dass Krieg die Linke spaltet ist allerdings nicht neu. Das erste große Trauma kam mit dem Ersten Weltkrieg – mit welthistorischen Folgen: der Spaltung der Linken in eine sozialdemokratische und eine kommunistische Strömung.

Der Sieg der Oktoberrevolution brachte dann die Staatswerdung der kommunistischen Bewegung in Form der Sowjetunion – und damit einen neuen Typus von Akteur, nämlich eine Staatsmacht mit progressivem oder explizit linkem Anspruch. Damit kam aber auch ein neuer Typus von Problemen und spezifischen Widersprüchen in die Welt. Denn ein Staat ist kategorial etwas anderes als eine Partei oder soziale Bewegung. Kombiniert mit linkem Anspruch kommt etwas heraus, das sich nicht einfach in die traditionellen Kategorien von Internationalismus, Antimilitarismus und linker Friedenspolitik passt. Mit diesem Problem schlägt sich die Linke bei zwischenstaatlichen Kriegen seither herum, vom sog. Hitler-Stalin-Pakt bis zu den Kriegen zwischen Vietnam und Kambodscha 1978/79 oder den sowjetischen Afghanistan Krieg in den 1980ern.

Die mehr oder minder intensive Parteinahme von Teilen der Linken mit einem Staat führt regelmäßig in Dilemmata. So wenn das ursprünglich nationalistische »Right or Wrong my Country« zu »Right or Wrong my Sowjetunion, my DDR, my Nicaragua« wird  – und bei einigen inzwischen auch zu »my Ukraine« und »my Israel«. Dem Objekt der Identifikation wird eine besondere Legitimität verliehen – heute zwar nicht mehr als links, aber zumindest als Opfer, wenn nicht sogar als moralisch überlegen im Kampf gegen das Böse, von dem geglaubt wird, es sei in Schurken(staaten) verkörpert.

Die Umbrüche im internationalen System – Stichwort: Herausbildung einer multipolaren Weltordnung und Ende der 500-jährigen Epoche der Dominanz Europas und seines nordamerikanischen Ablegers über den „Rest der Welt“ – erfordern eine Erneuerung linker Außenpolitik auf der Höhe des 21. Jahrhunderts.

Notwendig dafür ist zunächst, sich mit dem intellektuellen und affektiven »Betriebssystem« auseinanderzusetzen, das viele Linke angesichts des Ukraine-Krieges, des Kalten Kriegs 2.0. und des neuen Nahostkriegs antreibt. Wichtige Komponenten dieses Betriebssystems sind:

  • das Fremdeln gegenüber der machtpolitischen Struktur und Dynamik des Internationalen Systems, also das, was unter den Begriff »Geopolitik« fällt,
  • das weitgehende Fehlen einer eigenständigen Analyse der Eskalationsgeschichte der Konflikte. Die Mehrheit der Linken befassen sich erst seit dem 24. Februar 2022 mit der Ukraine, rsp. dem 7. Oktober 2023 mit dem Nahostkonflikt,
  • ein Überschuss an affektgesteuertem, emotionalem und moralbasiertem Umgang mit Krieg,
  • viel Unkenntnis der inneren Verhältnisse der Ukraine und Russlands, rsp. Israels und der palästinensischen Gebiete, was zur Abhängigkeit von den staatstragenden Medien und interessengeleiteter Experten aus dem Mainstream führt.

Dieser Text beruht auf Auszügen aus einem Buch des Autors, das kürzlich im VSA-Verlag erschienen ist: Der Krieg und die Linken. Bellizistische Narrative, Kriegsschulddebatten und Kompromiss-Frieden. 100 Seiten. Preis 10,- €.

Die Linken und die Geopolitik

Dass die Linke ein distanziertes Verhältnis zu Geopolitik hat, ist insoweit verständlich, als der Begriff ursprünglich aus einer veralteten Theorie der internationalen Beziehung des 19. Jahrhunderts stammt, die das außenpolitische Verhalten eines Landes aus seiner geografischen Lage ableitete. Demnach würde z.B. aus der Insellage Englands die Notwendigkeit einer Kriegsflotte folgen. Solche Konstruktionen dienten als Rechtfertigung für imperialistische Außenpolitik. Bei den Nazis fand die Theorie Anwendung im Mythos vom »Volk ohne Raum«.[1]

Heute ist mit dem Begriff Geopolitik die Struktur und Dynamik des internationalen Systems in machtpolitischer Perspektive gemeint. Der nüchterne Umgang mit Machtpolitik und den Ungeheuerlichkeiten von Militärischem und Krieg befremdet allerdings viele, die mit heißem Herzen deren Überwindung wollen. Aber die Trennung von sachlicher Analyse der bestehenden Verhältnisse der Weltordnung einerseits, und der normativen Orientierung zu deren Veränderung andererseits ist eine notwendige – wenn auch nicht hinreichende -Bedingung erfolgreicher linker Außenpolitik.

Wenn die Ausblendung des geopolitischen Kontextes des Krieges beim offiziellen Bellizismus folgerichtig ist – alles andere würde die Moral an der Heimatfront untergraben – so ist es eine intellektuelle Bankrotterklärung, wenn Linke das tun. Es ist so, als ob man über den Ersten Weltkrieg sprechen und über die imperialistischen Rivalitäten jener Zeit schweigen würde. Die Genese und der geopolitische Kontext der Konflikte werden ausgeblendet, die Sicht auf den Krieg schrumpft zum singulären One-Off Event: den 24. Februar 2022 und für den Nahen Osten der 7. Oktober 2023. Auch wenn es sich bei beidem um einen qualitativen Sprung in der Eskalationsdynamik handelt, bleibt auch danach die Geschichte nicht stehen. In der Ukraine wandelt sich der Krieg durch den massiven Einstieg des Westens vom regionalen zum internationalen Stellvertreterkrieg. Und die israelische Reaktion auf das Massaker der Hamas wird zum Rachefeldzug, der vor allem palästinensische Zivilisten trifft. Der Krieg ist nicht mehr der gleiche, der er am Anfang war.

 

Affekte, Moral und Kriegsschuld

Das Problem der bellizistischen Linken sind aber nicht nur ihre analytischen Defizite, sondern die Reduktion der Komplexität von Konflikt und Krieg auf Affekte und Moral – sei es, dass es zu mehr bei ihnen selbst nicht reicht, sei es, dass sie Emotionen und Moral skrupellos instrumentalisieren.

Sicher, militärische Gewaltanwendung ist eine extreme Grenzüberschreitung. Es ist daher völlig normal und verständlich, dass sie heftigste Affekte hervorruft, darunter nicht nur Mitgefühl mit den Opfern, sondern auch gesteigerte Aggressionsbereitschaft, Kriegsbegeisterung, Hass und Rachegefühle. Das ist menschlich verständlich und gilt auch für Linke. Selbst jemand, der sich wie kein Zweiter mit der Psyche des Homo Sapiens auskannte, Sigmund Freud, schrieb zu Beginn des Krieges 1914: »Meine ganze Libido gehört Österreich Ungarn».[2]

Aber linke Friedenspolitik kann nicht auf Wut und Empörung gründen. Hass und Rache rufen wiederum Hass und Rache hervor und schaukeln sich so wechselseitig immer höher. Und Hass macht blind. Das geflügelte Wort aus Schillers Wallenstein »Der Krieg ernährt den Krieg« gilt gerade auch für seine emotionale Seite. Hinzu kommt, dass all diese Emotionen von kriegstreiberischen Interessen und Profiteuren des Militarismus skrupellos benutzt werden – meist schon vor dem Krieg, wenn Feindbilder über Jahre hinweg aufgebaut werden und der Gegner entmenschlicht und dämonisiert wird.

Demgegenüber kommt es darauf an, dass ein nüchterner, rationaler, analytischer Umgang mit Krieg nicht von überschäumenden Affekten erstickt wird. Schon Gramsci hat sich mit dem Problem beschäftigt. Für ihn ist es generell Aufgabe linker Politik, vom »Fühlen zum Verstehen, zum Wissen« zu gelangen, um handlungsfähig zu werden.[3] Unter den Bedingungen der Vernichtungskraft moderner Militärtechnik und der atomaren Bedrohung hat diese Maxime eine neue Qualität gewonnen. Krieg und Frieden sind eine zu ernste Sache, als dass sie Affekten und der Absolutheit von Moral überlassen werden dürften.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht hier nicht darum, Moral prinzipiell in Frage zu stellen. Als normative Orientierung, als Kompass für die Richtung, in die politische Praxis entwickelt wird, ist sie nicht nur legitim, sondern unabdingbar. Insofern ist Moral eine notwendige, wenn auch keine hinreichende Bedingung, um die Welt zu verstehen und zu gestalten. In unserem Kontext ist z.B. das Friedensgebot der UN-Charta eine solche Norm, sowie die Verpflichtung, wenn es dennoch zum Krieg gekommen ist, diesen so schnell wie möglich durch »friedliche Beilegung des Konfliktes zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und andere friedliche Mittel« zu beenden, wie es in der Resolution der UNO-Vollversammlung vom März 2022 heißt, in der 143 Mitgliedsstaaten den russischen Einmarsch verurteilen.

Auch die Befürworter eines Verhandlungsfriedens argumentieren moralisch, wenn sie auf die Opfer des Krieges verweisen. Offenbar haben wir es mit einer Kollision verschiedener moralischer Prinzipien zu tun. Solche Widersprüche tauchen in entsprechenden Diskussionen häufig auf, und die Morallehre, die Ethik, kennt unzählige Beispiele dafür. Es gibt aber nicht die eine und einzige Moral. In den meisten Konflikten stehen Zielkonflikte zwischen unterschiedlichen moralischen Werten, wobei dann aber die eine Seite der anderen gern Unmoral unterstellt.

Der letztlich entscheidende Grund für das Auftreten moralischer Dilemmata liegt in der Struktur moralischen Denkens, das nur mit zwei grundlegenden Parametern arbeitet: gut und böse, Wir und die Anderen, richtig und falsch, schwarz und weiß. So primitiv das klingt, einflussreiche Politiker scheuen sich nicht, so zu reden, etwa wenn der ehem. polnische Regierungschefs sagt: »Europa muss eine Kathedrale des Guten und eine Universität der Wahrheit sein«,[4] und die ehemalige UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, zum Ukraine-Krieg schlicht meint: »Es geht um den Unterschied zwischen Gut und Böse[5] Die Realität ist aber komplexer, eher grau in grau und lässt sich meist nicht auf ein bipolares Schema reduzieren.

Nur Moral erspart also eine Analyse der strukturellen und historischen Zusammenhänge, aus denen heraus Krieg entsteht. Statt um Kriegsursachen, deren Verständnis erst Friedenslösungen ermöglichen würden, dreht sich alles um Kriegsschuld. Der Begriff Schuld kommt aus der Sphäre der Religion – »Herr vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unseren Schuldigern« -, der Moral und des Rechts, wo ein Richter einen Schuldspruch fällt, und ein Täter bestraft wird. Das Problem ist allerdings, dass es im internationalen System keinen allgemein anerkannten obersten Gerichtshof gibt. Der UN-Sicherheitsrat, dem ursprünglich eine solche Funktion zugedacht war, ist blockiert. Deshalb funktioniert die Regelung von Konflikt und Gewalt im internationalen System nicht so wie innerhalb von Gesellschaften, sondern folgt den machtpolitischen Kräfteverhältnissen. Je mächtiger ein Spieler ist, umso mehr neigt er im Zweifelsfall zu der alten Sponti-Parole: „Legal, illegal, scheißegal!“ Das gilt auch für jene, die so gern die Parole von der wertebasierten Außenpolitik auf den Lippen führen.

Moral hat noch einen weiteren Vorteil: Sie verleiht ihren Anhängern ein Gefühl der Überlegenheit – die sprichwörtliche moralische Überlegenheit. Wer sich auf Moral beruft, hat das angenehme Gefühl der Unangreifbarkeit.

Moral hat aber auch einen großen Nachteil: Sie ist unteilbar. Wer selber immer mal wieder andere Länder überfällt, wird unglaubwürdig, wenn er das Böse nur bei anderen sieht. Moral wird Doppelmoral. Das gilt auch für die Ukraine, die 2003 mit 1.600 Soldaten das sechstgrößte Truppenkontingent (von 36) in George W. Bushs Koalition der Willigen im Irak-Krieg stellte. Im Sound der moralischen Beurteilung der aktuellen Kriege könnte man das »einen verbrecherischen, menschenverachtenden Überfall« nennen.

Allerdings trifft der Vorwurf der Doppelmoral in der Regel nicht jene Linken, die sich heute für Waffenlieferungen, einen ukrainischen Siegfrieden und/oder für Solidarität mit Israel „ohne Wenn und Aber“ aussprechen. Die meisten von ihnen lehnten die Kriege des Westens in Jugoslawien, im Irak, in Libyen und anderswo ab. Dennoch stellen sich auch für sie moralische Probleme:

  • Ist es moralisch vertretbar, auf unkalkulierbare Zeit eine unkalkulierbare Zahl von Menschen in der Ukraine in den Tod zu schicken, um die Kriegsziele Kiews oder auch nur eine günstige Verhandlungsposition zu erreichen? Ist es moralisch, den Tod der anderen, von dem Anführer, Könige, Herrschende schon immer meinten, dass sie das Recht hätten, ihn einfordern zu können, für moralisch zu halten? Ist es moralisch vertretbar, den Gaza-Streifen in die Steinzeit zu bombardieren?
  • Der Absolutheitsanspruch von Moral ist ein Hindernis für Kompromiss und Diplomatie. Werte sind der Moral unantastbar. Sie empfindet es als Kapitulantentum von Maximalzielen abzurücken, Zugeständnisse zu machen und Kompromisse zu suchen – alles Tugenden, für die die Demokratie zu Recht gerühmt wird. Moral wird dann zur Kampfmoral an der Front oder der Moral an der Heimatfront, für deren Aufrechterhaltung jedes Mittel recht ist.

 

Welche außenpolitische Strategie der Linken für das 21. Jahrhundert?

Die Linke steht vor der Herausforderung, emanzipatorische Alternativen zur herrschenden Kriegs- und Konfrontationspolitik zu formulieren. Sie kann dabei auf nach wie vor gültige Prinzipien zurückgreifen: Diplomatie, Entspannung, Kooperation, friedliche Koexistenz, kollektive Sicherheit, politische Konfliktlösung. Sie mögen so manchem bellizistischen Linken altmodisch vorkommen, aber „das Schlachthaus der Geschichte“ (Heiner Müller) ist leider immer noch voll in Betrieb.

Allerdings ist es mit allgemeinen Prinzipien nicht getan. Die Komplexität und Widersprüchlichkeit im internationalen System verlangen immer wieder, sich auch zu konkreten Ereignissen zu verhalten. Alternativen heißt zuallererst, sich deutlich vom derzeitigen Kurs des herrschenden Blocks zu unterscheiden und als eigenständige Position sichtbar zu sein. Für eine autonome Positionierung stehen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, folgende Fragen auf der Tagesordnung:

  • Gebraucht wird die kritische Auseinandersetzung mit der Außenpolitik der USA. Das hat nichts mit Anti-Amerikanismus zu tun, sondern man kann das internationale System nicht verstehen, wenn man nicht weiß, wie das größte und einflussreichste Element darin funktioniert. Die Linke braucht wieder viel mehr USA-Versteher.
  • Ähnliches Wissen braucht sie über China und Russland und ggf. andere große Spieler. Allerdings ohne in ein schematisches Äquidistanzdenken zu verfallen, in dessen Nacht alle Katzen grau, bzw. alle Großmächte böse sind, sodass man sich möglichst aus deren Händel raushält.
  • Und da das Gegenteil eines Fehlers meist wieder ein Fehler ist, darf man sich auch nicht schematisch in das eine oder andere geopolitische Lager einordnen.
  • Was freilich nicht ausschließt, nach Einzelfallprüfung auch eine Initiative eines Landes oder einer Ländergruppe zu unterstützen. Die Bemühungen des türkischen Präsidenten beim Zustandekommen des erste Getreidedeals können Linke unterstützen, auch wenn man seine Politik gegenüber den Kurden und der Opposition im Land ablehnt.
  • Die Überwindung der US-Dominanz durch eine polyzentrische Weltordnung ist ein Ansatz zur Demokratisierung des internationalen Systems, an den linke Außenpolitik andocken kann. Wohlgemerkt: Ansatz. Denn die Verschiebung an der Spitze der globalen Hierarchie muss für sich genommen kein Fortschritt sein, wenn es nur darum ginge, den einen Hegemon durch einen anderen zu ersetzen. Auf was es ankommt, ist die Abflachung der internationalen Hierarchie durch eine progressive, inhaltlich-politische Orientierung zu ergänzen. In der Abschlusserklärung des ersten BRICS-Gipfels 2009 wird das durchaus als Ziel formuliert »eine multipolare Weltordnung, die demokratischer und gerechter ist, basierend auf der Anwendung des Völkerrechts, des gegenseitigen Respekts, der Kooperation, gemeinsamen Handelns und kollektiver Entscheidung aller Staaten.«[6] Das ist natürlich erst mal nur eine Absichtserklärung. Sollte sie Wirklichkeit werden, wäre das in der Tat eine neue Weltordnung, die die volle Unterstützung der Linken verdient.
  • Bei der Frage nach strategischer Autonomie der EU, wie u.a. von Macron 2017 in die Diskussion gebracht, kann es nicht darum gehen, die EU als klassische Großmacht neben den USA und China zu etablieren. Nur eine Autonomie, die mit einem anderen Politiktypus einhergeht, der auf Frieden, Koexistenz, Abrüstung und Kooperation beruht, wäre auch ein linkes Projekt.
  • Gleiches gilt für die deutsche Außenpolitik. Hier liegt eine besondere Verantwortung der deutschen Linken, die ihr niemand in der Welt abnehmen kann. Ihre Aufgabe ist es, der Militarisierung der Gesellschaft, der Aufrüstung und den Großmachtambitionen des herrschenden Blocks mit ihren verheerenden Folgen für Soziales, Demokratie und Umwelt entgegenzutreten. Dazu gehört auch, dämonisierenden Feindbildern entgegenzutreten, die erst Kriegsbereitschaft erzeugen.

Mit einem solchen Profil könnte die Linke eine Alternative zum bellizistischen Highway to Hell aufzeigen. Der neue Militarismus ist noch nicht mehrheitsfähig, wie Umfragen belegen. Anscheinend ist zumindest eine post-heroische Mentalität recht weit verbreitet, was durchaus als zivilisatorische Errungenschaft gewertet werden kann. Gerade hier liegt ja auch der Grund für die atemberaubende Propagandawalze, die durch die staatstragenden Medien rollt, um Konformismus an der Heimatfront zu erzwingen.

Aber wenn man mit internationalistischem Blick auf die Lage blickt und sich die Positionen des Globalen Südens anschaut, dann wird klar, dass konsequente Friedenspolitik für das 21. Jahrhundert keineswegs auf verlorenem Posten steht.

 

[1] Geografie ist auch heute nicht völlig bedeutungslos geworden. In Verbindung mit anderen Faktoren spielt sie nach wie vor eine Rolle. So ist es nicht unerheblich, ob man eine Großmacht zum Nachbarn hat. Wenn die Großmacht dann eine quasi kontinentale Insellage hat, wie die USA, dann ist das geopolitisch natürlich sehr viel angenehmer, als wenn man, wie Russland, mehrere Tausend Kilometer Landgrenze mit dem NATO-Gegner hat. Das etabliert Asymmetrien.

[2] Sigmund Freud, Briefe 1907–1926, Frankfurt a.M. 1965. S. 180.

[3] Antonio Gramsci, Gefängnishefte, Band 6, H. 11, §67, herausgegeben von Klaus Bochmann und Wolfgang Fritz Haug. Hamburg 1999.

[4] Rede Morawieckis an der Universität Heidelberg, 20.3.2023.

[5] www.telepolis.de/features/Republikaner-Debatte-Blutbad-ueber-die-Ukraine-und-was-ist-mit-China-9283499.html.

[6] BRICS (2009), Joint Statement of the BRIC Countries’ Leaders, June 16, 2009, Yekaterinburg. archive.kremlin.ru/eng/text/docs/2009/06/217963.shtml.

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26 Kommentare

  1. “Die” “Linke” existiert nicht. Ist ein bisschen wie mit der Kirche, die ihre grundlegende institutionelle (Macht- und sonstige) Gier und Menschenverachtung hinter einem geschauspielerten Humanismus versteckt und ihre fraktale Natur mit ihren unendlich vielen rein eigensüchtigen Splittergruppen und unendlich vielen lustigen Intrigantenstadln hinter der nur scheinbar einheitlichen Fassade eines angeblichen “Christentums”.
    Alles was sich “links” nennt ist vergleichbar verlogen und zerstritten, sei es die Schlägertruppe der Antidemokratischen Faschisten (AntiFa) die wokeschistischen Totalitären, die ganzen Falschwortheulbojen, denen die ideologisch gewollte Sprachvergewaltigung über alles geht, oder reine Funktionärsparasiten die sich auf Kosten Anderer ein schönes Einkommen erschleichen, wer von den angeblich “linken” macht denn tatsächlich linke Politik statt sich nur in Geschwafel hervorzutun ? Was, bei aller gewollten oder durch gelebte sprachliche Inkompetenz eher schwammigen “Rechts/Links” (ReLi) Ver(w)irrung ist denn in dieser Sekunde “links” und wie lang bleibt es so ?
    Gibts überhaupt eine nennenswerte Menge halbwegs homogener “Linker” wenn selbst Wagenknechts Kleingruppe individuell schon sehr unterschiedliche und teils unvereinbare Positionen hat ?
    Die Pseudopartei “die Linke” hat durch Einschleimen beim Feind ihrer Gründerzeit jeden Zusammenhalt verloren. Nur ein gemeinsamer , von allen anerkannter Feind kann so eine Ansammlung individueller Möchtegernunfehlbarer halbwegs zusammenhalten. Fällt der weg gewinnt die Sprengkraft aller persönlichen Profilneurosen. Um die Menschen, die zu Vertreten man heuchelt, gehts eh keiner Partei.

    1. Ich bin eigentlich erzkonservativ und ein Befürworter der freien Marktwirtschaft. Aber in einer Ecke meines Herzens bin ich auch ein Linker, wenn es darum geht, den Menschen zu helfen, die in ihrer Gesellschaftsschicht stecken und sich nicht weiterentwickeln können. Und die ihre Unfähigkeit an die folgende Generation weitergeben. Ich denke da an Pestalozzi, der ausgerufen hat: Helft den Armen heraus!

      Das Linkssein, das mit vorschwebt, sollte die einfachen Leute ermächtigen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Dabei gilt es, das Umfeld und die Kultur in der sie leben, so zu verändern, dass das für sie machbar ist.

      Dazu gehört auch, die Auswüchse des Kapitalismus zu beschneiden. Aber eine Umverteilung von oben nach unten ist dabei nicht hilfreich sondern eher schädlich, denn sie zementiert eher die vorherschenden Verhältnisse.

    2. Versuchen Sie es mal mit “Humanismus” als zentraler Kategorie für das, was als links zu verstehen wäre. Das reicht noch nicht aus, um überhaupt zu verstehen, aber es gibt ein bisschen Orientierung.

      1. Humanismus kann nicht pauschal “links” zugeordnet werden, stammt schliesslich aus der Aufklärung. Wäre schön wenn es eine Gruppe gäbe,die tatsächlich humanistisch orientiert ist aber die erkenne ich weder rinks noch lechts, dort steht die individuelle Lieblingsideologie über Leben ,Gesundheit und “Freiheit” der Mitmenschen.
        Die Verknüpfung schöner Ideale oder Werbeworte mit einer Gruppierung bedeutet nicht, das diese Gruppierung auch nach diesen schönen Worten real handelt. Daher auch das Beispiel Kirche, aber auch SPD oder eben “die Linke”, die GrünInnen oder andere hehre heilige Organisationen mit eifrig durchgeführtem Sündenfall.

    3. Weder Chauvinismus noch Zynismus oder ganz allgemein Verächtlichmachung sind meiner Meinung nach Ausgangspunkte für einen Weg zu gerechteren Gesellschaften und einer friedlicheren Welt.

  2. Wer Kriege provoziert oder macht soll sehen wie er damit umgeht ohne Unterstützung von anderen.Der Mensch ist das schlimmste was die Natur hervor gebracht hat Multikultie funktioniert nicht.Jeder sollte bei seinesgleichen bleiben wir können Handel treiben aber mehr nicht.Menschen sind anatomisch gleich aber nicht im Glauben und in der Erziehung.

    1. Indirekt hat Douglas Adams diese Weltsicht in seinem Roman über den Untergang der Welt mit der technischen Erfindung des PAL-Felds zur Tarnung von Raumschiffen thematisiert.
      https://de.wikipedia.org/wiki/Hintergr%C3%BCnde_zu_Per_Anhalter_durch_die_Galaxis#Problem-anderer-Leute-Feld

      Bei den meisten alltäglichen Unannehmlichkeiten bleibt das PAL persönlich folgenlos. Aber Krieg hat die Tendenz zur Eskalation und die Arroganz der eingebildeten Weltbeherrscher ebenfalls. Wir in Deutschland haben bereits seit Jahren ganz konkret immer wieder mit großen Flüchtlingszahlen zu kämpfen. In den 90er aus Jugoslawien. In den Nullern aus Afghanistan, Irak. In den 10ern aus Syrien. Aktuell mit 1 Million aus der Ukraine, die alle wohnen müssen und den eh schon engen Wohnungsmarkt noch enger machen. Thematisiert wird das aber nicht, denn so bleibt es am zuverlässigsten für all jene Leute, die gerade keine Wohnung suchen und etwas politisch denken ein PAL und man kann ungestört weiter in den Medien Krieg schüren und Weltbeherrschung spielen.

      Nicht ganz so einfach ist es mit den stark gestiegenen Kosten für Energie, aber auch da hilft die Erzählung, dass nicht die Sanktionen oder am dicken Ende die Nato-Osterweiterung Ursprungsgrund ist, sondern der “Angriffskrieg Russlands”. Usw.

      Je mehr Menschen gerne ein PAL akzeptieren, umso leichter lassen sich aufklärerische Diskurse gänzlich vermeiden, und umso schlimmer wird es.

  3. Wer soll diese “Linke” den sein? Seit 45 mehr oder weniger offen Kommunistenhatz und mediale Diffamierung, bis alles weggebissen war, was tatsächlich links war oder hätte gefährlich werden können. Inklusive Berufsverbote, nicht erst seit heute. Wieviele V-Männer und Frauen in den ehemals linken Zirkeln sind oder waren ist durchaus auch die Frage, zumindest seit dem Celler Loch, obwohl es wahrscheinlich reicht, die Idioten medial zu featuren und dann zuzusehen, wie die Salonlinken (Kommunisten trauen sie sich ja nicht mehr zu nennen) sich selbst zerlegen.

    Selbst ein Wehner muss heute gegenüber jedem angeblichem Linken als ultralinksradikal gelten. Die Langzeitstrategie des Kapitalfaschismus hat Früchte getragen. Der Begriff links ist pervertiert und zu unfruchtbarer Schlacke verbrannt worden. Wenn sich da jemals ein Phoenix aus der Asche erheben sollte, braucht er einen anderen Namen. Abgesehen von ernsthafter Auseinandersetzung mit dem Thema Kapitalismus. Jubelperser braucht es dazu sicherlich nicht.

  4. Die Moralpolitik des angeblich die Werte vertretenden Westens – Demokratie gegen Autokratien – ist zunächst einmal ein wunderbares Werkzeug dafür, eine Situation automatisch zu eskalieren und keine brauchbare Lösung zuzulassen.
    Wie soll denn “Diplomatie, Entspannung, Kooperation, friedliche Koexistenz, kollektive Sicherheit, politische Konfliktlösung.” möglich werden, wenn man tatsächlich das Gute vertritt und die Gegenseite das Böse.? In solchen Fällen ist es auch erlaubt zu lügen. Warum sollte man den gegnerischen Staatspräsidenten darüber informieren, was man mit Minsk 2 wirklich bezweckte? Man will das maximale Ergebnis erreichen und hält sich nicht an die Regeln. Kompromisse undenkbar.

    Mit seiner Schwarz/Weiß-Malerei ist die Moral, wenn sie mit ihrem Kumpel der Heuchelei zusammenkommt, zudem ein gutes Instrument der Propaganda. Nur in seltenen Fällen kann dem Medienkonsumenten auffallen, wie sehr seine Wahrnehmungen in die eine oder andere Richtung gedrängt werden. Vergleichen sie die militärischen Maßnahmen der israelischen und der russischen Regierungen. In Gaza, sehen sie in den Medienbildern und in der Sprache eine sehr stark herunter gedimmte Kriegslandschaft. Ganz anders in Russland, dort wird alles in grellsten Farben dargestellt von Wording bis zu den Bildern.

    Schlagartig wird dies sichtbar, wenn eine Preisverleihung z.B. an Mascha Gessen nicht statt finden soll, weil die/der Preisträger die Ponyhofbeleuchtung ignoriert und die grellen Nazischeinwerfer beim falschen Krieg eingeschaltet hat. Geht ja gar nicht, sagen die gleichen Leute, die sonst mit Feuereifer Mikroaggressionen aufspüren.

    Was wir unbedingt brauchen, ist wirkliche Diplomatie, die die andere Seite mit ihrer Sichtweise und Interessen ernst nimmt und Pragmatismus bei Lösungsvorschlägen. Beides kann ein Mensch, der Moralpolitik betreibt selbstredend nicht leisten. Darum kann Frau Baerbock ihre Gesprächspartner im Bedarfsfall nur zu Recht weisen.

    Leider gilt dies nicht nur für Aussenpolitik, sondern in gleicher Weise für viele andere Politikfelder.

  5. ‘Geflügelkämpfe’ gab es schon immer! (Geflügel bedeutet das, was man dem anderen an ein Weltbild gibt)
    Das Geflügel also kann und ist nicht rechts / mittig oder links, da diese alle Symptome von der Manipulation sind.
    Wir die Menschheit erleben einen Umbruch, dieser Umbruch ist geschuldet dem Kapital und nicht irgendeinem Flügel der sog. politischen Assoziation, für diejenigen die meinen einer zugehörig zu sein.
    Meine andauernde Kritik, von rechts bis nach links, geht dahin, daß nur das KAPITAL von Interesse ist. Wir haben so viele Systeme durchlebt, welches System hatte für Mehrheiten Vorteile erbracht?
    Sie existieren nicht, sie existieren nur in der Theorie.
    Die stetige Progandanda verführt ihre erzogenen Zöglinge und verfälscht die reale Welt im Kapital.
    Es existiert keine Partei die tatsächlich ohne Kapitaleinflüsse eine Option zum Leben offeriert.
    Wir leben in einer Simulation, betrieben von Simulanten für die Simulierung .

  6. Hier bewegt sich jemand in der Späre der Ideologie, um die Realität zu beeinflussen. Aber das Sein bestimmt das Bewusstsein, und deshalb ist die Frage nicht, was denkt und sagt die Linke, sondern was ist die Linke. Sie besteht aus der namensgleichen Partei, der umbenannten SED, die sich Gysi samt Vermögen unter den Nagel gerissen hat, um ihre Klientel mit Posten und Mandaten zu versorgen. Ferner spielt die Antifa eine wichtige Rolle. Da ich im Interner keine richtig validen Aussagen über die Finanzierung der Antifa fand, stellte ich die Frage “wie gründet man Antifagruppe”. Überraschung! Google verwies auf die Bundeszentrale für politische Bildung – bpb.de, die informiert. “Holger Kulick: Wie gründe ich eine Initiative und verschaffe ihr Öffentlichkeit?” Kurze Zusammenfassung: Arbeitsgruppe einrichten gegen Rechtsextremismus-Mitfinanziers/Sponsoren suchen-Kontaktaufnahme mit Ansprechpartnern aus Kirchen, örtlichen Vereinen, Unternehmen und auch Parteien-Verein gründen-im Landratsamt informieren über lokale Aktionspläne gegen Extremismus-Förderanträge stellen. Alles klar! Dann gibt es noch die linken Einheitsgewerkschaften und die linken Laienschauspieler in den großen Kirchen. Menschen mit echter linker Einstellung haben resigniert und privatisieren zur Zeit.

    1. Hier bewegt sich jemand in der Späre der Ideologie, um die Realität zu beeinflussen. Aber das Sein bestimmt das Bewusstsein, und deshalb ist die Frage nicht, was denkt und sagt die Linke, sondern was ist die Linke.

      Was? Wie bitte?

      Sie besteht aus der namensgleichen Partei, der umbenannten SED, die sich Gysi samt Vermögen unter den Nagel gerissen hat, um ihre Klientel mit Posten und Mandaten zu versorgen.

      Pardon, aber wer Ende 2023 noch vom “SED-Vermögen” faselt, der hat entweder den Schuss nicht gehört oder zufällig ein paar alte Ausgabe seiner BILD-Zeitung aus den neunziger Jahren im Keller gefunden und muss gleich allen davon berichten.

      Man kann nämlich in kürzerster Zeit so ziemlich alles über das “SED-Vermögen” herausfinden, wenn man nur will. Ich habe dafür etwa 20 Minuten gebraucht, nachdem ich Ihren Beitrag las.

      Also:
      1. Wir geben “SED-Vermögen” bei Google ein und landen bei Wikipedia: Vermögen von Parteien und Massenorganisationen der DDR https://de.wikipedia.org/wiki/Verm%C3%B6gen_von_Parteien_und_Massenorganisationen_der_DDR

      2. Wir lesen den überschaubar kurzen Teil über’s SED-Vermögen und stellen fest, dass die Informationen praktisch alle
      auf einen Bericht der “Unabhängigen (LOL) Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen” zurückgeht, die von der Volkskammer 1990 eingesetzt wurde und in der BRD weitergeführt wurde. Dieser ABSCHLUSS-Bericht (von 2006) ist verlinkt:
      https://web.archive.org/web/20151123235248/http://www.bmi.bund.de/cae/servlet/contentblob/151416/publicationFile/18049/UKPV_Abschlussbericht.pdf

      3. In diesem Bericht wird außerdem erwähnt ein Zwischenbericht von 1998 (mit Details) an den Bundestag:
      https://dserver.bundestag.de/btd/13/113/1311353.pdf

      Dann muss man das – zumindest kursorisch – lesen und stellt folgendes fest:
      – Die 2,3 Mio Mitglieder der SED zahlten 1989 ca. 720 Mio DDR-Mark in die Parteikasse. Eine stolze Summe, aber sie reichte anscheinend lediglich dafür aus, die angeblich 40.000 Hauptamtlichen zu bezahlen. Immerhin: Die Kader der SED, inklusive der Parteiinstitute, wurden aus den Mitgliedsbeiträgen bezahlt und nicht aus dem Staatshaushalt.
      – Woher stammt dann das “SED-Vermögen”? Die sowjetischen Besatzungsbehörden übereigneten der KPD 1945/46 etliche Druckereien etc. Zusammen mit ähnlichen parteieigenen Betrieben der SPD bildete dies nach der Vereinigung beider Parteien 1946 den Grundstock des “SED-Vermögens”.

      Zitat aus dem Abschlussbericht der UKPV von 2006:
      “Im Jahre 1989 verfügte die SED über ein Netz zahlreicher Firmen in verschiedenen Branchen. Begonnen hatte diese Entwicklung im Herbst 1945 mit Zuweisungen beschlagnahmter Druckbetriebe an die KPD durch die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD). Die Übernahme dieser Druckkapazitäten war verbunden mit der Gründung der Zentrag, Zentrale Druckerei- Einkaufs- und Revisions GmbH im Oktober 1945. Die Zentrag war damals bereits eine finanziell selbstständige Abteilung des ZK der KPD. Nach dem Zusammenschluss von
      KPD und SPD zur SED im April 1946 übernahm die Zentrag GmbH die von der SPD wieder gegründete Konzentration AG, die für die SPD die Herausgabe und den Druck von Zeitungen besorgt hatte. Die Zentrag entwickelte sich in der folgenden Zeit zur „Vereinigung Organisationseigener Betriebe Zentrag“, die in der DDR auf dem Gebiet der Zeitungsverlage und der Großdruckereien eine Monopolstellung hatte. Im Bereich der VOB
      Zentrag arbeiteten vor der Wende etwa 35.000 Beschäftigte.”

      Das “SED-Vermögen” bestand im Großen und Ganzen in der erwähnten Zentrag, die auch mehr als 3/4 (647 von 820) der SED-Immobilien besaß. Ich hoffe es wird keinen Westdeutschen verwundern, dass man mithilfe eines quasi Druckereimonopols innerhalb eines halben Jahrhunderts auch unter sozialistischen Bedingungen schrittweise eine ganze Menge an Vermögen anhäufen kann.

      Dieses Vermögen ist sämtlich eingezogen worden, weil der Genosse Gorbatschow, seines Zeichens Rechtsnachfolger der damaligen Besatzungsbehörden, nicht auf der Rechtmäßigkeit ihrer Entscheidungen bestanden hat. Also war auch alles, was daraus hervorging, “unrechtmäßig”. Die Treuhand wird die entsprechenden Druckereien dann für eine symbolische D-Mark an westdeutsche Glücksritter verscherbelt haben.

      Die Wikipedia hält fest:
      “Im Juli 1995 kam es zum abschließenden Vergleich zwischen PDS und Treuhandanstalt.[3][4] Die Verwaltung aller noch bestehenden Darlehen ging an die Treuhandanstalt über, die PDS trat alle umstrittenen Vermögensgegenstände offiziell ab. Im Gegenzug sicherte die Treuhandanstalt der PDS Rechtssicherheit über ihr zweifelsfrei legales Vermögen zu: Eine Immobilie im Thüringer Wald, ein Haus in Erfurt, ein Grundstück in Sachsen-Anhalt sowie die Parteizentrale Karl-Liebknecht-Haus, die nachweislich zum Vermögen der KPD der 1920er Jahre gehörten. Zudem wurden der Verlag Neues Deutschland und der Karl Dietz Verlag aus der Obhut der Treuhand entlassen – unter Rückhaltung der Barvermögen.”

      Nochmal: Am Ende dieser ganzen Scheiße blieben der PDS im Jahre 1995 4 – in Worten: VIER – Immobilien!

      So und nun schauen wir mal in die BRD:
      – Parteispenden – “wieder mehr Großspenden” – im ersten Halbjahr 2023: knapp eine Milliarde Euro.
      https://www.zdf.de/nachrichten/politik/parteien-finanzierung-bundestag-grossspenden-100.html
      – staatliche Überweisungen an die Stiftungen von Bundestagsparteien 2022: 644 Millionen Euro
      https://de.statista.com/infografik/28557/zuwendungen-fuer-parteinahe-stiftungen-durch-bund-und-laender-im-kalenderjahr-2020/

      Und die Parteien sind noch nicht einmal diejenigen, die die reale Macht haben im Kapitalismus.

  7. Laut Michael Hudson, der die Gesellschaften des Alten Testaments untersuchte, hieß es ursprünglich nicht »Herr vergib uns unsere Schuld…«, sondern »Herr vergib uns unsere Schulden…«, was denn auch mit jedem Herrscherwechsel geschah. Erst die Kirche machte daraus eine moralische Sache und Verschuldung mit Armut verfestigten sich.

  8. Sehr guter Artikel, danke! Hat mir einige Zusammenhänge zwischen Moralkeule und Lebensfremdheit aufgezeigt, nach denen ich schon länger gesucht hatte, weil ich an denen bei der LINKEN auch schon verzweifelt bin. Ich = gut, anders = böse ist ja auch ein verlockend einfaches Weltbild für unterkomplexe Intellekte, braucht keine mühevollen jahrelangen Fachstudien, und vor allem: kann bei allen politischen Schattierungen (ich spreche beabsichtigt nicht von Ideologien!) angewandt werden. (Fach-)Wissen ist ja sowas von gestern…
    Ich lege mir den Artikel auf jeden Fall in meinen analytischen Wissensfundus.

    1. @Noname
      auch ich finde den Artikel sehr gut, wichtige Gedankenanstöße zur eigenen Standortbestimmung.
      Ich=nicht gut, anders =gut, ist wahrlich auch keine Lösung 🙂
      Immer wieder bekomme ich die Komplexe vieler zu spüren. Diese führen oft zu unverständlichen, umständlichen Reaktionen der Betroffenen auf bestimmte Ereignisse. Die zum Teil eingeimpften Minderwertigkeitskomplexe verlangen eine Kompensation. Eine Möglichkeit ist eben die bedingungslose Unterstützung des vermeintlich Guten, wie und wer das dann auch immer definiert und auserkoren hat.

      Jahrelang habe ich mich aus solchen Diskussionen herausgehalten um nicht von der falschen Seite, ich=gut, anders= nicht gut, gelobt zu werden. Mittlerweile halte ich es nicht mehr aus, und es ist mir fast egal, wer und aus welchem Beweggrund dieser oder jener Beifall oder spendet oder auch nicht. Die Antisemitismuskeule fürchte ich nicht, weil derjenige welcher diese schwingt, meist gar nicht weis wovon er/sie redet oder und falsch anwendet. 😉

  9. Bisher hat jede erfolgreiche linke Bewegung das Staatsmonster nur gezähmt, um es selbst zu reiten; oder um selbst zum Monster zu werden.

    Am Ende jeder Kette noch so brillianter linker Analysen stehen Menschen, die auf dem Weg zur Macht (oder sich vielleicht auch nur da wähnend, oft auch schon vorher) und gegebenfalls in Ausübung derselben die Maske der Menschlichkeit fallenlassen.

    Wir brauchen nicht die X-te Analyse der Geopolitik, der Ökonomie und der Gesellschaft, wir brauchen eine Analyse und Begrenzung der Macht bei den Linken selbst. Die Linke muss vorbehaltlos und konsequent ihren Hochmut, ihre Hybris und ihr historisches Versagen aufarbeiten und zu einem Ethos finden, der die Auswüchse linker Selbstgefälligkeit und moralischen Narzissmus´, wenn nicht verunmöglicht, so doch wenigstens begrenzt.

    Nur dann wird “links” von den Menschen (wieder) als Alternative wahrgenommen werden können.

    Allerdings ist die Linke davon weit entfernt. Linke sind hauptsächlich gut darin, mit dem Finger auf Andere zu zeigen; weniger gut in Selbstkritik.

    Ich habe deshalb wenig Hoffnung.

    1. Die heutige sog. “Linke” betreibt das Geschäft der Neoliberalen und Neocons. Mir scheint, dass nach Wegfall der Systemkonkurrenz 1989/90 eine Desillusionierung und eine Rechtsverschiebung der Linken einsetzte. Unter dem Versagen und Wegbrechen des real existierenden Sozialismus und unter Druck des damals triumphierenden Turbokapitalismus suchte sich diese Linke eine vermeintlich neue Heimat im seichten Servilismus gegenüber den neuen (alten) Herrn.

  10. Es gibt keinen gerechten Krieg und wie bei jedem Krieg ist der Grund für einen Krieg vielfältig und facettenreich. Man könnte vermuten, dass, wie im Westen propagiert Russland die Schuld dafür trägt. Aber das ist nicht einmal die halbe Wahrheit, denn die Drahtzieher sitzen in den USA, doch die USA ist dabei auch nur ein Spielball, denn wie sich nun immer mehr herstellt, sitzen die Drahtzieher der Drahtzieher in Israel, damit sie ihren Völkermord in Gaza durchführen können und damit ihren Wahn wieder ein Stück näher sind. Die Linken eigenen sich dafür am besten, weil sie nicht nur käuflich sind, sie wollen auch gleich die ganze Welt mit ihren Irrsinn beglücken. In den USA ist die hinterhältige Bande besonders gefährlich. In anderen Ländern ist die Linke häufig mit einer Ideologie verstrickt, was bedeutet, das im Prinzip nur die Ideologie geändert werden muss, um Einfluss auf die Politik zu nehmen. Der Raubtierkapitalismus in den USA hat das Geld zu einer Ideologie gemacht und wer dort das meiste Geld hat, bestimmt auch die Politik. Die USA ist dabei an der schwersten Form der politischen Vergiftung erkrankt, was sich nur durch einen kompletten Zusammenbruch heilen lässt und wenn dann nicht darauf geachtet wird, die alte Seuche vollständig zu beseitigen, wird sich das Tier immer wieder erheben und die Welt ins Unglück stürzen, dabei befindet sich das Tier nicht in den USA, es wird dort nicht geopfert, um die Vorzeichen zu ändern.

  11. Ein bemerkenswerter, kluger und aus dem Üblichen herausragender Artikel.

    Sehr gelungen die Passage über die deutsche Außenpolitik und die angebrachten und not-wendigen Anstrengungen im Hinblick auf eine Demilitarisierung des Denkens und eine Kritik am Bellizismus, wie er seit Scholz´ “Zeitenwende” von oben gefordert wird.

    Eine andere sehr wahre Stelle ist diese:
    “Das Problem der bellizistischen Linken sind aber nicht nur ihre analytischen Defizite, sondern die Reduktion der Komplexität von Konflikt und Krieg auf Affekte und Moral – sei es, dass es zu mehr bei ihnen selbst nicht reicht, sei es, dass sie Emotionen und Moral skrupellos instrumentalisieren.”

  12. Ich lese nur was von Demokratisierung, “Abflachung der Hierarchien” etc, die eine Linke vorantreiben soll.
    Es ist ein Textauszug, ok.
    Findet im gesamten Text irgendwo anders der Kapitalismusbegriff als ursächliches hier genannter Phänomene Erwähnung?

  13. Krieg spaltet immer. Das ist sozusagen seine Basis. Dass “Linke” auch davon betroffen sind, wen wundert es. Da führt das kapitalistische Russland einen Krieg gegen die kapitalistische Ukraine und damit fast automatisch einen gegen die ebenfalls kapitalistischen NATO-Länder. Wieso sollte die “Linke” da eindeutig Position zu einer Seite nehmen? Russland mag vielleicht in einigen Fragen besser sein als die USA, trotzdem bleibt es ein kapitalistisches Land. Und Worte kann man viel reden, wenn die Taten nicht stimmen, sind sie nutzlos. Linkssein ist in meinen Augen strikt antikapitalistisch und zutiefst demokratisch und friedensbejahend. Daher ist in der jetzigen Zeit linkssein, zu fordern, dass alle Militärs abgeschafft, alle Waffenproduktionen eingestellt und alle Kriege umgehend beendet gehören. In dem Sinne ist der Papst zutiefst links. Lest mal seine Rede Urbi et Orbi.

  14. Pfff. “Die Linke”. Was soll dass denn sein? Eine Pappmaschee-Kulisse für indolente Jungerwachsene die nach Richtung suchen. Eine Schimäre, ein Trugbild sondern Gleichen.

    die entlarvende völlige Synchronität zwischen “linker” Agenda und WEF-Supermilliardärs-Agenda zu Themen wie

    _ Migrationsförderung
    _ “Gesundheits”-Maßnahmen
    _ “Klima-Gerechtigkeit”
    _ Corona-Wahn, Viren-Wahn
    _ Antirussland-Haltung
    _ bedingungslose Pro-Ukraine-Haltung (heute am abflauen, jetzt haben wir Israel im Haltungsfokus)
    _ Globalismus / Weltregierungsbestreben
    _ Digitalisierung
    _ Gender / Familie / Geschlechter-Rollen
    _ deutsch-europäische Religionen, Traditionen und Kulturen versus fremdländische Religionen und Kulturen
    _ Besitz (zumindest der Besitz der Vielen)
    _ Spiritualität
    _ staatlicher undoder überstaatlicher Zwang
    _ Ernährung
    _ Energiefragen

    kann nur mit völlig zugekniffenen und auch noch dreifach verbundenen Augen so ignoriert werden, wie es den “Linken” eigen ist.

    “Links” sein sich wähnen und dabei die (hauptsächlich Spaltungs-) Agenda der Supermilliardärsreichen betreiben – so wird ein Schuh draus.

    Solche Artikel mit “Links”-Gequatsche dienen immer nur der Vernebelung der offen daliegenden Tatsachen: “Linke” sind immer und überall DIE Widerstandsverhinderer aller erster Güte.

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