Der Gesundheitsmarkt – Notbetrieb als Normalfall

Bild: Pxhere.com/public domain

Im Gesundheitswesen folgt Reform auf Reform – damit alles beim Alten bleiben kann, nämlich bei einer marktwirtschaftlichen Logik, die nach staatlicher Aufsicht schreit.

Der Gesundheitsminister ist zurzeit ständig gefordert. Zuerst musste er die Krankenhausfinanzierung neu justieren, um Über- bzw. Unterversorgung oder den Umgang mit dem Pflegenotstand wieder ins Lot zu bringen. Dann fehlte das Personal auf den Kinderstationen und Lauterbach empfahl die Verschiebung knapper Kontingente von den Erwachsenen- auf die Kinderstationen. Als weiteres Problem kam hinzu, dass viele Medikamente in den Apotheken fehlten – schließlich ein Notruf aus den Notfallambulanzen, die Überforderung signalisierten.

Erklärt wurde der eskalierende Notstand mal durch das Treiben der Krankheitserreger, z.B. durch die herrschende Epidemie der Atemwegserkrankungen, dann aber auch – Überraschung! – damit, dass ein Zuviel an Ökonomie zu konstatieren sei. Ein bemerkenswerter Gegensatz, den der Fachmann aus dem zuständigen Bundesministerium hier aufmacht!

Gesundheit als notwendige Kost: Senken!

Ökonomie, also das Wirtschaftsleben, kann ganz unterschiedlich gestaltet werden. Das betrifft auch die Abteilung, in der man sich mit der Frage befasst, wie eine Gesundheitsversorgung am besten zu organisieren und welcher Aufwand dafür zu betreiben ist. Mit dem Stichwort Ökonomie ist aber – nicht nur hierzulande – etwas Spezielles gemeint. Das Ziel der herrschenden Ökonomie besteht ja nicht einfach darin, die Bürger mit den lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen zu versorgen, die Versorgung stellt vielmehr ein Mittel der Bereicherung dar. Rendite ist das Kriterium für den einzelnen Betrieb, Wirtschaftswachstum heißt das für den Standort – und das drückt aus, dass der Reichtum gemessen in Geld wachsen soll. In einer derartigen Kalkulation sind die Aufwendungen für Gesundheit Kosten, die niedrig zu halten sind, die es z.B. verbieten, Krankenhauskapazitäten nur für immer mal wieder auftretende Epidemien vorzuhalten, ohne dass sie ständig genutzt werden.

Und damit ist schon der zentrale Punkt der Gesundheitsversorgung angesprochen: Sie ist eine Dienstleistung, die bezahlt wird, also ein Geschäftsartikel wie alles in dieser Gesellschaft. Die Aufwendungen für die Gesunderhaltung der Bürger gelten demnach auch als eine Last. Gesundheitsversorgung ist natürlich immer mit einigem Aufwand verbunden, doch wenn es der Zweck wäre, dass sich der Aufwand am Wohlergehen der Menschen orientiert und nicht am Wirtschaftswachstum in Form der Vermehrung von Geldvermögen, dann würde man ihn nicht als eine Last empfinden und dementsprechend einstufen. Anders in dieser Gesellschaft, in der die Aufwendungen für die Gesundheit als Belastung für den Staat, die Wirtschaft und die Bürger gelten und Letzteren zur Last gelegt werden.

Gestrichen werden kann dieser Kostenfaktor allerdings nicht. Die Gesunderhaltung der Bürger ist notwendig, denn sie werden ge- und verbraucht. Ersteres als Basis dieser Gesellschaft in den verschiedenen Funktionen als Arbeitskraft, Staatsdiener oder etwa als Mütter, die den Nachwuchs der Nation sicherstellen. Verbraucht werden sie durch die Belastungen im Arbeitsleben, durch verschmutzte Atemluft, durch die mit Giften belasteten Lebensmittel etc., was sich alles in den Statistiken zu den Zivilisationskrankheiten nachlesen lässt. Also braucht es für das Funktionieren dieser Gesellschaft ein leistungsstarkes Gesundheitssystem, das eben wie alles kostet.

Die betreffenden Kosten werden weitgehend von den Bürgern selbst getragen, und zwar in Form von gesetzlich vorgeschriebenen Krankenversicherungen. Die Zahlung der Beiträge hat der Gesetzgeber so geregelt, dass sie anteilig von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu tragen sind. Sie bilden einen Bestandteil der Lohnkosten, die als Kosten die Gewinnkalkulation belasten. Für die Arbeitnehmer sind sie schlichtweg Abzüge vom Lohn oder Gehalt, die sie praktischer Weise erst gar nicht zu sehen bekommen, sondern die nur als Rechengrößen auf ihrem Gehaltszettel erscheinen. Da es in dieser Gesellschaft auf das Wachstum der Wirtschaft ankommt, soll diese aus Sicht der Politik durch den Kostenfaktor Gesundheit nicht allzu sehr belastet werden. Deshalb sind die Aufwendungen in diesem Bereich in Grenzen zu halten, auch wenn sie notwendig sind.

Eine Last stellen die Aufwendungen für Gesundheit auch für den Bundeshaushalt dar, schließlich sind mit den Kassenbeiträgen der Arbeitnehmer nicht alle Kosten abzudecken, zumal der Staat hier seinerseits auch andere Anliegen (Familienhilfe!) mitversichert. Deshalb ist es ein staatliches Anliegen, einerseits eine Gesundheitsversorgung sicherzustellen, andererseits dies möglichst kostengünstig zu gestalten.

Gesundheitsversorgung als Dienstleistung: Effektivieren!

Weil der Gesundheitszustand der Bevölkerung die Basis der Herrschaft berührt, ist Gesundheitsversorgung staatliches Anliegen. Einige Länder haben daher einen staatlichen Gesundheitsdienst eingerichtet – und weil der kostet, fällt er oft sehr schäbig aus. Deshalb befinden sich z.B. die Beschäftigten des staatlichen Gesundheitswesens in England gerade im Streik.

In Deutschland sollen die Kosten für die Gesundheit eine Quelle der Bereicherung sein, weshalb die Sache als Gesundheitsmarkt organisiert ist. Der hat nur einen Schönheitsfehler: Das private Gewinninteresse beißt sich mit dem staatlichen Anliegen einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung. Schließlich geht es dem Staat um die Funktionstüchtigkeit seiner Bürger und den Dienstleistern um ihr Einkommen, d.h. um ihren Gewinn. Von der Erbringung der Gesundheitsleistungen in privater Hand verspricht sich der Staat zudem einen kostenbewussten Einsatz der Mittel. Um diese sehr unterschiedlichen Anforderungen unter einen Hut zu bringen, bedarf es vielfältiger staatlicher Regelungen.

Das beginnt mit der Qualität der Leistungserbringer. Der Staat überlässt die Gesundheitsversorgung nicht irgendwelchen Quacksalbern, auch wenn er diese nicht verbietet (ihnen sogar mit ihren esoterischen und ähnlichen Angeboten ein eigenes Marktsegment überlässt), sondern übernimmt Ausbildung und Zulassung zu den Medizinberufen in seine eigene Regie. So soll gewährleistet sein, dass die Gesundheitsversorgung seiner Bevölkerung nach wissenschaftlichen Maßstäben erfolgt. Damit schafft er sich aber zugleich eine Kaste von Menschen, die exklusiv über das medizinische Wissen der Gesellschaft verfügen und diese Stellung wirtschaftlich ausnutzen können. Also bedarf es der Vorschriften über die Höhe ärztlicher Honorare, die einerseits den Ärzten ein hohes Einkommen sichern, andererseits die Zahlungsfähigkeit der Bürger nicht zu sehr strapazieren sollen. Mit der ist es ja nicht gut bestellt, und ärztliche Leistungen können trotz gewisser Beschränkungen schnell die Bürger überfordern, ruinieren oder von ärztlichen Leistungen ganz ausschließen. Also gibt es eine Versicherungspflicht für alle Bürger, auch für Selbstständige.

Abhängig Beschäftigten traut der Staat wegen ihrer Einkommensquelle sowieso keine selbstständige Versicherung zu, weshalb er ihnen eine gesetzliche Krankenversicherung vorschreibt. Damit hat er eine Zweiklassengesellschaft der Patienten geschaffen, die als unterschiedlich Zahlungskräftige auf dem Gesundheitsmarkt Dienstleistungen nachfragen. Die Mehrheit der gesetzlich Versicherten tritt zwar als Kunde auf diesem Markt in Erscheinung, bezahlt wird die Leistung aber durch die Versicherungen, so dass ein Dreiecksverhältnis zwischen Patienten, Arzt bzw. Krankenhaus und den Versicherungen existiert.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen sind eigenartige Gebilde, als Körperschaften öffentlichen Rechts sollen sie sich wie Wirtschaftsunternehmen in Konkurrenz zueinander bewähren. Dabei werden ihre Einnahmen weitgehend gesetzlich bestimmt und auch die zu erbringenden Leistungen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegt. Sie gelten als selbstbestimmte Organe des Gesundheitswesens, weil Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter in ihren Aussichtsräten sitzen, regeln können sie allerdings vor allem die eigenen Verwaltungskosten (inklusive erstaunlich hoher Vorstandsgehälter).

Eingerichtet ist der Gesundheitsmarkt als ambulante Versorgung durch die niedergelassenen Ärzte und als stationäre Versorgung durch die Krankenhäuser. Um sicherzustellen, dass die praktizierenden Ärzte sich nicht nur dort niederlassen, wo es ein zahlungskräftiges Publikum gibt, existiert eine Beschränkung der Eröffnung von Praxen, die mit den gesetzlichen Kassen abrechnen wollen. Über die Kassenärztlichen Vereinigungen wird die Zulassung zu einem Versorgungsgebiet geregelt, sie sind für die Sicherung der ambulanten Versorgung zuständig.

Anders sieht es im Bereich der stationären Versorgung aus, für deren Sicherstellung die Länder zuständig sind. Zwar kann jeder ein Krankenhaus eröffnen, der über entsprechende Mittel verfügt; um aber an der Finanzierung durch die gesetzlichen Krankenkassen teilzuhaben, bedarf es der Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes. Über die Investitionszuschüsse steuern die Länder ihre Krankenhausplanung. Sie bestimmen durch die Investitionen, wo Stationen erweitert werden, wo Neubauten entstehen oder Großgeräte angeschafft werden. Insofern gibt es ein Zwei-Säulenmodell der Krankenhausfinanzierung: Die laufenden Kosten für Personal und Sachmittel bestreiten die Krankenkassen, die Investitionen für Gebäude und Großgeräte haben über die Länder zu erfolgen, die sich in zunehmendem Maße dieser Verpflichtung entziehen, was als Investitionsstau in der Öffentlichkeit beklagt wird.

Um zu einer einheitlichen kostengünstigen Versorgung zu gelangen, versucht die Politik dies durch finanzielle Anreize im Rahmen ihrer Planung zu verwirklichen.

Planung durch Anreize: Profite mit Zweckbindung

Preise sind in der Marktwirtschaft Mittel der Unternehmen, ihren Gewinn zu realisieren und die Konkurrenz aus dem Markt zu drängen; Preise im Gesundheitswesen haben aber einen völlig anderen Charakter. Auch wenn der Staat plant und bestimmte gesundheitspolitische Ziele verfolgt, erstattet er den Akteuren oder Leistungserbringern nicht einfach den dafür notwendigen Aufwand. Preise und Finanzierungen im Gesundheitsmarkt sollen Anreize sein. Diese sollen die Leistungserbringer auf die staatlichen Ziele verpflichten – und zwar aus Eigennutz. Der Staat setzt mit seinen Finanzierungsmodellen Krankenhäusern wie niedergelassenen Ärzten die Maßstäbe für deren Kalkulation, bei der es nicht einfach um die beste medizinische Versorgung der Bürger geht, sondern um die Steigerung der Einkünfte.

Diese Form der Planung mag manchen an die Wirtschaftsweise der DDR erinnern – nicht zu Unrecht. Eine solche Planung hat immer wieder erwünschte wie unerwünschte Wirkungen, weil die Interessen staatlicher Gesundheitsplanung und der privatwirtschaftlichen Krankenhausbesitzer nicht zusammenfallen. Wenn jetzt z.B. allseits, sogar offiziell von Regierungsseite, über die Fallpauschalen geklagt wird, so muss man doch als Erstes festhalten, das diese ein staatliches Ziel radikal erreicht haben. Schließlich waren die Pauschalen nicht einfach an dem Aufwand der Krankenhäuser für eine Behandlung bei einer bestimmten Diagnose orientiert, sondern sollten die Krankenhäuser durch die Art der Bezahlung dazu zwingen, ihre Kosten zu senken.

Berechnet wurden Durchschnittswerte für die Behandlungskosten einzelner Krankheiten und der Festlegung der Fallpauschalen zu Grunde gelegt. Damit war von Anfang an klar, dass eine Vielzahl vor allem der kleineren Krankenhäuser rote Zahlen schreiben würden und folglich schließen müssten. Die neue Bezahlung führte zu einer radikalen Kostensenkung in den Krankenhäusern, deren Hauptkostenbestandteil die Löhne sind. Bereiche wie Reinigung der Stationen, Krankenhausküchen oder -wäschereien wurden outgesourced und damit von den Tarifen des öffentlichen Dienstes in die der Billiglohnsektoren herabgestuft. Bei den Pflegekräften wurde in einem Maße gespart, dass die Kliniken – mit Mangelernährung, Wundliegen etc. – zu einem gefährlichen Ort für Patienten wurden.

Deshalb wurden die Pflegekosten im Rahmen einer Reform der Reform aus den Fallpauschalen herausgenommen und zu einem eigenen Budget umgewandelt, damit die Pflege in den Häusern einigermaßen gewährleistet ist. Doch trotz dieser Reform warnte die AOK-Chefin Carola Reimann Herz- und Krebskranke, dass bei der Wahl der falschen Klinik Lebensgefahr bestünde (Bild 23.12.22).

Private Anbieter haben Krankenhäuser als lukrative Geldanlage entdeckt und dabei die Geschäftsgelegenheiten genutzt. Alle Häuser haben versucht, für sich das Beste herauszuholen,  z.B. – da sich die einzelnen Fälle unterschiedlich rechnen – wenig lukrative Bereiche wie Kinderabteilungen geschlossen und andere, in denen leicht Geld zu verdienen ist, ausgebaut. Diese Entwicklungen gehören genauso zu dieser Planungsweise wie die angestrebten Kosteneinsparungen. Das wird aber nun als eine Fehlentwicklung beklagt, obgleich es Resultat dieser Form der Krankenhausplanung ist. Schließlich sind die Häuser ja gefordert, als Wirtschaftsunternehmen zu kalkulieren, was sie entsprechend den staatlichen Vorgaben getan haben.

Von Reform zu Reform: Ver(schlimm)besserung als Dauerzustand

Nicht nur die Krankenhäuser sind von dieser Art der Planung im Gesundheitswesen betroffen. Auch an anderen Stellen werden „Fehlentwicklungen“ beklagt, die genauso Wirkungen dieser Sorte Gesundheitspolitik sind wie die angestrebten Kostensenkungen. Wenn angesichts der momentanen Krankheitsfälle fehlendes Personal beklagt wird, so zeigt dies nur, wie der Personaleinsatz auch bei reformierten Fallpauschalen berechnet ist. Eine Personalreserve für Krankheitsfälle von Mitarbeitern ist nicht vorgesehen, also löst jeder Ausfall oder jede Kündigung einen Engpass aus, den die übrigen Mitarbeiter aufzufangen haben. Und so gehört der Notstand, der immer wieder durch Änderungen in der Schichtplanung oder Verschiebung von Personal aufzufangen ist, zur Normalsituation in den Häusern.

Das Fehlen von Medikamenten ist auch nicht vom Himmel gefallen, sondern Resultat dessen, dass die Krankenkassen ihre Marktmacht gegenüber den Pharmaherstellern nutzen sollten, um Preise für Medikamente durch Rabattverträge zu senken. Das haben die so beauftragen Kassen auch getan – mit dem Resultat, das man jetzt besichtigen kann. Für manchen Hersteller hat sich Produktion oder Vertrieb des einen oder anderen Medikaments nicht mehr gelohnt. Die verbliebenen Hersteller haben die Freiheit des Weltmarktes für sich genutzt und die Produktion ihrer Arzneimittel in Länder verlegt, in denen die Löhne niedrig sind und Umweltauflagen entweder fehlen oder das Geschäft nicht beeinträchtigen. So gibt es die bekannten Lieferausfälle durch Produktionsstörungen, zum Teil auch wegen Hygienemängeln.

In der Lage verkündet der Gesundheitsminister: „Bei der Beschaffung von Arzneimitteln soll der Preis nicht mehr der wichtigste Faktor sein.“ (SZ, 20.12.22) Deshalb legt er den Preis neu fest, der als Anreiz für eine vermehrte Produktion wirken und den Herstellern höhere Gewinne verschaffen soll. Eine neue Produktion ist damit aber noch nicht im Lande etabliert. Deshalb braucht es zu den finanziellen Anreizen zusätzliche Vorschriften: „Insgesamt sollen bei der Beschaffung von Medikamenten künftig andere Kriterien gelten als bisher. So soll nicht wie bisher nur der billigste Anbieter zum Zuge kommen. Stattdessen sollen bei wichtigen Arzneimitteln zwei Verträge geschlossen werden: Neben dem günstigsten Anbieter aus dem nicht-europäischen Ausland soll stets auch der günstigste Hersteller aus der EU berücksichtigt werden.“ (SZ) Auf diese Art soll der Preis eigentlich keine Rolle mehr spielen, glaubt man der Zeitung.

Die Klage über überbelastete Notfallambulanzen ist Resultat dessen, dass sich ärztliche Notdienste für die niedergelassenen Ärzte nicht rechnen, weswegen sie stark reduziert wurden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind zwar rechtlich verpflichtet, einen solchen Notdienst zu organisieren und vorzuhalten; in welchem Umfang es passiert, ist ihnen aber weitgehend selbst überlassen. So erstreckt sich dieser Dienst häufig auf ein riesiges Gebiet, sodass die Patienten, sollten sie denn beim dafür eingesetzten Call-Center durchkommen, lange auf die Ankunft eines Arztes warten müssen. Also rufen die meisten Menschen gleich die 112 an oder fahren zum nächsten Krankenhaus, für das sich diese Notfälle meist nicht rechnen, es sei denn sie nehmen sie stationär auf. Also gibt es die bekannte Überlastung.

Wenn nun Städte und Gemeinden die niedergelassenen Ärzte auffordern, angesichts überlasteter Kliniken ihre Praxen länger zu öffnen, dann kann man sich nur wundern. Damit die Ärzte nicht zu viel an Leistungen abrechnen, wurden ihnen ja von Seiten der Politik Praxisbudgets verpasst, bei deren Überschreitung die Leistungen nicht mehr voll erstattet werden. Also lohnen sich diese nicht und viele Praxen passten daher ihre Öffnungszeiten entsprechend an. Sie jetzt dazu aufzufordern, entgegen den von der Gesundheitspolitik gesetzten Anreizen zu handeln, ist schon ein Treppenwitz.

Weil die Steuerung des Gesundheitswesens über finanzielle Anreize zwar viele Kosten einspart, aber immer wieder unerwünschte Effekte hervorbringt – das Interesse an einem kostengünstigen Gesundheitswesen und das Geschäftsinteresse derer, die es betreiben, gehen eben, wie gezeigt, nicht zusammen –, entsteht ein ständiger Reformbedarf auf Seiten der Gesundheitspolitik. Die Reformen haben aber nicht die Aufkündigung des grundlegenden Verhältnisses zum Inhalt, sondern zielen immer auf die Änderung der Anreize, die die Kosten begrenzen, zugleich das Geschäft weiter in Gang halten sollen. Zu spüren bekommen dies die Patienten in Form schlechter Versorgung und die Beschäftigten durch miese Bezahlung und hohe Belastung. Der Zustand wird mit jeder Reform der Reform fortgeschrieben: Denn Marktwirtschaft muss gehen, auch wenn jeder staatliche Eingriff dokumentiert, dass es mit ihr eine ordentliche Gesundheitsversorgung nicht geben wird.

Ähnliche Beiträge:

37 Kommentare

  1. Interessant ist in diesem Zusammenhang das Krankenversicherungssystem der Schweiz. Einerseits ein SEHR hohes Niveau, andererseits beklagt sich da niemand über das langweilige Frühstück ohne 3-Minuten-Ei. Kann man dazu kaufen. 70 – 80 % Gastarbeiter in Pflege und Therapie. Preise werden offen benannt und berechnet und niemand wird bevormundet. Effizienz hat Preisvorteile, Bequemlichkeit kostet. Niedergelassene Ärzte werden angemessen bezahlt. Verbandwechsel nach Op im Ambulatorium mit sehr marktkonformen Öffnungszeiten, aber wer da aus „Wichtigkeitsgründen“ eine/n Arzt/Ärztin sehen will, weiss, dass das Kosten verursacht, die nötigenfalls der Kasse (und damit der Versichertengemeinschaft) gegenüber gerechtfertigt werden müssen.
    Denen ist klar, dass das „ihre“ Versicherung ist, nicht eine von Bismarck aus Wehrtüchtigkeitsgründen eingeführte. Auch die LandesVERTEIDIGUNG ist nicht an Söldner abgetreten. Einiges – nicht alles – kann man da abgucken. Schiller hat da schon ein interessantes Stück Demokratie-Geschichte verarbeitet. Und das Rote Kreuz haben sie auch erfunden. Und Hoffmann-LaRoche.

    1. Na, da zeichnen Sie aber ein idyllisches Bild des CH-Gesundheitswesens. Das Niveau ist sicher nicht schlecht, aber es als sehr hoch zu bezeichnen, zeugt höchstens von praktischer Unkenntnis. Es ist vorallem sehr teuer, Viele Schweizer sind mit der Prämienhöhe finanziell überfordert, diese müssen in immer mehr Fällen, verbunden mit dem üblichen Papierkrieg, teilweise von den einzelnen Kantonen übernommen werden. Gleichzeitig versuchen die vielen Krankenkassen sich gegenseitig die Kundschaft abzujagen, werben ausufernd, zahlen ihren Vorständen und Geschäftsleitungen fürstliche Gehälter – kurz, ganz viele Leute haben sich Zitzen erobert und melken fleissig. Kein Vorbild, auch wenn Deutschland mit seinem dualen Konzept besonders dysfunktional ist.

      1. @Zack15

        Danke für Ihrer wahren Worte, wie schon gesagt, siehe unten, ich dachte auch bis Vorgestern die Schweiz wäre ein Hort der Seligen, aber leider ist sie doch ein anderes Land, dass man nicht uneingeschränkt und 1:1 mit .de vergeleichen kann….und über’s grüne Klee loben sollte….

        Gruß
        Bernie

    2. @Bedellus

      Ich wäre geneigt dir zuzustimmen hätte ich nicht vor 2 Tagen auf SRF Dok, dem Dokumentarfilmsender des Schweizer Fernsehens, diesen Film gesehen, der sich mit der Negativseite der Schweizer Schuldner beschäftigt.

      Ein völlig anderes System als in .de, aber sieh es dir selber an:

      „[…]In der Schuldenfalle – Warum sich Jugendsünden rächen | DOK | SRF […]“

      „[…] Die Schuldenfalle schnappt schnell zu. Danach sind Betreibungsamt und Lohnverpfändungen nicht weit entfernt. Viele junge Erwachsene wissen nicht, dass ab dem 18. Altersjahr die Krankenkassenbeiträge sehr viel höher sind und dass Steuerrechnungen ein bis zwei Monatslöhne ausmachen. Das führt dazu, dass sie gleich zu Beginn ihres Erwachsenenlebens Schulden anhäufen.[…]“

      [….]Auch bei Kiri, Donald, Erika und Fränzi war das so. Sie sind alle berufstätig und leben trotzdem mit Schulden. Dabei sind sie keine Ausnahme. Praktisch jede siebte Person in der Schweiz lebt in einem Haushalt mit Zahlungsrückstand. Die Verschuldung von jungen Menschen in der Schweiz steigt nach der Volljährigkeit um den Faktor 70 an. Aus der Schuldenfalle wieder herauszufinden, ist schwierig. Das zeigt dieser Film.[…]“

      Hier kann man den Film bei Youtube finden:

      https://www.youtube.com/watch?v=48c1OcvzuMc

      Das wär übrigens auch für mich ein Erkenntnisgewinn, auch in der Hinsicht Umgang mit Schuldnern, dass wir froh sein können nicht in der Schweiz zu leben, und – wie ich vorher auch dachte – die Schweiz ein Hort der Seligen ist.

      Gruß
      Bernie

      https://www.youtube.com/watch?v=48c1OcvzuMc

      1. Als Ergänzung sollte man noch erwähnen, dass alle Schweizer Arbeitnehmer ihre Krankenkassenbeiträge vollständig selber bzw. allein bezahlen müssen – die Arbeitgeber tragen nichts daran – anders als in .de wo der Arbeitgeber die Hälfte trägt – Ausnahmen gibt es nur für sogenannte Grenzgänger die aus dem nahen Ausland in die Schweiz arbeiten gehen.

        Und – das ist wohl der Grund für die aktuelle DOK Sendung beim SRF die Schweiz gerade eine „Restschuldbefreiung“ im Bundesrat diskutiert – die gibt es nämlich nicht in der Schweiz – anders als in .de.

        Gruß
        Bernie

  2. Endlich eine grundsätzliche Begründung für die fortdauernde Malaise im Gesundheitssystem, die täglich weiter fortgeschrieben wird

    PS: eine an die Ukraine gelieferte Patriot Rakete von insgesamt 120Stück, kostet 1 Million Euro, also an Geldmangel des Staates kann es nicht liegen….

  3. Man hat nicht den Eindruck, Lauterbach sei die geeignete Person, um den mittlerweile fast zur Allmacht gesteigerten Einfluss von Kapital und Konzernen zurückzudrängen. Das aber wäre dringend.

    1. Diesen mittlerweile fast zur Allmacht gesteigerten Einfluss von Kapital und Konzernen zurückzudrängen, das haben doch vor dem „Karlatan“ (Wortschöpfung von T. Kubo beim Hintergrund) schon etliche andere Gesundheitsministerïnnen versucht. Also jedenfalls haben die alle so getan, als hätten sie das versucht.

      Die waren alle nicht geeignet, diesen Dienst an der Bevölkerung zu leisten und den besagten Einfluss zurückzudrängen. Das geht nämlich nicht, solange man nicht grundsätzlich an der kapitalistischen Verfasstheit unseres Gesundheitssystem rüttelt. Und das ist nicht beabsichtigt.

    2. Es ist fast (nicht ganz) egal was 1 Person WILL. Limitierender Faktor für die Kosten der Gesundheit sind die anderen Kapitalfraktionen denen es einen Profitabzug bedeuted, wie vermittelt auch immer.
      Die kapitalistische Gesellschaft hat ein kapitalistisches Gesundheitssystem. Also Klassen und Klassenmedizin.
      Privatpatienten werden nicht öffentlich verhandelt, die Reichen sind privat und ihr Reichtum kömmt von Gott.

      Der bürgerliche Bullshit glaubt, daß das Gelingen von Gesellschaft vom WOLLEN der EINZELNEN abhänge statt von einem GESELLSCHAFTLICHEN das sich hinter dem Rücken und gegen den Willen der Beteiligten durchsetzt obwohl es von ihnen allen geschaffen wurde, zT konkurrierend, WIE DIE SPRACHE.
      Haben Sie je Deutsch bewußt gewählt? Oder ihre sexuelle Orientierung?

  4. Gesundheit ist unser höchstes gut, das zu tackten, in Form von Pauschalen, Zeitvorgaben für Dinge, ist so schlimm, für die Beschäftigten, für die Kranken.
    Ich erzähl aktuelles von mir, bin 59, Trinker, habe 89 lange Therapie gehabt (6 Monate) Kostenträger Rente ( zahlen nur solange man Beiträge zahlt, also als Rentenempfänger aufgeschmissen, die wolln 1 ja weghaben) 32 Jahre trocken
    Nun latsch ich Ende 21 ins Honigtöpchen, fang 19.12.22 an mir Hilfe zu erbitten (Urlaub, konnte vorher beruflich nicht), zack Feiertage, echt keine Chance Suchtberatung, Sozialberatung Arbeitgeber, Stillstand, Hausarzt ging, darf aber nicht, nur Einweisung, also warten, 1.1 Abends, huch Terminbuchung Suchtberatung Webseite funzt plötzlich, paar Tümpel vor Dankbarkeit auf Tisch getröpfelt, Termin 2.1, 10:00
    Hammer, hin, diese Woche 4-5 Termine, gerackelt, geruckelt, Dienstag Termin Klinik, Entgiftung,Entwöhnung gleich im Anschluss, das mir wichtig, heute Rentenschnippsel Kasten, 240.000 € eingezahlt, ich glaub es hakt! Da können die nun mal 50.000€ wieder raustun,oder?
    Wünsch mir kleines Daumendrücken, ich schaff das.

      1. danke, für mich, ich nehm alle Kapriolen Life mit, konsequent, das kann ich gut, bin für jede dankbar, aber weiss für mich, hol Dir Hilfe, bevor es eskaliert. Dazu bin ich mir nicht zu schade. War jetzt dumm gelaufen, wegen Feiertage, hab nicht dran gedacht, bin so 1 Idiot. Aber nun gehts ja vorran.

    1. Wäre schön, wenn du den telegrammstil weglassen würdest. Zwar interessieren Einzelschicksale nur wenige – aber sie sind tatsächlich die besten Marker. Wie viele Menschen gehen mit Tränen und Sorgen ins Bett und stehen genau so schockiert morgens auf. Dieser Horror wird leider von den Disukutantten und Entscheidungsträgern absolut übersehen. Wie in vielen Bereichen. Dagegen müsste mal jemand klagen. Der Staat hat ja eine Verpflichtung gegenüber seinen Bürgern. Und nicht , wie derzeit praktiziert – nur gegenüber den Wohlhabenden.

      1. Was ist Telegrammstyle? Ja, und Shuligung, das habe ich vergessen, trotz aller mieserein Geesunddheitssystem, bin ich natürlich fett dankbar, das ich da reinplumpse Wenn auch über DVR. Und weiss auch, es gibt millionenfach Menschen die Hilfe benötigen, ich wollte hier nicht winseln, sondern auf diese putzige Situation Suchthilfe, Hilfe während der Zeit zwischen xmas und Neujahr hinweisen, an just, ja sorry, selbst erlebten. Und das kann ich sehrwohl.

    2. Ich kann noch folgendes anmerken, 1989 die Klinik, mit 4 alten schnarchenden Kerlen auf Zimmer (mittlerweile selber einer), die ganze Bude, der letzte Haufen Beton ( mittlerweile abgerissen), Sie haben mir dort geholfen, bin fett dankbar, heute, ey, 3 Hochglanzprospekte, dies, das im Angebot, Einzelzimmer, das mir so egal, ich will das mir jemand in Kopp glotzt und dann in Gesprächen, so Gruppen, mir Inputs gegeben werden, die ich selber erst so abends Bett checke „ah, so meinten die das“ um den Spin rauszubekommen. Brauch keine ClubMed artige Bude.
      Aber wie geschrieben Träger oder zahlende Rentenversicherung, evtl. kann Spahn, Lauterbach da nicht ran, ich weiss es nicht.

  5. „Erklärt wurde der eskalierende Notstand mal durch das Treiben der Krankheitserreger, z.B. durch die herrschende Epidemie der Atemwegserkrankungen“

    Seit 20 Jahren „erklären“ das die polit-ökonomischen Sachwalter „unseres“ schönen Krankheitsmarktes rauf und runter, ganz besonders penetrant ab März 2020 mit dem „Auftauchen“ dieses Angeb. neuen und außergewöhnlich gefährlichen Killervirus, welches schon aufgrund dieses politisch gewollten Krankheitsmarktes eine mittlerweile ganz gewöhnliche Anzahl an Opfer produzierte.
    Und weil „nur“ gewöhnlich und wie gehabt geschädigt und gestorben wurde, sorgte ein lückenloses Regime an „Fehlbehandlungen“ und „Maßnahmen“ für noch ganz viel mehr Schaden und Tod. Vor allen Dingen sorgten diese für ganz viel Angst, Panik und Hysterie.

    1. „Gesundheit an sich ist kein handelbares Gut, weil sie vor allem eine Frage persönlichen Glücks ist. “ (christa glückskeks)

      „Und weil „nur“ gewöhnlich und wie gehabt geschädigt und gestorben wurde, sorgte ein lückenloses Regime an „Fehlbehandlungen“ und „Maßnahmen“ für noch ganz viel mehr Schaden und Tod.“

      tja, da haben wohl n paar gewöhnliche leuts wie gehabt pech gehabt ….oderso…

      1. „tja, da haben wohl n paar gewöhnliche leuts wie gehabt pech gehabt ….oderso…“

        Nein, weil der mittlerweile „gewöhnliche und wie gehabte“ kapitalistische Krankheitsmarkt kein Missgeschick („pech“) der „gewöhnlichen leuts“ ist, sondern das „geschickte Glück“ seiner objektiven Macher und Nutznießer ist.

  6. Es ist und bleibt die Tragik des marktwirtschaftlichen Konzepts. Entlehnt aus dem brutalen Gesetz der Natur. Survival of the fittest. Ihr könnt noch so viel daran herumdebattieren – solange Hormone die Politik bestimmen, wird sich nichts ändern. Das ist schon immer so gewesen. Es gab Versuche. Alle gescheitert. Unser sozialer Fortschritt basiert nur auf der Prämisse , daß Leistungen zu Erfolg und Zufriedenheit führen. Leider ists wie bei der Olympiade. Von tausenden die es versuchen steht nur einer oben auf dem Treppchen. Und selbst der zweite ärgert sich irgendwie. Unser Denken ist total falsch. Irgendwie atavistisch und absolut inhuman. Nein – solche Sachen wie Brot und Wasser – Wohnung und Auskommen – und die Gesundheit – und alles was sonst zu einem lebenswerten Leben gehört – gehört nicht in die Hände von Spekulanten und Geldgeilheit. Zumindest das nicht. Auch wenn es scheinbar nicht zu ändern ist – gesagt sollte es immer wieder werden

    1. „survival of the fittest“ heißt aber nicht das Überleben des Stärksten, sondern des Angepasstesten.
      Wobei nicht unbemerkt sein sollte, dass nicht nur die Spitze der am besten Angepassten überlebt.

      Bezogen auf das Gesundheitswesen hieße das aber was völlig anderes.
      Solange man meint, durch Beiträge und Zuschüsse alle Aufwendungen finanzieren zu müssen, ist es nur 3ine Frage der Zeit, bis es wirklich nicht mehr klappt. Und ob da mehr oder weniger Gewinn gemacht wird, ist eher unbedeutend, wenn die Bedarfe adressiert werden und diese nicht an das profitträchtigere Angebot angepasst werden.
      Es wird jedenfalls noch spannend werden.

  7. Gesundheitsvorsorge und Hilfe im Krankheitsfall sind nicht das Selbe, nicht einmal das Gleiche. Der Artikel vermischt beides, weil unser aktuelles System beides vermischt. Es ist keine Aufgabe der Krankenversicherung mir zu erzählen, was ungesund ist oder zu untersuchen, ob ich vielleicht krank werden könnte. Wer beides miteinander vermischt erreicht in keinem Wirtschaftssystem eine bessere Versorgung im Krankheitsfall oder nach Unfällen. Das Heilenkönnen ist schon seit Jahrtausenden ein einträgliches Geschäft, ob mit oder ohne Wissenschaft, mit oder ohne Eid.
    Dass die Lebenserwartung der Menschen in den entwickelten Ländern gestiegen ist – das ist meine Vermutung – ist der Tatsache geschuldet, dass sie ausreichend zu essen haben, schützende und beheizbare Wohnungen, eine funktionierende Trennung von Wasser und Abwasser und allgemein höhere Hygienestandards. Zumindest in Deutschland haben wir auch einiges der alleinigen Finanzierung der Berufsgenossenschaften durch die Arbeitgeber zu verdanken, die dementsprechend die Folgen von Berufskrankheiten und Berufsunfällen allein zu tragen haben. Ich glaube nicht, dass es sonst eine einzige FFP-Maske im Betrieb gäbe oder eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Straßen, kämen nicht so viele Pendler auf dem Weg zur Arbeit zu Schaden. Es kämen sonst wahrscheinlich auch nicht weniger Bauarbeiter zu Schaden als in Katar.
    Zu den exorbitanten Gewinnen der Gesundheitsindustrie tragen auch diejenigen bei, die vorsorglich Wartezimmer und Notaufnahmen bevölkern und sich von ärztlicher Wissenschaft auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsrechnung Heilbedarfe aufschwatzen lassen, wo es keine gibt und andererseits problemlos damit abfinden, dass ihr Nachbar mit einer seltenen unheilbaren Krankheit um jedes Hilfsmittel betteln muss, wenn nicht sogar vor dem Sozialgericht streiten. Oder nimmt hier jemand an, jedem ALS-Patienten würde in dem Ausmaß geholfen wie Stephen Hawking? Oder nach Therapien von seltenen Krankheiten würde so viel geforscht wie zu Erkältungen?
    Am meisten verdient wird im System mit der „Hilfe“ für alte Menschen und der Verlängerung ihres Lebens um einige bewusstlose Tage oder Wochen, sofern sie nicht mehr selbst entscheidungsfähig sind. Die riesigen Gewinne der Pharmaindustrie während der Pandemie wurden auch durch die Erzählung ermöglicht, man müsse alles daran setzen, die besonders vulnerablen Alten vor den Pneumonien zu schützen, die sie in hohem Alter oft das Leben kosten.
    Gesundheit an sich ist kein handelbares Gut, weil sie vor allem eine Frage persönlichen Glücks ist. Hilfe im Krankheitsfall oder nach einem Unfall ist manchmal nötig. Dafür muss vorgesorgt werden. Es ist aber keine Aufgabe staatlich geordneter Systeme mich zur vernünftigen Wahl zwischen Olivenöl und Butterschmalz zu befähigen oder Menschen zu testen, die evt. krank werden könnten.

    1. @ blu_frisbee
      Jede bisherige Gesellschaft nach der Entstehung von Überschüssen durch Ackerbau und Viehzucht war eine Klassengesellschaft. Kapitalismuskritiker wären überzeugender, wenn sie nicht immer so tun würden, als hätten Marx und Engels sich allein auf die aufkommende Industriealisierung bezogen. Das Erfahren sozialer und materieller Ungleichheit ist von Alters her das Los der Armen. Unmittelbar an die gegenwärtige Alltagserfahrung anzuknüpfen würde mehr Menschen zu tatkräftiger Kritik auf den Straßen anstiften, statt vor allem vom deutschen Idealismus geprägte ideologische Debatten auszutragen. Ich empfehle zu diesem Problem Domenico Losurdos Buch „Der westliche Marxismus“.

      1. Aus der Steinzeit ist ein Skelett überliefert, Alter Todeszeitpunkt 35 Jahre, wo Mediziner sagen daß der Typ lebenslänglich nie was zur Gruppe beitragen konnte. Es gibt natürlich andere Steinzeitgruppen mit wesentlich harscheren Regeln. Das ist nicht Natur sondern Kultur.

        Es soll nur nicht so getan werden als sei das Prob (und einige andere) im Kapitalismus lösbar, als wär ein guter anständiger Kapitalismus möglich und würde nur an ein paar üblen Burschen leiden.
        Nazis bis Sozialdemokraten verzapfen so nen Blödsinn und kommen sich auch noch „links“ dabei vor,
        unbeirrt von gegenteiliger Realität. Das nenn ich Religion.

        Cechura beläßt es leider beim Jammer. Ma muß den Leuten auch Vordenken, grade bei den Basics, von selber kommen die ned drauf, so dicht ist der ideologische Nebel.
        Kommunisten kommen im Diskurs nicht mehr vor (der Ostblock ist mit schuldig, verdient untergegangen, aber eben nicht das Ende vom Lied). Die Widersprüche verschwinden ja nicht.

        1. Hinsichtlich der Kapitalismus-Problematik sind wir uns ja einig. Ich halte es nur für nötig, gegenüber den Menschen, die man informieren und überzeugen will, bei ihrem eigenen Erfahrungshintergrund anzusetzen und im Gespräch grundlegende Sichtweisen zu vermitteln. Ich wüsste nicht, wie man sonst überhaupt eine Möglichkeit finden sollte, mit der Überzeugungsarbeit anfangen zu können, angesichts der allgegenwärtigen antikommunistischen Berieselung.

          1. ja, sammle mal „erfahrungshintergrund“, dann verstehste vielleicht irgendwannmal, warum und wie das:
            „Zumindest in Deutschland haben wir auch einiges der alleinigen Finanzierung der Berufsgenossenschaften durch die Arbeitgeber zu verdanken, die dementsprechend die Folgen von Berufskrankheiten und Berufsunfällen allein zu tragen haben. Ich glaube nicht, dass es sonst eine einzige FFP-Maske im Betrieb gäbe oder eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Straßen, kämen nicht so viele Pendler auf dem Weg zur Arbeit zu Schaden. Es kämen sonst wahrscheinlich auch nicht weniger Bauarbeiter zu Schaden als in Katar.
            Zu den exorbitanten Gewinnen der Gesundheitsindustrie tragen auch diejenigen bei, die vorsorglich Wartezimmer und Notaufnahmen bevölkern und sich von ärztlicher Wissenschaft auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsrechnung Heilbedarfe aufschwatzen lassen, wo es keine gibt und andererseits problemlos damit abfinden, dass ihr Nachbar mit einer seltenen unheilbaren Krankheit um jedes Hilfsmittel betteln muss, wenn nicht sogar vor dem Sozialgericht streiten. “
            iwie (ich sach nich: antikommunistisch) zurückgeblieben (is höflicher) is….

  8. Zeitenwende, von einer Industrie in eine Dienstleistunggesellschaft und der künstliche Krieg als Wegbereiter.
    Der Unterbau für den „Sozialstaat“ wird gerade brachial zerstört und wird m. E. auch den Gesundheitsmarkt neu definieren. Ob dieser Wandel sozial verträglich friedlich daherkommt, bleibt abzuwarten.

  9. Ständig wird verwechselt Gesellschaft # Gemeinschaft bzw in 1 gesetzt Gesellschaft = Gemeinschaft = Proletariat.

    Bürgerliche Ideologie (dh kapitalistische) hätt gern daß das Proletariat von sich denkt sie wären alle. und Kapitalisten gehörten dazu, wenns ans Sterben geht, Zahlen sowieso. Realität isss anders.

    Sind deutsche Kapitalisten also fremdes, parasitäres Volk oder feindliche Klasse?
    Die Nazis haben nämlich auch a Kritik an Kapitalisten, aber a andere als Kommunisten am Kapitalismus.
    Erstere kommen sich „links“ vor, aber sind nur nützliche Idioten.

  10. Ich hoffe, mein Kommentar der „Gesundheit“ eine Frage persönlichen Glücks nennt ist nicht im Gewühl verschwunden. Immerhin hat sich „j“ heute um 9:24 darauf bezogen.
    Möglicherweise ist es in antirassistischen Kreisen unbekannt, dass ein Teil schwerer Erkrankungen der Tatsache geschuldet sein könnte, dass eine genetische Disposition dafür vorhanden ist, die möglicherweise auch im Lauf des Lebens erst entstehen könnte durch zufällige mutative Veränderungen des Genoms oder als Folge des Umgangs mit genschädigenden Stoffen. Die Forschung dazu steckt in den Kinderschuhen. (https://www.aerzteblatt.de/archiv/222715/Medizinische-Genomsequenzierung-Deutsche-Genomdatenbank-gestartet)
    Ob die von Bill Gates angestoßene und teilweise finanzierte Genomforschung mit dem Ziel einen Forschungspool von 1 Mio. vollständig sequenzierter und anonymisierter Genomsätze anzulegen dazu ein wichtiger, gar ein notwendiger Schritt sein könnte, kann ich nicht beurteilen. Ich neige aber zu einem gewissen Misstrauen, da der gerne als Philanthrop bezeichnete Multimilliardär mit Platz 4 in der Weltrangliste der Reichsten dieser Welt auf eine längere eugenische Familientradition zurückblicken kann. Mit den Erkenntnissen zur Vererbung des Phänotyps von Menschen wurde leider nur dem Alltagsrassismus der wissenschaftliche Boden entzogen. Bill Gates spekuliert auf den zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg geplanten Erbmaterials. Vielleicht nicht allein bei Maniok, sondern auch für „Qualitätsmenschen“. Wann kann, soll, muss verhütet, abgetrieben werden oder am besten gleich sterilisiert, wenn absehbar beim Verkehr ein „Anfälliger“ entstehen könnte? Solche Regeln hätte er gern, der gute Bill, Eine goldene Zukunft für die medizinische Dignostik steht uns unter der Überschrift „geplante Elternschaft“ bevor, perfekte Clonmenschen, am besten ausgetragen von einer ukrainischen Leihmutter zum Tarif der Kinderwunschklinik La vita nova in Charkow. Es wird nicht lange dauern, bis die gut geplante Elternschaft zur Kassenleistung wird. Leider bekommt der real bereits vorhandene ALS-Patient davon keinen passenden Rollstuhl. Nach der Pandemie drohen uns noch viele mögliche Umverteilungen von Arm zu Reich über die „Verbesserung des Gesundheitswesens“,
    Mit „garantierter Gesundheit“ kann man alles verkaufen: überflüssige Nahrungsergänzungsmittel, die Lieferung von Neugeborenen ohne lästige figürliche Deformation aber mit Gesundheits- und Charaktergarantie…

  11. Wer Verluste Sozialisiert und Gewinne Privatisiert und Krankenhäuser in der größten Pandemie aller Zeiten schließt, hat das größte Interesse daran die Fürsorgepflicht komplett einzuschränken. Das ist in etwa so, das Arbeitnehmer entlassen werden um die Steigende Arbeitslosigkeit zu beenden.

    Wer von euch kann sich noch daran erinnern das mal Sehhilfen und Zahnersatz zu 100% eine Leistung der Krankenversicherung war. Und schönste ist wir könnten das wieder ändern bei jeder Sozialwahl unserer Versicherungsträger!

  12. dass die schweiz kein hort der seligen ist, hatte ich als bekannt vorausgesetzt. aus dem paradies sind wir maenner ja nach organspende entlassen worden. (hat sich m.e. gelohnt).
    andererseits sind die verantwortlichkeiten in der schweiz sauberer getrennt: warum soll ich burgerspeck und raucherlungen meiner unvernuenftigen mitbuerger mitfinanzieren? zahnersatz fuer mitmenschen, die zahncreme eingespart haben? auf meine kosten?
    warum soll mein arbeitgeber einfluss auf meine krankenversicherung haben, wenn mein gehalt entsprechend hoeher ausfaellt? einen dauerauftrag an meine kasse schaff ich auch selber. ich will ja auch nicht, dass bei meiner landesverteidigung, die evtl. in hohem masse zur verlaengerung meines lebens beitraegt, die interessen der ruestungindustrie eine entscheidende rolle spielen. eigentlich mach ich das lieber selber, als dass ich das anderen ueberlasse. zum schluss bin ICH tot.

    macht arbeit – ja! aber wie heisst es so schoen:
    „Die Befreiung der Arbeiterklasse muß das Werk der Arbeiterklasse selbst sein. Wir können also nicht zusammengehn mit Leuten, die es offen aussprechen, daß die Arbeiter zu ungebildet sind, sich selbst zu befreien, und erst von oben herab befreit werden müssen, durch philanthropische Groß- und Kleinbürger.“

    das alles schliesst solidaritaet mit mitmenschen nicht im mindesten aus!

    1. Hi Bedellus Neoliberales Gelaber,

      ne Krankenversicherung ist schon Bestandteil der Daseins-Vorsorge genau so wie die Feuerwehr, eine Kanalisation und ein funktionierender Rechtsstaat der für die Rechts-Sicherheit aller Bürger steht.

      Oder meinst du, daß lässt sich auch durch Privatisierung und selber machen alles regeln?
      Was tun wenn Brennt, dir die Scheiße bis zum Hals steht und dein Finanzdienstleister grade mit deiner Kohle pleite gegangen ist?

      Ps. Ist Bedellus einer der Gnome von Zürich?

    2. @ bedellus
      Mit ein bisschen Mühe könnte ich als autonome, für meine Person frei entscheidende Menschin, dieser Argumentation noch etwas abgewinnen, so sie denn sachlich richtig wäre im Sinne einer eineindeutigen Zuordnung von Ursache und Wirkung. Eine solche Zuordnung ist bei so gut wie allen medizinischen Verknüpfungen von vermuteten Ursachen und möglicher Wirkung falsch.
      Beispiel:
      Wenn überhaupt, so hätte man evt. durch Obduktionen an einer repräsentativen Stichprobe der Verstorbenen aus den ersten Monaten des Jahres 2020 in Oberitalien herausfinden können, ob sie an einem „neuen“ Virus verstorben sind, an den Spätfolgen einer durch industrielle Feinstäube hervorgerufenen Lungenschädigung, am Genuss von Nazionali oder schlicht am alterungsbedingten Verfall menschlicher Körper.
      Ein kursorisches Überfliegen der öffentlich zugänglichen Informationen zum sog. Reizdarm-Syndrom, Gegenstand vieler Spots der Fernsehwerbung, verrät: „Genaueres weiß man nicht.“ Jedes menschliche Wesen ist darauf angewiesen durch Versuch am eigenen Körper herauszufinden, welches Medikament, welcher Kräutertee, welche Änderung in der Ernährung… die lästigen Erscheinungen dieses „Syndroms“, so werden Krankheitsbilder gerne bezeichnet, in erträglichen Grenzen hält.
      Stellen Sie sich meine Person in von Kopf bis Fuß weißer Kleidung vor. „Meine Empfehlung zur Heilung Ihres `Beschränkte-Erkenntnis-Syndroms´ : Überlegungen über die Anwendungsmöglichkeiten mehrdimensionaler Logik in der medizinischen Forschung oder eine existenzphilosophischer Ansatz mit Bezug zur Feststellung `Wir sind Geworfene´. Hilft vielleicht beides nichts. Sie müssen es an sich ausprobieren!“

      1. Eben! Wenn die Institutionen auch nicht klüger sind als ich, mach ich’s doch lieber selber richtig – oder falsch! Und – Wdh. – es kann die Befreiung …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert